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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.04.1998
Aktenzeichen: IX ZR 150/97
Rechtsgebiete: ZPO, BNotO, BeurkG


Vorschriften:

ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
BNotO § 11
BNotO § 19
BNotO § 39 Abs. 1
BNotO § 39 Abs. 4
BeurkG § 2
BeurkG § 13
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5; BNotO § 11; BeurkG § 2

Läßt der Notar eine Vollstreckungsunterwerfung vom Schuldner im Ausland unterschreiben, so ist die Urkunde als notarielle unwirksam.

BNotO § 39 Abs. 1; BeurkG § 13

Unterschreibt ein Notarvertreter eine Urkunde erst, nachdem der letzte Tag seiner Bestellung verstrichen ist, so ist die Urkunde als notarielle unwirksam.

BNotO §§ 19, 39 Abs. 4

Ein Notarvertreter, der eine Beurkundung durch Einholung einer Unterschrift im Ausland einleitet, kann auch dann gemäß § 19 BNotO haften, wenn er die Urkunde erst nach Ablauf seiner Bestellungszeit unterschreibt.

BNotO § 19

Wird eine nicht wirksam beurkundete Vollstreckungsunterwerfung als wirksame notarielle Urkunde herausgegeben, so kann der verantwortliche Notar(-vertreter) dem Gläubiger auch für die Kosten einer gegen die Vollstreckung gerichteten Klage haften, die der Schuldner auf die Nichtigkeit der Urkunde stützt.

BGH, Urt. v. 30. April 1998 - IX ZR 150/97 - OLG Frankfurt (Darmstadt) LG Darmstadt


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 150/97

Verkündet am: 30. April 1998

Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden die Urteile des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. April 1997 und der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 30. November 1995 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.114,89 DM nebst 4 % Zinsen seit 10. August 1994 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Vom Rechts wegen

Tatbestand

Die klagende Bank war Gläubigerin einer E. GmbH (nachfolgend: GmbH). Als diese Ende Juni 1990 ihre Kreditlinie erheblich überzogen hatte, war die Klägerin zu einer Verlängerung nur bereit, wenn die Mehrheitsgesellschafter der GmbH - Eheleute L. - persönlich der Schuld beitraten und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwarfen. Dem stimmte die GmbH in einer Besprechung zu, an welcher auch der verklagte Rechtsanwalt auf ihrer Seite teilnahm. Er wurde beauftragt, die nötigen Erklärungen der Eheleute L. einzuholen, die sich damals in den USA aufhielten. Der Beklagte ließ sich für die Zeit vom 29. Juni bis 1. Juli 1990 als amtlicher Vertreter eines mit ihm soziierten Anwaltsnotars bestellen. Während dieser Zeit holte er in den USA die Unterschriften der Eheleute L. unter ein Schuldanerkenntnis in Höhe von 5 Mio. DM sowie die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung betreffend diese Schuld ein. Die auch vom Beklagten unterschriebene Urkunde betreffend die Ehefrau L. lautet im Eingang wie folgt:

"Verhandelt zu Griesheim, am 29. Juni 1990

Vor mir, dem unterzeichneten Rechtsanwalt ... als amtlich bestelltem Vertreter des Notars ... mit dem Amtssitz in Griesheim,

der sich wegen Erkrankung der Erschienenen zu 1) nach Babenhausen begab,

erschien heute:

1. Frau Erika L. ...

Die Erschienene erklärte ..."

Die GmbH fiel im Herbst 1990 in Konkurs. Frau L. erhob 1991 eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckbarkeit ihres Schuldanerkenntnisses unter anderem mit der Begründung, dieses sei wegen der Errichtung im Ausland nichtig. Die Klage blieb im Ergebnis erfolglos. Die Klägerin wandte zur Wahrnehmung ihrer Rechte in diesem Rechtsstreit 60.114,84 DM auf, die sie von Frau L. wegen Vermögenslosigkeit nicht wiederzuerlangen vermag. Der Beklagte wurde wegen versuchter fortgesetzter Falschbeurkundung im Amt in Tateinheit mit Amtsanmaßung und Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen der Prozeßkosten in Anspruch. Ihre Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel führt zur Verurteilung des Beklagten.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte hafte nicht nach §§ 19 Abs. 1, 39 Abs. 4, 46 BNotO, weil er die Urkunde unwiderlegt erst am 2. Juli 1990, also zu einer Zeit unterschrieben habe, als seine Bestellung zum Notarvertreter schon abgelaufen gewesen sei. Nicht die "als Notarvertreter begonnene Urkundstätigkeit" als solche sei schadenskausal geworden, sondern erst die "fertige Urkunde". Gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder § 826 BGB schulde der Beklagte deswegen nicht Ersatz der hier geltend gemachten Schäden, weil er sie nicht vorsätzlich zugefügt habe. Sogar wenn man zugunsten der Klägerin unterstelle, der Beklagte habe eine Vollstreckungsabwehrklage der Frau L. billigend in Kauf genommen, so liege es doch außerhalb des vom Beklagten Vorgestellten, daß die Klägerin ihren prozessualen Kostenerstattungsanspruch gegen die Schuldnerin nicht durchsetzen könne.

II.

Jedenfalls eine Haftung des Beklagten gemäß § 39 Abs. 4 i.V.m. § 19 BNotO ist zu Unrecht verneint worden.

1. Der Beklagte hat die Unterschrift der Frau L. unstreitig am 30. Juni 1990 in den USA eingeholt. Urkundsakte eines deutschen Notars im Ausland sind als solche - unabhängig von § 2 BeurkG, § 11 BNotO - unwirksam, weil die Hoheitsbefugnisse des Notars auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt sind (Seybold/Schippel, BNotO 6. Aufl. § 11 Rdnr. 5; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 3. Aufl. § 11 Rdnr. 8; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 12. Aufl. Teil B, BeurkG Einl. Rdnr. 37 f.). Daran ändert es hier nichts, daß der Beklagte seine Unterschrift erst in Deutschland unter die Urkunde gesetzt hat. Denn auch die Unterschrift der Frau L. ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG Bestandteil eines einheitlichen Beurkundungsvorganges. Ein Verstoß bewirkt wegen des zwingenden Charakters dieser Vorschrift die Unwirksamkeit der Beurkundung insgesamt.

a) Damit hat der Beklagte zu einer Zeit, als er zum Notarvertreter bestellt war, schuldhaft seine Amtspflicht verletzt, für die rechtsgültige Errichtung einer Urkunde zu sorgen. Diese Pflicht oblag ihm auch gerade gegenüber der Klägerin. In den Schutzbereich der Amtspflicht wird jeder einbezogen, dessen Schutz diese Pflicht wenigstens mitbezweckt (BGH, Urt. v. 26. Juni 1997 - IX ZR 163/96, NJW-RR 1998, 133, 134 m.w.N.; Seybold/Schippel/Haug, aaO § 19 Rdnr. 18, 25). Die Amtspflichten des Notars auf dem Gebiet des Beurkundungswesens bestehen gegenüber allen, die auf die Zuverlässigkeit einer Beurkundung oder Beglaubigung angewiesen sind und hierauf vertrauend am Rechtsverkehr teilnehmen (Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 19 Rdnr. 90; vgl. BGHZ 31, 5, 10; BGH, Urt. v. 8. Juli 1993 - IX ZR 22/92, DNotZ 1995, 494, 495).

Im Streitfall sollte sich Frau L. der Zwangsvollstreckung gerade gegenüber der Klägerin unterwerfen. Die vollstreckbare Urkunde war deshalb - wie der Beklagte wußte - gezielt zum Gebrauch durch die Klägerin bestimmt. Diese durfte grundsätzlich auf die formgerechte Errichtung der Urkunde vertrauen.

Der Beklagte hat die Urkunde vorsätzlich fehlerhaft hergestellt. In seiner Klagebegründung (S. 5) hat er sich selbst auf folgenden, im Strafverfahren festgestellten Vorfall bezogen: Der Notariatsangestellte Sch., der die Urkunden vorbereitete, hatte den Beklagten vor Antritt seiner Reise darauf hingewiesen, daß es unzulässig sei, im Ausland Protokollierungen vorzunehmen; daraufhin hat der Beklagte Sch. angewiesen, in den Urkunden aufzunehmen, daß er - der Beklagte - sich wegen Erkrankung der Eheleute L. nach Babenhausen begeben habe. Die Klägerin hat sich dies - insoweit unwidersprochen - zu eigen gemacht (S. 4, 5 ihrer Berufungsbegründung).

b) Allerdings geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Beklagte die Urkunde erst am 2. Juli 1990 unterzeichnet hat, als er nicht mehr als Notarvertreter amtlich bestellt war. Dieser Umstand führte ebenfalls dazu, daß die vom Beklagten errichtete Urkunde nichtig war (vgl. Mecke/Lerch, BeurkG 2. Aufl. § 13 Rdnr. 29; Josef ZBlFG 9, 1, 7 i.V.m. 5). Denn auch die Unterschrift des amtierenden Notars ist gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 BeurkG unverzichtbarer Bestandteil eines wirksamen Beurkundungsvorgangs. Hatte er im Zeitpunkt seiner Unterschriftsleistung seine Stellung als Notar verloren, so fehlt die Mitwirkung der den öffentlichen Glauben verleihenden Amtsperson. Zwar sind nach § 44 Abs. 2 BNotO Amtshandlungen des Notarvertreters nicht deshalb ungültig, weil die für seine Bestellung erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Vorschrift bezieht sich aber nicht auf den Fall, daß überhaupt keine schriftliche Verfügung zur Vertreterbestellung vorliegt (Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 44 Rdnr. 6) oder daß deren ausdrückliche Zeitdauer überschritten wird.

Dieser weitere Nichtigkeitsgrund schließt hier nicht die Haftung des Beklagten als Notarvertreter aus. Zwar entfällt eine Haftung gemäß § 39 Abs. 4 BNotO insoweit, als der "Vertreter" außerhalb der Zeit seiner wirksamen Bestellung - im Sinne von § 40 BNotO - handelt (Haug, Die Amtshaftung des Notars 2. Aufl. Rdnr. 143; Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 39 Rdnr. 19 und § 46 Rdnr. 2; vgl. auch RG DNotZ 1934, 38; BGH, Urt. v. 4. Oktober 1956 - III ZR 41/55, DNotZ 1958, 33, 34 f.). Die vom Beklagten errichtete Urkunde war hier auch erst mit seiner eigenen Unterschriftsleistung beendet.

Das bedeutet aber nicht, daß das vorangegangene gesetzwidrige Tätigwerden des Beklagten im Ausland für die weitere rechtliche Würdigung außer Betracht zu bleiben hätte. Die von Frau L. in den USA geleistete Unterschrift reichte zwar allein nicht zur Herstellung einer notariellen Urkunde aus; andererseits war sie eine unverzichtbare Voraussetzung dafür. Die erste Amtspflichtverletzung, die der Beklagte als wirksam bestellter Notarvertreter begangen hatte, blieb auch für den weiteren Geschehensablauf und damit für den der Klägerin entstandenen Schaden ursächlich: Ohne die pflichtwidrig in den USA eingeholte Unterschrift der Frau L. hätte der Beklagte nicht einmal den Anschein einer wirksamen Urkunde im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO hervorrufen können. Dann wäre es nach der Lebenserfahrung nicht zu Vollstreckungsversuchen der Klägerin und auch nicht zur kostenträchtigen Vollstreckungsabwehrklage der Frau L. gekommen. Diese Klage war in erster Linie darauf gestützt, daß die notarielle Urkunde im Ausland aufgenommen und deshalb nichtig sei (S. 4 und 5 ihres Klageentwurfs vom 14. Februar 1991 = Bl. 5 f. der Beiakte 8 O 78/91 LG Darmstadt; ihr Schriftsatz vom 10. September 1991 = Bl. 91 der BA). Weitere, materiell-rechtliche Einwendungen hat Frau L. erst im späteren Prozeßverlauf erhoben (erstmals auf S. 2 f. ihres Schriftsatzes vom 8. Januar 1992 = Bl. 149 f. der BA). Dagegen hat sie den Umstand, daß der Beklagte die Urkunde nicht während der Zeit seiner Bestellung zum Notarvertreter unterzeichnet habe, überhaupt nicht in den Prozeß eingeführt.

Die Tatsache, daß die Urkunde erst durch eine weitere Pflichtverletzung des Beklagten vervollständigt wurde, unterbricht den Ursachenzusammenhang nicht. Zwar mag der Beklagte, soweit er infolge dieser Amtsanmaßung den Anschein einer gültigen notariellen Urkunde geschaffen hat, nur gemäß allgemeinen Grundsätzen - insbesondere § 826 BGB - haften. Dies ändert jedoch nichts daran, daß ohne sein Handeln als Notarvertreter in Florida schon der Anschein einer echten Urkunde nicht hergestellt worden wäre. Deshalb ist auch bei wertender Betrachtungsweise sein Handeln als wirksam bestellter Notarvertreter nicht hinfällig.

2. Die Amtspflichtverletzung des Beklagten hat den hier geltend gemachten Schaden der Klägerin in vollem Umfang mitverursacht.

a) Die Klägerin hätte - gemäß ihrer Behauptung - nicht die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde eingeleitet, wenn sie deren Unwirksamkeit als Vollstreckungstitel gekannt hätte. In rechtlicher Sicht ist für die Beurteilung einer derartigen, psychisch vermittelten Verursachung maßgeblich, ob und inwieweit der schädigende Willensentschluß des Beteiligten durch das Tun des Schädigers "herausgefordert" wird (Senatsurt. v. 7. Januar 1993 - IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1589; v. 20. Oktober 1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 451). Die Inanspruchnahme der Gesellschafterin L. aus ihrem Schuldanerkenntnis war die von vornherein beabsichtigte Folge einer Nichtzahlung durch die GmbH. Daß die Klägerin hierfür auf die dazu erwirkte vollstreckbare Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) zurückgriff, war durch das Verhalten des Beklagten herausgefordert: Die Klägerin durfte auf die Rechtmäßigkeit der notariellen Beurkundung vertrauen, solange nicht ihr gegenüber, das Gegenteil eindeutig klargestellt war. Dem entspricht das Verhalten der Klägerin, nachdem Frau L. sich im Vorprozeß auf die Auslandsbeurkundung berufen hatte. Die Klägerin hat den Beklagten um Auskunft über die Richtigkeit des Vorwurfs gebeten und sodann schon mit der Klageerwiderung vom 22. August 1991 die Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung eingeräumt sowie ihrerseits eine Widerklage auf Zahlung erhoben.

Es liegt nicht außerhalb aller Lebenserfahrung, daß sich ein Schuldner, dem die Zwangsvollstreckung aus einer nichtigen notariellen Urkunde droht, dagegen wehrt, indem er die für zulässig gehaltenen Rechtsbehelfe ergreift. Als eine zwangsläufige Folge hiervon fallen Prozeßkosten an. Der Schutzzweck des § 19 BNotO umfaßt solche Schäden noch mit. Denn das Eingreifen eines Dritten - wie hier der Frau L. im Verhältnis der Parteien zueinander - beseitigt die Zurechnung nur, wenn es als ganz ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu beurteilen ist (Senatsurt. v. 16. November 1989 - IX ZR 190/88, NJW-RR 1990, 204 f.; v. 10. Mai 1990 - IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882, 2883 f.; v. 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780).

Die Klageerhebung durch Frau L. war keinesfalls ungewöhnlich. Sogar wenn man davon ausgeht, daß das von ihr erklärte Schuldanerkenntnis nicht der notariellen Beurkundung bedurfte und deshalb materiell-rechtlich wirksam war, bedeutete es für sie einen erheblichen Vorteil, daß die sich daraus ergebende Verbindlichkeit noch nicht (wirksam) tituliert war. Diesen Vorteil durfte sie mit den von der Rechtsordnung dafür bereitgestellten Mitteln zu verwirklichen suchen. Er war zudem unmittelbar durch den Beurkundungsfehler des Beklagten verursacht; dieser Fehler diente also nicht etwa nur als Vorwand für Frau L., um damit allenfalls äußerlich verknüpfte Ziele zu verwirklichen. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang ferner, daß der zutreffende Rechtsbehelf für Frau L. nicht die Vollstrekkungsgegenklage, sondern die Klauselerinnerung gemäß § 732 i.V.m. §§ 795 Satz 1, 797 Abs. 3 ZPO gewesen wäre, mithin ein einfacherer und billigerer Weg der Rechtsverfolgung. Ein solches Vergreifen im richtigen Rechtsbehelf ist in der Lebenswirklichkeit nicht ganz ungewöhnlich, soweit - wie hier - nicht alltägliche Verfahrensfragen zu entscheiden sind. Derartige Versehen eines Drittbeteiligten sind ebenfalls noch von demjenigen mitveranlaßt, der die unwirksame Urkunde errichtet hat. Dasselbe gilt für den Umstand, daß Frau L. ihre Klage später in eine Feststellungsklage geändert hat.

b) Demgegenüber verteidigt sich der Beklagte nur mit dem Hinweis, Frau L. hätte sich möglicherweise auch gegen die Zwangsvollstreckung aus einer wirksamen Urkunde wehren und damit der Klägerin gleich hohe Prozeßkosten verursachen können. Das ist nicht geeignet, den- Ursachenzusammenhang zwischen der Errichtung einer unwirksamen Urkunde und dem konkret eingetretenen Schaden in Frage zu stellen. Der Beklagte beruft sich insoweit auf eine nur gedachte, ganz anders gelagerte Fallgestaltung als die konkret verwirklichte, nämlich auf ein rechtlich offensichtlich unbegründetes Verhalten der Frau L. Daß sich eine solche Fallgestaltung im Sinne einer überholenden Kausalität in jedem Falle verwirklicht hätte, hat der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert dargetan.

3. Daß der Klägerin durch die Vollstreckungsgegenklage der Frau L. Prozeßkosten in Höhe von insgesamt 60.114,89 DM entstanden sind und nicht ersetzt wurden, hat der Beklagte nicht bestritten.

4. Der Beklagte behauptet unter Beweisantrag, dem Vertretet der Klägerin bei den Vorgesprächen sei bekannt gewesen, daß die Unterschrift der Eheleute L. in den USA hätte eingeholt werden sollen (S. 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 19. Juni 1995; S. 3 seiner Berufungsbeantwortung vom 24. Juni 1996). Dieses Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um den Vorwurf eines rechtserheblichen Mitverschuldens (§ 254 Abs. 1 BGB) gegen die Klägerin zu stützen. Denn der Beklagte behauptet nicht, der Vertreter der Klägerin habe auch gewußt, daß schon infolge der Amtshandlung im Ausland die zu errichtende Urkunde nichtig war. Soweit der Beklagte anfangs auch eine derartige Kenntnis des Vertreters der Klägerin geltend gemacht hatte (S. 5 der Klagebeantwortung vom 30. März 1995), hat er das - nach dem entsprechenden Bestreiten der Klägerin - weder wiederholt noch unter Beweis gestellt. Auch die Feststellungen im Strafverfahren geben für eine derartige Behauptung keine Grundlage. Danach hat der Notariatsangestellte Sch. den Beklagten vielmehr erst später auf die Unzulässigkeit der Auslandsbeurkundung hingewiesen.

Ist demnach davon auszugehen, daß der Vertreter der Klägerin die Nichtigkeitsfolge einer Auslandsbeurkundung nicht kannte, so kann offenbleiben, ob er sie hätte erkennen können und müssen. Denn sogar in diesem Falle träfe ihn allenfalls der Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit. Dieser begründet nach zutreffenden rechtlichen Abwägungsgrundsätzen gegenüber einem vorsätzlich handelnden Täter regelmäßig keinen Mitverschuldensvorwurf (BGHZ 98, 148, 158). Zudem war der Beklagte hier gerade der Fachberater, der für die Rechtswirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung sorgen sollte. Auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns durfte der Vertreter der Klägerin grundsätzlich vertrauen. Abweichende Tatsachen, die im vorliegenden Falle eine Abwägung durch den Tatrichter erforderlich machen könnten, hat der Beklagte nicht dargetan.



Ende der Entscheidung

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