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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: IX ZR 194/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 41 Abs. 1
InsO § 140 Abs. 1
InsO § 140 Abs. 3
InsO § 166 Abs. 2
InsO § 170 Abs. 1 Satz 2
InsO § 191
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 539
ZPO § 540 Abs. 1
ZPO § 559 Abs. 1
ZPO § 561
Zieht der Verwalter eine vom Schuldner sicherungshalber abgetretene Forderung ein, ohne dass der Schuldner für die gesicherte Verbindlichkeit persönlich haftet, ist der Gläubiger aus dem eingezogenen Betrag nur dann unverzüglich zu befriedigen, wenn die Sicherheit auch ohne die Insolvenz verwertungsreif gewesen wäre. Steht dieser Umstand noch nicht fest, so ist der möglicherweise dem Gläubiger verbleibende Betrag bei der Verteilung zurückzubehalten.

Hat der Schuldner an einem von ihm erworbenen Grundstück einem Gläubiger eine dem vorgemerkten Rückübertragungsanspruch des Grundstücksverkäufers nachrangige Grundschuld bewilligt und dem Gläubiger auch den Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung abgetreten, so beurteilt sich die Anfechtbarkeit dieser Rechtshandlungen nach dem Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, nicht nach dem des Rücktritts vom Kaufvertrag. ZPO § 561, 559 Abs. 1, § 540 Abs. 1 Nr. 1, §§ 529, 531 Abs. 2 Nr. 1 Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils, die im Tatbestand des Berufungsurteils und dem Protokoll der Berufungsverhandlung nicht wiederholt und auch nicht in Bezug genommen werden, weil das Berufungsgericht sie für unerheblich erachtet hat, können weder Grundlage der Nachprüfung noch einer bestätigenden Neuentscheidung des Revisionsgerichts sein. In diesem Fall ist dem betroffenen Revisionsbeklagten nach Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung Gelegenheit zu geben, auf seinen erstinstanzlichen Vortrag zurückzukommen.


Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008

durch

den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und

die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 22. Oktober 2007 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der nachmalige Schuldner (im Folgenden nur: Schuldner) kaufte Ende 1997 durch notarielle Urkunde von der B. GmbH (im Folgenden: B. ) ein den Beschränkungen des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsverordnung unterliegendes Forstgut zum Preis von 1.616.087,14 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der Schuldner am 8./9. Januar 1998 ein Privatdarlehen über 1,7 Mio. DM auf. Um dem Schuldner das zugesagte Darlehen gewähren zu können, hatte der Darlehensgeber seinerseits der klagenden Bank am 2. Januar 1998 ein Angebot auf Abschluss eines Refinanzierungsdarlehens über 1,7 Mio. DM unterbreitet. Das Angebot umfasste die Verpflichtung des Darlehensgebers, der Klägerin zur Sicherung des Refinanzierungsdarlehens und anderer Verbindlichkeiten eine vollstreckbare Grundschuld an dem vom Schuldner gekauften Forstgut in Höhe des Kaufpreises zu verschaffen. Am 14. Januar 1998 trat der Schuldner der Klägerin zur Sicherung des Refinanzierungsdarlehens außerdem sämtliche Ansprüche ab, die ihm bei Aufhebung oder Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages gegen die B. zustanden, insbesondere den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Ebenfalls am 14. Januar 1998 vereinbarten der Schuldner und die Klägerin, dass die Grundschuld der Klägerin auf dem vom Schuldner gekauften Forstgut deren Anspruch aus dem Refinanzierungsdarlehen über 1,7 Mio. DM sichern sollte. Am 16. Januar 1998 nahm die Klägerin das Angebot des Darlehensgebers auf Abschluss des Refinanzierungsdarlehens an. Am 20. Januar 1998 bestellte die B. der Klägerin eine Grundschuld in Höhe des Kaufpreises und bewilligte deren Eintragung. Dieser Grundschuld ging eine für die B. eingetragene Rückauflassungsvormerkung im Rang vor. Am gleichen Tag überwies die Klägerin den Kaufpreis an die B. und zeigte ihr die Abtretung der Ansprüche des Schuldners aus einem etwaigen Rückabwicklungsverhältnis an.

Mit Schreiben vom 18. November 2002 trat die B. vom Grundstückskaufvertrag mit dem Schuldner zurück. Auf einen Eigenantrag von Anfang September 2003 eröffnete das Amtsgericht am 27. November des Jahres das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Der Schuldner verstarb wenige Tage später. Das Verfahren wurde als Nachlassinsolvenzverfahren fortgeführt.

Durch notarielle Urkunde vom 26. August 2004 vereinbarten die B. und der Beklagte, den Grundstückskaufvertrag infolge des beiderseits als wirksam angesehenen Rücktritts rückabzuwickeln. Die B. zog vom Kaufpreis eine Vertragsstrafe und eine Entschädigung für Übermaßnutzung ab; den Restbetrag von 688.599,12 EUR zahlte sie an den Beklagten aus.

Die Klägerin verlangt diese Summe unter Abzug der Feststellungs- und Verwertungspauschalen vom Beklagten heraus. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte nur wegen eines Teils der Zinsen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Eine Entscheidung in der Sache selbst (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO) ist nach dem festgestellten Sachverhältnis nicht möglich.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auskehr des vom Beklagten vereinnahmten Kaufpreisteils gemäß § 170 Abs. 1, § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1 InsO zu. Die Klägerin sei zur abgesonderten Befriedigung berechtigt, weil der Schuldner ihr seinen etwaigen Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr abgetreten habe. Die Abtretung sei weder nach § 138 BGB nichtig noch nach § 1365 BGB schwebend unwirksam. Sie sei auch nicht anfechtbar: Eine Anfechtung nach § 134 InsO oder nach § 133 Abs. 1 InsO scheide aus, weil weder der Schuldner noch sein Darlehensgeber zum Zeitpunkt der Sicherungsabtretung einen Anspruch gegen die Klägerin auf Auszahlung des Refinanzierungsdarlehens gehabt habe; die Sicherung sei nicht nachträglich erfolgt. Darüber hinaus habe der Schuldner zum Zeitpunkt der Abtretung auch von seinem Darlehensgeber die Auszahlung nicht verlangen können, weil die Grundschuld erst später bestellt worden sei.

Zwar sei der Klägerin der Kaufpreisrückzahlungsanspruch nur sicherungshalber abgetreten worden. Auf den Eintritt des Sicherungsfalles komme es jedoch im Verhältnis zum Beklagten nicht an. Die Klägerin könne von ihm die Herausgabe der Forderung verlangen, sie aber nur nach Eintritt des Sicherungsfalles verwerten.

Das hält rechtlicher Prüfung nicht vollen Umfanges stand.

1.

Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft allerdings zu. Der Klägerin steht ein Anspruch aus § 170 Abs. 1 Satz 2, § 50 Abs. 1, § 51 Nr. 1 InsO zu. Sie war in Folge der Sicherungsabtretung vom 14. Januar 1998 zur abgesonderten Befriedigung aus dem Anspruch des Schuldners auf Kaufpreisrückzahlung gegen die B. berechtigt. Die Abtretung ist wirksam. Die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts nimmt die Revision hin. Sie lassen keine Rechtsfehler erkennen.

2.

Der Beklagte kann die Abtretung auch weder nach § 134 Abs. 1 InsO noch nach § 133 Abs. 1 InsO anfechten. Als anfechtbare Rechtshandlungen des Schuldners kommen nur die Sicherheitenbestellungen zu Gunsten der Klägerin im Januar 1998 in Betracht. Damals waren weder die Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 InsO noch die des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt.

a)

Der Anfechtungsgrund des § 134 Abs. 1 InsO scheidet bereits deshalb aus, weil die Rechtshandlungen des Schuldners im Januar 1998 außerhalb des gesetzlichen Vierjahreszeitraumes lagen. Dieser Zeitpunkt ist auch nach § 140 Abs. 1 InsO hier anfechtungsrechtlich maßgebend. Ein Fall des § 140 Abs. 3 InsO liegt nicht vor (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 140 Rn. 50b).

§ 140 Abs. 1 InsO setzt zwar voraus, dass die Rechtshandlung des Schuldners dem Anfechtungsgegner bereits eine gesicherte Rechtsstellung verschafft hat (BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - IX ZR 56/06, WM 2007, 1669, 1671 Rn. 17 a.E.; v. 26. Juni 2008 - IX ZR 87/07, WM 2008, 1460, 1462 Rn. 15; vgl. außerdem BGHZ 156, 350, 356; 157, 350, 356; 159, 388, 395 f; BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, WM 2001, 2208, 2209; v. 18. Juli 2002 - IX ZR 264/01, WM 2002, 1852, 1853). Der Anfechtungsgegner hat eine gesicherte Rechtsstellung erlangt, wenn sie ihm nicht mehr entzogen werden kann und ihr Eintritt nicht von freien Entscheidungen des Schuldners oder eines Dritten abhängt.

Über eine solche Rechtsposition verfügte die Klägerin im Januar 1998. Die Sicherungen aus Grundschuld und Vorausabtretung bestanden beide bereits bei Gewährung des Darlehens, weil die Klägerin erst nach Einräumung beider Sicherheiten den Anspruch des Darlehensgebers annahm und das Refinanzierungsdarlehen auszahlte. Die Insolvenzgläubiger konnten wegen der Grundschuld bis zur Höhe des Kaufpreises nicht auf das Grundstück zugreifen. Beim Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag mit dem Schuldner verdrängte der Anspruch der B. auf Rückauflassung wegen seiner rangbesseren Vormerkung im Grundbuch die Grundschuld der Klägerin. Die Bestellung der Grundschuld wurde insoweit unwirksam (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Der rangbesser vorgemerkte Rückübertragungsanspruch der B. verklammert beide Sicherheiten der Klägerin so miteinander, dass der berechtigte Rücktritt der B. vom Kaufvertrag sowohl die relative Unwirksamkeit der Grundschuld bewirkte als auch den im Voraus zur Sicherung ihrer Darlehen an die Klägerin abgetretenen bedingten Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung entstehen ließ. Angesichts der gebotenen Gesamtbetrachtung ist nicht von Belang, dass sich die Entscheidung zwischen den beiden exklusiv konkurrierenden Sicherheiten außerhalb des Einflusses der Klägerin vollzog, sie mithin bei isolierter Betrachtung als Zessionarin des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs noch keine gesicherte Erwerbsposition hatte.

Die Klägerin hat auch keine unentgeltliche Leistung des Schuldners erhalten. Wird eine dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung schuldet. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279 f; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157 Rn. 10; v. 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, WM 2008, 1459 Rn. 11). Eine Besicherung ist entgeltlich, wenn der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber für seine Leistung die Kreditgewährung an einen Dritten verspricht (BGHZ 12, 232, 236 f; Ganter WM 2006, 1081, 1084). Ein solcher Fall liegt vor. Die Klägerin hat das Angebot des Darlehensgebers auf Abschluss eines Refinanzierungsvertrages angenommen und ihm damit auch die Auszahlung seines Darlehens an den Schuldner versprochen. Anschließend hat sie die Darlehensmittel in Höhe des Kaufpreises an die B. überwiesen und sowohl den Anspruch des Darlehensgebers gegen sich als auch den des Schuldners gegen den Darlehensgeber auf diese Weise erfüllt.

b)

Die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO bestehen gleichfalls nicht. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Schuldner handelt mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn er ihre Benachteiligung als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat (BGHZ 124, 76, 81 f; 155, 75, 84) . Der Benachteiligungsvorsatz muss bei Vornahme der Rechtshandlung gemäß § 140 Abs. 1 InsO gegeben sein (BGH, Urt. v. 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96, WM 1997, 545, 548; v. 11. März 2004 - IX ZR 160/02, WM 2004, 1141, 1143; v. 13. April 2006 - IX ZR 158/05, WM 2006, 1159, 1160 Rn. 14). Dass der Schuldner im Januar 1998 den Vorsatz hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dagegen erhebt die Revision keine Verfahrensrügen.

Die Revision ist freilich der Ansicht, der Schuldner sei seinem Darlehensgeber nicht verpflichtet gewesen, den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzutreten. Die Abtretung sei folglich inkongruent. Damit sind die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung jedoch nicht hinreichend dargelegt. Der Erfolg der Anfechtungsklage hängt vielmehr des Weiteren davon ab, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Rechtshandlung Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Das behauptet der Beklagte nicht.

Im Dreiecksverhältnis kommt der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Inkongruenz der Deckung nicht die ihr sonst innewohnende Indizwirkung zu. Diese Beweiswirkung ist vielmehr im Deckungs- und Valutaverhältnis gesondert zu beurteilen. Wenn sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners aus einer Inkongruenz im Deckungsverhältnis ergibt, wie die Revision meint, reicht es nicht aus, dass der Dritte - hier die Klägerin - von den zur Inkongruenz führenden Umständen weiß. Die an die Inkongruenz anknüpfenden Beweiswirkungen muss der Dritte sich nicht anrechnen lassen (BGH, Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 121/06, WM 2008, 223, 226 Rn. 35). Überdies hat das Berufungsgericht keine Kenntnis der Klägerin davon festgestellt, dass der Schuldner seinem Darlehensgeber nicht verpflichtet war, der Klägerin seinen etwaigen Kaufpreisrückzahlungsanspruch gegen die B. abzutreten. Auch dagegen erhebt die Revision keine Verfahrensrügen.

3.

Mit Recht rügt die Revision indes, dass das Berufungsgericht den eingeklagten Anspruch mit der gegebenen Begründung nicht für fällig halten durfte. Seine Annahme, die Klägerin könne nach § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO die "Herausgabe" der sicherungshalber abgetretenen Forderung verlangen, ohne dass es auf den Eintritt des Sicherungsfalles ankomme, ist rechtlich zu beanstanden. Die ihr bereits abgetretene Forderung kann nicht mehr an die Zessionarin herausgegeben werden. Die Verwertung der sicherungshalber abgetretenen Forderung hängt hier auch nicht vom Schuldnerverzug bei der gesicherten Verbindlichkeit ab; denn der Beklagte hat den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 166 Abs. 2 InsO berechtigterweise eingezogen. Der sicherungshalber abgetretene Anspruch ist damit verwertet worden und erloschen. Das Absonderungsrecht der Klägerin setzt sich an dem eingezogenen Forderungsbetrag fort, soweit er noch unterscheidbar in der Masse vorhanden ist. Ansonsten entsteht eine Masseverbindlichkeit gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 InsO, sobald der Sicherungsfall für die Klägerin eintritt.

4.

Das Berufungsurteil ist, soweit es den Beklagten zur Zahlung verurteilt hat, nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO).

a)

Der Klageanspruch gilt nicht nach § 41 Abs. 1 InsO als fällig. Zur Konkursordnung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass für "absonderungsberechtigte Forderungen" § 65 Abs. 1 KO entsprechend anzuwenden sei (BGHZ 31, 337, 341) . Stand dem Sicherungsnehmer im Konkurs des Sicherungsgebers dagegen nur ein Absonderungsrecht zu, ohne dass der Sicherungsnehmer zugleich Konkursgläubiger war, sollte § 65 Abs. 1 KO nach einhelliger Meinung im Schrifttum nicht analog angewendet werden können (Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 65 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 65 Rn. 5; Kuhn MDR 1960, 490 f; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Band III § 35 I 3 b; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl. § 68 I 2 a). Die Literatur zum Insolvenzrecht spricht sich ebenfalls ganz überwiegend dagegen aus, § 41 Abs. 1 InsO für Absonderungsrechte ohne persönliche Haftung des Schuldners entsprechend heranzuziehen (MünchKomm-InsO/Bitter, 2. Aufl. § 41 Rn. 14; Jaeger/ Henckel, InsO § 41 Rn. 13; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 2. Aufl. § 41 Rn. 11; Braun/Bäuerle, InsO 3. Aufl. § 41 Rn. 5; FK-InsO/Schumacher, 4. Aufl. § 41 Rn. 2).

Diese Ansicht ist richtig. Der Verwalter darf das Absonderungsgut nach Maßgabe der §§ 165 f. InsO verwerten und der Absonderungsberechtigte muss dafür die Pauschalen des § 171 InsO der Masse belassen. Im Gegenzug ist der Absonderungsberechtigte nach § 77 Abs. 3 Nr. 2 InsO Mitglied der Gläubigerversammlung, auch wenn der Schuldner ihm nicht persönlich haftet (Jaeger/ Gerhardt, InsO § 77 Rn. 25). Gleichwohl besteht kein Grund, dem Absonderungsberechtigten die sofortige Befriedigung gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO zuzubilligen, obwohl der Sicherungsfall noch nicht eingetreten ist (vgl. Münch-Komm-InsO/Bitter, aaO). Solange letzteres nicht feststeht, müssen die erforderlichen Erlösanteile aus der Verwertung des Absonderungsgutes entsprechend § 191 Abs. 1 InsO vom Verwalter zurückbehalten werden. Bei sofortiger Befriedigung des Absonderungsberechtigten liefen die Insolvenzgläubiger Gefahr, dass der Insolvenzverwalter den Anspruch auf Rückgabe einer freigewordenen Sicherheit gegen den Sicherungsnehmer nicht durchsetzen kann. Dieses Risiko kann den Insolvenzgläubigern nicht aufgebürdet werden.

b)

Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils zur Verwertungsreife des sicherungshalber abgetretenen Kaufpreisrückzahlungsanspruchs haben sich im Tatbestand des Berufungsurteils nicht niedergeschlagen; eine Bezugnahme gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil fehlt. Entsprechender Sachvortrag der Parteien ist dem Berufungsurteil und dem Protokoll der Berufungsverhandlung ebenfalls nicht zu entnehmen. Auch das Revisionsgericht kann dann seiner Nachprüfung dieses Vorbringen gemäß § 559 Abs. 1 ZPO nicht zugrunde legen (vgl. Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 540 Rn. 3). Das gilt auch für die Neuentscheidung gemäß § 561 ZPO.

Einen Tatbestandsberichtigungsantrag gegen das Berufungsurteil hat die erfolgreiche Klägerin nicht gestellt. Die von der Revisionserwiderung erhobene Feststellungsrüge (§ 286 ZPO) greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat keine nach seinem rechtlichen Ausgangspunkt erheblichen Feststellungen unterlassen.

Der Senat kann darum nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Es liegt nicht fern, dass das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien zur Verwertungsreife des sicherungshalber abgetretenen Anspruchs nach dem Stand der gesicherten Verbindlichkeit nicht, auch nicht durch Bezugnahme gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, in seinen Tatbestand aufgenommen hat, weil dieses Vorbringen aus seiner rechtlichen Sicht unerheblich war. Dann hätte auch ein Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin nicht zum Erfolg führen müssen. Die Klägerin muss deshalb in einem zweiten Berufungsdurchgang Gelegenheit erhalten, entsprechend ihrer jetzigen Gegenrüge aus § 286 ZPO auf den erstinstanzlichen Vortrag zur Verwertungsreife des sicherungshalber abgetretenen Anspruchs zurückzukommen. Sie steht damit ebenso, als wenn sie diesen Vortrag nach entsprechendem Hinweis des Revisionsurteils in der wiedereröffneten Berufungsinstanz - wie durch § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen - erstmals gehalten hätte.

Ende der Entscheidung

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