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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.09.2007
Aktenzeichen: IV ZR 145/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 2
ZPO § 279 Abs. 3
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 544 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IV ZR 145/07

vom 26. September 2007

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

am 26. September 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2006.

2. Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil zugelassen, soweit ihre Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung von 21.985,56 € (aus dem Darlehen vom Juni 2000 in Höhe von 12.782,30 € und aus dem Darlehen vom November 2000 in Höhe von 9.203,26 €) nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

In diesem Umfang und im Kostenpunkt wird das Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 5.805,39 € und für die außergerichtlichen Kosten 27.790,95 € mit der Maßgabe, dass diese im Verhältnis zur Klägerin nur in Höhe von 21% anzusetzen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048).

Gründe:

I. Das Berufungsgericht hat - wie die Beschwerde mit Recht beanstandet - den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es im Zusammenhang mit dem behaupteten Darlehen über 20.000 DM vom November 2000 erhebliches Vorbringen und Beweisangebote der Beklagten verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen hat. Da nicht auszuschließen ist, dass das angefochtene Urteil darauf beruht, ist es gemäß § 544 Abs. 7 ZPO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1. Das Berufungsgericht durfte die Vernehmung des von der Beklagten erst in der Berufungsbegründung benannten Zeugen K. nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO ablehnen. Der Beweisantritt hätte nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO zugelassen werden müssen. Die Beklagte hat in erster Instanz behauptet, sie habe zwar vom Ehemann der Klägerin, dem Zeugen M. , 21.000 DM erhalten. Dabei habe es sich aber nicht um ein Darlehen der Klägerin gehandelt. Vielmehr stamme das Geld von dem Zeugen K. , dem sie (unstreitig) ein Darlehen über 20.000 DM gewährt habe. Dieser habe den Darlehensbetrag zuzüglich Zinsen dem Ehemann der Klägerin gegeben mit dem Auftrag, das Geld zur Begleichung der Darlehensschuld an sie - die Beklagte - weiterzuleiten.

a) Das Landgericht hat diesen Vortrag der Beklagten als Erfüllungsbehauptung gewertet und ihr im Rahmen der Beweiswürdigung angelastet, den Zeugen K. nicht zum Beweis für ihre Behauptung benannt zu haben. Dabei hat das Landgericht übersehen, dass die Beweislast insoweit nicht die Beklagte trifft, sondern die Klägerin die Behauptung der Beklagten widerlegen muss. Die Beklagte hat nicht behauptet, ein ihr von der Klägerin gewährtes Darlehen zurückgezahlt zu haben. Ihr Vortrag geht vielmehr dahin, der Übergabe des Geldes durch den Ehemann der Klägerin liege die Begleichung der Darlehensschuld des Zeugen K. zugrunde.

Wer die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, muss nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außer der Auszahlung der Valuta auch die Einigung der Parteien über die Hingabe als Darlehen beweisen und einen vom Beklagten behaupteten anderen Rechtsgrund - auch im Verhältnis zu einem Dritten - ausschließen (Urteile vom 3. Dezember 1987 - III ZR 120/86 - BGHR BGB § 607 Beweislast 1; vom 28. Oktober 1982 - III ZR 128/81 - NJW 1983, 931 unter II; vom 24. Mai 1976 - III ZR 63/74 - WM 1976, 974 unter 1; ebenso Baumgärtel/Laumen, Beweislast 2. Aufl. § 607 BGB Rdn. 2 und 4).

Das Übersehen der richtigen Beweislastverteilung führt dazu, dass der zweitinstanzliche Beweisantritt nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hätte zugelassen werden müssen. Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel schon dann zuzulassen, wenn das Erstgericht seiner Entscheidung nur das falsche Beweismaß (§ 286 statt § 287 ZPO) zugrunde gelegt hat (BGHZ 159, 254, 256 f.). Das gilt erst recht, wenn die Beweislast verkannt worden ist (vgl. BVerfG NJW 1998, 2044 f. und BGH, Urteil vom 6. Oktober 1981 - X ZR 57/80 - NJW 1982, 940 unter II 2).

b) Der Beweisantritt hätte auch nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen werden müssen. Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass das Landgericht gegen § 279 Abs. 3 ZPO verstoßen und damit den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 307/04 - BGH-Report 2006, 529). Das Landgericht hätte im Rahmen der Erörterung nach §§ 279 Abs. 3, 139 Abs. 2 ZPO von seinem Rechtsstandpunkt aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03 - NJW-RR 2004, 927 unter II 2 a) darauf hinweisen müssen, dass die Beklagte die Beweislast für die "Erfüllungsbehauptung" trage und Beweis nicht angeboten sei. Da die Frage der Beweislast in diesem Punkt von keiner Partei und auch vom Gericht nicht erörtert worden war, ist davon auszugehen, dass der Beklagten nicht bewusst war, wie das Landgericht die Beweislast sieht. Dies ist zu vermuten, da keine Partei auf diesen Punkt eingegangen ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1992 - I ZR 248/90 - NJW 1993, 667 unter I 4 a und vom 20. Juni 1990 - VIII ZR 158/89 - NJW 1991, 637 unter II 2). Ohne einen Hinweis des Landgerichts durfte die Beklagte deshalb der zutreffenden Meinung sein, die Klägerin trage die Beweislast. Die fehlerhafte Beweislastverteilung ist der Beklagten erst durch das Urteil des Landgerichts bekannt geworden. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte in der Berufungsbegründung auf die Beweislast der Klägerin hingewiesen und im Schriftsatz vom 18. Juli 2005 ausdrücklich dargelegt, dass die Klägerin den von ihr - der Beklagten - dargelegten anderen Rechtsgrund für die Übergabe der 20.000 DM hätte widerlegen müssen. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte dies bei einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts in erster Instanz ebenfalls vorgetragen und dann auch vorsorglich Beweis durch Vernehmung des Zeugen K. angeboten hätte. Das Berufungsgericht hat die Beweislast ebenfalls nicht richtig gesehen und deshalb nicht erkannt, dass die Beklagte in zweiter Instanz ausreichend dazu vorgetragen hatte, dass das Unterlassen des Beweisantritts in erster Instanz mit auf einem Verfahrensfehler des Landgerichts beruht.

2. Danach wird das Berufungsgericht den im Berufungsverfahren auch von der beweisbelasteten Klägerin benannten Zeugen K. zu vernehmen haben. Seine Aussage zur Rückzahlung des ihm von der Beklagten gewährten Darlehens über den Zeugen M. als Mittelsmann kann zur Beurteilung von dessen Glaubwürdigkeit von erheblicher Bedeutung sein. Eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit beider Zeugen setzt auch die Klärung der behaupteten Einflussnahme der Klägerin und ihres Ehemannes auf den Zeugen K. voraus. Die hierzu weiter benannte Zeugin V. K. wird deshalb ebenfalls zu vernehmen sein.

Da die Verurteilung der Beklagten nicht nur aus dem Darlehen vom November 2000, sondern auch aus dem Darlehen vom Juni 2000 maßgeblich auf der Aussage des Zeugen M. beruht, ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben.

II. Im Übrigen ist die Beschwerde zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Ein möglicher Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB richtete sich vor Zahlung an die Architekten W. nur auf Freistellung und wäre mangels Gleichartigkeit nicht aufrechenbar (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05 - ZIP 2006, 1591 Tz. 11; vom 22. Oktober 1957 - VI ZR 231/56 - NJW 1958, 497 und vom 14. Juli 2005 - IX ZR 142/02 - NJW 2005, 3285 unter II 1). Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Ende der Entscheidung

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