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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.01.1998
Aktenzeichen: IX ZR 131/97
Rechtsgebiete: KO, BGB


Vorschriften:

KO § 17
KO § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2
BGB § 989
BGB § 990
KO §§ 17, 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2; BGB §§ 989, 990

Ein Konkursverwalter, der im Rahmen einer einheitlichen Veräußerung des gesamten Warenbestandes des Gemeinschuldners bewußt auch Vorbehaltsware veräußert, wählt damit nicht ohne weiteres die Erfüllung des Kaufvertrages mit dem Vorbehaltseigentümer. Soweit dessen dingliches Recht verletzt wird kommt eine Schadensersatzpflicht der Masse in Betracht.

BGH, Urt. v. 8. Januar 1998 - IX ZR 131/97 OLG Karlsruhe (Freiburg) LG Offenburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 131/97

Verkündet am: 8. Januar 1998

Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Stodolkowitz, Kirchhof, Dr. Fischer und Dr. Ganter

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten zu 1) wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg - vom 21. März 1997, berichtigt durch Beschluß vom 22. Juli 1997, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1) erkannt worden ist.

Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte zu 1) (nachfolgend: Beklagter) ist der Verwalter im Konkurs über das Vermögen der T. GmbH (im folgenden: GmbH oder Gemeinschuldnerin). Diese hatte von der Klägerin unter Eigentumsvorbehalt Waren gekauft und geliefert erhalten, aber nicht bezahlt. Am 22. Juni 1992 beantragte die GmbH die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. Unter Ablehnung dieses Antrags eröffnete das Amtsgericht am 1. Juli 1992 das Anschlußkonkursverfahren; es bestellte den Beklagten zum Konkursverwalter. Tags darauf verkaufte dieser den gesamten im Besitz der Gemeinschuldnerin befindlichen Warenbestand an einen Dritten; davon erfaßt wurden auch Waren, welche die Klägerin zu einem Kaufpreis von 17.345,55 DM geliefert hatte.

Der Beklagte hat einen Ersatzaussonderungsanspruch der Klägerin in Höhe von 9.891,89 DM anerkannt und ihr weitere 2.041,28 DM gezahlt. Mit der Klage verlangt die Klägerin noch den Unterschiedsbetrag bis zum vollen Preis der veräußerten Sachen (17.345,55 DM). Insoweit hat das Landgericht die Klage abgewiesen, während das Berufungsgericht ihr durch das angefochtene Urteil stattgegeben hat. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte schulde der Klägerin den eingeklagten Betrag gemäß § 17 i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 2 K0. Durch den Verkauf der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten und noch nicht bezahlten Waren habe der Beklagte sein Wahlrecht im Sinne einer Erfüllung des Kaufvertrags ausgeübt. Der Beklagte habe den Eigentumsvorbehalt der Klägerin gekannt und gewußt, daß an nahezu allen noch vorhandenen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen Aussonderungsrechte bestanden hätten. Er sei damit in den Kaufvertrag insgesamt eingetreten, also nicht nur im Umfang der tatsächlich weiterverkauften Waren.

II.

Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

1. Mit der Konkurseröffnung erlöschen die vom Gemeinschuldner abgeschlossenen und beiderseits noch nicht vollständig erfüllten gegenseitig verpflichtenden Verträge. Allein die Willenserklärung des Konkursverwalters, einen solchen Vertrag erfüllen zu wollen oder Erfüllung zu verlangen, läßt unter anderem den Anspruch des Vertragspartners auf Leistung aus der Masse wieder entstehen (BGHZ 106, 236, 242 f; 116, 156, 158; 129, 336, 338).

Das Erfüllungsverlangen des Konkursverwalters erfolgt durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne der §§ 130 bis 132 BGB. Diese unterliegt den allgemeinen Regeln und muß dem Partner des zu erfüllenden Vertrages zugehen. Da das Gesetz keine bestimmte Form vorschreibt, kann der Verwalter seine Erklärung auch durch ein schlüssiges Verhalten abgeben (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 17 Rdnr. 116). Für die Auslegung eines solchen Verhaltens ist allgemein maßgebend, welche Bedeutung ihm der Vertragsgegner nach der Verkehrssitte und den Gesamtumständen beimessen mußte (BGH, Urt. v. 14. März 1963 - VII ZR 257/61, NJW 1963, 1248). Ein Verhalten des Konkursverwalters löst deshalb die Rechtswirkungen der §§ 17, 59 Abs. 1 Nr. 2 KO nur aus, wenn ihm der Vertragspartner entnehmen konnte und mußte, daß der Konkursverwalter die Erfüllung wählen wollte (Jaeger/Henckel aaO § 17 Rdnr. 117).

2. Wie das Berufungsgericht im vorliegenden Falle hat bereits das Oberlandesgericht Celle (WM 1987, 1569, 1570 m. zust. Anm. Graf Lambsdorff EWiR 1988, 177; ihm folgend Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. Rdnr. 18 h; Kilger/K. Schmidt, KO 16. Aufl. § 17 Anm. 4 a; ferner Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd. V § 62 VIII 2 a, S. 396, und IX 19 a, S. 406) entschieden, die Verwertung von Vorbehaltsware im Wege eines Ausverkaufs stelle ein Erfüllungsverlangen dar. Gleichartiges ist für die - eigenmächtige - Verarbeitung von Vorbehaltsware durch den Konkursverwalter angenommen worden (OLG Celle WM 1985, 926, 927 m. abl. Anm. Steinfeld WuB VI B. § 17 KO 2.85; Serick ZIP 1982, 507, 515 f).

Diese Auffassung stellt jedoch nicht einen erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Konkursverwalters fest, sondern leitet ihn allein aus der Annahme her, daß der Verwalter nur im Falle einer Erfüllungswahl rechtmäßig veräußern oder verarbeiten dürfe. Abgesehen davon, daß diese Voraussetzung konkursrechtlich nicht uneingeschränkt zutrifft (siehe unten a), ist auch der Schluß, der Konkursverwalter müsse die Erfüllung gewählt haben, weil er nicht unrechtmäßig handeln dürfe, - sogar aus der Sicht des Erklärungsempfängers - nicht zwingend (siehe unten b). Soweit die Revisionserwiderung die allgemein gehaltenen Ausführungen des Berufungsgerichts als Auslegung einer einzelnen Willenserklärung deuten will, wäre diese jedenfalls rechtsfehlerhaft, weil sie von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausginge und den wesentlichen Tatsachenstoff nicht erschöpfte.

a) Der Konkursverwalter, der Vorbehaltsware nicht aussondert, hat verschiedene Möglichkeiten, sie zugunsten der Konkursmasse zu verwerten. Er muß dazu nicht notwendigerweise Erfüllung der zugrundeliegenden Kaufverträge wählen, mit der Folge, daß er den Kaufpreis insgesamt aus der - üblicherweise zu geringen - Masse aufzubringen hat (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 KO). Im Falle der Nichterfüllung steht dem Vertragspartner ohnehin Schadensersatz in voller Höhe zu, allerdings lediglich als Konkursforderung (§ 26 Satz 2 KO). Ohne Erfüllungsverlangen darf der Konkursverwalter das fremde Sicherungsgut mit Zustimmung des Berechtigten veräußern, die auch nachträglich erteilt werden kann (§ 184 BGB). Häufig wird der Konkursverwalter aus Zeitgründen als - wenigstens teilweise - Nichtberechtigter in der Erwartung verfügen, daß der Berechtigte dies gemäß § 185 Abs. 2 BGB genehmigen wird, weil er den ersatzweise auszusondernden Erlös (§ 46 KO) unter den gegebenen Umständen für günstiger hält als die Rückgabe des Sicherungsguts selbst. Kommt es dazu wider Erwarten nicht, so läßt sich daraus nicht ein Wille des Verwalters ableiten, einen früheren Vertrag mit dem Berechtigten zu bestätigen.

Ferner kann der Konkursverwalter es bei einem nicht zu erfüllenden Vertrage darauf ankommen lassen, die sachenrechtliche Befugnis des Vertragspartners zu mißachten. Gegen ein solches rechtswidriges Vorgehen schützt die Konkursordnung die berechtigten Belange des Gläubigers umfassend in eigenständiger Weise: Er kann Ersatzaussonderung geltend machen (§ 46 KO) oder eine rechtlose Massebereicherung herausfordern (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 KO; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15. November 1988 - IX ZR 11/88, WM 1989, 225, 226 f. m.w.N.; v. 18. Mai 1995 - IX ZR 189/94, WM 1995, 1368, 1375, insoweit nicht in BGHZ 130, 38 abgedruckt). Hat der Konkursverwalter das dingliche Recht in einer Weise verletzt, die den Handelnden nach allgemeinem Recht zum Schadensersatz verpflichtet - insbesondere gemäß §§ 989 f. BGB -, so kommt eine Ersatzpflicht der Masse hierfür nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO in Betracht (siehe unten III 2). Schließlich kann der Konkursverwalter durch die schuldhafte Verletzung eines absolut geschützten Gläubigerrechts persönlich nach § 82 KO haftbar (vgl. RG JW 1939, S. 434 Nr. 36; BGH, Urt. v. 3. Juni 1958 VIII ZR 326/56, WM 1958, 899, 900 f; Beschl. v. 19. Oktober 1982 - VI ZR 272/81, WM 1982, 1354; Urt. v. 17. April 1986 - IX ZR 54/85, WM 1986, 749, 751 unter III 2 a; v. 9. Mai 1996 - IX ZR 244/95, KTS 1996, 429, 430) oder sogar gemäß § 246 StGB strafbar werden.

b) Danach sind die Gestaltungsmöglichkeiten für den Konkursverwalter zu vielfältig, als daß in jeder Weiterveräußerung durch ihn eine Erfüllungswahl gesehen werden könnte (ebenso Henckel, Aktuelle Probleme der Warenlieferanten beim Kundenkonkurs, 2. Aufl. S. 39 f). Allgemein besteht die Möglichkeit, daß er im Zeitpunkt der Weiterveräußerung die Vorbehaltsrechte weder kennt noch in der Kürze der verfügbaren Zeit erkennen kann, daß er aber zur Kostenersparnis oder wegen der Höhe des gebotenen Erlöses eine schnelle Veräußerung anstreben darf; dann fehlt jede Grundlage für einen rechtsgeschäftlichen Willen, die Erfüllung von Verträgen mit Vorbehaltslieferanten zu wählen. Dasselbe gilt aber auch, wenn der Konkursverwalter die Vorbehaltsrechte zwar nicht kennt, aber erkennen könnte: Aus einer Fahrlässigkeit bei der Bestandsaufnahme darf von Rechts wegen niemand einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen entnehmen.

Darüber hinaus kommt in Betracht, daß der dem Konkursverwalter angebotene Gesamtkaufpreis zwar nicht die Einkaufspreise voll abdeckt, aber aufgrund der Marktlage oder Kostensituation dennoch für die Konkursmasse günstig ist. Dann würde der Konkursverwalter die Masse sogar schädigen, wenn er die Verträge mit den höheren Einkaufspreisen genehmigen würde. Dazu wäre er nicht befugt; das darf von Rechts wegen niemand von ihm erwarten (ebenso Henckel aaO). Schließlich ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß der Konkursverwalter wegen der für die Konkursmasse durch den Verkauf einer Betriebseinheit als Ganzes zu erzielenden großen Vorteile bewußt eine Rechtsverletzung und sogar eine persönliche Haftung in Kauf nimmt, indem er die Vertragserfüllung ablehnt (vgl. Johlke WuB VI B. § 17 KO 1.88). So mag er sich im Interesse der Gesamtheit aller Konkursgläubiger insbesondere dann verhalten, wenn der Zeitwert des Sicherungsguts deutlich niedriger ist als die Höhe der gesicherten Forderungen. Das steht einer Erfüllungswahl erkennbar geradezu entgegen.

Diese unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten verhindern es, allein aus der Weiterveräußerung durch den Konkursverwalter einen bestimmten Erklärungsinhalt als typisch abzuleiten.

4. Sie schließen es allerdings nicht aus, jenes Verhalten des Konkursverwalters in Einzelfällen als Erfüllungswahl auszulegen. Von einer Auslegung des individuellen Verhaltens gerade des Beklagten hat das Berufungsgericht hier jedoch abgesehen.

Es hat auch keinerlei Tatsachen festgestellt, die dem Verhalten des Beklagten aus der Sicht der Klägerin eindeutig den Sinn eines Erfüllungsverlangens hätten geben können oder müssen. Der Umstand allein, daß der Beklagte den Eigentumsvorbehalt der Klägerin kannte, genügt - wie ausgeführt (siehe oben 3 b) nicht. Darüber hinaus ist nichts dafür ersichtlich, daß gerade die Klägerin schon seinerzeit etwas von der Kenntnis des Beklagten gewußt hätte: Noch während der gesamten ersten Instanz des vorliegenden Rechtsstreits hat sie ihm lediglich vorgeworfen, die Vorbehaltsrechte nicht überprüft zu haben; erstmals in ihrer Berufungsbegründung hat sie auch Vorsatz des Beklagten behauptet.

Es kommt hinzu, daß die Weiterveräußerung durch den Kläger an einen Dritten erfolgte. Eine Erklärung unmittelbar gegenüber der Klägerin enthielt sie nicht. In einem derartigen Fall ist maßgeblich, in welcher Form das an den Dritten gerichtete Verhalten des vermeintlich Erklärenden - hier des Beklagten - gerade dem bestimmungsgemäßen Empfänger der Erklärung, also der Klägerin, erkennbar geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 20. Oktober 1952 - IV ZR 44/52, NJW 1953, 58 f.). Nach ihrer eigenen Darstellung hat die Klägerin frühestens am 20. Juli 1992 von dem Verkauf erfahren, als der Beklagte ihr einen Zettel zukommen ließ, auf dem bestimmte Waren bezeichnet waren. Dem war unmittelbar das Aussonderungsverlangen der Klägerin vom 15. Juli 1992 vorausgegangen. In diesem Zusammenhang durfte die Klägerin die Warenaufstellung allenfalls als eine Erklärung des Beklagten dahin verstehen, aus welchen Gründen er diese Sachen nicht mehr herausgeben konnte. Eine solche Antwort läßt nicht den Schluß auf eine Erfüllungswahl zu, welche die für die Konkursmasse nachteiligste Gestaltungsmöglichkeit gewesen wäre.

III.

Die Klage kann jedoch im verbliebenen Umfange nach dem Vorbringen der Klägerin aus § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO gerechtfertigt sein.

1. Während eine Erfüllungswahl die Konkursmasse gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO verpflichtet, den vollen Kaufpreis zu zahlen wie hier von der Klägerin verlangt -, folgt aus § 46 KO nur ein Recht, die der Konkursmasse für die Veräußerung gewährte Gegenleistung zu fordern. Ist diese niedriger als der Einkaufspreis, so erhält der Ersatzaussonderungsberechtigte lediglich den geringeren Erlös. Aus diesem Grunde hat das Landgericht im vorliegenden Falle den Beklagten zur Zahlung eines niedrigeren Betrages verurteilt. Im Rahmen der ohnehin gebotenen Zurückverweisung (siehe unten III 2) erhält die Klägerin Gelegenheit, ihre Bedenken gegen diese Berechnung erneut vorzutragen.

Mit einem Anspruch aufgrund rechtloser Bereicherung der Masse (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 KO) ist ebenfalls nicht mehr als der in diese gelangte Gegenwert zu erlangen.

2. Die Konkursmasse kann gemäß §§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO haften, wenn ein Konkursverwalter unbefugt Ware veräußert, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden ist (BGH, Urt. v. 5. Mai 1982 - VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; v. 21. September 1989 - IX ZR 107/88, WM 1989, 1815, 1816; v. 18. Mai 1995 - IX ZR 189/94, aaO). Denn mit einer solchen Handlung beschränkt der Verwalter sich gerade nicht auf die Liquidation allein des Schuldnervermögens, sondern greift zur Masseanreicherung zusätzlich in ein fremdes Recht ein.

Da das Berufungsgericht - in der Revisionsinstanz unangefochten - feststellt, der Beklagte habe bewußt fremdes Eigentum veräußert, kommt eine der Konkursmasse zuzurechnende Haftung gemäß § 990 Abs. 1 Satz 2, § 989 BGB in Betracht. Denn dann mußte dem Beklagten auch klar sein, daß das mögliche Besitzrecht der Gemeinschuldnerin jedenfalls nicht für einen Fall wie die von ihm geplante pauschale Weiterveräußerung eingeräumt war.

Für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe begründet § 989 BGB eine Schadenersatzpflicht in Höhe desjenigen Wertes, den die veräußerte Sache im Zeitpunkt ihrer Veräußerung objektiv noch hatte, den die Klägerin hier also durch die vereitelte Aussonderung allenfalls noch hätte erlangen können. Jener Wert kann niedriger sein als der ursprüngliche Kaufpreis; dieser begrenzt nur in jedem Falle das Sicherungsinteresse der Klägerin nach oben (vgl. RGZ 143, 374, 376). Daneben kommt aber vorliegend auch Schadensersatz wegen einer bloßen Verschlechterung der Sachen in Betracht; denn der Beklagte hat der Klägerin am 9. November 1992 vergeblich angeboten, die verkauften Gegenstände wiederzubeschaffen.

Zur Höhe des Schadens hat die Klägerin behauptet, die Ware sei für die Gemeinschuldnerin speziell zugeschnitten und verleimt sowie im November 1992 "anderweitig nicht mehr verwendbar gewesen". Im Juli 1992 hätte sie noch kleiner zugeschnitten und an andere Kunden veräußert werden können (Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 20. Januar 1995 - Sitzungsniederschrift S. 3 f, Bl. 297 f. Bd. I GA). Die Klägerin hat sodann ausdrücklich behauptet, daß sie bei einem rechtzeitigen Verkauf an Drittpersonen den vollen Kaufpreis hätte erzielen können. Der Beklagte hat das bestritten, so daß der Rechtsstreit nicht zu seinen Lasten entscheidungsreif ist (§ 563 ZPO). Für die Schadenshöhe ist - im Rahmen des § 287 ZPO - die Klägerin beweisbelastet. Darauf ist sie bisher nicht hingewiesen worden (§ 139 Abs. 1 ZPO), so daß der Senat nicht abschließend zu ihrem Nachteil entscheiden kann (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

3. Zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO (oben III 2.) ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Paulusch Stodolkowitz Kirchhof Fischer Ganter

Ende der Entscheidung

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