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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: IX ZB 276/04
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 577 Abs. 4 Satz 3
ZPO § 4 Abs. 1
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 276/04

vom 15. Dezember 2005

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Vill, Cierniak, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer am 15. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerdeverfahren, an den 24. Zivilsenat des Beschwerdegerichts zurückverwiesen.

Für das Verfahren über diese Rechtsbeschwerde werden Gerichtskosten nicht erhoben.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.434,70 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine dänische Anwaltskanzlei, die von der Antragsgegnerin mit ihrer Vertretung in einer vor einem dänischen Gericht erhobenen Klage beauftragt wurde. Die Parteien vereinbarten dafür ein Honorar nach Zeitaufwand zu einem Stundensatz von 470 DM. Die Antragstellerin hat das von ihr berechnete Honorar eingeklagt und ein Versäumnisurteil des Amtsgerichts Kopenhagen erwirkt, das die Antragsgegnerin verurteilt hat, an die Antragstellerin 62.655,37 DKK nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen dänischen Diskontsatz seit dem 19. August 1999 sowie 3.500 DKK an Verfahrenskosten zu zahlen.

Die Antragstellerin begehrt, dieses Urteil für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin hat unter anderem eingewandt, die Antragstellerin habe das Urteil durch vorsätzlich falschen Vortrag über den zeitlichen Umfang der von ihr erbrachten Tätigkeit erschlichen.

Die Vorinstanzen haben dem Gesuch der Antragstellerin entsprochen. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 6. Mai 2004 (IX ZB 43/03, WM 2004, 1391) die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Beschwerdegericht hat den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben und sodann die gegen die Entscheidung des Landgerichts gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin wiederum zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Zurückweisung des Gesuchs der Antragstellerin begehrt.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt erneut zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die dem Senatsbeschluss vom 6. Mai 2004 (aaO) zukommende Bindungswirkung missachtet (§ 577 Abs. 4 Satz 4 ZPO). Dies ist ein von Amts wegen zu berücksichtigender Rechtsfehler, der die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung gebietet.

a) Der Senat hat seine Entscheidung auf die Rechtsansicht gestützt, dass der (bloße) Nachweis eines krassen Missverhältnisses zwischen dem für die anwaltliche Tätigkeit objektiv erforderlichen und dem vom Gläubiger in Rechnung gestellten Aufwand geeignet sein kann, ein ausreichendes Beweisanzeichen für die beim Gegner erforderlichen subjektiven Merkmale des Prozessbetrugs zu begründen (Beschluss vom 6. Mai 2004, aaO S. 1393).

In Widerspruch dazu hat das Beschwerdegericht auch in seiner zweiten Entscheidung vom 5. November 2004 die Ansicht vertreten, dass ein Missverhältnis zwar indizielle Wirkung für die Absichten des Gläubigers hat, ohne Hinzutreten weiterer objektivierbarer Umstände aber keinen Rückschluss auf eine Betrugsabsicht erlaubt (S. 6 f). Die Beschwerdeentscheidung beruht auch auf dieser Rechtsansicht.

b) Die Bindungswirkung ist nicht durch eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts entfallen. Auch nach Ergänzung des Parteivorbringens durch die Schriftsätze der Antragstellerin vom 29. Juli und 9. August 2004 und denjenigen der Antragsgegnerin vom 12. August 2004 haben die Parteien um die Angemessenheit des geforderten Honorars gestritten. Dass die Antragstellerin dort erstmals ihren Arbeitsaufwand im Einzelnen dargestellt und umfangreiche Auszüge ihrer Handakten vorgelegt hat, kommt einer Änderung des Sachverhalts nicht gleich. Dies war allein schon im Hinblick auf den umfangreichen Sachvortrag der Antragsgegnerin geboten. Die von der Bindungswirkung umfasste Rechtsfrage bleibt weiterhin entscheidungserheblich.

c) Auch die Besonderheiten des Anerkennungsverfahrens führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar darf das Anerkennungsverfahren auch bei behaupteten Verstößen gegen den ordre public nicht zu einer Nachprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache führen. Der Antragsgegner, der sich auf einen Prozessbetrug beruft, muss deshalb einen Sachverhalt konkret und im einzelnen nachvollziehbar beschreiben, der geeignet ist, den erhobenen Betrugsvorwurf zu belegen (BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004, aaO). Für das Verfahren nach Zurückverweisung durch das Rechtsbeschwerdegericht folgt daraus, dass die Behauptung des Prozessbetrugs unbeachtlich werden und die Bindungswirkung der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts entfallen kann, wenn der Antragsteller detailliert Umstände vorträgt, die den Vorwurf des Prozessbetrugs entkräften, sofern der Antragsgegner dem nicht in der gebotenen Weise entgegentritt.

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Das Vorbringen der Antragsgegnerin zur Überhöhung der geltend gemachten Arbeitsstunden ist durch den nachträglichen Vortrag der Antragstellerin nicht entkräftet worden. Die Antragsgegnerin hat den neuen Vortrag der Antragstellerin, insbesondere die Richtigkeit der Zeitjournale, bestritten und erneut detailliert zum für erforderlich gehaltenen Zeitaufwand Stellung genommen. Hierzu hat sie größtenteils auf einen Schriftsatz Bezug genommen, den sie in einem mit umgekehrten Parteirollen beim Landgericht Essen (18 O 20/04) geführten, dasselbe Mandat betreffenden und auf Rückzahlung überzahlten Honorars gerichteten Rechtsstreit vorgelegt hat. Darin hat die Antragsgegnerin insbesondere auch geltend gemacht, die Antragstellerin sei nicht berechtigt gewesen, Tätigkeiten ihrer Kanzleimitarbeiter gesondert in Rechnung zu stellen. Die Antragsgegnerin ist damit, auch unter Berücksichtigung der strengen Darlegungsanforderungen im Anerkennungsverfahren, ihrer Obliegenheit nachgekommen, zu dem behaupteten Prozessbetrug konkret und plausibel vorzutragen.

Das Beschwerdegericht hat diesen Vortrag, insbesondere den Schriftsatz vom 12. August 2004, unberücksichtigt gelassen. Indem es diese Darlegungen der Antragsgegnerin übergangen und die angebotenen Beweise nicht erhoben hat, hat das Beschwerdegericht die Antragsgegnerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG).

III.

Die Sache ist daher erneut unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 577 Abs. 4 Satz 3 ZPO Gebrauch gemacht.

Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, die Berechnung des Gegenstandswerts auf § 4 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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