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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 24.04.2002
Aktenzeichen: IV ZR 126/01
Rechtsgebiete: EGBGB, ZPO, ZGB, BGB


Vorschriften:

EGBGB § 1
ZPO § 551 Nr. 7 a.F.
ZGB § 396 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 2332
BGB § 2325
BGB § 2303 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IV ZR 126/01

Verkündet am: 24. April 2002

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. März 2001 insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Beklagten der Antrag der Klägerin abgewiesen worden ist, ihr durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens Auskunft zu erteilen über den Wert der im Grundbuch von W. des Amtsgerichts L., Blatt 8, und im Grundbuch von Lu. des Amtsgerichts L., Bl. 1495, eingetragenen Grundstücke am 7. August 1990.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte, ihre Halbschwester, im Wege der Stufenklage Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer am 2. Januar 1992 verstorbenen Mutter geltend. Die Beklagte ist Alleinerbin ihres am 17. August 1993 verstorbenen Vaters. Dieser war in zweiter Ehe mit der Erblasserin verheiratet und von ihr testamentarisch zu ihrem Alleinerben eingesetzt worden.

Die Klägerin verlangt Auskunft über den Bestand des Nachlasses und die von der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod vorgenommenen Schenkungen sowie Ermittlung des Wertes der Grundstücke, die die Beklagte aufgrund eines vor dem Staatlichen Notariat in Lu. am 7. August 1990 geschlossenen Vertrages von ihrer Mutter übertragen erhalten hat.

Das Landgericht hat der 1998 erhobenen Klage bis auf einen Teil des Wertermittlungsanspruchs stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg, soweit die Klägerin Auskunft über Nachlaßbestand und Schenkungen der Erblasserin verlangt.

Hinsichtlich des Wertermittlungsanspruchs hat sie Erfolg; insoweit führt sie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Pflichtteilsanspruch, dessen Durchsetzung der Auskunftsanspruch diene, verjährt (§ 2332 BGB); mangels Informationsbedürfnisses der Klägerin könne diese Auskunft über den Bestand des Nachlasses daher nicht mehr verlangen. Die von der Klägerin verlangte Auskunft über Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren habe die Beklagte erteilt. Sie habe am 31. März 2000 eidesstattlich versichert, ihr seien unentgeltliche Übertragungen von Grundstücken nicht bekannt.

b) Das hält den Angriffen der Revision stand.

aa) Der Auskunftsanspruch über den Nachlaßbestand ist nicht unter Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO a.F. ohne Begründung abgewiesen worden. Die Revision übersieht, daß das Berufungsgericht diesen Antrag wegen eingetretener Verjährung des Pflichtteilsanspruchs und des dadurch bedingten Fortfalls des Informationsbedürfnisses abgelehnt hat. Diese Beurteilung läßt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 56/83 - NJW 1985, 384 f.). Sie wird auch von der Revision mit dem weiteren Hinweis auf die ihrer Ansicht nach einem Auskunftsanspruch nicht genügende eidesstattliche Versicherung, wie die Revisionserwiderung zu Recht bemerkt, nicht in Zweifel gezogen.

bb) Die Rüge der Revision, die eidesstattliche Versicherung könne den Auskunftsanspruch über Schenkungen der Erblasserin nicht erfüllt haben, weil sie sich nicht auch auf bewegliche Sachen beziehe, greift im Ergebnis ebenfalls nicht.

Allerdings enthält die eidesstattliche Versicherung keine entsprechenden Angaben der Beklagten. Die Klägerin hat jedoch bereits mit der Klageschrift und danach unverändert ihr Auskunftsverlangen ausschließlich darauf gestützt, die Grundbesitzüberlassung gemäß Vertrag vom 7. August 1992 gebe Anlaß zu der Annahme, die Erblasserin habe weiteren Grundbesitz ihrem Ehemann oder der Beklagten übertragen. Das wird im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils zutreffend wiedergegeben. Darauf bezieht sich folgerichtig auch die Berufungsbegründung der Beklagten. Dem Auskunftsbegehren hat die Beklagte mit der zugleich vorgelegten eidesstattlichen Versicherung genügt.

Die Klägerin hat diesen geltend gemachten Auskunftsanspruch später nicht schlüssig für die Beklagte erkennbar auf bewegliche Sachen erweitert. Der bloße Hinweis in der Berufungserwiderung auf fehlende Auskünfte zu beweglichen Sachen reicht dafür nicht, zumal nach dem gesamten Parteivorbringen - insbesondere auch zu dem Nachlaßvermögen - kein Anhalt für andere nicht auf Grundbesitz bezogene unentgeltliche Zuwendungen der Erblasserin besteht, aus denen sich Ansprüche auf Ergänzung des Pflichtteils ergeben könnten.

2. a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin im Hinblick auf die der Beklagten 1990 übertragenen Grundstücke keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Zwar sei gemäß Art. 235 § 1 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch maßgebend. § 2325 BGB schütze aber nur denjenigen, der im Zeitpunkt der Schenkung schon pflichtteilsberechtigt war. Das treffe auf die Klägerin nicht zu. Für sie habe im maßgeblichen Zeitpunkt des Übertragungsvertrages § 396 Abs. 1 Nr. 2 des Zivilgesetzbuches (ZGB) gegolten, wonach Kinder des Erblassers nur dann einen Pflichtteilsanspruch hatten, wenn sie ihm gegenüber unterhaltsberechtigt waren. Damals sei die Klägerin aber wirtschaftlich schon von ihrer Mutter unabhängig gewesen.

b) Dagegen wendet sich die Revision mit Recht. Der Senat hat kurz vor Erlaß des Berufungsurteils entschieden, daß es auch für die Pflichtteilsberechtigung gemäß Art. 235 § 1 EGBGB nicht auf das ZGB, sondern auf § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB ankommt, die §§ 2325, 2329 BGB daher auch auf Schenkungen anzuwenden sind, die ein nach der Einigung Deutschlands verstorbener Erblasser in der ehemaligen DDR unter Geltung des ZGB vorgenommen hatte (BGHZ 147, 95, 96 ff. = NJW 2001, 2398 = ZEV 2001, 238 m. Anm. Klingelhöffer = BGH-Report 2001, 417 m. Anm. Pentz = JZ 2001, 1088 m. Anm. Kuchinke).

Daran ist nach erneuter Überprüfung festzuhalten. Es geht um die Reichweite und den Umfang des Pflichtteilsrechts, das der Klägerin nach dem Tod ihrer Mutter 1992 zusteht. Dafür ist grundsätzlich das Erbstatut maßgebend (Staudinger/Dörner, [2000] Art. 25 EGBGB Rdn. 186, 188; Soergel/Schurich, EGBGB 12. Aufl. Art. 25 Rdn. 44 und - beschränkt auf § 2325 BGB - MünchKomm/Birk, EGBGB 3. Aufl. Art. 25 Rdn. 140).

3. Das Berufungsgericht wird dem Wertermittlungsanspruch nachzugehen und die dafür erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß der Pflichtteilsberechtigte schon für den Wertermittlungsanspruch darzulegen und zu beweisen hat, daß unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung eine zumindest gemischte Schenkung vorliegt, wobei es entscheidend auf die Wertverhältnisse beim Vollzug des Vertrages ankommt (vgl. BGHZ 89, 24, 29 f., 32 und BGHZ 147, 95, 98).

Ende der Entscheidung

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