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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: IV ZB 37/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IV ZB 37/06

vom 7. März 2007

in dem Prozesskostenhilfeverfahren

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

am 7. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Schultz für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. September 2006 aufgehoben und der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 20. Mai 2006 geändert.

Der Antragstellerin wird für das Verfahren 7 O 1/06 beim Landgericht Berlin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Die Entscheidung über die Beiordnung des Rechtsanwalts wird dem Landgericht übertragen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Die Antragstellerin verlangt die Zahlung der Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung auf den Todesfall, die ihr Lebensgefährte am 23. März 1998 bei der Antragsgegnerin abgeschlossen hatte. Als (widerruflich) Bezugsberechtigte hatte er die Antragstellerin benannt. Am 31. März 1998 trat er die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die F. Sparkasse zur Sicherung ihrer Forderungen aus einem der K. H. GmbH & Co. KG eingeräumten Kontokorrentkredit ab und widerrief das Bezugsrecht für die Dauer der Abtretung, soweit es den Rechten der Sparkasse entgegensteht. Dies wurde der Antragsgegnerin unter Übersendung der Urkunden angezeigt.

Am 15. Oktober 1999 verstarb der Versicherungsnehmer. Auf diesen Tag bezogen betrugen die Verbindlichkeiten der Kreditnehmerin ca. 3,5 Millionen DM. Das Kontokorrentverhältnis wurde weitergeführt und erst im Jahr 2001 gekündigt. Die Antragsgegnerin zahlte die Versicherungssumme von 750.000 DM auf Verlangen der Sparkasse am 23. Juni 2000 an diese aus, die den Betrag der Kreditnehmerin auf dem Kontokorrentkonto gutschrieb.

Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin sei nicht zur Auszahlung an die Sparkasse berechtigt gewesen, weil weder im Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch der Zahlung der Sicherungsfall eingetreten gewesen sei und demgemäß mangels Fälligkeit der Forderung gegen die Kreditnehmerin ein Verwertungsrecht nicht bestanden habe. Die Sparkasse habe die Versicherungsleistung auch nicht zur Erfüllung des Sicherungszwecks verwendet, sondern der Kreditnehmerin zur freien Verfügung überlassen.

Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Versicherungsleistung habe der Sparkasse zugestanden, weil der Sollstand auf dem Konto im Zeitpunkt des Versicherungsfalls höher gewesen sei als die Versicherungssumme. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Kammergericht zurückgewiesen. Es ist der Ansicht des Landgerichts beigetreten, hat aber die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Zu der entscheidenden Frage, inwieweit auch ein Verwertungsrecht des Sicherungsnehmers gegeben sein müsse, um das Bezugsrecht hinter dem Rang des Sicherungsrechts zurücktreten zu lassen, liege höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht vor. Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragstellerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage.

II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist wegen der den Senat bindenden Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Das Kammergericht hätte die Rechtsbeschwerde allerdings nicht zulassen dürfen. Im Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438 unter 1 m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 127 Rdn. 41). Um solche Fragen geht es hier nicht.

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen.

a) Das Kammergericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs der unbemittelten Partei auf Rechtsschutzgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt (BVerfG NJW 2004, 1789 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 aaO unter 2 b m.w.N.; Philippi, aaO § 114 Rdn. 21; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 114 Rdn. 3, 5). Das ist insbesondere der Fall, wenn der Sache wegen klärungsbedürftiger Fragen des materiellen Rechts grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - NJW 2004, 2022 unter III).

Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Ob die Todesfallleistung bei einem im Zeitpunkt des Versicherungsfalls ungekündigten und danach weitergeführten, einem anderen als dem Versicherungsnehmer eingeräumten Kontokorrentkredit dem Bezugsberechtigten, dem Sicherungsnehmer oder den Erben des Versicherungsnehmers zusteht, ist eine schwierige, über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage. Sie ist durch die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht geklärt

b) Auch die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind gegeben.

Da die Antragstellerin für das Verfahren beim Landgericht die Beiordnung eines dort nicht zugelassenen Rechtsanwalts beantragt, wird die Entscheidung darüber im Hinblick auf § 121 Abs. 3 und 4 ZPO dem Landgericht übertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 1/06 - NJW 2006, 3783 und BGHZ 159, 370, 372 ff.).

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