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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.12.2001
Aktenzeichen: IV ZB 21/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 547
ZPO § 233
ZPO § 114
ZPO § 519 b Abs. 2
ZPO § 238 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IV ZB 21/01

vom

5. Dezember 2001

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf

am 5. Dezember 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. September 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 400.000 DM.

Gründe:

I. Der Kläger hat die Feststellung begehrt, daß die Beklagte ihm aus einer Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Versicherungsschutz zu gewähren und den ihm durch die unberechtigte Ablehnung des Versicherungsschutzes entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts ist ihm am 26. Januar 2001 zugestellt worden. Mit einem am 26. Februar 2001 eingegangenen Schriftsatz hat er die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Dem Antrag beigefügt waren unter anderem eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Datum vom 26. Januar 2001 und eine Aufstellung über "Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit" für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 2000. Mit Beschluß vom 8. Mai 2001, dem Kläger zugegangen am 15. Mai 2001, hat das Berufungsgericht den Antrag auf Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Daraufhin hat der Kläger mit einem am 29. Mai 2001 eingegangenen Schriftsatz gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt und seinen bereits gestellten Wiedereinsetzungsantrag wiederholt. Das Berufungsgericht hat dem Kläger durch am 25. September 2001 zugestellten Beschluß die begehrte Wiedereinsetzung versagt und sein Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die am 9. Oktober 2001 beim Berufungsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte, nach §§ 519 b Abs. 2, 547, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 233 ZPO zu Recht verneint. Der Kläger war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der am 26. Februar 2001 abgelaufenen Berufungsfrist gehindert. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausgangspunkt genommen, wonach ein rechtzeitig gestellter Prozeßkostenhilfeantrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist nur dann rechtfertigt, wenn die Partei vernünftigerweise nicht damit rechnen mußte, ihr Antrag könne wegen fehlender Bedürftigkeit zurückgewiesen werden (Senatsbeschluß vom 18. Oktober 2000 - IV ZB 9/00 - NJW-RR 2001, 570 unter II; BGH, Beschluß vom 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01 - NJW 2001, 2720 unter II 1 und ständig).

Der Kläger durfte nicht davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen des § 114 ZPO hinreichend dargetan zu haben. Für seine Einkommensverhältnisse war der Zeitpunkt der Antragstellung am 26. Februar 2001 maßgeblich. Die von ihm vorgelegte Aufstellung der "Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit" erfaßt nur den Zeitraum bis zum 30. September 2000. Die entscheidenden Monate vor Stellung des Prozeßkostenhilfeantrags fehlen. Da sich die Auftrags- und Einkommensverhältnisse gerade bei selbständig Tätigen kurzfristig und wesentlich ändern können, besaßen die auf das dritte Quartal 2000 bezogenen Angaben keine hinreichende Aussagekraft (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Dezember 1990 - VII ZB 15/90 - VersR 1991, 791). Um seine wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen zu können, brauchte der Kläger das Ergebnis der Umsatzsteuerveranlagung durch das für ihn zuständige Finanzamt nicht abzuwarten. Zudem ergibt sich aus seinem Beschwerdevorbringen, daß die auf das vierte Quartal bezogene Umsatzsteuervoranmeldung bereits im Januar 2001 zusammengestellt und beim Finanzamt eingereicht worden war. Der Kläger war daher in der Lage, entsprechende Angaben auch in seinem Prozeßkostenhilfeantrag zu machen. Dazu hätte vor allem deshalb Anlaß bestanden, weil die Angaben in dem für die Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse benutzten Vordruck nicht mit der beigefügten Aufstellung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Einklang zu bringen sind. Im Vordruck wird nach den vom Antragsteller erzielten Bruttoeinnahmen gefragt. Einnahmen aus selbständiger Arbeit hat der Kläger in diesem Zusammenhang verneint. Dabei hatte er im dritten Quartal des Jahres 2000 Bruttoumsätze aus Bierverkauf von insgesamt 7.661,10 DM, aus Lohnbrautätigkeit in Höhe von 3.041,36 DM und aus einem Werkauftrag (Kühlhausbau) in Höhe von 16.963,54 DM getätigt mit einem Nettoergebnis von 6.526,24 DM. Dieses Nettoergebnis lag über dem des ersten Quartals (- 16.626,76 DM) und dem des zweiten Quartals (- 1.518,61 DM). Es wäre daher angezeigt gewesen, die im Vordruck ausgewiesene Angabe fehlender Einkünfte näher zu erläutern. Entgegen der Auffassung des Klägers mußte das Berufungsgericht nicht den Schluß ziehen, der Kläger habe damit ein auf das gesamte Jahr 2000 bezogenes negatives Ergebnis gemeint. Selbst wenn das Berufungsgericht zu einer solchen Bewertung gelangt wäre, hätte es immer noch an den zur Glaubhaftmachung erforderlichen Belegen auch für das vierte Quartal gefehlt, die zu einem ordnungsgemäß begründeten und vollständigen Prozeßkostenhilfegesuch gehört hätten (Senatsbeschluß vom 8. März 1989 - IVa ZR 221/87 - VersR 1989, 642; BGH, Beschluß vom 13. Januar 1999 - XII ZB 166/98 - VersR 2000, 252 unter 1; Beschluß vom 16. Dezember 1997 - VI ZB 48/97 - NJW 1998, 1230 unter II 1).

Schließlich konnte sich beim Kläger kein Vertrauen dahin bilden, das Berufungsgericht werde ihn, weil er im wesentlichen gleiche Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen wie in der ersten Instanz gemacht habe, als bedürftig ansehen und bei der Prüfung keine strengeren Maßstäbe als das Landgericht anlegen (vgl. dazu BGH, Beschluß vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387 unter I). Der Kläger übersieht, daß ihm in erster Instanz Prozeßkostenhilfe mit Beschluß vom 20. Juni 2000 bewilligt worden ist, nachdem er mit Schriftsatz vom 16. Juni 2000 seine wirtschaftlichen Verhältnisse per 9. Juni 2000 und damit ausreichend zeitnah dargelegt hatte. Schon mit Rücksicht auf die eingetretenen Änderungen in seinen Einkommensverhältnissen jedenfalls in der Zeit ab Juli 2000 mußte sich ihm die Notwendigkeit, seine Angaben bis zum Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung zu vervollständigen, danach geradezu aufdrängen.

Ende der Entscheidung

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