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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: IX ZB 282/04
Rechtsgebiete: InsVV


Vorschriften:

InsVV § 8 Abs. 3
InsVV § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 282/04

vom 30. März 2006

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Kayser und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer

am 30. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 16. November 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.320 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 1. April 2002 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der (weitere) Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 18. September 2003 reichte dieser den Schlussbericht, die Schlussrechnung und einen Antrag ein, in dem er Festsetzung einer Vergütung von 33.148,77 €, einer Auslagenpauschale von 6.500 € sowie von Umsatzsteuer verlangte.

Mit Beschluss vom 24. Juni 2004 hat das Amtsgericht die Vergütung des Verwalters antragsgemäß festgesetzt, Auslagen jedoch nur in Höhe von 4.500 €. Den darüber hinausgehenden Antrag hat es mit der Begründung zurückgewiesen, der Auslagenpauschbetrag könne nur für den Zeitraum von der Eröffnung des Verfahrens bis zur Einreichung der Schlussrechnung verlangt werden.

Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Festsetzungsbegehren hinsichtlich der Auslagen in vollem Umfang weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 64 Abs. 3 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Für den vorliegenden Fall findet § 8 Abs. 3 InsVV in der bis 6. Oktober 2004 geltenden Fassung Anwendung, weil das Insolvenzverfahren vor dem 1. Januar 2004 eröffnet worden ist (§ 19 InsVV in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2569).

2. Die Auslagenpauschale kann nur für den Zeitraum gefordert werden, in dem der Insolvenzverwalter insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat. Als Schlusspunkt maßgebend ist daher der Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen worden wäre (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 - IX ZB 255/03, ZIP 2004, 1716, 1717; v. 2. Februar 2006 - IX ZB 167/04, ZInsO 2006, 254, 256).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts endet der Anspruch auf Auslagenpauschale nicht schon mit der Vorlage des Schlussberichts. Denn auch danach hat der Insolvenzverwalter Aufgaben zu erfüllen, etwa die genehmigte Schlussverteilung vorzunehmen (§§ 196 ff InsO). Das Amt des Verwalters endet, sofern nicht besondere Beendigungsgründe vorliegen, grundsätzlich erst mit der Verfahrensbeendigung durch Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens (HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 56 Rn. 29 ff; MünchKomm-InsO/Graeber, § 56 Rn. 125 ff). Bis zu diesem Zeitpunkt kann grundsätzlich der Auslagenpauschsatz gefordert werden (BGH, Beschl. v. 2. Februar 2006 aaO).

Die Beschwerdeentscheidung kann deshalb, soweit zum Nachteil des Insolvenzverwalters erkannt wurde, keinen Bestand haben.

3. Ziel der Pauschalierungsregelung ist es, den Beteiligten die Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen. Der Pauschsatz hat nicht das Ziel, mittelbar die Vergütung des Verwalters bei Verzögerungen zu erhöhen. Das Insolvenzverfahren ist beschleunigt durchzuführen (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004, aaO; v. 2. Februar 2006, aaO).

Der Umstand, dass der Insolvenzverwalter etwa längere Zeit den Abschlussbericht nicht vorlegt oder die genehmigte Schlussverteilung nicht vornimmt, obwohl ihm dies möglich wäre, kann deshalb den berücksichtigungsfähigen Zeitraum i.S.d. § 8 Abs. 3 InsVV nicht verlängern. Dasselbe gilt für die Rechtsmittelverfahren betreffend die Vergütungsfestsetzung. Deren Dauer kann bei der Festsetzung der Auslagenpauschbeträge nicht berücksichtigt werden, es sei denn, der Verwalter ist hiervon unabhängig im Insolvenzverfahren tätig (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004, aaO; v. 2. Februar 2006, aaO).

Nach dieser Maßgabe wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, bis zu welchem Zeitpunkt der beantragte Auslagenpauschbetrag zu bewilligen ist.

4. Im Zeitpunkt der Vergütungsfestsetzung kann für die Festsetzung der Auslagenpauschbeträge nur der Zeitraum berücksichtigt werden, von dem feststeht, dass für ihn nach den obigen Ausführungen Anspruch auf Auslagenpauschbeträge besteht. Ungewisse Prognosen über die weitere Verfahrensdauer können nicht zugrunde gelegt werden (vgl. für die Festsetzung der Vergütung BGH, Beschl. v. 10. November 2005 - IX ZB 168/04, ZIP 2006, 93, 94; v. 26. Januar 2006 - IX ZB 183/04, z.V.b., Umdruck S. 7).

Entsteht jedoch nach Festsetzung der Vergütung und der Auslagen ein Anspruch auf weitere Auslagenpauschbeträge, kann der Verwalter einen Antrag auf ergänzende Festsetzung stellen. Die formelle und materielle Rechtskraft der bereits erfolgten Festsetzung steht dem nicht entgegen, weil die Fortdauer des Insolvenzverfahrens und das Entstehen weiterer Auslagen eine neue Tatsache darstellen. Der Insolvenzverwalter kann sich eine entsprechende Ergänzung seines Vergütungsfestsetzungsantrages vorbehalten; notwendig ist dies jedoch nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 10. November 2005, aaO; v. 26. Januar 2006, aaO).

5. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, in der vorliegenden Situation habe dem Verwalter auf der Grundlage des § 9 InsVV neben der festzusetzenden Vergütung und den festzusetzenden Auslagenpauschbeträgen für später noch anfallende Auslagenpauschbeträge ein Vorschuss gewährt werden können, zeigt sie nicht auf, dass die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses für künftig noch zu erwartende Auslagen gemäß § 9 InsVV beantragt worden ist. Eine derartige Zustimmung setzt einen entsprechenden Antrag voraus (Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. § 9 Rn. 3, 6).

Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung kann wegen des unterschiedlichen Charakters der beantragten Entscheidung nicht in einen Antrag auf Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses umgedeutet werden. Im Übrigen hat der Verwalter am gleichen Tag, an dem er die Festsetzung der Vergütung beantragt hat, auch einen Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses gestellt. Bezüglich der Auslagen bezog sich dieser aber nur auf einen Betrag von 4.000 €. Ihm ist in vollem Umfang stattgegeben worden.

Ende der Entscheidung

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