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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.04.1999
Aktenzeichen: III ZR 62/98
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 62/98

Verkündet am: 22. April 1999

Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Schlick, Dr. Kapsa und Dörr

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Januar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin - Geschäftsführerin einer GmbH - beabsichtigte im Sommer 1989, für ein von der GmbH betriebenes Sportgeschäft in Frankfurt Grundbesitz ohne Eigenkapitaleinsatz zu erwerben. Der Beklagte wurde mit der Finanzierungsbearbeitung des Vorhabens für das bereits ins Auge gefaßte Objekt beauftragt und von ihr und ihrem Ehemann am 16./18. Juli 1989 bevollmächtigt, alle für die Abwicklung notwendigen Maßnahmen einschließlich des Schriftverkehrs mit den an der Finanzierung Beteiligten vorzunehmen. Als "Bearbeitungsgebühr im Rahmen der Tätigkeit des Finanzierungsbüros" wurden 3,42 % der Darlehenssumme vereinbart.

Dem Beklagten gelang es, von der W. V. AG Kreditmittel in Höhe von 30 Mio. DM zu 7,06 % Jahreszinsen aus einem Refinanzierungsprogramm beizubringen, die diese mit Schreiben vom 25. Juli 1989 der C.-Bank A. für die Klägerin und ihren Ehemann anbot. Die Kreditnehmer sollten zur Absicherung des Kredits bei ihr Lebensversicherungsverträge abschließen.

Zu dem beabsichtigten Grundstückskauf kam es nicht. Von der Klägerin und ihrem Ehemann wurden jedoch bei der C.-Bank aus dem Angebot der W. V. AG Kreditmittel von insgesamt 10.850.000 DM in Anspruch genommen, die in Höhe von 8 Mio. DM für eine Geldanlage und im übrigen für ein Mietaval und eine Umschuldung verwendet wurden. Dem war ein Vermögensaufbauplan des Beklagten vorausgegangen, nach dem die langfristigen zinsgünstigen Kreditmittel, abgesichert durch abzuschließende Lebensversicherungsverträge, zum Erwerb von Wertpapieren und Aktien verwendet werden sollten, weil dies gegenüber den anfallenden Kosten höhere Zinserträge erwarten lasse. Der Vorschlag sah weiter vor, einen Teil des zur Verfügung stehenden Betrages auf einem gesonderten Konto hochverzinslich anzulegen, von diesem die Versicherungsbeiträge zu bedienen und die anfallenden Darlehenszinsen auf dem Konto bis zum Ende der vollen Laufzeit von zwölf Jahren auflaufen zu lassen. Der tatsächlich verwirklichten Geldanlage lag indes ein Anlagemodell der C.-Bank zugrunde, das im Unterschied zum Vermögensaufbauplan des Beklagten vorsah, den gesamten zur Verfügung stehenden Geldbetrag - ohne gesonderte Anlegung eines Teilbetrags - für die Bedienung der Versicherungsbeiträge und der Darlehenszinsen und für spekulative Anlagegeschäfte zu verwenden. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten die ihnen am 14. und 15. September 1989 in Rechnung gestellten Provisionen, die der Beklagte auf der Grundlage der zunächst zugesagten und später in Anspruch genommenen Darlehenssummen berechnet hatte. In der Folgezeit scheiterte die Geldanlage und führte zu hohen Verlusten.

Die Klägerin hat den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Rückzahlung der Provisionen in Höhe von insgesamt 371.070 DM und auf Schadensersatz wegen der eingetretenen Verluste aus der Geldanlage in Höhe von mindestens 1.204.475,42 DM sowie auf Feststellung seiner weiteren Ersatzpflicht wegen der eingegangenen Kreditverträge vom 4. Dezember 1989, 20. Dezember 1989 und 16. März 1990 in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, Provisionen von 273.600 DM, die sich auf die für die Anlagegeschäfte verwendeten Kreditbeträge von insgesamt 8 Mio. DM bezogen, nebst Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die Berufungen beider Parteien blieben erfolglos. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

I.

Das Berufungsgericht hält den Provisionsrückzahlungsanspruch für begründet, soweit es um die für die Geldanlage verwendeten Kredite über insgesamt 8 Mio. DM geht. Dabei nimmt es an, der Beklagte habe die Provision angesichts ihrer Höhe von 3,42 % nicht bereits durch die schlichte Kreditvermittlung verdient; vielmehr müsse nach dem Gesamtzusammenhang zumindest von der stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen werden, die Vergütung sei nur geschuldet, wenn es auch zur Durchführung des vom Beklagten konzipierten Anlagemodells kommen werde. Zwar sei es für den Vergütungsanspruch des Maklers grundsätzlich unerheblich, wie und mit welchem Ergebnis der Auftraggeber das vermittelte Geschäft verwende. Anders sei dies aber zu beurteilen, wenn die Parteien die tatsächliche Ausführung des mit der Darlehensaufnahme zu finanzierenden Geschäfts zur Bedingung bzw. Geschäftsgrundlage des Maklervertrages gemacht hätten. Bereits in der Vollmachtserklärung und Auftragsbestätigung zur Gesamtfinanzierungsabwicklung sei der Vergütungsanspruch mit der tatsächlichen Durchführung des Geschäfts verknüpft gewesen, denn der Beklagte sei nicht nur mit der Kreditvermittlung, sondern mit der gesamten Finanzierungsbearbeitung und Abwicklung notwendiger Maßnahmen beauftragt worden, so daß sich die Vergütung nicht nur auf den Erfolg der Darlehensvermittlung, sondern die Bearbeitung "im Rahmen der Tätigkeit des Finanzierungsbüros" bezogen habe. Deswegen habe der Vergütungsanspruch nach der ursprünglichen Vereinbarung vorausgesetzt, daß die Klägerin das den Kreditbedarf auslösende Grundstück auch erwerbe. Nachdem diese Absicht gescheitert sei, liege die Annahme nahe, daß die Vergütung durch die Gesamttätigkeit des Beklagten im Hinblick auf die Entscheidung der Klägerin und ihres Ehemannes für das von ihm vorgestellte Anlagemodell und dessen Ausführung verdient sein sollte. Die Rechnungsstellung des Beklagten bestätige diese Annahme, weil sie auf die Geldanlage gemäß Vermögensaufbauplan, deren Vermittlung und Gesamtdarstellung in Verbindung der Darlehens- und Wertpapiergeschäftsverträge der Bank Bezug nehme und darauf hinweise, daß die ständige Beratung inclusive sei. Da es zur Befolgung der Anlageempfehlung des Beklagten nicht gekommen sei, sei dieser um die gezahlten Provisionen rechtsgrundlos bereichert.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand.

1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, der Vergütungsanspruch des Beklagten habe nach der ursprünglichen Vereinbarung mit der Klägerin und ihrem Ehemann nicht allein vorausgesetzt, daß er seinen Kunden den Abschluß eines Kreditvertrages vermittele, sondern daß er auch alle Maßnahmen habe durchführen müssen, die zur Abwicklung erforderlich gewesen seien. Zu Recht hebt das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Bevollmächtigung des Beklagten ab, insbesondere den Schriftverkehr mit allen an der Finanzierung Beteiligten zu führen und in die Grundbücher Einsicht zu nehmen. Gegen diese - von der Revision nicht angegriffene - Auslegung der schriftlichen Vollmachtserklärung und Auftragsbestätigung zur Gesamtfinanzierungsabwicklung sind keine rechtlichen Bedenken ersichtlich.

2. Unbedenklich ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, nach dem Scheitern der ursprünglichen Absicht, ein fremdfinanziertes Grundstück zu erwerben, habe die vertragliche Verbindung zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann auf der einen und dem Beklagten auf der anderen Seite in der Weise fortbestanden, daß der Beklagte hinsichtlich einer anderweiten Verwendung des zinsgünstig angebotenen Darlehens Beratungspflichten und weitere Abwicklungsaufgaben übernommen habe, in deren Folge er seinen Vermögensaufbauplan vorgestellt und mit seinen Kunden besprochen habe. Zu Recht ist das Berufungsgericht nicht der Ansicht der Klägerin gefolgt, den diesbezüglichen Bemühungen des Beklagten habe keine Vereinbarung zugrunde gelegen. Soweit die Revision geltend macht, die Tätigkeit des Beklagten sei nicht über eine Kreditvermittlung hinausgegangen, so daß der Vergütungsanspruch mit der Inanspruchnahme der vermittelten Darlehensverträge entstanden sei, zeigt sie einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Würdigung des dem Beklagten erteilten Auftrags zur Gesamtfinanzierungsabwicklung und der von ihm ausgearbeiteten Unterlagen nicht auf. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts von der Vergütungshöhe auf den Inhalt der den Beklagten treffenden Vertragspflichten mit seiner Bewertung, gegen die Höhe der Provision hinsichtlich der Kreditvermittlung für die Umschuldung und das Mietaval bestünden keine rechtlichen Bedenken, nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist. Diese eher beiläufige Bemerkung ändert aber nichts an der rechtsfehlerfreien Einschätzung, daß der Beklagte im Rahmen des erteilten Auftrages neben der maklertypischen Tätigkeit weitere Aufgaben wahrzunehmen hatte. Insoweit wird die Auslegung des Berufungsgerichts auch durch die Rechnungsstellung des Beklagten gestützt, die sich an den schriftlich erteilten Auftrag anlehnt und die Abwicklungs- und Beratungstätigkeit hervorhebt.

3. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht darüber hinausgehend von der stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen ist, die Vergütung sei nur verdient, wenn es auch zur Durchführung des vom Beklagten konzipierten Anlagemodells kommen werde. Für eine solche Vereinbarung fehlt es im Vortrag der Parteien an hinreichenden Anknüpfungspunkten. Zwar kann der Tatrichter im Einzelfall einen entsprechenden Parteiwillen auch ohne ausdrücklichen Parteivortrag den Umständen entnehmen. Dazu bedarf es dann aber konkreter Feststellungen, die eine solche Schlußfolgerung auf der Grundlage des Parteivorbringens rechtfertigen. Die Klägerin hat indes mit keinem Wort geltend gemacht, daß der Vergütungsanspruch des Beklagten nach den vertraglichen Abmachungen davon abhängen sollte, daß sie und ihr Ehemann die aufgenommenen Darlehen für Wertpapiergeschäfte in der vom Beklagten vorgeschlagenen Art verwendeten. Vielmehr hat die Klägerin ihre Provisionspflicht mit dem Fehlen einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung sowie wegen sittenwidriger Überhöhung und Wertlosigkeit der erbrachten Leistungen in Abrede gestellt. Mit der Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung läßt sich auch schwerlich vereinbaren, weshalb die Klägerin und ihr Ehemann die in Rechnung gestellten Provisionen bezahlten, obwohl zu diesem Zeitpunkt erst vorläufige Kreditzusagen der Commerzbank vorlagen und darum noch nicht feststand, ob sie den Vorschlägen des Beklagten folgen würden. Vielmehr ist ihre Zahlung ein Indiz gegen eine Verknüpfung der Vergütungspflicht mit der Ausführung des Anlagemodells, wobei auch das Berufungsgericht nicht beantwortet hat, ob es für den Vergütungsanspruch ausreicht, daß mit der Anlage nach den Vorschlägen des Beklagten begonnen wird oder ob die (zu entgeltende) Beratung auf die gesamte Dauer der geplanten Vermögensanlage zu beziehen ist. Für solche Überlegungen - auch im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung, an die das Berufungsgericht gedacht haben könnte, weil der schriftliche Auftrag an den Beklagten auf andere Verhältnisse zugeschnitten war - gibt weder der Vortrag der Parteien noch der Text der Rechnung des Beklagten einen Anlaß, der zwanglos so zu verstehen ist, daß er eine abgeschlossene Tätigkeit beschreibt.

Hiernach ist auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen davon auszugehen, daß die Parteien einen Vertrag geschlossen haben, der den Beklagten neben der maklertypischen Vermittlungsleistung und einer darin eingeschlossenen Verpflichtung, den Auftraggeber sachkundig zu beraten, zu weiteren Tätigkeiten für die Klägerin und ihren Ehemann verpflichtete, und daß bereits die Erfüllung dieser Aufgaben den Vergütungsanspruch des Beklagten auslösen sollte.

4. Trotz des aufgezeigten Rechtsfehlers ist die Sache nicht für eine abschließende Entscheidung im Sinn des Beklagten reif. Da die Vergütung, wie ausgeführt, neben der Kreditvermittlung voraussetzt, daß der Beklagte auch die weiter geschuldeten Leistungen vertragsgemäß erbracht hat, muß das Berufungsgericht die - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - offengelassene Frage prüfen, ob der Beklagte eine geeignete Anlageempfehlung gegeben und über deren Risiken aufgeklärt hat. Dies kann nicht deshalb offenbleiben, weil die Klägerin es hingenommen hat, daß ihre Klage auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung mangels Kausalität abgewiesen worden ist. Denn auch dann, wenn sie einer anderen Anlageempfehlung folgt, kann sie einem Vergütungsanspruch entgegenhalten, daß das geschuldete Anlagemodell fehlerbehaftet und damit wertlos für sie ist. Die Parteien haben auch im weiteren Verfahren Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob etwaige Mängel der Beratungsleistungen den Vergütungsanspruch in vollem Umfang erfassen oder ob ein Teil des Vergütungsanspruchs bereits durch die Vermittlungsleistung endgültig verdient ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1987 - IVa ZR 103/86 - NJW 1988, 967, 968).

Ende der Entscheidung

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