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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.12.2008
Aktenzeichen: IV ZB 50/05
Rechtsgebiete: ZPO, GG


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 1059 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke

am 3. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Oktober 2005 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Beschwerdewert: 10.493,95 EUR

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung eines Schiedsspruchs des Schiedsgerichts der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt (KZVK Darmstadt, im Folgenden: Antragsgegnerin).

1.

Die Antragsgegnerin hat die Aufgabe, den nichtbeamteten Arbeitnehmern der an ihr beteiligten kirchlichen und diakonischen Arbeitgeber eine zusätzliche Alters-, Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 18. April 2002 (Amtsblatt der EKD Nr. 7 vom 15. Juli 2002 S. 170 ff.) ist ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt worden. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das auf früheren tarifvertraglichen Vereinbarungen beruhende endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.

2.

Die neue Satzung der Antragsgegnerin (KZVKS) enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann (§ 73 Abs. 2 Satz 1 KZVKS). Die Anwartschaften der rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen.

3.

Der 1941 geborene und damit einem rentennahen Jahrgang zugehörige Antragsteller ist seit dem 1. Februar 1979 bei dem Verein I. e.V. beschäftigt, der ihn bei der Antragsgegnerin zusatzversichert hat. In dem Zeitraum von Mai 1964 bis zum 29. Februar 2004 war er zudem als freier Mitarbeiter beim Bayerischen Rundfunk tätig, wobei Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung insoweit ab dem 1. Januar 1975 erbracht wurden.

4.

Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragssteller am 2. April 2003 eine Startgutschrift von 71,38 Versorgungspunkten (das entspricht einer monatlichen Rentenanwartschaft von 285,53 EUR). Gegen diese Startgutschrift hat der Antragssteller Beschwerde eingelegt, die die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2003 als unbegründet zurückgewiesen hat. Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Schiedsgericht hat der Antragssteller allein die Verpflichtung der Antragsgegnerin erstrebt, bei der Berechnung der Startgutschrift den Anteil der gesetzlichen Rente aus seiner Tätigkeit beim Bayerischen Rundfunk nicht anzurechnen. Die Klage hatte im Schiedsgerichtsverfahren keinen Erfolg.

5.

Beim Oberlandesgericht hat der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch des Schiedsgerichts der Antragsgegnerin vom 11. November 2004 aufzuheben. Die Entscheidung verstoße im Ergebnis gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) i.S. von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO. Bei der für die Berechnung der Startgutschrift zu ermittelnden Gesamtversorgung dürfe der Anteil der gesetzlichen Rente, der auf Beiträgen aus einer zusätzlich zur Beschäftigung beim öffentlichen bzw. kirchlichen Dienst ausgeübten, nicht zusatzversorgungspflichtigen Tätigkeit beruhe, nicht berücksichtigt werden. Das ergebe sich aus den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835 = NJW 2000, 3341 ) aufgestellten Grundsätzen. Er sei deshalb so zu behandeln, als sei er nur bei dem I. e.V. als kirchlichem Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Die Anrechnung der auf die Tätigkeit beim Bayerischen Rundfunk entfallenden gesetzlichen Rente verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser Eingriff sei deshalb besonders schwerwiegend, weil sich die Tätigkeit des Antragstellers für den Bayerischen Rundfunk, soweit sie zeitgleich neben der Beschäftigung für den I. e.V. ausgeübt worden sei, nicht zugleich auch auf die gesamtversorgungsfähige Zeit auswirke. Jedenfalls insoweit dürfe der auf diese Tätigkeit beim Bayerischen Rundfunk entfallende Teil der gesetzlichen Rente wegen fehlender Relevanz für die Höhe des Versorgungssatzes zu keiner Minderung der Startgutschrift führen. Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus bei der Berechnung der Startgutschrift Vordienstzeiten aus der Tätigkeit beim Bayerischen Rundfunk in der Zeit vor dem 1. Februar 1979 (nur) hälftig berücksichtigt habe, liege ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung vor.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 1065 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 575 Abs. 1, 2 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil hinsichtlich der Frage der Anrechenbarkeit der gesetzlichen Rentenanwartschaft die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind (1.) und der Antragsteller im Übrigen im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO erstmals Einwände gegen die ihm erteilte Startgutschrift erhoben hat, die nicht den Streitgegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens betreffen (2.).

1.

Der Antragsteller macht mit der Rechtsbeschwerde zunächst weiterhin geltend, die Anrechnung des Anteils der gesetzlichen Rente, der auf seine Tätigkeit beim Bayerischen Rundfunk entfällt, benachteilige ihn in sachlich nicht gerechtfertigter Weise gegenüber Versicherten, die ausschließlich bei einem kirchlichen oder diakonischen Arbeitgeber tätig waren und keine auf die Gesamtversorgung anzurechnenden weiteren Rentenansprüche erworben hätten.

Für dieses Beschwerdevorbringen ist ein Zulassungsgrund im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO nicht ersichtlich. Vielmehr ist die vom Antragsteller aufgeworfene Rechtsfrage ausreichend geklärt. Die beanstandete Anrechnung der vollen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die auch für die Berechnung der Startgutschriften maßgebende Gesamtversorgung wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon seit langem als verfassungsgemäß gebilligt (vgl. Senatsurteile vom 29. September 1993 - IV ZR 275/92 - VersR 1993, 1505 und vom 16. Oktober 1985 - IVa ZR 154/83 - VersR 1986, 142, jeweils m.w.N.; Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2008 - IV ZB 28/07 - veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs - Tz 9; BAG VersR 1999, 1520; ZTR 1999, 282). Danach kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die anzurechnende gesetzliche Rente nur auf der zusatzversorgungspflichtigen Tätigkeit oder noch auf weiteren Beschäftigungen außerhalb des öffentlichen bzw. kirchlichen Dienstes beruht. Zudem spielt keine entscheidende Rolle, ob sich die weitere Tätigkeit auf die Höhe des Gesamtversorgungssatzes auswirken kann oder dies - etwa wegen gleichzeitiger Ausübung der Beschäftigungsverhältnisse - nicht der Fall ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2008 aaO; BVerfG NVwZ 1982, 553 f. zur beamtenähnlichen Soldatenversorgung). Die gesetzlichen Renten bleiben unangetastet, selbst wenn sie im Einzelfall die Gesamtversorgung übersteigen und deshalb jeweils nur die Mindestgesamtversorgung zum Tragen kommt. Die versprochene, auf eine beamtenähnliche Gesamtversorgung gerichtete Zusatzversorgung deckte von vornherein nur die Versorgungslücken, die die gesetzliche Rente offen lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 aaO unter V 1). Etwas anderes lässt sich auch nicht den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 22. März 2000 (aaO) entnehmen, wo nicht die Anrechnung der vollen Sozialversicherungsrente als solche beanstandet wird, sondern nur die lediglich hälftige Anrechnung der Vordienstzeiten auf die gesamtversorgungsfähige Zeit.

2.

Darauf, dass die Berechnung der erteilten Startgutschrift auch deshalb fehlerhaft sei, weil die Vordienstzeiten aus der Beschäftigung beim Bayerischen Rundfunk in der Zeit bis zum 1. Februar 1979 (nur) zur Hälfte berücksichtigt worden sind, hat sich der Antragssteller erstmals im Aufhebungsverfahren vor dem Oberlandesgericht berufen. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (aaO) ergebe sich, dass Vordienstzeiten vollen Umfangs auf die gesamtversorgungsfähige Zeit anzurechnen seien.

Auf dieses Vorbringen kann der Antragsteller seinen Antrag auf Aufhebung des Schiedspruches indes nicht mehr stützen (Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2008 aaO Tz. 10). Schon deshalb ist seine Rechtsbeschwerde ohne Erfolg, soweit sie hier weitere Ansprüche auf eine abweichende Berechnung der dem Antragssteller erteilten Startgutschrift geltend macht. Ob der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO vorliegt, ist zwar von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHZ 142, 204, 206 ; zur vergleichbaren früheren Regelung BGH, Urteil vom 31. Mai 1972 - KZR 43/71 - NJW 1972, 2180 unter II). Die Überprüfung ist jedoch nur im Umfang der Entscheidung des Schiedsgerichts zulässig (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2008 aaO).

Aus dem gleichen Grunde kann der Antragsteller im Aufhebungsverfahren nicht mehr in zulässiger Weise geltend machen, die Systemumstellung in der Zusatzversorgung sei verfassungswidrig und die neue Satzung der Antragsgegnerin bzw. die darin getroffene Übergangsregelung für rentennahe Versicherte verletze seine von Artt. 14 und 20 GG geschützten Rechtspositionen. Denn mit der im Schiedsgerichtsverfahren allein streitigen Frage des Umfanges der Anrechnung von Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Ermittlung der Startgutschrift hat dies nichts zu tun (Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2008 aaO Tz. 9).

3.

Dass die vorgenannten Einwände des Antragstellers im Übrigen auch in der Sache unbegründet sind, hat der Senat in seiner Entscheidung vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen - unter B IV 3 c) dargelegt, die sich insbesondere auch mit der von der Beschwerde gerügten Unzulässigkeit der Umstellung der Zusatzversorgung befasst (vgl. Senat aaO unter B I-III).

Ende der Entscheidung

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