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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.11.1999
Aktenzeichen: IX ZR 153/98 (2)
Rechtsgebiete: BNotO, BGB, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 23
BNotO § 24
BGB § 249 Cb
BGB § 254
BeurkG § 54c
BNotO §§ 23, 24; BGB §§ 249 Cb, 254; BeurkG § 54c

a) Haben die Beteiligten gemeinsam dem Notar eine unwiderrufliche Hinterlegungsanweisung erteilt, braucht der Notar einen einseitigen Widerruf in der Regel nicht zu beachten.

b) Macht der Notar geltend, der durch eine pflichtwidrig veranlaßte Auszahlung verursachte Schaden sei durch Tilgung einer anderweitigen Verbindlichkeit seines Auftraggebers gegenüber einem Dritten ausgeglichen worden, trifft den Notar insoweit die Beweislast.

c) Haftet der Notar einer Gesellschaft wegen amtspflichtwidriger Ausführung eines Treuhandauftrags, der dazu diente, im Interesse der Gesellschaft einen ordnungsgemäßen Zahlungsverkehr zu gewährleisten, begründen unberechtigte Zahlungsanweisungen eines Gesellschafters nicht den Einwand des Mitverschuldens, wenn der schuldhafte Notarfehler gerade darin liegt, daß er den Anweisungen Folge geleistet hat.

BGH, Urt. v. 18. November 1999 - IX ZR 153/98 - OLG Hamm LG Bochum


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 153/98

Verkündet am: 18. November 1999

Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. März 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 1 in Höhe von 292.101,01 DM abgewiesen worden ist.

2. Die Berufung des Beklagten zu 1 gegen das Schlußurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 1996 wird zurückgewiesen, soweit der Beklagte zu 1 verurteilt wurde, den Betrag von 225.572 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22. Februar 1995 zugunsten von U. Sch. und H. J., handelnd in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei dem Amtsgericht Recklinghausen unter Verzicht auf die Rücknahme zu hinterlegen.

3. In Höhe von 80.551,01 DM wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revisionsinstanz, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger und der Beklagte zu 2 gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend: GbR), um gemeinsam ein Baugebiet zu erschließen, die Baugrundstücke zu parzellieren und an bauwillige Erwerber zu veräußern. Zu diesem Zweck schloß die GbR im Februar und im April 1991 mit den Eigentümern der Baugrundstücke gleichlautende sogenannte Dienstleistungsverträge, die der Beklagte zu 1 als Notar beurkundete. Nach deren Inhalt sollte die GbR als Beauftragte der Eigentümer R., H. und B. (nachfolgend: Verkäufer) die Baugrundstücke an einzelne Erwerber veräußern. Die Differenz zwischen dem von den Erwerbern zu zahlenden Kaufpreis von 295 DM pro qm und dem mit den Verkäufern vereinbarten Verkaufspreis von 190 DM pro qm sollte der GbR verbleiben; davon wurden 55 DM pro qm für Erschließungskosten und der Rest als Gewinn veranschlagt.

Am 23. Juli 1991 eröffnete der Beklagte zu 1 bei der Stadtsparkasse Recklinghausen unter der Nr. ... ein Notaranderkonto mit der Bezeichnung "Erschließung R./H./B." (nachfolgend: Erschließungskonto). Unter dem 8. August 1991 trafen der Kläger und der Beklagte zu 2 eine "unwiderrufliche" Vereinbarung, in der es unter anderem heißt:

"1. Alle aus den bisher abgeschlossenen und in Zukunft abzuschließenden Verträge eingehenden Gelder aus Erschließungskosten (der Grundstückskäufer und der Grundstücksverkäufer) und Überschuß aus Grundstückskaufverträgen werden in voller Höhe zunächst auf das vom ... [Beklagter zu 1] einzurichtende Konto "Erschließung-J.-str." eingezahlt bzw. umgebucht.

2. ...

3. Der Notar wird durch ... [Beklagter zu 2] zu gegebener Zeit ermächtigt, gegen Vorlage von geprüften Rechnungen Überweisungen zum Zwecke der Erschließung und Durchführung des Bauobjektes vorzunehmen.

4. Der verbleibende Überschuß soll auf das Konto Nr. ... bei der Stadtsparkasse Recklinghausen überwiesen werden, da es zur Vorfinanzierung des Objektes belastet wurde."

Der Beklagte zu 1 erlangte spätestens am 15. März 1992 Kenntnis von dieser Vereinbarung. In der Zeit von April bis Oktober 1992 tätigte er auf Anweisung des Beklagten zu 2 zu Lasten des Erschließungskontos diverse Überweisungen sowie Bar- und Scheckauszahlungen, insgesamt zehn Positionen, über deren Berechtigung die Parteien streiten.

Im April/Juni 1992 veräußerte die Verkäuferin R. Baugrundstücke an die Erwerber Re. und M. Der von diesen zu zahlende Kaufpreis von insgesamt 160.775 DM sollte in Höhe von 103.550 DM (Kaufpreisanteil von 190 DM pro qm) an die Verkäuferin fließen, im übrigen der GbR zukommen. In den vom Beklagten zu 1 beurkundeten Kaufverträgen - bei deren Abschluß die Verkäuferin R. vom Beklagten zu 2 vertreten wurde - war vereinbart, daß der Kaufpreis von den Erwerbern jeweils auf ein hierfür eingerichtetes Notaranderkonto zu zahlen und von dort nach Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen an die Verkäuferin auf ein von dieser noch mitzuteilendes Konto zu überweisen war. Tatsächlich zahlten die Erwerber den Kaufpreis nicht auf das in den Kaufverträgen genannte Anderkonto, sondern in bar bzw. per Scheck direkt an den Beklagten zu 2. Dieser führte den Kaufpreis dem Vermögen der GbR nicht zu, sondern behielt ihn für sich. Bereits vor der Zahlung hatte der Beklagte zu 1 am 16./17. Juli 1992 auf Anweisung des Beklagten zu 2 den Kaufpreisanteil in Höhe von 103.550 DM vom Erschließungskonto an die Verkäuferin R. überwiesen.

Schon am 3. Juni 1992 hatte der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 2 die Vereinbarung vom 8. August 1991 widerrufen. Der Beklagte zu 1 wurde hiervon am selben Tag in Kenntnis gesetzt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Auszahlungen und Überweisungen vom Erschließungskonto seien vom Beklagten zu 1 amtspflichtwidrig durchgeführt worden; der Beklagte zu 2 habe damit gesellschaftswidrig eigene Verbindlichkeiten erfüllt. Die daraus entstandenen Schadensersatzansprüche der GbR könne er, der Kläger, im eigenen Namen geltend machen. Seiner auf gesamtschuldnerische Verurteilung zur Hinterlegung von 412.674,76 DM zugunsten der GbR gerichteten Klage hat das Landgericht durch Teilurteil (hinsichtlich des Beklagten zu 2) und durch Schlußurteil (hinsichtlich des Beklagten zu 1) jeweils in Höhe von 380.174,76 DM stattgegeben. Auf die Berufungen beider Beklagter hat das Oberlandesgericht den Beklagten zu 1 lediglich zur Hinterlegung von 14.022 DM zugunsten der GbR verurteilt und hinsichtlich des Beklagten zu 2 die hilfsweise beantragte Verpflichtung, den Betrag von 363.348,01 DM in die noch zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der GbR einzustellen, festgestellt. Die weitergehenden Klagen wurden abgewiesen. Mit der Revision hat der Kläger die Wiederherstellung der landgerichtlichen Urteile begehrt, hinsichtlich des Beklagten zu 1 lediglich in Höhe von 308.927,76 DM. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 1 auf Hinterlegung eines Betrages von 292.101,01 DM nebst Zinsen zugunsten der GbR abgewiesen wurde. In diesem Umfang verfolgt der Kläger sein Klagebegehren mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat im Umfang der Annahme durch den Senat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Prozeßführungsbefugnis des Klägers ausgegangen. Zwar ist ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im allgemeinen allein nicht befugt, eine der Gesamthand zustehende Forderung gegen einen Dritten im eigenen Namen gemäß § 432 BGB geltend zu machen. Nach §§ 709 Abs. 1, 730 Abs. 2 Satz 2 BGB können die Gesellschafter, falls nicht ein anderes vereinbart ist, die Geschäfte der Gesellschaft nur gemeinschaftlich führen, mithin auch nur gemeinschaftlich die Forderung einklagen. In besonders gelagerten Fällen sind aber auch einzelne Gesellschafter prozeßführungsbefugt, wenn der andere Gesellschafter sich unter Zurückstellung der Gesellschafterinteressen im bewußten Zusammenwirken mit dem Dritten weigert, an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung mitzuwirken. Verweigern die anderen Gesellschafter die Einziehung der Forderung aus gesellschaftswidrigen Gründen und ist zudem der verklagte Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt, hat der einzelne Gesellschafter ein berechtigtes Interesse, den Anspruch der Gesellschaft einzuklagen (BGHZ 39, 14, 16 f; BGHZ 102, 152, 154 f; jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei bejaht.

II.

Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, der Beklagte zu 1 habe bei Vornahme der Überweisungen und Auszahlungen vom Erschließungskonto als Notar und nicht als Rechtsanwalt gehandelt.

1. Übernimmt ein Anwaltsnotar die Anfertigung von Urkundenentwürfen und die Beratung der Beteiligten, ist anzunehmen, daß er als Notar tätig wird, wenn die Handlung bestimmt ist, Amtsgeschäfte im Sinne der §§ 20 bis 23 BNotO vorzubereiten oder auszuführen; im übrigen liegt im Zweifel eine Rechtsanwaltstätigkeit vor (§ 24 Abs. 2 BNotO). Entscheidend für die Abgrenzung zwischen notarieller und anwaltlicher Tätigkeit ist die Art des ausgeübten Geschäfts. Wird ein Anwaltsnotar als einseitiger Interessenvertreter seines Auftraggebers tätig, so handelt er im Zweifel als Rechtsanwalt. Entspricht seine Rolle derjenigen eines neutralen unparteiischen Betreuers aller Beteiligten (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO), handelt er als Notar (BGHZ 134, 100, 104 f m.w.N.; dazu Zugehör ZNotP 1997, 42, 43 ff).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht das Handeln des Beklagten zu 1 als notarielle Tätigkeit gewürdigt. Dieser sollte nicht einseitig nur Interessen eines der beiden Gesellschafter der GbR wahrnehmen, sondern für beide Gesellschafter die ihm überlassenen Geldbeträge unparteiisch verwalten. Dies kommt auch in der wiederholten Verwendung der Bezeichnungen "Notar" und "Notaranderkonto" in der Vereinbarung vom 8. August 1991, im Kontoeröffnungsantrag vom 23. Juli 1991 und in der Korrespondenz der Parteien zum Ausdruck.

III.

1. Der Beklagte zu 1 hat vom Kläger und dem Beklagten zu 2 einen Treuhandauftrag mit dem aus der Vereinbarung vom 8. August 1991 ersichtlichen Inhalt angenommen. Dies geschah dadurch, daß ihm diese Vereinbarung - spätestens am 15. März 1992 - zugegangen ist und er die eingegangenen Gelder über das zuvor schon eingerichtete Notaranderkonto abgewickelt hat. Aus dem Inhalt der am 8. August 1991 getroffenen Regelung war für den Beklagten ohne weiteres ersichtlich, daß die Hinterlegungsanweisung jedenfalls auch dem Schutz der GbR diente. Dies hat das Berufungsgericht aufgrund rechtlich einwandfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Die dagegen vom Beklagten zu 1 erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO). Die Gesellschaft war damit geschützte Dritte im Sinne des § 19 Abs. 1 BNotO.

2. Das Berufungsgericht meint, schon in der Annahme dieses Auftrags liege ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO. Da der Notar auf Mitteilung des Beklagten zu 2 das Verwahrgut ohne eigenverantwortliche rechtskundige Prüfung habe auszahlen müssen, also nur als Zahlungsstelle fungiert habe, sei durch seine Einschaltung entgegen § 10 Abs. 2 RLNot eine Sicherheit vorgetäuscht worden. Deshalb hätte er an dem Vorgang nicht mitwirken dürfen.

Ob dem zuzustimmen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls kann einer in der Annahme des Treuhandauftrags liegenden etwaigen Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 der geltend gemachte Schaden nicht zugerechnet werden. Das Berufungsgericht hat unangefochten und rechtsfehlerfrei festgestellt, bei einer Ablehnung des Treuhandauftrags durch den Beklagten zu 1 in seiner Eigenschaft als Notar wäre dieser in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt beauftragt worden; auch dann hätte der Beklagte zu 1 den Auftrag in gleicher Weise angenommen. Das wäre ohne weiteres zulässig gewesen. Der geltend gemachte Schaden beruht daher nicht auf einer in der Annahme des notariellen Auftrags eventuell liegenden Pflichtverletzung.

IV.

Bei den Auszahlungen und Überweisungen vom Erschließungskonto, die jetzt noch im Streit sind, hat der Beklagte zu 1 pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt.

1. Ein Notar hat sich streng an die Treuhandauflagen und Hinterlegungsanweisungen zu halten (BGH, Urt. v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, WM 1994, 647; v. 19. März 1987 - IX ZR 166/86, NJW 1987, 3201, 3202). Um die bei Verwahrungsgeschäften gebotene äußerste Korrektheit sicherzustellen, enthalten die §§ 11 bis 13 DONot (jetzt: §§ 54 a - 54 e BeurkG in der Fassung des Gesetzes vom 31. August 1998, BGBl. 1998 Teil I S. 2585, 2594 ff) zusätzliche Bestimmungen darüber, wie der Notar ein solches Geschäft im einzelnen abzuwickeln hat. Der Notar hat diese Bestimmungen zu beachten; Verstöße können zu seiner Haftung nach § 19 BNotO führen (vgl. BGHZ 134, 100, 107 m.w.N.).

2. Das Berufungsgericht hat den Inhalt der Treuhandauflage zutreffend entsprechend der Vereinbarung vom 8. August 1991 ermittelt. Diese Hinterlegungsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern stellte im vorliegenden Fall zugleich deren Verwahrungsanweisung an den Notar dar, die den Inhalt seiner Amtspflichten bei der Abwicklung der Verwahrung bestimmte (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 3. Aufl. § 23 Rdnr. 34, 42, 48 m.w.N.). Danach hatte der Beklagte zu 1 vor jeder Verfügung über das Erschließungskonto zu prüfen, ob eine entsprechende Anweisung des Beklagten zu 2 vorlag, ob dieser Weisung "geprüfte Rechnungen" zugrunde lagen und ob die geprüften Rechnungen Leistungen "zum Zwecke der Erschließung und Durchführung des Bauobjekts" zum Gegenstand hatten.

3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 habe nicht schon deshalb eine Amtspflichtverletzung begangen, weil er trotz des vom Kläger am 3. Juni 1992 erklärten Widerrufs Überweisungen und Auszahlungen vorgenommen habe.

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Kläger und der Beklagte zu 2 dem Notar einen gemeinsamen unwiderruflichen Treuhandauftrag erteilt haben. Dabei hat das Berufungsgericht erkannt, daß die unter den Beteiligten getroffene - hier ausdrücklich als unwiderruflich bezeichnete - privatrechtliche Vereinbarung zu unterscheiden ist von der an den Notar gerichteten Anweisung (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 23 Rdnr. 111). Die Würdigung, daß auch die an den Notar gerichtete Anweisung in gleicher Weise bindend sein sollte, ist möglich. Die Revision vermag in diesem Punkt keinen Fehler der tatrichterlichen Auslegung aufzuzeigen.

b) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der einseitige Widerruf eines von mehreren Personen dem Notar erteilten Treuhandauftrags beachtet werden muß (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1959 - III ZR 180/58, DNotZ 1960, 265, 268 ff; v. 5. Juli 1990 - IX ZR 10/90, DNotZ 1991, 555, 556 f). Der Kläger hat den von ihm erklärten einseitigen Widerruf des gemeinsam erteilten Auftrags nicht darauf gestützt, daß das mittels der Treuhandvereinbarung abzuwickelnde Rechtsverhältnis unwirksam oder vertraglich aufgehoben worden sei. Daher hat das Berufungsgericht den Widerruf zu Recht als unwirksam und infolgedessen für den Notar unbeachtlich angesehen (im Ergebnis ebenso Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 23 Rdnr. 116; Haug, Die Amtshaftung des Notars 2. Aufl. Rdnr. 709, 712). Die Anweisung als gemeinschaftliche Verfahrenshandlung kann grundsätzlich ebenfalls nur gemeinsam geändert oder zurückgenommen werden; denn der gemeinschaftlich erklärten Unwiderruflichkeit käme im Ergebnis keinerlei Bedeutung zu, wenn der Notar schon den Widerruf eines einzelnen Beteiligten ohne weiteres zu beachten hätte. Dieses Ergebnis stimmt auch mit den Grundsätzen der nunmehr in § 54 c Abs. 2 und 3 BeurkG enthaltenen Regelung überein.

4. Der Beklagte zu 1 hat jedoch bei Vornahme der jeweiligen Auszahlungen und Überweisungen seine notariellen Betreuungspflichten verletzt.

a) Dies wird vom Berufungsgericht für die Positionen 5 und 10 (Barzahlungen von insgesamt 68.000 DM an den Beklagten zu 2) zutreffend bejaht und ist auch hinsichtlich der Position 6 (Barzahlung von 40.000 DM an den Bruder des Beklagten zu 2) nicht anders zu sehen. Sollte dem Beklagten zu 1 die Vereinbarung des Beklagten zu 2 mit seinem Bruder vom 10. September 1991 bei Zahlung der 40.000 DM vorgelegen haben, bestand die Pflichtverletzung darin, diese Vereinbarung als geprüfte Rechnung zu beurteilen. Die Urkunde betrifft einen Darlehensvertrag des Beklagten zu 2 mit seinem Bruder. Daß das Darlehen der GbR gewährt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Ein Prüfvermerk des Beklagten zu 2 im Sinne von Ziff. 3 der Vereinbarung vom 8. August 1991 fehlte. Damit läßt sich die Vereinbarung vom 10. September 1991 nicht als "geprüfte Rechnung" qualifizieren.

b) Zu den Positionen 7 und 8 (Überweisung von insgesamt 80.551,01 DM an die Firma H.) hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Überweisungen seien insoweit vom Treuhandauftrag gedeckt gewesen. Nach dem Inhalt der Rechnungen der Firma H. habe kein Anlaß bestanden zu bezweifeln, daß es sich möglicherweise nicht um Rechnungen zum Zwecke der Erschließung gehandelt habe.

Diese Sicht beruht, wie die Revision zutreffend rügt, auf einer unvollständigen Würdigung. Aus den Leistungsbezeichnungen in der Rechnung der Firma H. vom 26. Juni 1992 ergibt sich, daß in erheblichem Umfang die Herstellung von "Hausanschlüssen" berechnet worden war; diese gehören nicht zur Erschließung, die allein den Gegenstand der Dienstleistungsverträge mit den Verkäufern der Baugrundstücke bildete, und war deshalb vom Gesellschaftszweck der GbR nicht gedeckt. Eine weitere, in die Rechnung vom 5. Mai 1992 handschriftlich eingefügte Position wurde nicht näher erläutert. Der Beklagte zu 1 hat insoweit unter Verletzung der Treuhandauflage Überweisungen getätigt, ohne zu prüfen, ob die ihm vorgelegten Rechnungen Leistungen "zum Zweck der Erschließung und Durchführung des Bauobjekts" zum Gegenstand hatten. Ein unkorrektes Verhalten in diesem Punkt hat der Beklagte zu 1 zudem bei seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung selbst eingeräumt.

c) Auch hinsichtlich der Überweisung der Kaufpreisanteile in Höhe von 103.550 DM vom Erschließungskonto an die Verkäuferin R. hat der Beklagte zu 1 die Treuhandauflage zur Verwahrung der ihm anvertrauten Gelder verletzt. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Amtspflichtverletzung deshalb bejaht, weil der Beklagte zu 1 einen entsprechenden Geldbetrag vom Erschließungskonto überwiesen hat, obwohl dieser Betrag nicht auf das Konto gelangt war und keine geprüften Rechnungen vorlagen.

5. Bei einer treuhänderischen Verwahrung von Geld auf einem Anderkonto handelt ein Notar jedenfalls fahrlässig, wenn er - wie hier - unter Verletzung der Treuhandauflage hierüber verfügt. Damit haftet der Beklagte zu 1 wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO.

V.

Das Berufungsgericht meint, die GbR habe durch diese vom Beklagten zu 1 zu verantwortenden Pflichtwidrigkeiten keinen Schaden erlitten. Der Kläger habe weder substantiiert dargelegt, daß durch die Zahlungen - entgegen den Behauptungen des Beklagten zu 1 - keine Verbindlichkeiten der GbR getilgt worden seien, sich deren Vermögenslage also verschlechtert habe, noch einen entsprechenden Sachverhalt ausreichend unter Beweis gestellt. Diese Erwägungen tragen die Klageabweisung nicht.

1. Zur Ermittlung des Schadens ist bei weisungswidriger Verwendung von Treuhandgeldern zu fragen, wie sich das Vermögen des Treugebers im Vergleich zum tatsächlichen Ablauf entwickelt hätte, wenn der Notar seine Amtspflicht entsprechend dem Treuhandauftrag erfüllt hätte (BGH, Urt. v. 11. Juli 1996 - IX ZR 116/95, WM 1996, 2074, 2076; v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, WM 1994, 647, 648). Hierbei ist es Sache des Geschädigten, einen streitigen Schaden sowie die Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für diesen Schaden nachzuweisen. Für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Haftungsgrund und Schaden gelten dabei die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO und der Beweis des ersten Anscheins (BGH, Urt. v. 21. November 1996 - IX ZR 220/95, WM 1997, 325, 326 m.w.N.; v. 11. Juli 1996, aaO; v. 19. Oktober 1995 - IX ZR 104/94, WM 1996, 30, 32 m.w.N).

2. Hat die Amtspflichtverletzung dem davon Betroffenen auch Vorteile gebracht, so sind diese im Rahmen der Differenzrechnung schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn Vor- und Nachteile bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind. Als anzurechnender Vorteil kommt danach insbesondere die Tilgung anderweitiger Verbindlichkeiten in Betracht. Falls diese Vorteilsausgleichung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht, kann sich der Notar gegen einen auf weisungswidrige Auszahlung von seinem Anderkonto gestützten Schadensersatzanspruch mit dem Einwand verteidigen, er habe mit dem Auszahlungsbetrag eine anderweitige Verbindlichkeit des Auszahlungsberechtigten erfüllt. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung trägt der Ersatzpflichtige (BGHZ 94, 195, 217 m.w.N.; BGH, Urt. v. 11. Juli 1996, aaO).

3. Soweit die vom Beklagten zu 1 aus dem Treuhandkonto veranlaßten Überweisungen keine Verbindlichkeiten der GbR getilgt haben, die zum Zweck der Erschließung und Durchführung des Bauobjekts begründet wurden, obliegt es daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Kläger nachzuweisen, daß dadurch keine sonstigen Schulden der GbR bezahlt wurden. Vielmehr muß der Beklagte zu 1 den Beweis erbringen, daß die ausgeführten Zahlungen der Gesellschaft wirtschaftlich zugute gekommen sind.

a) Der Beklagte hat jedoch nicht einmal substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt, durch die Bar- und Scheckzahlungen an den Beklagten zu 2 und an dessen Bruder (Positionen 5, 6 und 10) seien Verbindlichkeiten der GbR getilgt worden.

b) Dem Beweisangebot des Beklagten zu 1 hinsichtlich der Überweisungen an die Firma H. (Positionen 7 und 8) ist das Berufungsgericht bisher aufgrund seines rechtlich fehlerhaften Ausgangspunktes nicht nachgegangen.

c) Das Berufungsgericht meint, durch die Überweisung des Kaufpreisanteils in Höhe von 103.550 DM vom Erschließungskonto an die Verkäuferin R. sei die Gesellschaft nicht geschädigt worden, weil die Verkäuferin von der GbR aus dem geschlossenen Dienstleistungsvertrag Herausgabe der von den Käufern empfangenen Kaufpreisanteile gemäß §§ 675, 667 BGB habe verlangen können. Diese Beträge habe der Beklagte zu 2 als Vertreter der Verkäuferin R. von den Käufern erhalten. Durch die Überweisung vom Erschließungskonto sei der Herausgabeanspruch der Verkäuferin R. gegen die GbR erfüllt worden.

Dabei verkennt das Berufungsgericht, daß der Beklagte zu 1 die Kaufpreisanteile bereits zu einem Zeitpunkt vom Erschließungskonto an die Verkäuferin R. überwies, als der Beklagte zu 2 entsprechende Geldbeträge von den Käufern noch gar nicht erhalten hatte. Im Zeitpunkt der Überweisung bestand somit noch kein Herausgabeanspruch gegen die GbR, der durch die Überweisung erfüllt worden sein könnte. Damit ist zunächst ein Schaden der GbR entstanden. Dieser ist nicht nachträglich wieder dadurch entfallen, daß der Beklagte zu 2 die Kaufpreiszahlungen vereinnahmt hat. Unstreitig und vom Berufungsgericht festgestellt sind diese Geldbeträge der GbR nicht zugeflossen. Diese hat somit keinen Gegenwert für die an die Verkäuferin aus ihrem Vermögen geleistete Zahlung erhalten. Damit verblieb es beim eingetretenen Schaden.

VI.

Hinsichtlich der Schadenspositionen 5, 6 und 10 in Höhe von insgesamt 108.000 DM sowie hinsichtlich der Überweisung der Kaufpreisanteile in Höhe von 103.550 DM kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da weitere Sachaufklärung nicht mehr in Betracht kommt (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Unter Einbeziehung der bereits von den Vorinstanzen zuerkannten 14.022 DM haftet der Beklagte zu 1 wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO in Höhe von insgesamt 225.572 DM.

1. Es kommt nicht darauf an, ob der Gesellschaft eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zur Verfügung steht. Die subsidiäre Haftung des Notars gilt nicht bei Amtsgeschäften im Sinne der §§ 23, 24 BNotO im Verhältnis zwischen Notar und Auftraggeber (§ 19 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BNotO). Der Beklagte zu 1 hat Treuhandauflagen im Rahmen eines notariellen Verwahrungsgeschäfts im Sinne des § 23 BNotO verletzt; die Gesellschafter der GbR in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit waren Beteiligte im Sinne des § 23 BNotO und damit Auftraggeber im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BNotO.

2. Der Kläger muß sich auch nicht ein Mitverschulden des Beklagten zu 2 anrechnen lassen, der durch seine nicht vom Gesellschaftszweck gedeckten Weisungen an den Beklagten zu 1 den Schaden der GbR mitverursacht hat. Zwar kommt die Berücksichtigung eines derartigen Mitverschuldens grundsätzlich in Betracht. Jedoch bezweckte die Einschaltung des Beklagten zu 1 als Notar gerade, einen ordnungsgemäßen Zahlungsverkehr der GbR durch eine neutrale Person zu gewährleisten und ein gesellschaftswidriges Verhalten des Beklagten zu 2 zu verhindern. Dieser Schutzzweck steht der Anrechnung eines Mitverschuldens entgegen, wenn sich, wie hier, durch amtspflichtwidriges Verhalten des Notars genau das Risiko verwirklicht hat, dessen Eintritt er verhindern sollte. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

Dem kann der Beklagte zu 1 auch nicht entgegenhalten, dadurch werde der Beklagte zu 2 unbillig begünstigt, weil er an den Einnahmen der Gesellschaft zur Hälfte beteiligt sei. Der Kläger macht allein den der Gesamthand zustehenden Anspruch geltend. Soweit der Beklagte zu 1 der GbR ersatzpflichtig ist, haftet er gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2. Die diesen treffende Mitverantwortung wird im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB uneingeschränkt berücksichtigt.

VII.

Hinsichtlich der Positionen 7 und 8 (Überweisungen in Höhe von 80.551,01 DM an Firma H.) wird das Berufungsgericht noch zu klären haben, in welchem Umfang die erfolgten Zahlungen vom Gesellschaftszweck der GbR gedeckt waren und ob im übrigen der Gesellschaft dadurch ein anrechenbarer Vorteil entstanden ist, daß auf diese Weise eine anderweitige Verbindlichkeit getilgt wurde. Die Sache ist deshalb in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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