Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.07.2003
Aktenzeichen: IXa ZB 124/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 2
Für die Lohnpfändung darf dem Gläubiger die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht ohne Prüfung des Einzelfalls versagt werden.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IXa ZB 124/03

vom 18. Juli 2003

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft, die Richter Raebel, von Lienen, die Richterinnen Dr. Kessal-Wulf und Roggenbuck am 18. Juli 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 10. Januar 2003 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Beschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 5. November 2002. Auf ihren Antrag bewilligte ihr das Amtsgericht Dortmund Prozeßkostenhilfe für eine Lohnpfändungsmaßnahme, lehnte die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch ab, weil die Sach- und Rechtslage einfach sei. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen diesen Beschluß wies das Landgericht zurück. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.

In Verfahren ohne Anwaltszwang ist nach § 121 Abs. 2 ZPO u.a. ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, d.h. wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlaß zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen. Danach hängt die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab.

Das Landgericht hat die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt, weil nach ständiger Rechtsprechung der Kammer "im Rahmen der Mobiliarzwangsvollstreckung ein sachliches und persönliches Bedürfnis nach anwaltlicher Unterstützung nur in Ausnahmefällen" bestehe. Ein solcher liege hier nicht vor. Die Gläubigerin könne sich der Hilfe der Rechtsantragsstelle bedienen. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, das gesamte Gebiet der Mobiliarzwangsvollstreckung (einschließlich der Forderungspfändung) weise so wenig rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf, daß ein Antragsteller für den Regelfall auf die Inanspruchnahme der Rechtsantragsstelle verwiesen werden könne, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Beispielsweise liegt es nahe, daß ein juristisch nicht ausgebildeter Antragsteller bei der Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen, insbesondere beim Vorhandensein mehrerer Unterhaltsberechtigter, auch mit Hilfe der Rechtsantragsstelle häufig kaum in der Lage sein wird, einen korrekten Antrag zu stellen. Jedenfalls für Verfahren der erweiterten Pfändung von Arbeitslohn oder Lohnersatzleistungen darf dem Gläubiger daher nicht ohne Prüfung des Einzelfalls die Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels Erforderlichkeit versagt werden. Ob ein solcher Fall hier vorliegt und ob gegebenenfalls eine Einzelfallprüfung stattgefunden hat, ist dem angefochtenen Beschluß nicht zu entnehmen. Aus ihm geht nur hervor, daß die Gläubigerin aus einem familiengerichtlichen Titel eine Lohnpfändung betreibt. Nähere Angaben zur Person der Gläubigerin und des Schuldners, zu Grund und Umfang der beabsichtigten Pfändung teilt das Beschwerdegericht nicht mit. Ebensowenig lassen die Ausführungen des Beschwerdegerichts erkennen, welche Fälle es als "Ausnahmefälle" ansieht, in denen nach seiner ständigen Rechtsprechung eine Beiordnung erfolgen würde. Der Senat vermag deshalb nicht nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien das Beschwerdegericht hier entschieden hat.



Ende der Entscheidung

Zurück