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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.01.2002
Aktenzeichen: III ZR 62/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276 Ci
Zu den Sorgfaltspflichten von Gewerkschaften bei der Vertretung ihres Mitglieds im Prozeß (hier: Einlegung eines Rechtsmittels).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 62/01

Verkündet am: 10. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Januar 2001 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Grundurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2000 abgeändert, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Zahlungsklage gegen den Beklagten zu 1 wird abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 in allen Rechtszügen hat der Kläger zu tragen.

Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die sonstigen Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, bis 1992 Polizeioberkommissar im Dienste des Landes Mecklenburg-Vorpommern, nimmt den erstbeklagten Deutschen Gewerkschaftsbund und die zweitbeklagte Gewerkschaft der P. auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Vertretung in einem Kündigungsschutzprozeß in Anspruch.

Mit Schreiben vom 30. April 1992 kündigte das Bundesland das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen mangelnder persönlicher Eignung, da er langjährig hauptamtlich in herausgehobener Stellung für die FDJ und die SED tätig gewesen sei. Die Beklagte zu 2, deren Mitglied der Kläger war, erteilte ihm eine Kostendeckungszusage und beauftragte den Beklagten zu 1 mit der Vertretung des Klägers vor dem Arbeitsgericht. Das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil wurde den Rechtssekretären des Beklagten zu 1 in S. am 15. September 1994 zugestellt. Am 17. Januar 1995 legte der Beklagte zu 1 für den Kläger beim Landesarbeitsgericht in R. Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte er aus, die erstinstanzlichen Prozeßvertreter des Klägers hätten mit Schreiben vom 27. September 1994 der Beklagten zu 2 die Handakte übersandt und angefragt, ob für die zweite Instanz Rechtsschutz gewährt werde; für diesen Fall sei gebeten worden, die Handakte unmittelbar der Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 in R. zuzuschicken. Das sei am 5. Oktober 1994 erfolgt, die Akte sei indes nie bei der Landesrechtsstelle angekommen, wie sich auf Nachfrage der Beklagten zu 2 am 5. Januar 1995 herausgestellt habe. Durch Urteil vom 18. Januar 1996 wies das Landesarbeitsgericht das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf die Berufung rechtskräftig als unzulässig.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger, der die Kündigung nach wie vor für unberechtigt hält, von beiden Beklagten Schadensersatz. Seine Einkommensverluste bis zum Jahr 1997 hat er auf 60.389,28 DM beziffert und in diesem Umfang Zahlung gefordert. Außerdem hat er die Feststellung beantragt, daß ihm die Beklagten auch zum Ersatz seines weiteren Schadens verpflichtet seien. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen beide Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt in bezug auf den Beklagten zu 1 zur Klageabweisung und hinsichtlich der Beklagten zu 2 zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht legt an die Sorgfaltspflichten einer Gewerkschaft, die es übernommen hat, ihren Mitgliedern umfassenden Rechtsschutz zu gewähren, dieselben Maßstäbe an wie bei der Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Ihrer satzungsmäßigen Verpflichtung zur Beratung und Rechtsvertretung komme die Beklagte zu 2 dadurch nach, daß sie diese Leistungen entweder selbst übernehme oder im Bedarfsfall Verträge zugunsten ihres Mitglieds mit Rechtsanwälten oder dem Beklagten zu 1 schließe. Bei Schlechterfüllung des Vertrags hafte deshalb auch der Beklagte zu 1 dem jeweiligen Mitglied der Einzelgewerkschaft, obwohl nur diese unmittelbar Mitglied des Gewerkschaftsbundes sei, daneben auch aufgrund seiner satzungsrechtlichen Verpflichtung, zugunsten der einzelnen Gewerkschaftsmitglieder Rechtsstellen zur Rechtsberatung und Prozeßvertretung zu unterhalten.

Beiden Beklagten fielen Pflichtverletzungen zur Last. Die Beklagte zu 2 habe versäumt, für eine rechtzeitige Einlegung der Berufung zu sorgen. Es sei bereits auffällig, daß das Schicksal der an den Beklagten zu 1 adressierten Postsendung mit der Handakte und dem Anschreiben vom 5. Oktober 1994 zwischen 15.00 Uhr, als sie zur Poststelle gebracht worden sei, und 16.30 Uhr, als die dort lagernden Sendungen entnommen und zur Post befördert worden seien, nicht erläutert werde. Insofern sei schon ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 2 nicht auszuschließen. Aber auch für den Fall, daß die in Rede stehende Postsendung ordnungsgemäß auf den Postweg gebracht worden sei, liege ein Fehlverhalten vor. Die Beklagte zu 2 habe sich, ähnlich einem Korrespondenzanwalt, vergewissern müssen, ob das Rechtsmittel vom Beklagten zu 1 auch eingelegt werde. Zumindest aber hätte sie sich geraume Zeit vor dem 5. Januar 1995 nach dem Eingang der Berufungsschrift erkundigen müssen. Auch den Rechtssekretären des Beklagten zu 1 sei ein Verschulden zur Last zu legen. Wie Rechtsanwälte erster Instanz hätten sie das Verfahren bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist beobachten und gegebenenfalls bei der Beklagten zu 2 nachfragen müssen, mindestens aber nicht länger als drei Monate abwarten dürfen, ohne sich nach dem Verlauf der Angelegenheit zu erkundigen.

Das schuldhafte Fehlverhalten der Beklagten habe zu einem Schaden des Klägers geführt, da bei rechtzeitiger Berufung die Kündigungsschutzklage hätte Erfolg haben müssen. Dessen Ersatzforderung sei auch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 b BRAO (§ 51 BRAO a.F.) und des § 68 StBerG finde hier keine Anwendung.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Allerdings ist das Berufungsurteil nicht schon deshalb aufzuheben, weil die Vorinstanzen - unzulässig - durch Grundurteil auch über den nach dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts (§ 314 Satz 2 ZPO) ebenfalls verlesenen unbezifferten Feststellungsantrag entschieden hätten (dazu etwa BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 246/00 - NJW 2001, 3477, 3479 m.w.N.). Hierfür besteht schon deswegen kein Anhalt, weil Landgericht und Oberlandesgericht weder im Tatbestand ihrer Urteile noch in den Entscheidungsgründen den Feststellungsantrag auch nur erwähnen. Ebensowenig liegt ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO ausschließlich über die Zahlungsklage vor, das gleichfalls unzulässig wäre, da in diesem Fall die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen über den beiden Klageanträgen zugrundeliegenden einheitlichen Schadensersatzanspruch bestünde (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99 - NJW 2001, 155 m.w.N.). Ein Teilurteil setzt voraus, daß das Gericht erkennbar lediglich über einen abtrennbaren Teil des Verfahrensgegenstands befinden und den Rest später erledigen will. Dieser Wille muß in der Entscheidung selbst oder wenigstens in den Begleitumständen hinreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst der Umfang der Rechtskraft unklar bliebe (BGH, Urteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - NJW 1999, 1035). Eine solche Absicht des Landgerichts ist hier nicht erkennbar. Gegen sie spricht neben der fehlenden Bezeichnung als "Teilurteil" vor allem, daß das Urteil keinerlei Hinweis auf das Feststellungsbegehren und einen entsprechenden Vorbehalt enthält, abgesehen nur von dem nicht weiter aussagekräftigen Umstand, daß im Tenor des Urteils "die übrigen Entscheidungen" - in der Mehrzahl - dem Schlußurteil vorbehalten werden, während in den Entscheidungsgründen nur noch die Kostenentscheidung als vorbehalten genannt wird. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag vielmehr ersichtlich übergangen. Unter solchen Umständen kommt nur eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO - im Streitfall in Verbindung mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag - in Betracht (vgl. Musielak, ZPO, 2. Aufl., § 301 Rn. 25, § 321 Rn. 1, 6). Da der Kläger eine derartige Ergänzung nicht beantragt hat, ist nach Fristablauf die Rechtshängigkeit seines Feststellungsantrags entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 8. November 1965 - VIII ZR 300/63 - LM § 322 ZPO Nr. 54 [insoweit in BGHZ 44, 237 nicht abgedruckt] und vom 29. November 1990 - I ZR 45/89 - NJW 1991, 1683, 1684).

Verfahrensrechtlich ist das Grundurteil im Ergebnis auch sonst nicht zu beanstanden. Die Revision rügt ohne Erfolg, die Vorinstanzen hätten über einen zum Anspruchsgrund gehörenden Mitverschuldenseinwand (§ 254 BGB) der Beklagten nicht entschieden. In den Tatsacheninstanzen war unstreitig, daß der Kläger die Beklagte zu 2 rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist um Rechtsschutz für ein Berufungsverfahren gebeten hatte. Mehr konnte von ihm nicht erwartet werden. Für ein anspruchsminderndes Mitverschulden auf seiner Seite bestand daher für die Vorinstanzen kein Anhalt.

2. In der Sache vermag der Senat jedoch dem Berufungsgericht in einer entscheidenden Frage nicht zu folgen. Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Beklagten.

a) Richtig ist, daß an die Sorgfalt in der Erledigung ihres Auftrags bei Vereinigungen, die sich - wie die Beklagten - mit Rechtsberatung und Rechtsbesorgung befassen, grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als bei einem Rechtsanwalt (BGH, Urteil vom 26. Februar 1981 - VII ZR 50/80 - NJW 1981, 1553). Wenn darum der Beklagte zu 1 die Vertretung des Klägers im Kündigungsschutzprozeß übernahm, hatte er diese Aufgabe mit derselben Gewissenhaftigkeit zu erfüllen wie ein erstinstanzlich bestellter Rechtsanwalt, während die rechtliche Stellung der Beklagten zu 2 - abgesehen von ihrer hier nicht interessierenden Verpflichtung zur Kostenübernahme - der eines den Verkehr der Partei mit dem Prozeßbevollmächtigten führenden Korrespondenzanwalts entsprach. Davon geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus.

b) Nach diesen Maßstäben scheidet indessen eine Pflichtverletzung auf seiten des Beklagten zu 1 aus. Für den Prozeßbevollmächtigten erster Instanz ist das Mandat mit einem klageabweisenden Urteil sowie der entsprechenden Unterrichtung und Belehrung des Mandanten regelmäßig beendet. Seinen Informationspflichten genügt er im allgemeinen durch Versendung eines einfachen Briefs. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist der Anwalt beim Schweigen des Mandanten zu einer Nachfrage verpflichtet, etwa dann, wenn er konkreten Anlaß zur Sorge haben muß, daß seine Mitteilung verloren gegangen ist, oder wenn ihm bekannt ist, daß der Mandant unter allen Umständen ein Rechtsmittel einlegen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. November 1991 - VIII ZB 29/91 - VersR 1992, 898, 899 und vom 23. Januar 1997 - VII ZB 37/96 - NJW 1997, 1311, 1312; Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 19/99 - WM 2001, 2453, 2454). Solche Ausnahmetatbestände lagen hier nicht vor. Demgemäß waren die Rechtssekretäre des Beklagten zu 1 in S., nachdem sie der Beklagten zu 2 unstreitig alsbald von der Klageabweisung Kenntnis gegeben und sie gebeten hatten, im Falle einer Rechtsschutzgewährung für die Berufung sich unmittelbar an die Landesrechtsstelle in R. zu wenden, weder zu einer Überwachung der Berufungsfrist noch sonst zu einer Nachfrage, ob inzwischen Berufung eingelegt worden sei oder noch eingelegt werden solle, verpflichtet. Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 105, 116; Beschlüsse vom 23. Oktober 1968 - VIII ZB 38/68 - VersR 1969, 59 und vom 20. Juni 1991 - VII ZB 18/90 - NJW 1991, 3035) betreffen den von der Partei mit der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags (erneut) mandatierten Rechtsanwalt, der in der Tat grundsätzlich zur Kontrolle, ob der Berufungsanwalt den Auftrag übernimmt, und zur Fristenüberwachung verpflichtet ist (s. sogleich). Darum geht es in bezug auf den Beklagten zu 1 aber nicht. Demnach ist die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.

c) Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht als richtig angenommenen Sachverhalts lassen sich Sorgfaltsverstöße von Mitarbeitern der Beklagten zu 2 ebensowenig begründen.

aa) Die vom Oberlandesgericht einleitend der Beklagten zu 2 angelasteten - nicht auszuschließenden - Mängel bei der Organisation ihrer Poststelle sind, wie die Revision zutreffend rügt, ohne hinreichende Basis im Parteivorbringen. Auch die Lebenserfahrung läßt sich hierfür nicht in Anspruch nehmen. Es ist weder ersichtlich noch wird es vom Berufungsgericht begründet, welchen Anlaß ein unbefugter Dritter hätte haben sollen, in der Poststelle lagernde Briefsendungen an sich zu nehmen, selbst wenn ganz allgemein Unbefugte - was das Berufungsgericht jedoch nicht aufgeklärt hat - Zutritt zur Poststelle gehabt haben sollten und keine Aufsichtsperson vorhanden war. Erkennbar hat das Berufungsgericht hierauf allein seine Entscheidung auch nicht gestützt. Darum kann offenbleiben, ob es insoweit - was die Revision ebenfalls beanstandet - nicht außerdem die Beweislast verkannt und zu Unrecht der Beklagten einen Entlastungsbeweis abverlangt hat (zum Beweis der Pflichtwidrigkeit bei Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags vgl. etwa Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., IX Rn. 7 ff.; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 998 ff.).

bb) Falls der Auftrag an die Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 in R. zur Einlegung einer Berufung von der Beklagten zu 2 rechtzeitig zur Post gegeben worden ist, wovon das Berufungsgericht in seinen tragenden Erwägungen sodann ausgeht und was deshalb zugunsten der Beklagten auch für die Revisionsinstanz zu unterstellen ist, wäre die von ihr unterlassene Kontrolle des Eingangs bei dem Beklagten zu 1 nicht pflichtwidrig gewesen. Auf die ordnungsgemäße Beförderung einer Postsendung kann sich der Absender ohne weitere Nachforschungen grundsätzlich verlassen (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. September 1958 - VIII ZR 133/57 - NJW 1958, 2015, 2016; zu Verzögerungen im Postbetrieb: BVerfG NJW 1995, 2546; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 - IX ZB 57/98 - NJW 1999, 2118). Es trifft zwar zu, daß gleichwohl der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte oder der Verkehrsanwalt, der mit der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags an den beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt betraut ist, sich im allgemeinen die Übernahme des Mandats bestätigen lassen und die Berufungsfrist bis dahin überwachen muß, weil nicht von vornherein feststeht, ob der beauftragte Rechtsanwalt das Mandat für das Berufungsverfahren annimmt. Infolgedessen entfallen auch diese besonderen Pflichten, wenn im Einzelfall oder allgemein eine Absprache des Inhalts besteht, daß der Berufungsanwalt alle derartigen Aufträge ausführt (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 105, 116, 119 f.; BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2001 - IX ZR 120/00 - NJW 2001, 1576 und vom 19. Juni 2001 - VI ZB 22/01 - NJW 2001, 3195, 3196). Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt. Der Beklagte zu 1 war nach § 2 Nr. 4 Buchst. c seiner Satzung, auf die das Berufungsgericht zur Konkretisierung der Rechtspflichten des Beklagten zu 1 in anderem Zusammenhang selbst Bezug nimmt, verpflichtet, Rechtsstellen zur Rechtsberatung und Prozeßvertretung der Gewerkschaftsmitglieder zu errichten. Aus diesem Grunde durfte die Beklagte zu 2 als Mitglied des Beklagten zu 1 - nicht anders als kraft einer allgemeinen Absprache zwischen ihr und einem Rechtsanwalt - davon ausgehen, die Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 werde jedes ihr angetragene Berufungsmandat übernehmen. Das gilt jedenfalls vor dem Hintergrund seines Schreibens vom 27. September 1994, in dem der Beklagte zu 1 die Übernahme eines Berufungsmandats lediglich von einer erneuten Rechtsschutzgewährung mit einem entsprechenden Auftrag abhängig gemacht hatte. Damit entfällt der Grund für die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Verpflichtung des Anwalts - entsprechend hier der Beklagten zu 2 - zu einer Überwachung des Rechtsmittelauftrags. Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht der Beklagten zu 2 abverlangte zeitnahe Nachfrage nach Ablauf der Berufungsfrist und noch vor dem 5. Januar 1995, die ohnedies nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern für die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs und den Verlust des Rechtsmittels nicht ursächlich geworden ist.

Nach alledem kann das Berufungsurteil auch insoweit, als es eine Haftung der Beklagten zu 2 dem Grunde nach bejaht, nicht bestehen bleiben.

3. In bezug auf die Beklagte zu 2 ist der Rechtsstreit auch nicht aus anderen Gründen - im Sinne einer Klageabweisung - zur Entscheidung reif. Die wesentlich auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden des Klägers wegen Unwirksamkeit der Kündigung sind vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa BVerfGE 92, 140; 96, 152; 96, 171; 96, 189; 96, 205) nicht zu beanstanden. Revisionsrechtlich beachtliche Mängel zeigt die Revision nicht auf. Zutreffend hat das Berufungsgericht es ferner abgelehnt, die früher in § 51 BRAO und jetzt in § 51 b BRAO normierte dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Mandanten gegen einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Die Vorschrift ist nach Wortlaut und systematischer Stellung ausschließlich auf den Beruf des Rechtsanwalts bezogen und enthält keinen darüber hinaus verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken. Entsprechendes gilt für die Haftung des Steuerberaters gemäß § 68 StBerG. Ob eine ähnliche Regelung gegenüber anderen eine Rechtsberatung und Rechtsbesorgung anbietenden Personen oder Vereinigungen wie der Beklagten zu 2 sachgerechter wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden (vgl. nunmehr aber die ab 1. Januar 2002 geltende allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl. I S. 3138). Einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) macht auch die Revision nicht geltend.

III.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Soweit es die Beklagte zu 2 betrifft, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht in erster Linie zu klären haben, ob die Beklagte zu 2 das Auftragsschreiben an den Beklagten zu 1 am 5. Oktober 1994 auch zur Post gegeben hat.

Ende der Entscheidung

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