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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.04.2006
Aktenzeichen: IX ZB 286/04
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 547 Nr. 6
ZPO § 576 Abs. 3
GKG § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 286/04

vom 13. April 2006

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und die Richterin Lohmann

am 13. April 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der Zivilkammer 26 des Landgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde - an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 9.240 € festgesetzt.

Gerichtskosten für dieses Verfahren werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Hiergegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht durch Nichtabhilfebeschluss vom 18. September 2004 - die Ausfertigung trägt das falsche Datum vom 20. September 2004 - nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 27. Oktober 2004, der am 11. November 2004 abgegangen ist, zurückgewiesen. Bereits am 2. November 2004 war beim Landgericht ein Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin eingegangen, in dem zur Nichtabhilfeentscheidung Stellung genommen wird.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Beschlüsse, welche der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird. Denn die Feststellungen des Beschwerdegerichts sind Grundlage der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 29/03, WM 2004, 1686 f; v. 4. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so kann eine Rechtsprüfung nicht erfolgen. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO.

Der angefochtene Beschluss genügt diesen Anforderungen nicht. Er enthält überhaupt keine Schilderung des Sachverhalts. Aus den knapp gefassten rechtlichen Erwägungen kann auch nicht mittelbar auf den maßgeblichen Sachverhalt geschlossen werden. Die in Bezug genommene Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts vom 18. September 2004 enthält ebenfalls keine in sich geschlossene Sachverhaltsschilderung.

2. Die angefochtene Entscheidung ist überdies unter Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte der Schuldnerin ergangen, weil die Vorinstanz die substantiierte Stellungnahme ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29. Oktober 2004 nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Dazu bestand nach Art. 103 Abs. 1 GG jedoch Veranlassung. Der angefochtene Beschluss ist ausweislich des Abvermerks der Geschäftsstelle erst am 11. November 2004 an den Schuldner-Vertreter sowie den Insolvenzverwalter hinausgegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt handelte es sich um einen unverbindlichen Entwurf, dem keine verfahrensabschließende Wirkung zukommt (vgl. BGHZ 133, 307, 310; BGH, Urt. v. 1. April 2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1574; Hk-ZPO/Saenger, § 329 Rn. 10). Bis dahin eingehende Schriftsätze müssen deshalb berücksichtigt werden. Dies ist nicht geschehen. Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, zeigt der übergangene Schriftsatz Vermögenswerte auf, die den vom Landgericht angenommenen Fehlbetrag übersteigen. Der unberücksichtigt gebliebene Vortrag ist deshalb geeignet, hinsichtlich des Insolvenzgrundes der Überschuldung zu einer für die Schuldnerin günstigeren Bewertung zu führen. Die Zurückverweisung gibt dem Landgericht Gelegenheit, diese Prüfung nachzuholen.

Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wegen unrichtiger Sachbehandlung beruht auf § 21 GKG.

Ende der Entscheidung

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