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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.12.1997
Aktenzeichen: IX ZR 47/97
Rechtsgebiete: KO


Vorschriften:

KO § 31 Nr. 1
1) Schließt der spätere Gemeinschuldner einen schuldrechtlich verpflichtenden Vertrag, der die Konkursgläubiger unmittelbar benachteiligt, so kann der Tatrichter bei der Prüfung der Benachteiligungsabsicht zwar auch diesen Umstand mit berücksichtigen; ein allgemeingültiges, festes Beweisanzeichen - vergleichbar der Inkongruenz einer Deckung - stellt er aber nicht dar.

2) Bei der Anfechtung von Kreditsicherheiten wegen Gläubigerbenachteiligungsabsicht haben ernsthafte Sanierungsbemühungen von Sicherungsgeber und -nehmer - nur - die Bedeutung eines Beweisanzeichens gegen eine Benachteiligungsabsicht und eine entsprechende Kenntnis des Sicherungsnehmers. Diese subjektiven Voraussetzungen können im Einzelfall auch dann ausgeschlossen sein, wenn die Sanierung mit objektiv unzureichenden Mitteln versucht wurde.

3) Ist der Gemeinschuldner im Zeitpunkt der Vollendung der anfechtbaren Handlung aufgrund konkreter Vorstellungen davon überzeugt, in absehbarer Zeit alle seine Gläubiger befriedigen zu können, so handelt er nicht mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht.

BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97 OLG Düsseldorf LG Düsseldorf


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 47/97

Verkündet am: 4. Dezember 1997

Giovagnoli Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 1996 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die S. GmbH (nachfolgend: GmbH oder Gemeinschuldnerin) stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur klagenden Bank, von der sie einen Barkredit von 125.000 DM erhalten hatte. Im April 1994 befand sich die GmbH in einer angespannten finanziellen Situation; sie hatte den Kreditrahmen im Einverständnis mit der Klägerin überzogen. Die GmbH erhielt sodann von der Klägerin einen vorübergehend auf insgesamt 225.000 DM erhöhten Kredit. Am 26. April 1994 vereinbarte die Klägerin mündlich mit der GmbH, daß diese als Sicherheit unter anderem den ihr gehörenden Maschinenpark übereignen sollte. Das geschah durch einen Raumsicherungsvertrag vom 10./22. Juni 1994. Am 22. August 1994 beantragte der geschäftsführende Alleingesellschafter der GmbH die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen. An diesem Tage betrug der Schuldsaldo gegenüber der Klägerin 164.819,25 DM.

Der Beklagte wurde als Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH bestellt und veräußerte ihren Maschinenpark für 130.000 DM. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Auszahlung dieses Betrages. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwar sei der Raumsicherungsvertrag vom 10./22. Juni 1994 inhaltlich hinreichend bestimmt und weder gemäß § 9 AGBG noch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Auch müsse die Klägerin nicht vorrangig den Gesellschafter der GmbH aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch nehmen; § 32 a Abs. 2 GmbHG erfasse einen solchen Fall nicht. Der Beklagte habe jedoch den Raumsicherungsvertrag wirksam gemäß § 31 Nr. 1 KO angefochten. Es erscheine zweifelhaft, ob die anfechtbare Rechtshandlung bereits in der mündlichen Vereinbarung vom 26. April 1994 - die im übrigen ebenfalls angefochten sei - liege, weil diese inhaltlich noch zu unbestimmt gewesen sei. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe jedenfalls die Übereignung, welche die Konkursgläubiger objektiv benachteilige, in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen. Die Sicherung sei inkongruent gewesen, weil die Klägerin auf die Gewährung einer zusätzlichen Sicherheit keinen Anspruch gehabt habe. Den Angaben der Klägerin zu einem Sanierungskonzept seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß sie oder die Gemeinschuldnerin davon habe ausgehen dürfen, diese Maßnahmen seien zur dauerhaften Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Gemeinschuldnerin geeignet. Das lasse den Schluß auf die Gläubigerbenachteiligungsabsicht zu. Diese Absicht sei der Klägerin bekannt gewesen, ohne daß die von ihr benannten Verhandlungsführer als Zeugen vernommen werden müßten. Das folge vor allem aus der auch ihnen bekannten Inkongruenz der Sicherung.

II.

Demgegenüber rügt die Revision: Die Klägerin habe schon am 26. April 1994 jedenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch auf Sicherheitenbestellung erlangt. Die nachfolgende Sicherungsübereignung habe die Gläubiger nicht benachteiligt, weil der GmbH im Gegenzug weiterhin Kreditmittel zugeflossen seien. Deshalb sei von einer kongruenten Sicherung auszugehen. Sogar wenn sie teilweise inkongruent gewesen wäre, handele es sich lediglich um ein widerlegbares Beweisanzeichen, so daß das Berufungsgericht die als Zeugen benannten Verhandlungsführer der Klägerin hätte vernehmen müssen. Diesen habe der - ebenfalls als Zeuge benannte - Geschäftsführer der GmbH nur verhältnismäßig geringe Verluste der GmbH offengelegt, denen höhere, alsbald einzuziehende Außenstände und ein zusätzlicher Auftrag gegenübergestanden hätten. Auch hätten die Lohnkosten der GmbH um 200.000 DM jährlich verringert werden sollen. Hätten ihre - der Klägerin - Vertreter nicht eine wirtschaftliche Gesundung der GmbH erwartet, hätten sie das Kreditengagement schon im April 1994 beendet. Jedenfalls habe die Klägerin eine Benachteiligungsabsicht der GmbH nicht gekannt.

III.

Diesen Rügen hält das Berufungsurteil nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Sicherungsübereignung vom 10./22. Juni 1994 hinreichend bestimmt und weder gemäß § 9 AGBG noch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig war. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch in der Revisionsinstanz hingenommen.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Anfechtbarkeit der Übereignung selbst gemäß § 31 Nr. 1 KO ist somit der 22. Juni 1994 als derjenige Tag, an dem die rechtlichen Wirkungen der angefochtenen Rechtshandlung eintraten (vgl. hierzu BGHZ 86, 340, 346; Senatsurt. v. 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96, WM 1997, 545, 546 = ZIP 1997, 513, 514 f). Deshalb wäre es der Klägerin zuzurechnen, wenn sie zu dieser Zeit eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der GmbH gekannt hätte. Der Beklagte hat jedoch seine Behauptung, der Klägerin habe die negative betriebswirtschaftliche Auswertung der GmbH für die ersten vier Monate des Jahres 1994 Anfang Mai des Jahres vorgelegen, trotz des Bestreitens der Klägerin nicht unter Beweis gestellt.

Auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstands war die Übereignung konkursfest.

a) Das Berufungsgericht hat insoweit die Behauptungen der Klägerin unterstellt. Diese sind deshalb auch in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen. Danach war die Sicherungsübereignung im Juni 1994 eine kongruente Erfüllung einer Verpflichtung, welche die GmbH schon am 26. April 1994 mündlich eingegangen und die durch den nachfolgenden Schriftwechsel bis zum 2. Mai 1994 bestätigt worden war. In ihrem Schreiben vom 27. April 1994 hatte die GmbH die Absprache auszugsweise wie folgt bestätigt:

"... Voraussetzung ... ist, daß die D. Bank den Kreditrahmen in Höhe von 150.000,- DM für ein Jahr gewährt, davon 100.000,- DM als zinsgünstiges Darlehen zu 7 %. Ferner räumt die D. Bank uns einen kurzfristig erhöhten Dispositionskredit in Höhe von 225.000,- DM bis zum 30.6.94 ein.

Hierfür erhalten Sie als Sicherheit für den Kreditrahmen eine Sicherungsübereignung der Maschinen (ausgenommen zwei gemietete Maschinen) ..."

Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 2. Mai 1994 auszugsweise wie folgt:

"... bestätigen wir Ihnen hiermit, daß wir Ihrem Unternehmen ... in Zukunft mit einer Gesamtvormerkung von DM 150.000,-- zur Verfügung stehen werden. ... Zur Besicherung des Engagements wird uns ... die noch vertraglich abzuschließende Sicherungsübereignung des Maschinenparks (gemietete Maschinen ausgenommen) dienen."

Hiernach waren sich die Beteiligten darüber einig, daß die Klägerin das Eigentum an allen im Betrieb der GmbH zur Fabrikation eingesetzten Maschinen, mit Ausnahme zweier nur gemieteter, erhalten sollte. Welche Maschinen im einzelnen zu übereignen waren, ließ sich durch eine Ortsbesichtigung sowie eine Prüfung der Eigentumslage zweifelsfrei feststellen. Die Klägerin hätte notfalls auf Auskunft und sodann Erfüllung klagen können. Eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsübertragung muß nicht schon so weit individualisiert sein wie die dingliche Einigungserklärung selbst, die hier ausdrücklich noch nachfolgen sollte. Obwohl mit Bezug auf die Kongruenz von Deckungen (§ 30 Nr. 2 KO) strengere Maßstäbe anzulegen sind, reichen lediglich solche Vereinbarungen inhaltlich nicht aus, welche Umfang und Art der Sicherheit oder die Auswahl der Sicherungsgegenstände noch offenlassen (vgl. BGHZ 33, 389, 393 f; BGH, Urt. v. 2. Juli 1969 - VIII ZR 96/67, NJW 1969, 1718, 1719). Weitergehende Anforderungen sind auch in den Urteilen des Bundesgerichtshofes vom 3. April 1968 (VIII ZR 23/66, KTS 1968, 235, 236) und vom 12. November 1992 (IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279) nicht aufgestellt, auf die sich das Berufungsgericht bezieht: In den dort jeweils zugrunde liegenden Fällen war die Zusage von Sicherheiten - anders als hier nicht auf bestimmte einzelne Gegenstände konkretisierbar.

Für ein kongruentes Erfüllungsgeschäft gelten die Beweiserleichterungen nicht, auf die sich das Berufungsgericht entscheidend gestützt hat.

b) Allerdings geht der sodann im Juni 1994 geschlossene Raumsicherungsvertrag gemäß der Auslegung des Berufungsgerichts insoweit über den zuvor vereinbarten Sicherungsanspruch hinaus, als die Übereignung "zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche" der Klägerin gegen die GmbH erfolgte (Nr. 2 Abs. 1 des Vertrages). Das Berufungsgericht meint, die Sicherungsübereignung sei nach dem Wortlaut der Schreiben vom 27. April/2. Mai 1994 lediglich für den dauerhaft zu bewilligenden Kreditrahmen von 150.000 DM, im Ergebnis also nur für eine Krediterhöhung um 25.000 DM vereinbart gewesen. Demgegenüber rügt die Revision mit Recht, daß sogar das Schreiben der Klägerin eine "Gesamtvormerkung von DM 150.000" - also einschließlich des Altkredits - als gesichert bezeichnet. Vor allem hat das Berufungsgericht seine Auffassung allein auf das Schreiben der Klägerin vom 2. Mai 1994 und nicht auch auf das eigene Schreiben der GmbH vom 27. April 1994 gestützt, das die Sicherungsübereignung ausdrücklich als Gegenleistung für den gesamten Kreditrahmen ("hierfür") bezeichnet; es schließt die Zusage unmittelbar an das Versprechen eines einjährigen Kreditrahmens von 150.000 DM wie der kurzfristigen Erhöhung um weitere 75.000 DM an. Es liegt fern, daß die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 2. Mai 1994 ein ihr günstigeres Bestätigungsschreiben der GmbH nur in eingeschränktem Umfange hätte gelten lassen wollen. Eine Vertragsauslegung, welche den Wortlaut nicht voll erfaßt und nur auf das spätere, nicht aber auch auf das frühere Bestätigungsschreiben abstellt, ist rechtsfehlerhaft. Da es sich um Schreiben zur Bestätigung der mündlichen Absprache vom 26. April 1994 handelte, wird erforderlichenfalls festzustellen sein, was an diesem Tage besprochen wurde.

3. Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter geprüft, ob bereits die schuldrechtliche Sicherungsabrede vom 26. April 1994 eine anfechtbare Rechtshandlung darstellt.

a) Aus zeitlichen Gründen kann die Anfechtung nur noch auf § 31 Nr. 1 KO gestützt werden. Diese Vorschrift läßt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügen. Eine solche liegt, entgegen der Auffassung der Revision, vor, weil gerade infolge der Konkurseröffnung die Darlehensforderung der Klägerin lediglich einen geringen Bruchteil ihres Nennbetrages wert ist, während für die übrigen Konkursgläubiger noch weniger übrig bliebe, wenn der Sicherheitenerlös allein an die Klägerin ausgezahlt werden müßte.

b) Die zugesagte Sicherung wäre inkongruent, soweit sie sich - entgegen der Auslegung des Berufungsgerichts (s.o. 2 b) - auch auf den alten Barkredit oder die tatsächliche Schuld von rund 138.700 DM bezöge. Denn für diese Darlehen stand der Klägerin bis dahin kein Anspruch auf Sachsicherheiten zu. Sogar wenn der Kredit befristet war, hätte die Klägerin ihn voraussichtlich nicht vor einer Konkurseröffnung zurückerhalten können; dann ist die für das Stehenlassen gewährte Sicherheit inkongruent. Insoweit handelte es sich jedoch um eine nur in Teilen bestehende Inkongruenz, welche den Wert des entsprechenden Beweisanzeichens abschwächt (vgl. Senatsurt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, aaO).

c) Hinsichtlich der neu zugesagten Krediterhöhung gibt es keine förmliche Beweiserleichterung zugunsten des Beklagten. Da es sich nicht um ein Deckungs-, sondern um ein neues Verpflichtungsgeschäft (im Sinne von § 30 Nr. 1 Fall 1 KO) handelt, greift das Kriterium, ob eine kongruente oder inkongruente Sicherung vorliegt, nicht ein: Der Vertrag schuf selbst den Sicherungsanspruch. Der Umstand, daß die Klägerin ohne diesen Vertrag keinen Anspruch auf Sicherung gehabt hätte, wird insoweit ausgeglichen, als der GmbH gerade infolge des Vertrages eine ausgleichende zusätzliche Gegenleistung zugeflossen ist. Auf eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht könnte es also allenfalls hinweisen, wenn die gewährte Krediterhöhung selbst erkennbar keine vollwertige Gegenleistung für das bewilligte Sicherungseigentum gewesen wäre.

Insoweit hat das Berufungsgericht erwogen: Vor der Vereinbarung vom 26. April 1994 sei die GmbH berechtigt gewesen, bei der Klägerin einen längerfristigen Barkredit von 125.000 DM in Anspruch zu nehmen, der - nur - durch die Bürgschaft des Geschäftsführers gesichert war; zudem habe die Klägerin der GmbH für eine Woche eine Überschreitung bis zum Gesamtbetrage von 170.000 DM gestattet gehabt. Der letzte tatsächliche Schuldsaldo vor der hier fraglichen Vereinbarung sei auf rund 138.700 DM errechnet worden. Demgegenüber habe die Klägerin am 26. April 1994 langfristig nur eine Erhöhung auf 150.000 DM zugestanden; die bis zum 30. Juni 1994 berechnete weitere Erhöhung auf bis zu 225.000 DM falle nicht ins Gewicht, weil sie auf andere Weise habe zurückgeführt werden sollen. Im Vergleich mit der geringfügigen Erhöhung des dauerhaften Kredits hätten die sicherungsübereigneten Maschinen einen weitaus höheren Erlös von 130.000 DM erbracht. Die Klägerin habe also mit der neuen Sicherheit im wesentlichen auch den alten Kredit mit abgedeckt.

aa) Das ist aus Rechtsgründen jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Sogar wenn die Sicherungsübereignung, wie die Revision mit guten Gründen geltend macht, auch die von der GmbH geschuldete Rückführung des früheren Überziehungskredits auf 125.000 DM bzw. anstatt dessen die erneute Überziehung bis zu insgesamt 225.000 DM zusätzlich mit absichern sollte (s.o. 2 b), ergab das höchstens eine Krediterhöhung um 100.000 DM, während das Sicherungsgut 130.000 DM wert war. Jedenfalls insoweit sind die übrigen Gläubiger rein objektiv unmittelbar benachteiligt worden.

bb) Dies ist jedoch allein eine Folge des verhältnismäßig hohen Marktwerts der übereigneten Maschinen, der erfahrungsgemäß kaum sicher vorauszuschätzen ist. Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen geltend gemacht, die GmbH habe die Maschinen nur noch mit einem Buchwert von 28.000 DM geführt; sie, die Klägerin selbst, habe den Sicherungswert mit 95.000 DM angesetzt. Damit allein könnte aus ihrer Sicht bereits eine unmittelbare Gläubigergefährdung entfallen sein. Sogar wenn man als neuen Kredit nur den über die tatsächliche Schuld von rund 138.700 DM hinausgehenden Betrag (rund 86.300 DM) ansieht, konnte der Klägerin die Sicherheit unter Berücksichtigung der üblichen Bewertungsrisiken noch als angemessen erscheinen.

Derartigen Unsicherheiten in Bewertungsfragen ist im subjektiven Tatbestand des § 31 KO Rechnung zu tragen. Der bloße Umstand, daß ein Rechtsgeschäft die Gläubiger unmittelbar benachteiligt, begründet - wie § 30 Nr. 1 Fall 1 KO zeigt - noch keine Beweislastumkehr zu Lasten des Anfechtungsgegners; auch § 31 Nr. 2 KO sieht sie nur gegenüber solchen Anfechtungsgegnern vor, die zusätzlich mit dem Gemeinschuldner verwandt sind. Die denkbaren Fälle einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung sind zu verschiedenartig, als daß sie ausnahmslos einen Rückschluß insbesondere auf eine Benachteiligungsabsicht zuließen. In dieser Hinsicht liegen die Verhältnisse bei der relativ enger umgrenzten Gewährung einer inkongruenten Deckung klarer (vgl. § 30 Nr. 2 KO). Damit geht das Berufungsgericht insoweit von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz aus.

Der Tatrichter ist zwar nicht gehindert, die Tatsache einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung bei jeder Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Jedoch ist der Umstand nur als einer neben allen anderen abzuwägen, wobei insbesondere auch das Ausmaß der Benachteiligung mit zu beachten ist (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 1969 - VIII ZR 41/67, WM 1969, 374, 375 unter 2. a.E.; v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, aaO). Die Benachteiligungsabsicht im Sinne von § 31 KO erfordert wenigstens, daß die Benachteiligung der Gläubiger im allgemeinen als Erfolg der Rechtshandlung mit gewollt ist (vgl. BGH, Urt. v. 18. April 1991 - IX ZR 149/90, WM 1991, 1273, 1275; v. 18. Februar 1993 - IX ZR 129/92, WM 1993, 738, 739; Kilger/K. Schmidt, KO 16. Aufl. § 31 Anm. 4). Dabei ist die Sicht der Beteiligten im Zeitpunkt der Vollendung der Rechtshandlung - auch insoweit maßgebend, als eine Kenntnis des Anfechtungsgegners festgestellt werden soll. Dem wird das Berufungsgericht nicht gerecht, indem es die Verhältnisse allein aus der - rückblickend und rein objektiv ermittelten - vermeintlich umfassenderen "Inkongruenz" der Sicherheit heraus beurteilt hat.

d) Allerdings hat das Berufungsgericht mit seiner Annahme recht, daß die Klägerin eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin nicht von vornherein durch den Hinweis auf das gemeinsame Sanierungsbemühen auszuschließen vermag. Insoweit ist vielmehr zu unterscheiden:

aa) Ein ernsthafter Sanierungsversuch kann unter Umständen als solcher eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung objektiv sogar dann ausschließen, wenn er letztlich scheitert (so für Beratervergütungen BGHZ 77, 250, 252 ff; Senatsurt. v. 28. Januar 1988 - IX ZR 102/87, WM 1988, 472, 474). Darum handelt es sich hier nicht. Ein derartiger Sanierungsversuch setzt nämlich mindestens ein in sich schlüssiges Konzept voraus, das von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht und nicht offensichtlich undurchführbar ist (Senatsurt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, aaO; vgl. auch Senatsurt. v. 15. Dezember 1994 - IX ZR 18/94, ZIP 1995, 297, 299). Sowohl für die Frage der Erlernbarkeit der Ausgangslage als auch für die Prognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen - nicht notwendigerweise unbeteiligten -, branchenkundigen Fachmanns abzustellen, dem die vorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen zeitnah vorliegen (vgl. BGHZ 10, 228, 234; BGH, Urt. v. 2: Februar 1955 - IV ZR 252/54, NJW 1955, 1272, 1273 f; v. 2. November 1955 - IV ZR 103/55, NJW 1956, 417, 418; v. 1. Februar 1956 - IV ZR 249/55, NJW 1956, 585 f). Eine solche Prüfung muß die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche analysieren und die Krisenursachen sowie die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage erfassen. Das gilt - entgegen der Auffassung der Klägerin - grundsätzlich auch für den Versuch der Sanierung eines kleineren Unternehmens, weil dabei ebenfalls Gläubiger in für sie beträchtlichem Umfange geschädigt werden können; lediglich das Ausmaß der Prüfung kann dem Umfang des Unternehmens und der verfügbaren Zeit angepaßt werden.

Eine in diesem Sinne fachgerecht durchgeführte Prüfung hätte hier jedenfalls die Verluste der GmbH in den Jahren 1992 und 1993 ebenso offenbaren müssen wie die erheblichen Umsatzrückgänge seit 1991; sie hätte auch die schlechten Aussichten der Konfektionsbranche im Jahre 1994 einzukalkulieren gehabt. Ihr hätte der Ausfall eines Großkunden der GmbH im Februar 1994 kaum verborgen bleiben können. Im Vergleich damit hat sich die Klägerin mit Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschuldung sowie zur kurzfristigen Herstellung der Liquidität und im übrigen mit der günstigen Zukunftserwartung des Geschäftsführers der GmbH persönlich begnügt. Das mag für einen Überbrückungskredit ausreichen, nicht aber für einen sachgerechten Sanierungsversuch.

bb) Jedoch wird vorliegend eine Kreditsicherheit gemäß § 31 Nr. 1 KO angefochten. Diese Vorschrift läßt in objektiver Hinsicht schon eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreichen, die mit dem Scheitern der Sanierungsbemühungen regelmäßig eintritt (s.o. 3 a); auf das Vorliegen einer Bardeckung kommt es ebenfalls nicht entscheidend an (vgl. BGHZ 123, 320, 322 f). Statt dessen wird die Anfechtbarkeit durch die subjektiven Umstände der Rechtshandlung begrenzt. Eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners und eine entsprechende Kenntnis des Anfechtungsgegners können auch dann ausgeschlossen sein, wenn lediglich ein Überbrückungskredit gewährt wurde, der nicht die Qualität eines Sanierungsversuchs erreicht. Jene subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen dürfen nicht allein schon deswegen bejaht werden, weil ein Sanierungsversuch objektiv nicht hinreichend fachgerecht vorbereitet wurde: Sogar Fahrlässigkeit genügt nicht für eine Anwendung des § 31 Nr. 1 K0. Die Frage des Sanierungsversuchs hat hierbei - nur - indizielle Bedeutung (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Juni 1996 - IX ZR 314/95, ZIP 1996, 1475). Beteiligte, die ernsthaft und mit aus ihrer Sicht tauglichen Mitteln die Sanierung anstreben, handeln subjektiv redlich: Sie wollen typischerweise den Eintritt der Gläubigerbenachteiligung gerade vermeiden, nehmen sie also durchweg nicht in Kauf. Dabei kann die fachgerechte Einleitung des Versuchs allerdings Rückschlüsse auf dessen Ernsthaftigkeit zulassen.

4. Bei der Würdigung, ob der Gemeinschuldner mit dem Abschluß eines objektiv unmittelbar gläubigerbenachteiligenden Vertrages mindestens mit entsprechendem bedingten Vorsatz handelte, ist zunächst darauf abzustellen, ob er persönlich die benachteiligende Wirkung als solche erkannte (siehe oben 3. c bb). Trifft das zu und kommt der Tatrichter zur Überzeugung, daß der Gemeinschuldner diese Wirkung auch wenigstens billigend in Kauf genommen hat (vgl. hierzu Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 31 Rdnr. 10), so kann eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht dennoch ausgeschlossen sein, wenn der Gemeinschuldner aufgrund konkreter Vorstellungen davon überzeugt war, in absehbarer Zeit alle seine Gläubiger befriedigen zu können. Insoweit gilt für die Benachteiligungsabsicht dasselbe wie für die Begünstigungsabsicht (vgl. hierzu BGHZ 128, 196, 202; Senatsurt. v. 26. Juni 1997 - IX ZR 203/96, ZIP 1997, 1509, 1510): Sowohl eine Benachteiligung aller als auch eine Begünstigung einzelner Gläubiger entfiele, wenn aus Sicht des Schuldners sein Konkurs so gut wie ausgeschlossen wäre (vgl. Senatsurt. v. 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, WM 1990, 1588, 1590, insoweit nicht in BGHZ 112, 136).

a) Das Berufungsgericht hat dies nicht geprüft. Anlaß für eine derartige Erörterung bestand hier jedoch, weil der Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH im Zusammenhang mit der Kreditausweitung nicht nur aus eigenen Mitteln das Stammkapital um 50.000 DM aufgestockt, sondern auch seine persönliche Lebensversicherung gekündigt und den Rückkaufswert von fast 56.000 DM zur Rückführung des Schuldsaldos verwendet hat. So verhält sich erfahrungsgemäß kein Schuldner, der sein Geschäft als verloren ansieht. Darauf weist die Revision zutreffend hin. Sogar wenn die Klägerin einen solchen Einsatz des Geschäftsführers gefordert haben sollte, hätte er die zusätzlichen persönlichen Einbußen vermeiden können, wenn er alsbald Konkurs beantragt hätte. Das Berufungsgericht hat diesen Umständen letztlich deswegen keine Bedeutung beigemessen, weil die Hoffnung des Geschäftsführers "erkennbar trügerisch" gewesen sei und "keinen Ersatz für ein überzeugendes und erfolgversprechendes Sanierungskonzept" dargestellt habe. Das ist im rechtlichen Ansatz zu eng und berücksichtigt insbesondere nicht hinreichend die subjektive Natur dieses Tatbestandsmerkmals. Dasselbe gilt für die Ausführungen, die Bemühungen des Geschäftsführers zeigten, "daß die Gemeinschuldnerin nur noch unter Mobilisierung letzter Reserven zahlungsfähig bleiben konnte", und sie hätten "die Hoffnung auf eine Verbesserung der finanziellen Lage nicht rechtfertigen" können. Dies läßt nicht erkennen, ob das Berufungsgericht lediglich eine eigene Bewertung der Erfolgsaussichten vorgenommen oder auch die persönliche Einschätzung des Geschäftsführers beurteilt hat. Nur auf dessen Sicht der Dinge kam es im vorliegenden Zusammenhang an. Das Berufungsgericht hat statt dessen das Merkmal der Benachteiligungsabsicht zu stark objektiviert.

b) Dasselbe gilt hinsichtlich des Sicherungszwecks der Übereignung (siehe oben 2. b und 3. c). Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Übereignung habe objektiv lediglich eine Erhöhung des Kreditrahmens von 125.000 DM auf 150.000 DM absichern sollen, muß nicht mit derjenigen des Geschäftsführers der GmbH übereinstimmen. Nach dessen Schreiben vom 27. April 1994 sollte die Sicherheit vielmehr sowohl für den langfristigen Kreditrahmen in Höhe von 150.000 DM als auch für den kurzfristig erhöhten Dispositionskredit bis zum Betrag von 225.000 DM gelten. Für die Frage der Benachteiligungsabsicht wäre diese subjektive Sicht sogar dann maßgeblich, wenn sie gemäß der Auslegung des Berufungsgerichts objektiv nicht zuträfe. Für das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners ist nämlich dessen Auffassung über seine wirtschaftliche Lage zur Zeit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung erheblich; die hiervon abweichende Beurteilung der objektiven Lage durch das Gericht reicht allein nicht aus, um die Feststellung der Gläubigerbenachteiligungsabsicht zu tragen (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1984 - IX ZR 119/83, WM 1985, 295). Eine Benachteiligungsabsicht kann insbesondere fehlen, wenn der Schuldner persönlich annimmt, eine ihm erbrachte Leistung gleichwertig auszugleichen (vgl. Senatsurt. v. 5. Dezember 1991 - IX ZR 270/90, WM 1992, 366, 370 unter 2. a, insoweit nicht in BGHZ 116, 222).

c) Ferner ist zu berücksichtigen, daß sogar nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten der Geschäftsführer der GmbH gehofft hatte, die Auftragslage werde sich nach dem Sommerurlaub zum Weihnachtsgeschäft stabilisieren. Erst als bis August 1994 kaum Aufträge eingingen, drohte aus seiner Sicht konkret eine Zahlungseinstellung (Darstellung des Geschäftsführers K. vom 27.12.94, S. 3, als Anlage zur Klagebeantwortung vom 3. Juli 1995). Dies könnte gegen die Annahme sprechen, daß die Beteiligten schon im April 1994 einen Konkurseröffnungsgrund als naheliegend angesehen haben. Allerdings ist auch für die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten wiederum auf den Zeitpunkt der Vollendung der jeweils angefochtenen Rechtshandlung (s.o. 2.) abzustellen.

5. Spiegelbildlich zur Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners muß die entsprechende Kenntnis des Anfechtungsgegners beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat sie im wesentlichen ebenfalls aus Beweisanzeichen einer objektiv teilweise inkongruenten Deckung - die es zudem zu weit erstreckt hat (siehe oben 2. a, b) - hergeleitet. Indem es ein solches Beweisanzeichen nicht als erschüttert angesehen hat, hat es die maßgeblichen subjektiven Vorstellungen der Vertreter der Klägerin nicht gewürdigt (siehe oben 3. c, d und 4.). Insbesondere kann das Beweisanzeichen einer inkongruenten Deckung entkräftet sein, wenn der Anfechtungsgegner rechtsirrig glaubte, die Leistung beanspruchen zu dürfen (Senatsurt. v. 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, aaO) .

In dieser Hinsicht wird das Berufungsgericht vor allem ermitteln müssen, was die Vertreter der Klägerin ihrerseits als Inhalt der Sicherungsabrede verstanden und wie sie die durch die Übereignung neu geschaffene Sicherheit bewertet haben, ferner ob sie von einer wirtschaftlichen Gesundung der GmbH überzeugt waren. Ohne Vernehmung der Vertreter der Klägerin als Zeugen wird eine Kenntnis der Klägerin im Sinne von § 31 Nr. 1 KO nicht festzustellen sein.

IV.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Zwar hat der beweisbelastete Beklagte seinerseits Beweis weder für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Geschäftsführers der GmbH noch für eine entsprechende Kenntnis der Klägerin angetreten. Er hat aber den Geschäftsführer dafür als Zeugen benannt, daß er das Sanierungskonzept für untauglich gehalten und daß die Klägerin den Ausfall des Großkunden gekannt habe (S. 3 f des Schriftsatzes des Beklagten vom 5. Dezember 1996 = Bl. 243 f GA). Zudem spricht immerhin ein gewisses Ausmaß an Inkongruenz gegen die Klägerin (siehe oben III. 3. b), und der Tatrichter kann den in § 31 Nr. 1 KO vorausgesetzten Beweis möglicherweise den gesamten Umständen entnehmen. Seiner Würdigung darf nicht vorgegriffen werden.

Der Rechtsstreit ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO), auch damit die nötigen Feststellungen zum subjektiven Tatbestand des § 31 KO (siehe oben III. 4. und 5.) getroffen werden können.

Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Ende der Entscheidung

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