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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: IX ZR 121/06
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 129 Abs. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 143 Abs. 1
BGB § 421
a) Veranlasst der spätere Insolvenzschuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz seinen Schuldner, unmittelbar an seinen Gläubiger zu zahlen, kommt die Vorsatzanfechtung auch gegen den Angewiesenen in Betracht (Abgrenzung zu BGHZ 142, 284).

b) Die Anfechtungsansprüche gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger stehen im Verhältnis der Gesamtschuld zueinander.

c) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann im Valuta- und im Deckungsverhältnis nur einheitlich bestimmt werden.

d) Die Kenntnis des Angewiesenen von der Inkongruenz der Deckung im Valutaverhältnis begründet kein Beweisanzeichen für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 121/06

Verkündet am: 29. November 2007

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 19. Juni 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kaufmanns H. (i.F.: Schuldner).

Der Schuldner erbrachte Bewachungsleistungen für die Beklagte. Am 1. Juli 2004 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Am 31. Juli 2004 berechnete der Schuldner der Beklagten 10.144,75 € für erbrachte Dienstleistungen. Das Insolvenzgericht bestellte am 17. August 2004 einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO; unter anderem verbot es den Drittschuldnern, an den Schuldner zu zahlen. Diese Anordnung wurde am selben Tag im Internet veröffentlicht. Am 20. August 2004 zahlte die Beklagte den Rechnungsbetrag an den Subunternehmer des Schuldners, den dieser hierzu bevollmächtigt hatte, in bar aus. Die Klage auf Zahlung von 10.144,75 € hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in ZIP 2006, 1684 abgedruckt ist, hat gemeint, die Beklagte habe bewiesen, dass ihr die Anordnung des Insolvenzgerichts vom 17. August 2004 im Zahlungszeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Gemäß § 24 Abs. 1, § 82 InsO komme ihrer Zahlung an den Subunternehmer Erfüllungswirkung zu.

B.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

I.

Die Revision ist zulässig.

Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keinen Zusatz, durch den die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision zwar auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen (BGH, Urt. v. 3. März 2005 - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715 m.w.N.). Für eine Beschränkung der Zulassung ist es aber erforderlich, dass sich dies klar aus den Gründen ergibt; der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen, wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (BGHZ 153, 358, 361). So liegt es auch hier.

Die Auffassung der Beklagten, die von der Revision geltend gemachten, im angefochtenen Berufungsurteil nicht abgehandelten Anspruchsgrundlagen beträfen einen anderen Streitgegenstand - mit der Folge, dass sich die Zulassung hierauf nicht bezöge -, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den vertraglichen Erfüllungsanspruch geprüft (und verneint). Die Revision meint, der mit der Klage verfolgte Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung sowie aus dem Recht der unerlaubten Handlung. Der Streitgegenstand wird durch den - hier unveränderten - Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, umgrenzt (BGHZ 154, 342, 347 f). Bei natürlicher Betrachtungsweise (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127) gehören auch die Umstände, auf die der Kläger mit seiner Revision abstellt, zu dem von ihm zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex. Sowohl der aus Vertrag hergeleitete Erfüllungsanspruch als auch der anfechtungs- und deliktsrechtliche Anspruch sind in der Person des Klägers mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden.

II.

Die Berufung war zulässig. Die Berufungsbegründung erfüllt die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Es handelt sich, wie ausgeführt, um einen einheitlichen Streitgegenstand. Daher reichte es aus, dass der Kläger den Anspruch auf Vergütung der Dienstleistungen des Schuldners für den Monat Juli 2004 aus § 611 BGB weiter verfolgte; denn dieser deckte sein Zahlungsbegehren in vollem Umfang ab (vgl. Hk-ZPO/Wöstmann, 2. Aufl. § 520 Rn. 24 m.w.N.).

III.

Das Berufungsgericht durfte die Klage nicht abweisen, ohne den ihm unterbreiteten Sachverhalt auf anfechtungs- und deliktsrechtliche Ansprüche zu untersuchen.

1. Das Berufungsgericht war verpflichtet, den zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand unter allen rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu beurteilen. Unabhängig davon hat sich der Kläger ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils auch auf den Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung berufen (vgl. BGHZ 135, 140, 149 ff).

2. Einer näheren Erörterung wäre das Berufungsgericht nur enthoben, wenn ein Anspruch aus § 143 Abs. 1 InsO oder aus § 823 Abs. 2 BGB von vornherein unter keinem Gesichtspunkt in Betracht käme. So liegt es hier indes nicht.

a) Ein Anspruch aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO besteht allerdings nicht; denn die Beklagte ist nicht Insolvenzgläubigerin. Der Senat hat in seiner in BGHZ 142, 284 abgedruckten Entscheidung vom 16. September 1999 noch zu einem Fall der Deckungsanfechtung nach der Konkursordnung ausgeführt, dass sich die Anfechtung im Falle einer Drittzahlung allein gegen den Empfänger der Zahlung (hier: den Subunternehmer) richtet. Der Schuldner hat auch hier eine Zwischenperson (die Beklagte) eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat. Die einschränkende Voraussetzung, dass es sich für den Dritten erkennbar um eine Leistung des Schuldners handeln müsse, liegt hier nach der Sachlage auf der Hand. Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch bezweckt, dass ein Gegenstand, der ohne die anfechtbare Rechtshandlung zur Masse gehören würde, ihr zum Zwecke der Verwertung wieder zugeführt werden muss. Hierbei sind mittelbare Zuwendungen im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar vom Schuldner erworben (BGH, Urt. v. 19. März 1998 - IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 975, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 138, 291). Daher richtet sich der Rückgewähranspruch in solchen Fällen grundsätzlich gegen den, der infolge der anfechtbaren Handlung den Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners erhalten hat. Daran vermag der Umstand, dass schon die Verrechnungsabrede selbst zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt hat, nichts zu ändern (vgl. im Einzelnen BGHZ 142, 284, 287 ff). Hieran hat der Senat auch für das neue Recht festgehalten (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290, 291). Die Einwendungen der Revision geben dem Senat keinen Anlass, von seiner gefestigten Rechtsauffassung abzuweichen.

b) In Betracht kommt jedoch ein Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO; insoweit fehlt es an den für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen.

Anfechtbar ist nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. aa) Die Beklagte ist als "anderer Teil" im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO passivlegitimiert. Allerdings hat der Senat die Frage, ob der Angewiesene Anfechtungsgegner im Rahmen der Vorsatzanfechtung sein kann, bisher noch nicht beantwortet.

(1) In den Motiven der Konkursordnung wird lediglich eine Vorfrage der hier zu entscheidenden behandelt: "Der Entwurf sieht ... davon ab, auf Leistungen der Schuldner des Gemeinschuldners - unbeschadet der vollen Anfechtbarkeit betrügerischer Kollusionen - den allgemeinen Anfechtungsgrund des § 23 (scil: § 30 KO) anzuwenden" (Materialien zur Konkursordnung, S. 121). Die Erfüllung einer Forderung wurde also unter den Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 KO als anfechtbar angesehen. Als Rechtsfolge ergab sich die Wirkungslosigkeit der Handlung (Materialien, S. 147). Diese Rechtsauffassung ist zur Konkursordnung, soweit die Kommentare überhaupt auf die Frage eingegangen sind, einhellig vertreten worden. Wenn eine Schuld in Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht erfüllt wurde, konnte die Erfüllung angefochten werden (Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 31 Rn. 3; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 31 Rn. 6).

Auch bei der Ausführung einer nicht angenommenen Anweisung auf Schuld - dem hier vorliegenden Fall - wurde eine Absichtsanfechtung gegenüber dem Angewiesenen nach § 31 KO für möglich gehalten, wenn der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht handelte und der Angewiesene davon wusste (Jaeger/Henckel, aaO § 30 Rn. 147; Jaeger/Lent aaO § 31 Rn. 3; Heile, Die Anweisung im Konkurs des Anweisenden [Göttingen 1976], S. 74; Lent, Die Anweisung als Vollmacht und im Konkurse [Nachdruck Diss. Leipzig 1907] S. 179 f, 184). Die Rechtsfolge wurde darin gesehen, dass sich der Angewiesene auf das Erlöschen seiner Schuld nicht berufen konnte (Henckel, aaO § 31 Rn. 6; Heile, aaO S. 75; Lent, aaO S. 185).

Dem steht das bereits erwähnte Urteil des Senats vom 16. September 1999 (BGHZ 142, 284) nicht entgegen. Zwar hat der Senat dort zur Konkursordnung entschieden, allein der Zuwendungsempfänger sei Anfechtungsgegner, wenn der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, diese die Zuwendung für ihn bewirkt und dadurch das den Gläubigern haftende Vermögen vermindert hat (aaO S. 287). Die Entscheidung befasst sich aber nur mit der Deckungsanfechtung nach § 30 Nr. 1 KO; auf die Vorsatzanfechtung geht der Senat in dem Urteil nicht ein.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte unter der Geltung der Konkursordnung grundsätzlich auf Bezahlung des Dienstlohns hätte in Anspruch genommen werden können; sie hätte sich nach § 31 Nr. 1, § 37 KO nicht auf die Erfüllung dieses Anspruchs (§ 787 Abs. 1 BGB analog oder § 362 Abs. 2 BGB) berufen können.

(2) Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich die Rechtslage insoweit nicht geändert. Der Wortlaut des § 133 Abs. 1 InsO gibt für eine sachliche Änderung nichts her. Nach dem in den Materialien zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers sollten die sachlichen Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 KO beibehalten werden. Die Neufassung hat sich daher auf eine sprachliche Korrektur des subjektiven Tatbestands (Vorsatz statt Absicht) und eine Neubestimmung der Frist beschränkt sowie im Übrigen die Beweisführung für den Insolvenzverwalter erleichtert (BT-Drucks. 12/2443 S. 160).

Anderes ergibt auch nicht die Überlegung, Anfechtungsgegner sei immer derjenige, der infolge der anfechtbaren Handlung den Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners erhalten hat. Vermögensgegenstand kann jede vermögenswerte Position sein (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl. Überblick vor § 90 Rn. 2), also auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch Erfüllung derselben (vgl. auch Materialien zur KO S. 121).

Freilich läuft der Angewiesene auch bei Annahme einer Gesamtschuld (dazu sogleich) im Falle einer Insolvenz des Zuwendungsempfängers Gefahr, zweimal zahlen zu müssen und dafür keine Kompensation zu erhalten. Dieses Ergebnis ist jedoch vom Gesetz gewollt und billig. Wer in kritischer Zeit und in inkongruenter Art und Weise Vermögensgegenstände des späteren Insolvenzschuldners erwirbt, muss sie, obwohl der Kaufpreis bezahlt wurde, zur Masse zurückgewähren. In der hier gegebenen Fallkonstellation kommt noch hinzu, dass der Drittschuldner in Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners leistet. Wer aber letztlich kollusiv mit dem Schuldner zusammenwirkt, um die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, erscheint wenig schutzwürdig.

bb) Der gegen die Beklagte gerichteten Anfechtung steht nicht entgegen, dass dem Kläger auch gegen den Subunternehmer des Schuldners ein Anspruch aus § 133 InsO zustehen kann. Die gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger gerichteten Anfechtungsansprüche stehen gleichstufig nebeneinander; es liegt eine Gesamtschuld vor. Denn die Voraussetzungen des § 426 Abs. 1 BGB sind erfüllt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 66. Aufl. § 421 Rn. 3 ff); es schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist.

Zwar hat der Senat eine gesamtschuldnerische Haftung von Angewiesenem und den jeweiligen durch ihn befriedigten Gläubigern für den der Entscheidung BGHZ 142, 284 zugrunde liegenden Fall verneint (aaO S. 289 f; offen gelassen noch im Urt. v. 29. April 1999 - IX ZR 163/98, WM 1999, 1218, 1220). Auch eine Legalzession helfe dem Angewiesenen nicht, wenn der Konkursverwalter den Anfechtungsanspruch gegen die Gläubiger nicht innerhalb der Frist des § 41 Abs. 1 KO geltend gemacht habe (aaO). Dies steht der Annahme einer Gesamtschuld aber nicht entgegen. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung ist von der Regelung einer Ausschlussfrist wie in § 41 KO abgegangen und hat den Anfechtungsanspruch inzwischen der regelmäßigen Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterstellt (§ 146 Abs. 1 InsO). Damit gibt es keinen Grund, diesen nicht den Regeln des allgemeinen Schuldrechts zu unterstellen (vgl. auch BGH, Urt. v. 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176, 2177).

cc) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO zu bejahen. Eine solche liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat (BGHZ 124, 76, 78 f; 165, 343, 350). Zahlungen Dritter betreffen das Vermögen des Schuldners zunächst nicht. Sie können jedoch dann zu einer objektiven Benachteiligung der Gläubiger führen, wenn der Dritte mit der Zahlung eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Schuldner tilgt (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 78, 100; vgl. BGH, Urt. v. 17. Juni 1999 - IX ZR 176/98, WM 1999, 1581, 1582). So liegt es hier; nach der von der Revision nicht angegriffenen Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte gemäß § 24 Abs. 1, § 82 InsO schuldbefreiend gezahlt.

dd) Die Rechtshandlung des Schuldners liegt in der mit der Bevollmächtigung des Subunternehmers zur Entgegennahme der ihm gebührenden Zahlung einhergehenden Verrechnungsabrede; diese hat zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt (vgl. BGHZ 142, 284, 287).

ee) Aufgrund der unzureichenden Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Schuldner bei Abschluss der Verrechnungsabrede mit dem Vorsatz gehandelt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und dies der Beklagten bekannt war (vgl. BGH, Urt. v. 19. April 2007 - IX ZR 59/06, ZIP 2007, 1120, 1123). Der Schuldner handelt mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn er ihre Benachteiligung als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat (BGHZ 124, 76, 81 f; 155, 75, 84). Ob im Einzelfall ein Benachteiligungsvorsatz vorliegt und der Anfechtungsgegner hiervon Kenntnis hatte, hat der Tatrichter aufgrund des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu entscheiden (BGHZ 124, 76, 82; vgl. auch BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, WM 2003, 1923, 1924).

C.

Das Berufungsurteil ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, hat eine Zurückverweisung in die Berufungsinstanz zu erfolgen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I.

Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob die subjektiven Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO vorliegen:

1. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153; zur früheren Rechtsprechung vgl. BGHZ 124, 76, 81 f; 131, 189, 195). Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153). Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (BGHZ 167, 190, 194 f; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 10; vgl. auch MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 133 Rn. 26; Bork ZIP 2004, 1684, 1691 f).

Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist im Deckungs- und im Valutaverhältnis einheitlich zu bestimmen. Die vom Schuldner durch die Anweisung bewirkte Vermögensverschiebung beruhte auf einem einheitlichen Vorgang. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bezieht sich auf die spätere Masse, deren Schmälerung sich aus der Perspektive des Valutaverhältnisses nicht anders darstellt als aus der des Deckungsverhältnisses. Insoweit weist der Senat daher darauf hin, dass die zwischen dem Schuldner und seinem Subunternehmer vereinbarte Mittelbarkeit der Zahlung eine inkongruente Deckung begründet (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290, 291; v. 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, NZI 2007, 546, 547). Hierin liegt regelmäßig ein erhebliches Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urt. v. 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, ZIP 2002, 1408, 1412; v. 11. März 2004 - IX ZR 160/02, ZIP 2004, 1060, 1062).

2. Ferner hängt der Erfolg der Anfechtungsklage davon ab, ob die Beklagte im Zeitpunkt der Rechtshandlung Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner im Allgemeinen um den Benachteiligungsvorsatz gewusst hat; alle Einzelheiten braucht er nicht zu kennen (HmbKomm-InsO/Rogge, 2. Aufl. § 133 Rn. 20). Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des anderen Teils vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (vgl. BGHZ 155, 72, 85; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290, 294).

a) Der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Inkongruenz der Deckung (im Valutaverhältnis) kommt in diesem Zusammenhang jedoch nicht die ihr sonst innewohnende Indizwirkung zu (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005, aaO). Diese Beweiswirkung ist vielmehr im Deckungs- und Valutaverhältnis gesondert zu beurteilen. Wenn sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners - wie hier - aus einer Inkongruenz im Valutaverhältnis ergibt, reicht es nicht aus, dass der Angewiesene von den sie begründenden Umständen weiß; die an die Inkongruenz anknüpfenden Beweiswirkungen muss er sich nicht anrechnen lassen.

b) Schon der Wortlaut des § 131 InsO legt nahe, dass sich die Rechtsfolgen einer inkongruenten Deckung nur gegen denjenigen richten, der eine Leistung des Schuldners erhält. Dies trifft auf den erfüllenden Drittschuldner nicht zu; denn er ist kein Insolvenzgläubiger, sondern Schuldner des späteren Insolvenzschuldners. Auch der Gesetzgeber der Konkursordnung sah die Erfüllung einer Forderung nicht als inkongruent an (Materialien S. 121). Sie sollte - von der Vorsatzanfechtung abgesehen - nicht anfechtbar sein. Dem entspricht auch der Sinn und Zweck der Anfechtung wegen Inkongruenz. § 131 InsO sieht einen Insolvenzgläubiger - Anfechtungsgegner - als weniger schutzwürdig an, wenn er eine Leistung erhält, die er so nicht zu beanspruchen hatte.

So liegt es bei der Erfüllung einer Forderung aber nicht. Wenn der spätere Insolvenzschuldner seine Bank anweist, an einen Dritten zu zahlen, kennt die Bank den Grund dieser Anweisung, das Valutaverhältnis, regelmäßig nicht. Sie kann nicht beurteilen, ob der Dritte die Leistung zu beanspruchen hatte oder ob das nicht der Fall war. Dem Drittschuldner ist es zudem regelmäßig gleichgültig, an wen er leistet und auf welche Weise er seine Schuld erfüllt. Deshalb ist er auch nicht generell weniger schutzwürdig, wenn sein Gläubiger - der spätere Insolvenzschuldner - um Leistung an einen Dritten bittet. Das sind aus seiner Sicht übliche Geschäftsvorgänge, denen für sich genommen eine Absicht des Insolvenzschuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, nicht zu entnehmen ist. Die im Valutaverhältnis getroffene Verrechungsabrede hat für den im Deckungsverhältnis angewiesenen Drittschuldner regelmäßig keinen wirtschaftlichen Vorteil und liegt auch nicht in seinem Interesse. Er erhält durch die Anweisung nur die formale Rechtsposition, seine Schuld nunmehr gegenüber dem Dritten erfüllen zu dürfen bzw. zu müssen (vgl. BGH, Urteil v. 16. September 1999, aaO).

c) Die Inkongruenz im Valutaverhältnis wirkt sich auf den Angewiesenen somit nicht ohne weiteres aus. Die vom Senat bislang entschiedenen Fälle waren stets so gelagert, dass die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes aus dem Umstand gefolgert werden konnte, dass der Anfechtungsgegner darum wusste, eine inkongruente Deckung zu erhalten (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, aaO). Der vorliegende Fall weicht hiervon ab. Die Beklagte hat keine inkongruente Leistung erhalten. Die von der Beklagten erbrachte Leistung war im Verhältnis zum Schuldner nicht inkongruent. Das Berufungsgericht wird deshalb losgelöst von der Frage einer Inkongruenz zu prüfen haben, ob die Leistung der Beklagten im Deckungsverhältnis in Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners erfolgte.

Hierzu hat der Schuldner in seiner Vernehmung vor dem Landgericht ausgesagt, er habe den Geschäftsführer der Beklagten gebeten, den Dienstlohn in bar an seinen Subunternehmer auszuzahlen, weil ihm sein Konto nicht mehr zur Verfügung stehe. Diesen Teil der Zeugenaussage hat sich der Kläger ausdrücklich zu Eigen gemacht. Dieses wesentliche Indiz für eine Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - zu würdigen haben.

II.

Die erneute tatrichterliche Verhandlung der Sache gibt den Parteien auch Gelegenheit, zu dem Gesichtspunkt einer Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 27, 283c Abs. 1 StGB) substantiiert vorzutragen.

Ende der Entscheidung

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