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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: IX ZB 129/00
Rechtsgebiete: KO, GKG, ZPO


Vorschriften:

KO § 148
GKG § 14
GKG § 5 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 99 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 129/00

vom

28. Februar 2002

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser

am 28. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. August 2000 und gegen die Festsetzung des Streitwerts sowie den Kostenausspruch im Urteil dieses Senats vom 11. April 2000 wird als unzulässig verworfen.

Die für die Anrufung des Bundesgerichtshofs entstandenen Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 8 GKG).

Gründe:

I.

Der Beklagte ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der BVH (künftig: BVH AG), die zugunsten der Klägerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft über 1.530.000 DM übernommen hatte.

Die Klägerin nahm die BVH AG aus der Bürgschaft in Anspruch und erhob Zahlungsklage vor dem Landgericht Düsseldorf. Die letzte mündliche Verhandlung in erster Instanz fand am 14. November 1997 statt. Vor Verkündung des Landgerichtsurteils am 12. Dezember 1997 wurde am 1. Dezember 1997 über das Vermögen der BVH AG das Konkursverfahren eröffnet.

Der Beklagte legte nach Aufnahme des Verfahrens und Zustellung des Urteils, mit dem die BVH AG zur Zahlung der Bürgschaftssumme von 1.530.000 DM verurteilt wurde, Berufung ein. Das Berufungsgericht erteilte in der mündlichen Verhandlung am 21. März 2000 den rechtlichen Hinweis, daß wegen der Eröffnung des Konkursverfahrens der Antrag des Beklagten umgestellt werden müsse. Sachdienlich sei der Feststellungsantrag, den Widerspruch des Konkursverwalters gegen die zur Tabelle angemeldete Klageforderung für begründet zu erklären. Nur auf diese Weise könne eine Festsetzung des Streitwerts in voller Höhe der Klageforderung vermieden werden. Der Beklagte stellte gleichwohl seinen in der Berufungsbegründung angekündigten Antrag auf Abweisung der Klage. Hilfsweise beantragte er, seinen Widerspruch für begründet zu erklären.

Das Berufungsgericht wies mit Urteil vom 11. April 2000 die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurück, daß die Forderung der Klägerin in Höhe von 1.530.000 DM nebst Zinsen zur Konkurstabelle festgestellt werde. Dem Beklagten wurden die Kosten des Rechtsmittels auferlegt und der Streitwert für die Berufungsinstanz auf 1.530.000 DM festgesetzt. Einen Antrag des Beklagten, das Urteil in seinem Kostenausspruch zu berichtigen und den Streitwert auf die Höhe der voraussichtlichen Konkursquote von 15 % der Hauptforderung - dies entspricht 229.500 DM - herabzusetzen, lehnte es mit Beschluß vom 14. August 2000 ab. Eine Festsetzung des Streitwerts in Höhe der voraussichtlichen Konkursquote komme nicht in Betracht, weil der Beklagte ausdrücklich an seinem ursprünglichen Antrag auf Abweisung der Klage festgehalten habe.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner außerordentlichen Beschwerde vom 6. September 2000, die er auf greifbare Gesetzwidrigkeit der Kostenentscheidung und der Streitwertfestsetzung im Urteil vom 11. April 2000 stützt. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 21. September 2000 der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II.

1. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG (a.F.) findet gegen eine Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts eine Beschwerde an einen Obersten Gerichtshof des Bundes und damit an den Bundesgerichtshof nicht statt. Dies schließt in diesem Regelungsbereich auch eine außerordentliche Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzwidrigkeit" oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts aus. Mit Fragen der Überprüfung von Streitwertfestsetzungen soll der Bundesgerichtshof in keinem Fall befaßt werden. Vielmehr kommt hier allein eine Überprüfung durch den Richter in Betracht, der den angefochtenen Beschluß erlassen hat (iudex a quo). Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, daß dem Anliegen, Grundrechtsverstöße nach Möglichkeit durch Abhilfe innerhalb der jeweiligen Gerichtsbarkeit zu korrigieren, dadurch Rechnung zu tragen ist, daß in solchen Fällen das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, als befugt angesehen wird, diese auf Gegenvorstellung hin selbst dann zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, wenn sie nach dem Prozeßrecht grundsätzlich innerhalb der Instanz unabänderlich ist (BGHZ 130, 97, 99 f; BGH, Beschl. v. 9. September 1997 - IX ZB 92/97, NJW 1998, 82; v. 25. November 1999 - IX ZB 95/99, NJW 2000, 590). Das gilt für Entscheidungen über die Wertfestsetzung um so mehr, als diese gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3 von Amts wegen geändert werden können.

Im Streitfall erscheint eine erneute Überprüfung geboten, weil die Festsetzung des Streitwerts unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist.

a) Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung in der Berufungsinstanz ist gemäß § 14 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers. Vorliegend war der Hauptantrag des Beklagten auf Abweisung der Klage gerichtet. Ein solcher Antrag ist aus sich heraus nicht aussagekräftig. Der Streitwert richtet sich in diesem Fall regelmäßig nach dem durch den Streitgegenstand bestimmten Interesse des Rechtsmittelführers (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Februar 1986 - IX ZR 146/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 814 m. Anm. Schneider; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. Rn. 3701), das unter Heranziehung des Klageantrags durch Auslegung zu ermitteln ist.

b) Im Streitfall hat die Klägerin in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 5. Januar 2000 die Zurückweisung der Berufung beantragt. Eine Beschränkung dahingehend, daß lediglich eine Konkursforderung geltend gemacht werden sollte, enthält dieser Schriftsatz nicht. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich jedoch, daß sie sich niemals einer Masseforderung berühmt hat. So hat sie die der Klage zugrunde liegende Forderung am 31. Dezember 1997 zur Konkurstabelle angemeldet und im Schriftsatz vom 15. Juni 1999 an das Landgericht den - unzulässigen - Antrag gestellt, das erstinstanzliche Urteil dahingehend zu ergänzen, daß die streitgegenständliche Forderung zur Tabelle festgestellt werde. Damit hatte die Klägerin hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, daß sie in der Berufungsinstanz ausschließlich einen Anspruch auf Feststellung ihrer Forderung zur Konkurstabelle verfolgen wollte (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 1994 - VIII ZR 28/94, NJW-RR 1994, 1251, 1252). Dies hat auch das Oberlandesgericht in seinem Beschluß vom 14. August 2000 zutreffend erkannt, wenn es dort ausführt, der Zahlungsantrag der Klägerin sei als Antrag auf Feststellung zur Konkurstabelle auszulegen gewesen. Wenn das Oberlandesgericht demgegenüber von einer Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Antrags der Klägerin ausgegangen wäre, hätte es wegen des eröffneten Konkursverfahrens das erstinstanzliche Urteil aufheben und die Klage abweisen müssen.

Da nach dem richtig verstandenen Antrag der Klägerin Streitgegenstand in der Berufungsinstanz von Anfang an nur noch die Feststellung zur Konkurstabelle war, richtet sich der Streitwert gemäß § 148 KO nach der auf die streitige Forderung voraussichtlich entfallenden Quote. Diese beläuft sich auf 229.500 DM. Verfehlt ist in diesem Zusammenhang die Auffassung des Oberlandesgerichts, ein höherer Streitwert ergebe sich aus dem Umstand, daß der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit seinem Hauptantrag weiterhin die Abweisung der Klage beantragt habe. Wenn bei einer zutreffenden Auslegung des Antrags der Klägerin Streitgegenstand in der Berufungsinstanz die Feststellung der Klageforderung zur Konkurstabelle war, konnte sich der Antrag auf Klageabweisung nur noch hiergegen richten, in keinem Fall aber darüber hinausgehen und deshalb auch keine höhere Streitwertfestsetzung rechtfertigen. Haupt- und Hilfsantrag des Beklagten deckten sich mithin inhaltlich.

2. Soweit der Beklagte mit seiner Beschwerde die Kostengrundentscheidung des Urteils vom 11. April 2000 angreift, ist das Rechtsmittel gemäß § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig. Die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die angefochtene Entscheidung insoweit richtig ist. Denn bei einer zutreffenden Auslegung des Antrags der Klägerin ist der Beklagte in der Berufungsinstanz in vollem Umfang unterlegen.

Ende der Entscheidung

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