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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.04.1998
Aktenzeichen: IX ZR 258/97
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 765
VerbrKrG § 1
VerbrKrG § 3 Abs. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 1
VerbrKrG § 7 Abs. 1
Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB § 765; VerbrKrG §§ 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 7 Abs. 1

Die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes gelten jedenfalls nicht für Bürgschaften, die Kredite sichern, welche für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt oder gemäß § 3 Abs. 1 VerbrKrG vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.

BGH, Urt. V. 21. April 1998 - IX ZR 258/97 - OLG Stuttgart LG Stuttgart


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 258/97

Verkündet am: 21. April 1998

Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Juli 1997 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin schloß mit einer GmbH & Co. KG einen Leasingvertrag über einen Baukran. Der Beklagte, Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, übernahm mit schriftlichem Vertrag vom 2. Mai 1994 für alle Ansprüche aus diesem Geschäft einschließlich Zinsen und Kosten "unter Verzicht auf alle Einreden (§§ 768, 770, 771, 772 u. 776 BGB) die selbstschuldnerische, auf eine bestimmte Zeit nicht begrenzte Bürgschaft".

Die Hauptschuldnerin geriet 1996 mit den Leasingraten in Verzug. Die Klägerin kündigte den Vertrag daraufhin fristlos. Nach Ziff. 16 Abs. 3 der AGB des Leasingvertrages hat sie in diesem Falle Anspruch auf die noch ausstehenden Leasingraten und den vereinbarten Restwert, abgezinst mit dem Refinanzierungszins. Die Klägerin hat den Bürgen auf dieser Grundlage, unter Abzug des Verwertungserlöses für den Leasinggegenstand, zunächst auf Zahlung von 44.858,81 DM in Anspruch genommen und die Klage später auf 43.500,54 DM ermäßigt.

Der Beklagte wendet ein, die Bürgschaft sei formnichtig, weil sie den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes nicht entspreche. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht - sein Urteil ist in NJW 1997, 3450 abgedruckt - hat die Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf Bürgschaften verneint:

Die Bürgschaft sei weder ein Kreditvertrag noch eine sonstige Finanzierungshilfe im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes, sondern ein einseitig verpflichtender Vertrag zur Absicherung fremder Schuld, also ein Kreditsicherungsmittel oder Sicherungsrecht. Schon deshalb könne die Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes nicht lediglich mit der Schutzwürdigkeit des Bürgen begründet werden. Sowohl aus dem Wortlaut der Richtlinie des Europäischen Rates vom 22. Dezember 1986 (87/102/EWG) als auch aus den Gesetzgebungsmaterialien gehe hervor, daß die Bürgschaft bewußt nicht in den Schutzbereich des Verbraucherkreditgesetzes einbezogen worden sei. Zwar falle nach herrschender Meinung der Schuldbeitritt in den Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes; wegen der erheblichen dogmatischen Unterschiede zwischen der Bürgschaft und dem Schuldbeitritt sei es aber nicht geboten, beide Rechtsinstitute im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes gleichzubehandeln.

II.

Diesen Erwägungen stimmt der erkennende Senat in den wesentlichen Punkten zu. Die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes sind jedenfalls dann auf Bürgschaften nicht anzuwenden, wenn die gesicherte Forderung keinen Verbraucherkredit im Sinne dieses Gesetzes betrifft.

1. Mit dem Verbraucherkreditgesetz wurde die Richtlinie des Rates über Verbraucherkredite vom 22. Dezember 1986 (87/102/EWG) in nationales Recht umgesetzt. Der Richtlinie ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß sie Verbraucher, die eine Bürgschaft erteilen, umfassend in ihren Schutz einbeziehen soll.

a) Die Richtlinie findet nur auf Kreditverträge Anwendung; als Kreditvertrag gelten allein solche Verträge, bei denen ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie). Diese Begriffsbestimmung erfaßt nicht die mit einer Bürgschaft erklärte Haftungszusage für die Leistungsfähigkeit eines Dritten. Der Bürge empfängt vom Kreditgeber nichts, seine Verpflichtung bildet vielmehr ihrerseits eine Hilfe zur Finanzierung des zwischen Gläubiger und Hauptschuldner begründeten Vertrages. In den umfangreichen Erwägungsgründen der Richtlinie ist stets nur von Krediten an Verbraucher und an keiner Stelle von Bürgschaften oder vergleichbaren Haftungserklärungen die Rede. Auch die veröffentlichten Materialien liefern keinen Hinweis, der es rechtfertigen könnte, den Begriff des Kreditvertrages in einem solche Sicherungsvereinbarungen umfassenden Sinne zu verstehen. Der Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 11. Mai 1995 über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG geht ebenfalls davon aus, daß Bürgschaften bisher aus der Richtlinie ausgeklammert sind, und schlägt daher vor, bestimmte dort vorgesehene Verpflichtungen zur Unterrichtung des Vertragspartners auf Bürgen auszudehnen (Ziff. 345). Daher entspricht es allgemeiner Meinung, daß die Richtlinie keine Regelung für Bürgschaften enthält; dies wird selbst von denjenigen eingeräumt, die das Verbraucherkreditgesetz auf Bürgschaften anwenden wollen (vgl. Bülow NJW 1996, 2889, 2891; v. Westphalen DB 1998, 295, 297).

b) Mit Urteil vom 17. März 1998 (Rs. C-45/96, WM 1998, 649) hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf Vorlage des Senats (Beschl. v. 11. Januar 1996 - IX ZR 56/95, WM 1996, 384, 385) entschieden, daß die Richtlinie 85/577/EWG vom 20. Dezember 1985 "betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen" Bürgschaften von nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit handelnden natürlichen Personen nur dann erfaßt, wenn die gesicherte Forderung durch ein Haustürgeschäft entstanden ist, das ein Verbraucher mit einem Gewerbetreibenden abgeschlossen hat (Ziff. 22). Bürgschaften, die eine Verbindlichkeit decken, die der Hauptschuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit eingegangen ist, fallen dagegen nicht in den Schutzbereich jener Richtlinie (Ziff. 23). Ob die Begründung dieses Urteils, die entscheidend auf den Wortlaut von Art. 1 der Richtlinie 85/577/EWG sowie die Akzessorietät der Bürgschaft abstellt, einen Hinweis dafür liefert, daß auch die Richtlinie 87/102/EWG Bürgschaften einbezieht, sofern der Bürge Verbraucher ist und seine Verpflichtung die Forderung aus einem Kreditvertrag im Sinne der Richtlinie sichert, braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn die Bürgschaft des Beklagten bezieht sich auf einen Geschäftskredit. Jedenfalls insoweit bestätigt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. März 1998 die schon bisher allgemein vertretene Ansicht, daß die Richtlinie 87/102/EWG zum Verbraucherkredit Bürgschaften nicht betrifft. Daher kommt in diesem Punkt eine erneute Vorlage gemäß Art. 177 EG-Vertrag nicht in Betracht.

2. Der deutsche Gesetzgeber hat den Begriff des Kreditvertrages, wie er in der Richtlinie des Rates verwendet wird, in § 1 Abs. 2 VerbrKrG übernommen.

a) Infolgedessen ist die Bürgschaft ebenso wie der Schuldbeitritt kein Kreditvertrag im Sinne dieser Vorschrift, die das Gewähren oder Versprechen eines entgeltlichen Kredits voraussetzt. Einen solchen erhält nicht, wer der Schuld des Darlehensnehmers lediglich beitritt oder sich für deren Erfüllung verbürgt (vgl. BGHZ 133, 71, 74; zur Frage der Entgeltlichkeit auch Senatsbeschl. v. 11. Januar 1996 - IX ZR 56/95, WM 1996, 384, 385). Trotzdem wendet die höchstrichterliche Rechtsprechung die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes auf den Schuldbeitritt entsprechend an, weil der Beitretende die volle vertragliche Mitverpflichtung eingehe und deshalb ebenso schutzwürdig erscheine wie der Kreditnehmer (BGHZ 133, 71; 133, 220, 222 f; BGH, Urt. v. 12. November 1996 - XI ZR 202/95, WM 1997, 158, 159, z.V.b. in BGHZ 134, 94; v. 28. Januar 1997 - XI ZR 251/95, WM 1997, 663, 664).

Unter Berufung darauf, daß die Bürgschaft den Gläubiger in ähnlicher Weise wie eine Mitschuldverpflichtung sichern solle, wird im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte teilweise die Auffassung vertreten, das Verbraucherkreditgesetz gelte für Bürgschaften ebenso (v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 1 Rdnr. 81; Artz VuR 1997, 227, 229; Bülow NJW 1996, 2889, 2892; Hagena, Drittschutz im Verbraucherkreditrecht, 1996 S. 221; v. Westphalen DB 1998, 295, 297; LG Neubrandenburg NJW 1997, 2826; LG Köln WM 1998, 172); vereinzelt wird die Bürgschaft auch als Kreditgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 2 VerbrKrG angesehen (Bülow, VerbrKrG 3. Aufl. § 1 Rdnr. 108 f). Demgegenüber steht die überwiegende Meinung, ebenso wie das Berufungsgericht, auf dem Standpunkt, daß Bürgschaften in keinem Fall den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes unterliegen (Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG 2. Aufl. § 1 Rdnr. 64; Erman/Klingsporn/Rebmann, BGB 9. Aufl. § 1 VerbrKrG Rdnr. 31; Lwowski/Peters/Gößmann, VerbrKrG 2. Aufl. S. 50; MünchKomm-BGB/Ulmer, 3. Aufl. § 1 VerbrKrG Rdnr. 37; Münstermann/Hannes, VerbrKrG § 1 Rdnr. 40, 73; Scholz, Verbraucherkreditverträge 2. Aufl. Rdnr. 95; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. Vorbem. zu §§ 765 ff Rdnr. 77; Drescher, Verbraucherkreditgesetz und Bankenpraxis Rdnr. 31; Heinrichsmeier, Die Einbeziehung des Ehegatten in die Haftung für Geldkredite S. 105; Kabisch WM 1998, 535; Rebmann DZWir 1996, 459; Reinking/Nießen ZIP 1991, 79, 80; Ulmer/Timmann, Festschrift für Rowedder 1994 S. 503, 516; Zahn DB 1998, 353, 358; OLG Hamm WM 1998, 171; OLG Rostock WM 1998, 446; für Geschäftskredite auch OLG Düsseldorf WM 1998, 169).

b) Die analoge Anwendung der Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes auf Mitschulderklärungen ist durch den Schutzzweck dieser Bestimmungen gedeckt, weil der Beitretende Schuldner der Forderung aus dem Kreditvertrag wird. Zudem ist das Verbraucherkreditgesetz auch an die Stelle des Abzahlungsgesetzes mit dem erklärten Ziel getreten, den Verbraucherschutz zu erweitern. Schon unter der Geltung des Abzahlungsgesetzes war selbst derjenige, der nur der Kreditverpflichtung aus einem finanzierten Abzahlungsgeschäft beitrat, in den Schutzbereich der Vorschriften dieses Gesetzes einbezogen (BGHZ 91, 37). Bereits aus diesem Grund müssen die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes einem Verbraucher, der die Verpflichtung aus einem Kreditvertrag im Sinne des § 1 Abs. 2 VerbrKrG mitübernimmt, ebenfalls zugute kommen.

c) Allein der Umstand, daß die Bürgschaft im wesentlichen demselben wirtschaftlichen Zweck wie die gesamtschuldnerische Mitverpflichtung dient, kann jedoch nicht dazu führen, dort die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes ebenfalls entsprechend anzuwenden.

Die Rechtsstellung des Bürgen ist von der des Kreditnehmers weiter entfernt als die des Mitschuldners. Der Bürge tritt dem Vertrag nicht als gleichrangiger selbständiger Schuldner bei, dessen Verbindlichkeit sich nach ihrer wirksamen Entstehung unabhängig von Fortbestand und Umfang der Hauptschuld entwickeln kann (vgl. § 425 BGB). Begründet wird vielmehr nur eine an die Hauptschuld angelehnte akzessorische Haftung. Die Bürgschaft ist ihrem Wesen nach ein einseitig verpflichtender Vertrag zur Absicherung fremder Schuld, also ein Kreditsicherungsmittel. Es entsteht lediglich eine Eventualverbindlichkeit für den Sicherungsfall (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 11/5462 S. 18); deshalb stimmen die Pflichten des Bürgen nicht mit denen des Hauptschuldners überein. Damit unterscheidet sich die Bürgschaft strukturell wesentlich von einem Kreditvertrag im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes; darauf weist das Berufungsgericht zutreffend hin.

Dem Schutz des Bürgen hat das Gesetz durch die in §§ 765 ff BGB getroffene Regelung eingehend Rechnung getragen, insbesondere durch die Formvorschrift des § 766 BGB sowie die nachfolgenden Einreden, die der Bürge unabhängig vom Hauptschuldner geltend machen kann (§§ 768, 770, 771, 776 BGB). Dagegen fehlen allgemeingültige Normen zum kumulativen Schuldbeitritt. Dessen enge Bindung an den Hauptvertrag zeigt sich auch darin, daß er grundsätzlich formfrei erklärt werden kann, jedoch der Formvorschrift des Hauptvertrages unterliegt, sofern diese allgemein mit Rücksicht auf den Leistungsgegenstand aufgestellt ist (vgl. BGHZ 121, 1, 3; BGH, Urt. v. 31. Januar 1991 - III ZR 150/88, NJW 1991, 3095, 3098; Staudinger/Horn, aaO Rdnr. 365 f). Während somit die Belange des Mitschuldners nur über die analoge Heranziehung des Verbraucherkreditgesetzes gesondert berücksichtigt werden können, ist der Bürge schon durch die Formvorschrift des § 766 Satz 1 BGB - deren Bedeutung die jüngste Rechtsprechung des Senats zur Blankobürgschaft (BGHZ 132, 119) sowie zur formularmäßigen weiten Zweckerklärung (BGHZ 130, 19; 132, 6; Senatsurt. v. 7. März 1996 - IX ZR 43/95, WM 1996, 766; v. 13. Juni 1996 - IX ZR 229/95, WM 1996, 1391) wesentlich gestärkt hat - vor einer übereilten Haftungsvereinbarung gewarnt. Demzufolge wurde unter der Geltung des Abzahlungsgesetzes dessen Schutz nur dem Mitschuldner einer Kreditverpflichtung gewährt; eine Einbeziehung des Bürgen wurde dagegen, soweit ersichtlich, von niemandem ernsthaft erwogen.

3. Eine analoge Übertragung des Verbraucherkreditgesetzes auf Bürgschaften ist jedenfalls ausgeschlossen, soweit sie für Kredite übernommen werden, die für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt sind oder gemäß § 3 Abs. 1 VerbrKrG nicht unter die Vorschriften dieses Gesetzes fallen.

a) Der Gesetzgeber hat bewußt davon abgesehen, mittels des Verbraucherkreditgesetzes neue Schutzbestimmungen für den Bürgen aufzustellen.

Der Entwurf des Gesetzes wurde im Rechtsausschuß eingehend beraten. In der 67. Sitzung am 24. Januar 1990 (Prot. Nr. 67 S. 5) wurde eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen beschlossen. Der ihnen vorgelegte Fragenkatalog befaßte sich auch damit, ob das Verbraucherkreditgesetz auf dem Schuldner nahestehende Personen, die sich als Bürgen verpflichtet haben, ausgedehnt werden sollte. Diese Frage wurde in der 86. Sitzung des Rechtsausschusses am 1. Juni 1990 ausführlich und kontrovers diskutiert (Prot. Nr. 86 S. 2 - 14). Einig war man sich aber darin, daß Bürgschaften vom bisherigen Gesetzentwurf nicht erfaßt waren. Die Anhörung wurde geschlossen mit der Anregung an die Sachverständigen, konkrete Formulierungsvorschläge einzureichen. Im Wirtschaftsausschuß legte die SPD-Bundestagsfraktion eine Beschlußempfehlung vor, in der der Entwurf des Verbraucherkreditgesetzes als unzureichend bezeichnet und unter anderem gefordert wurde, Regelungen zum Schutze des Bürgen einzuführen (80. Sitzung TOP 4). Eine entsprechende Änderung des Gesetzentwurfs erfolgte jedoch nicht. In der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses vom 25. Oktober 1990 (BT-Drucks. 11/8274 S. 23) heißt es vielmehr: "Hinsichtlich der von der Ausschußminderheit vorgeschlagenen Regelungen über Kreditsicherheiten ... sieht sich die Mehrheit des Ausschusses vor allem deshalb nicht in der Lage zuzustimmen, weil für diese in der Endphase der Gesetzesberatungen eingebrachten Vorschläge die nötigen Voruntersuchungen und Abklärungen fehlten." Ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der die Einfügung eines § 15 a "Sicherheiten" vorsah, wurde im Parlament debattiert, fand jedoch keine Mehrheit (Plenarprotokolle 11/233, S. 18639 - 18643). Das Gesetz wurde in dem hier interessierenden Punkt ohne Änderungen gegenüber dem Entwurf verabschiedet.

b) Der Gesetzgeber hat sich somit bewußt auf den Schutz des Verbrauchers gegen die typischen mit der Aufnahme und Abwicklung von Kreditverbindlichkeiten verbundenen Gefahren beschränkt (zutreffend Zahn, aaO S. 357). Wer nicht in eine solche Verpflichtung eintritt, wird von der Zielrichtung der Bestimmungen nicht erreicht. Verträge über Kreditsicherheiten blieben damals bewußt einer eventuellen späteren Regelung vorbehalten. Das hat der Bundesgerichtshof bereits für grundpfandrechtliche Absicherungen entschieden (Urt. v. 28. Januar 1997 - XI ZR 251/95, WM 1997, 663, 664); für Bürgschaften als Personalsicherheiten gilt nichts anderes, auch dann nicht, wenn eine selbstschuldnerische Haftung (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB) begründet wurde; denn die Rechtsnatur der Verpflichtung ändert sich damit nicht.

4. Angesichts dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung kann der Senat nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung unter Berufung auf allgemeine Gerechtigkeitserwägungen Bürgschaften von Verbrauchern generell den Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes unterstellen.

Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, darf der Richter diese nicht aufgrund eigener Vorstellungen durch eine judikative Lösung ersetzen, die so im Parlament nicht erreichbar war (BVerfGE 82, 6, 12). Das bewußte Ausklammern der Bürgschaft aus dem Regelungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes kann nicht lediglich unter Hinweis darauf, sie diene wirtschaftlich weitgehend demselben Zweck wie der Schuldbeitritt, unbeachtet bleiben. Allerdings ist bei den parlamentarischen Debatten offenbar nicht erkannt worden, daß das Verbraucherkreditgesetz auch ohne ausdrückliche Regelung unter bestimmten Voraussetzungen auf Mitschuldnererklärungen entsprechend anzuwenden sein würde (vgl. oben zu 2 b). Dadurch ist jedoch kein unerträglicher, schlechthin sachfremd erscheinender Wertungswiderspruch im Verhältnis zur Bürgschaft entstanden.

Diese ist für den vom Verbraucherkreditgesetz erfaßten Personenkreis ohnehin gemäß § 766 Satz 1 BGB formbedürftig. Infolge ihrer gesetzlichen Struktur als Haftung für fremde Schuld, die erst bei Eintritt des Sicherungsfalls Bedeutung gewinnt, haben viele der von § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG geforderten Angaben, die dem Schuldner die Höhe der kontinuierlich zu erbringenden Zahlungen vor Augen führen und ihm einen Vergleich mit den Angeboten anderer Kreditgeber ermöglichen sollen (vgl. Entwurf, BT-Drucks. 11/5462 S. 21), für den Bürgen - anders als für den Mitschuldner - keinen wesentlichen Informationswert. Die Regelung, daß nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG, im Gegensatz zu § 766 Satz 1 BGB, der gesamte Vertrag der Schriftform bedarf, erklärt sich allein aus dem Zuschnitt dieser Vorschriften auf gegenseitige Verträge. Unter dem Gesichtspunkt des Bürgenschutzes bedarf es einer solchen Verschärfung der Schriftform nicht.

Das in § 7 VerbrKrG eingeräumte Widerrufsrecht soll dem Verbraucher die Möglichkeit verschaffen, die ihm nach § 4 VerbrKrG gewährten Informationen - auch wegen der Schwierigkeit der Vertragsmaterie - zu überdenken und seine Entscheidung gegebenenfalls rückgängig zu machen (Entwurf, BT-Drucks. 11/5462 S. 21). In dieser Zeit kann er auch die Angebote anderer Kreditgeber vergleichen. Für den Bürgen, der in erster Linie auf die Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners vertraut, spielen solche Erwägungen keine wesentliche Rolle. Daher wäre es selbst dann, wenn der Gesetzgeber erkannt hätte, daß schon die verabschiedete Fassung des Verbraucherkreditgesetzes den Schuldbeitritt einschließt, keineswegs notwendig gewesen, die Bürgschaft in demselben Umfang an die Vorschriften des Gesetzes zu binden. Darin, daß diese Normen nur für die Mitschulderklärung zu beachten sind, liegt wegen deren größerer Nähe zum Kreditvertrag keine unvertretbare, sachfremde Differenzierung.

III.

Die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes sind daher für die Bürgschaft des Beklagten bedeutungslos. Diese ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Zwar hat der Beklagte formularmäßig auf Einwendungen gemäß den Bürgenschutzbestimmungen der §§ 768, 770, 771, 772 und 776 BGB verzichtet. Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang diese Klausel mit § 9 AGBG zu vereinbaren ist (vgl. dazu BGHZ 78, 137; 95, 350; BGH, Urt. v. 7. November 1985 - IX ZR 40/85, ZIP 1986, 85; v. 5. Juli 1990 - IX ZR 294/89, ZIP 1990, 1186; v. 20. Dezember 1990 - IX ZR 268/89, ZIP 1991, 647; v. 28. Mai 1991 - XI ZR 214/90, ZIP 1991, 867; v. 18. September 1997 - IX ZR 283/96, WM 1997, 2117, 2118, z.V.b. in BGHZ), insbesondere ob die bisherige Rechtsprechung, soweit sie dem Gläubiger günstig ist, uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann; denn die Unwirksamkeit der Klausel hätte lediglich zur Folge, daß der Bürge die Einwendungen nach den genannten Vorschriften der Klage entgegenhalten kann (§ 6 Abs. 2 AGBG). Solche Rechte stehen dem Beklagten indessen hier nicht zur Verfügung.

Ende der Entscheidung

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