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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: IX ZR 25/01 (1)
Rechtsgebiete: BGB, StGB, StBerGebV, VStG


Vorschriften:

BGB §§ 631 ff
BGB § 649 S. 2
BGB § 667
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 266
StBerGebV § 22
VStG § 19 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 25/01

Verkündet am: 10. März 2005

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2005 durch die Richter Dr. Ganter, Kayser, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Teilurteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 2000 aufgehoben, soweit die Klage wegen eines Betrages von 98.831,16 DM nebst Zinsen seit dem 25. Februar 1991 in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank abgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 11. Juli 1995 zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Am 14. März 1987 verstarb in Mannheim I. W. . Sie hinterließ ein Vermögen im Wert von etwa 18 Mio. DM. Der Beklagte war jahrelang ihr Steuerberater gewesen. Vom 11. Juni 1987 bis zum 9. März 1989 war er vom Amtsgericht bestellter Nachlaßpfleger. In der Zeit vom 13. Juni 1988 bis 25. Februar 1991 verwaltete der Beklagte den Nachlaß aufgrund einer Vereinbarung mit den Erben, zu denen neben den Klägern auch der C. gehört. Wegen Untreue zum Nachteil des Nachlasses in vier Fällen ist der Beklagte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangen die Kläger Zahlung von insgesamt 1.164.396 DM, die der Beklagte in Höhe von 358.760 DM zu Unrecht als Pflegervergütung erhalten und im übrigen dem Nachlaß unberechtigt entnommen habe, an sich und den C. zur gesamten Hand. Das Landgericht hat den Beklagten bis auf einen Teil der Zinsforderung antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat im Wege des Teilurteils über die Pflegervergütung sowie über einen Betrag von 459.236 DM entschieden, den der Beklagte als Vergütung für angeblich zu Lebzeiten der Erblasserin erbrachte Steuerberaterleistungen dem Nachlaß entnommen hatte. Es hat den Beklagten zur Rückzahlung der Pflegervergütung sowie als Steuerberaterhonorar vereinnahmter 360.404,83 DM verurteilt. Wegen eines Steuerberaterhonorars von 98.831,17 DM hat es die Klage abgewiesen. Beide Parteien haben Revision eingelegt. Der Senat hat nur die Revision der Kläger angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es den Beklagten zur Rückzahlung des Steuerberaterhonorars von 98.831,17 DM nebst Zinsen an die Kläger und den C. zur gesamten Hand verurteilt hat.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Grundlage des Begehrens der Kläger sei § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB, § 667 BGB oder § 812 Abs. 1 BGB. Darlegungs- und beweispflichtig für die Rechtmäßigkeit der Entnahmen sei der Beklagte. Dieser habe drei Rechnungen vom 15. Juli 1987 nachträglich konstruiert, um die Entnahmen aus dem Nachlaß rechtfertigen zu können. Gleichwohl könne dem Beklagten nicht jeglicher Honoraranspruch abgesprochen werden. Im Rahmen des Strafverfahrens hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Erblasserin dem Beklagten den Auftrag erteilt habe, ein Gutachten über eine zu errichtende Stiftung und ein Gutachten über Fragen der Vermögensverwaltung anzufertigen. Der Beklagte sei auch in dieser Richtung tätig geworden, habe allerdings die vollständige Erbringung der Leistungen nicht nachgewiesen. Deshalb stünden ihm jeweils nur die Mindestgebühren gemäß § 22 StBerGebV nach einem Gegenstandswert von 15 Mio. DM zu. Gerechtfertigt seien auch Gebühren für die Leistungen "Prüfung Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1982", "Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1984", "Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1985" sowie "Entgegennahme der Post etc.".

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Beklagten stehen die genannten Gebührenansprüche gegen die Erbengemeinschaft nicht zu.

1. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Honorar für die beiden Gutachten, deren Fertigstellung das Berufungsgericht nicht als erwiesen angesehen hat. Der Auftrag, ein Gutachten über steuerliche Fragen oder Fragen der "Vermögensverwaltung" zu erstellen, ist ein Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB (OLG Köln OLGZ 1980, 346; Zugehör WM 2000 Sonderbeilage Nr. 4 S. 4; Eckert, StBerGebVO 4. Aufl. Vor § 1 Anm. 1.3.2; für ein anwaltliches Gutachten BGH, Urt. v. 20. Oktober 1964 - VI ZR 101/63, NJW 1965, 106). Ein Anspruch auf Werklohn wird fällig, wenn das vertragsmäßig hergestellte Werk vom Besteller abgenommen worden ist (§ 641 BGB). Ist ein Gutachten nicht fertiggestellt worden, gibt es kein vertragsgemäß hergestelltes Werk, für das eine Vergütung beansprucht werden könnte. Eine Kündigung des (behaupteten) Auftrags der Erblasserin hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, so daß auch die Vorschrift des § 649 S. 2 BGB nicht zur Anwendung gelangen kann. Damit kommt es nicht mehr darauf an, daß das Berufungsgericht wegen der Feststellung eines Vertragsschlusses nicht einfach auf das Strafurteil verweisen durfte, weil die Strafkammer nur "zugunsten des Angeklagten" von einem entsprechenden Auftrag ausgegangen war, die Darlegungs- und Beweislast für die Erteilung des Auftrags - eine anspruchsbegründende Tatsache - im Zivilprozeß aber den Beklagten als den (angeblichen) Werkunternehmer traf. Ob das Berufungsgericht ohne erneute Beweisaufnahme überhaupt von einem Vertragsschluß ausgehen durfte, nachdem das Landgericht einen Auftrag der Erblasserin nach Vernehmung der von beiden Parteien angebotenen Zeugen nicht als erwiesen angesehen hatte (vgl. dazu etwa BGH, Urt. v. 21. Dezember 1992 - II ZR 276/91, LM § 398 ZPO Nr. 33; v. 19. Februar 1998 - I ZR 29/96, LM § 398 ZPO Nr. 45), ist für die Entscheidung ebenfalls nicht mehr von Bedeutung.

2. Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Gebühren für die Erstellung von Vermögensteuererklärungen auf den 1. Januar 1984 und den 1. Januar 1985.

a) Der Beklagte hat behauptet, die Erblasserin habe ihn mit entsprechenden Arbeiten beauftragt. Beweis für diese von den Klägern bestrittenen Behauptungen hat er jedoch nicht angetreten.

b) Das Berufungsgericht hat einen Vergütungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zuerkannt, weil auch das Strafurteil zu Gunsten des Beklagten von einem entsprechenden Anspruch ausgegangen sei. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs ist jedoch der Geschäftsführer (vgl. Erman/Ehmann, BGB 11. Aufl. § 683 Rn. 8; MünchKomm-BGB/Seiler, 4. Aufl. § 683 Rn. 29). Der Beklagte hätte also darlegen und beweisen müssen, daß die Fertigung der Vermögensteuererklärungen dem wirklichen oder mutmaßlichen Interesse der Erblasserin und/oder der Erben entsprach.

aa) Gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VStG in der Fassung vom 18. August 1980 ebenso wie in der Fassung vom 14. März 1985 waren Vermögensteuererklärungen auf jeden Hauptveranlagungszeitpunkt abzugeben. Hauptveranlagungszeitpunkt waren nach Darstellung beider Parteien der 1. Januar 1983 und der 1. Januar 1986. Für andere Veranlagungszeitpunkte innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums von drei Jahren (vgl. § 15 VStG) wären Erklärungen nur auf Aufforderung der Finanzbehörde abzugeben gewesen (§ 19 Abs. 1 S. 2 VStG).

bb) Beweis für seine von den Klägern bestrittenen Behauptungen, es hätten Anforderungen des Finanzamts vorgelegen, hat der Beklagte nicht angetreten. Er hat lediglich darauf verwiesen, daß die beiden Erklärungen in einem Bericht des Finanzamts Erwähnung gefunden hätten. Den Schluß auf eine Anforderung der Erklärungen durch das Finanzamt läßt die entsprechende Passage des Prüfberichts jedoch nicht zu. Es heißt hier lediglich: "Unter Berücksichtigung der in den folgenden Tz. aufgeführten Erläuterungen sind Neuveranlagungen in allen Jahren wahrscheinlich. Der StB hatte für 1984 und 1985 provisorische VSt-Erklärungen gefertigt, die nicht beim FA eingereicht waren". Der Vortrag des Beklagten ist auch in sich nicht schlüssig. Im Prüfbericht heißt es unter der Textziffer 1, der Nachlaßpfleger habe "ausländische Kapitaleinkünfte und Kapitalvermögen bis 01.01.85 nachgemeldet". Es handelte sich anscheinend um zwei Bankkonten und ein Depot in der Schweiz (Textziffer 14-15). Die in Rechnung gestellten Vermögensteuererklärungen sollen demgegenüber noch zu Lebzeiten der Erblasserin aufgrund von Aufzeichnungen der Erblasserin gefertigt worden sein, die den größten Teil ihres ausländischen Vermögens gegenüber dem Finanzamt und auch gegenüber dem Beklagten verschwiegen hatte. Nach den eigenen Angaben des Beklagten waren die fraglichen Erklärungen also unvollständig. Die Strafkammer, auf deren Feststellungen das Berufungsgericht sich bezogen hat, hat aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts Mannheim vom 30. April 1996 lediglich für "nicht ausschließbar" gehalten, daß die Vermögensteuererklärungen auf den 1. Januar 1984 und den 1. Januar 1985 angefordert worden waren (S. 103 des Urteils vom 13. Mai 1996 - (25) 6 KLs 10/95, letzter Absatz). Das reicht zum Beweis einer streitigen Tatsachenbehauptung jedoch nicht aus.

3. Der Beklagte hat schließlich keinen Anspruch auf Honorar für die Leistungen "Prüfung des Vermögensteuerbescheides auf den 1. Januar 1982" und "Entgegennahme von Post". Das Berufungsgericht hat auch hier nur auf das Strafurteil verwiesen, das nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" die tatsächlichen Voraussetzungen bestimmter Abrechnungspositionen zugunsten des Beklagten unterstellt hat. Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit jedoch der Beklagte, der weder ausreichend vorgetragen noch geeigneten Beweis für die Richtigkeit seines Vortrags angetreten hat. Die Aussage des vom Beklagten benannten Zeugen S. hat das Landgericht als unergiebig gewürdigt; das Berufungsgericht hat auf sie auch gar nicht zurückgegriffen.

III.

Weitergehende Feststellungen sind nicht erforderlich. Der Beklagte hat - wie die Kläger schon in erster Instanz gerügt haben - keinen tauglichen Beweis für die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm geltend gemachten Ansprüche angetreten. Damit hatte der Senat selbst in der Sache zu entscheiden und hinsichtlich der 98.831,16 DM nebst Zinsen das Urteil des Landgerichts wieder herzustellen.

Ende der Entscheidung

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