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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.07.2004
Aktenzeichen: IX ZB 256/03
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 269
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
GKG § 50 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 256/03

vom 23. Juli 2004

in dem Gesamtvollstreckungsverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

am 23. Juli 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 1. Oktober 2003, berichtigt durch Beschluß vom 13. November 2003, wird auf Kosten der Sequesterin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Meiningen vom 16. Oktober 2001 verworfen wird.

Gegenstandswert: 15.000 Euro.

Gründe:

I.

Am 20. Juli 1998 beantragten der Beteiligte zu 2 und ein weiterer Gläubiger die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Mit Beschluß vom 13. April 1999 ordnete das Amtsgericht die Sequestration an; die Beteiligte zu 1 wurde zur Sequesterin ernannt. Am 27. September 1999 erklärten die Antragsteller die Rücknahme des Antrags. Daraufhin stellte das Amtsgericht mit Beschluß vom 30. September 1999 die Beendigung des Verfahrens fest; dessen Kosten wurden nach §§ 269, 91 ZPO dem weiteren antragstellenden Gläubiger auferlegt.

Die Sequesterin hat hernach die Festsetzung ihrer Vergütung und Auslagen sowie die Ermächtigung beantragt, die festgesetzte Vergütung in Höhe des vorhandenen Guthabens einem für die Schuldnerin geführten Anderkonto zu entnehmen.

Das Amtsgericht hat die Vergütung und Auslagen (in geringerer Höhe) festgesetzt und bestimmt, daß diese der sequestrierten Masse entnommen werden können. Dagegen haben sowohl die Schuldnerin als auch die Sequesterin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Schuldnerin hat eine weitere Verminderung der Festsetzung erstrebt. Die Sequesterin hat den Festsetzungsantrag in voller Höhe weiterverfolgt und außerdem beantragt, die Vergütung und die Auslagen den antragstellenden Gläubigern aufzuerlegen. Sie hat die Meinung vertreten, die Vergütung und die Auslegen des Sequesters fielen unter die "Kosten", die gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Antragsteller zu tragen hätten. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 1. Oktober 2003 beide Beschwerden zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Sequesterin nur noch dagegen, daß ihre Vergütung und Auslagen nicht den antragstellenden Gläubigern auferlegt worden sind.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft (BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 62/03, ZIP 2004, 1072) und zulässig, jedoch unbegründet.

1. Unbegründet ist die Rechtsbeschwerde schon deshalb, weil bereits die Erstbeschwerde unzulässig war, soweit die Sequesterin damit die Auferlegung der Vergütung und Auslagen auf die antragstellenden Gläubiger erstrebte. Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht eigenständig zu prüfen (BGH, Beschl. v. 23.Oktober 2003 - IX ZB 369/02, ZInsO 2004, 89). Ist die Erstbeschwerde, obwohl unzulässig, vom Beschwerdegericht aus sachlichen Gründen zurückgewiesen worden, ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung dieser Gründe verwehrt; vielmehr hat es die sofortige Beschwerde zu verwerfen (vgl. BGHZ 6, 369, 370; MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 3 § 7 n.F. Rn. 100).

Die Erstbeschwerde war insoweit, als die Sequesterin sich gegen die Bestimmung in dem Beschluß des Amtsgerichts gewandt hat, daß die festgesetzten Beträge der sequestrierten Masse entnommen werden können, bereits deshalb unzulässig, weil sie dadurch nicht formell beschwert worden ist. Wer nur materiell, nicht aber formell beschwert ist, weil die Entscheidung gemäß seinem Antrag ergangen ist, kann kein zulässiges Rechtsmittel einlegen (MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 1 § 6 Rn. 27; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 6 Rn. 13; Gerhardt, Festschrift für Uhlenbruck 2000 S. 75, 85). Im vorliegenden Fall hatte die Sequesterin beantragt, sie zu ermächtigen, die festgesetzte Vergütung in Höhe des Guthabens dem Anderkonto zu entnehmen. Da dieses Guthaben zur sequestrierten Masse gehörte, durfte das Amtsgericht den Antrag dahin verstehen, daß die Sequesterin insgesamt - auch soweit das Guthaben auf dem Anderkonto nicht ausreichte - die Berechtigung anstrebte, ihre Vergütung und Auslagen der Masse zu entnehmen. Im übrigen ist die Sequesterin durch den Beschluß des Amtsgerichts - soweit hier noch von Interesse - auch nicht materiell beschwert worden. Sie wurde nur ermächtigt, auf die Masse zuzugreifen. Im übrigen blieb ihre Rechtsposition unangetastet.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch deshalb unbegründet, weil gegen die antragstellenden Gläubiger allenfalls die Schuldnerin die Festsetzung der Vergütung und der Auslagen der Sequesterin als Verfahrenskosten hätte beantragen können. Bei dem durch die Zustellung des Eröffnungsantrags an den Schuldner in Gang gesetzten Eröffnungsverfahren handelt es sich um ein Verfahren, bei dem sich der antragstellende Gläubiger und der Schuldner ähnlich wie die Parteien eines Zivilprozesses gegenüberstehen (BGH, Urt. v. 11. Juli 1961 - VI ZR 208/60, NJW 1961, 2016; MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 1 vor §§ 2 bis 10 Rn. 17; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 14 Rn. 31). Demgemäß regelt die Kostenentscheidung nur das Verhältnis der "Parteien" zueinander und - mittelbar - dasjenige zur Staatskasse (OLG Frankfurt a.M. ZIP 1992, 1564). Aufgrund der Kostenentscheidung des Amtsgerichts vom 30. September 1999 war Kostengläubigerin die Schuldnerin. Die Sequesterin konnte das Festsetzungsverfahren nicht aus eigenem Recht betreiben (vgl. Eickmann, ZIP 1982, 21, 26 f).

Zu der Frage, wer bei Rücknahme des Eröffnungsantrags durch den Gläubiger die Vergütung des Sequesters und dessen Auslagen zu tragen hat, verweist der Senat auf seine Entscheidung vom 22. Januar 2004 (IX ZB 123/03, NZI 2004, 245, 247, z.V.b. in BGHZ). Dort ist ausgeführt, daß der Gläubiger für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht einstehen muß, weil die Vergütung nicht zu den nach § 50 Abs. 1 Satz 2 GKG erstattungsfähigen Auslagen gehört.

Ende der Entscheidung

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