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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.02.2004
Aktenzeichen: KZR 13/02
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 20 Abs. 1, 2. Fall
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 20 Abs. 1, 1. Fall
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

KZR 13/02

Verkündet am: 10. Februar 2004

in dem Rechtsstreit

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Ball, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. April 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

In dem klagenden Verein sind etwa vier Fünftel aller in Deutschland tätigen Buchmacher zusammengeschlossen. Zu den Aufgaben des Vereins gehört die Wahrung der Berufsbelange des Gewerbes und die Vertretung seiner Mitglieder.

Gesellschafter der beklagten GmbH sind alle deutschen Trabrennvereine, die eigene Trabrennbahnen im Inland unterhalten. Aufgrund einer mit ihren Gesellschaftern getroffenen Vereinbarung besitzt die Beklagte das ausschließliche Recht, die in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichteten Trabrennen aufzuzeichnen und die Bild- und Tonaufnahmen kommerziell zu verwerten. Sie bietet interessierten Buchmachern und Betreibern von Wettannahmestellen neben den Informationen zur Totalisatorwette die Live-Übertragung der Pferderennen in die Wettlokale an. Die Wettkunden sollen dadurch an Ort und Stelle den Verlauf der Rennen miterleben und sofort nach Abschluß der Veranstaltung Gewißheit über den Erfolg oder den Mißerfolg ihrer Wette erhalten. Grundlage der Bildübertragung waren Lizenzverträge, die die Beklagte mit 88 der insgesamt 113 im Inland tätigen Buchmachern sowie mit den Unternehmen "S." und "A." abgeschlossen hatte. Während die Buchmacher teilweise nur Eigenwetten abschließen, teilweise daneben auch Totalisatorwetten an die Rennvereine vermitteln, betreiben "S." und "A." in Gaststätten und Spielhallen über ein Franchisesystem insgesamt rund 120 Wettannahmestellen, welche ausschließlich Totalisatorwetten auf Provisionsbasis an die Rennvereine vermitteln. Mit den Liveaufnahmen werden auch die Gesellschafter der Beklagten, die Trabrennvereine, beliefert. Die Beklagte hat die monatliche Lizenzgebühr für die Liveübertragung der Rennen u.a. folgendermaßen gestaffelt:

Buchmacher (bis 1999) 2.500 DM

Buchmacher (ab 2001), alte Bundesländer ohne Vertragslaufzeit 1.995 DM

Buchmacher (ab 2001), alte Bundesländer mit fester Vertragslaufzeit 1.538 DM

Buchmacher (ab 2001), neue Bundesländer 1.000 DM

"S." (bis September 2001) und "A." 200 DM

Der Kläger hält diese Preisgestaltung der Beklagten für kartellrechtswidrig und hat von ihr verlangt, von den ihm angeschlossenen Buchmachern keine höhere Lizenzgebühr zu fordern als das Doppelte derjenigen Gebühr, die sie den Wettannahmestellen der Unternehmen "S." und "A." berechnet.

Das Landgericht hat dem Klagebegehren teilweise, nämlich insofern entsprochen, als es die Beklagte der Sache nach verpflichtet hat, die dem Kläger angeschlossenen Buchmacher mit den Bild- und Tonaufnahmen in Deutschland durchgeführter Trabrennen gegen Zahlung einer Lizenzgebühr zu beliefern, die das Dreifache der Gebühr nicht übersteigt, die die genannten Wettannahmestellen entrichten müssen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen und auf das Rechtsmittel des Klägers der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Beklagten, die weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Auffassung, die Beklagte habe die Mitglieder des Klägers im Sinne von § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB diskriminiert, indem sie mehr als das Doppelte der Gebühren gefordert habe, die sie solchen Wettbewerbern des Klägers abverlangt, welche ausschließlich Wetten vermitteln, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn es ist nicht in der gebotenen Weise festgestellt worden, daß der den Wettannahmestellen in Rechnung gestellte Preis für die Liveübertragung der Rennen der für den erforderlichen Vergleich maßgebliche Basispreis ist.

I. 1. Nach dem bisherigen Vortrag der Parteien und den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Beklagte allerdings Normadressatin des Diskriminierungsverbots (§ 20 Abs. 1, 2. Fall GWB [s. unten 2. und 3.]), weil sie mangels Vorhandenseins eines Wettbewerbers eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB einnimmt.

Der sachlich und räumlich relevante Markt für die Liveübertragung von Pferderennen an Buchmacher und Wettannahmestellen ist von dem Berufungsgericht, dem als Tatsachengericht prinzipiell die Marktabgrenzung obliegt (Sen.Beschl. v. 14.3.1990 - KVR 4/88, WuW/E 2627, 2636 - Sportübertragungen), zutreffend umschrieben worden. Revisionsrechtliche Fehler sind ihm dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht unterlaufen. Maßgeblicher Markt aus der Sicht der Marktgegenseite ist ausschließlich derjenige des Angebots an Liveübertragungen von Pferderennen auf deutschen Trabrennbahnen. Fernsehbilder von im Ausland abgehaltenen Rennen können dagegen - abgesehen davon, daß sie nur zeitweise und in beschränktem Umfang zur Verfügung stehen - deswegen nicht einbezogen werden, weil diese Aufnahmen für die von der Beklagten mit den Bildern belieferten Buchmacher und Wettannahmestellen ein anderes Produkt darstellen, mit dem sie das von ihnen unstreitig verfolgte unternehmerische Ziel nicht erreichen können.

Solche in die Wettlokale übertragenen Aufnahmen französischer Trabrennen können allenfalls den Wunsch, Wetten auf dort abgehaltene Pferderennen abzuschließen, wecken oder das allgemeine Unterhaltungsinteresse von am Pferderennsport Interessierten befriedigen; sie sind aber ungeeignet, den eigentlichen von den Betreibern der Wettlokale mit dem Bezug der Liveübertragungen verfolgten Zweck zu erreichen, nämlich die Bereitschaft ihrer im Wettlokal anwesenden Kunden, Pferdewetten auf deutsche Trabrennen abzuschließen, nachhaltig zu fördern. Nach den verfahrensrechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Liveübertragungen der Pferderennen ein wichtiger Bestandteil des Wettgeschäfts, ohne den die Bereitschaft der Kunden weniger ausgeprägt ist, Pferdewetten abzuschließen. Der Kunde will nicht darauf beschränkt sein, sich nur den Ausgang des Trabrennens mitteilen zu lassen, sondern er erwartet, gerade das Rennen, welches Gegenstand seiner Wette ist, unmittelbar am Bildschirm verfolgen zu können und sogleich Aufschluß darüber zu erhalten, ob er mit seinem Wetteinsatz Erfolg oder Mißerfolg hatte. Ihm geht es darum, durch die Liveübertragung ein ähnliches Erlebnis vermittelt zu erhalten, als erlebe er den Wettbewerb auf der deutschen Rennbahn selbst. Wie dort auf der Tribüne kann er sich im Wettlokal durch Augenschein am Bildschirm über die Stärken und Schwächen der beteiligten Pferde und Fahrer informieren, den Verlauf des Rennens vom Start bis zum Zieleinlauf verfolgen und die Spannung unmittelbar miterleben, die sich einstellt, wenn das Pferd, auf das er gesetzt hat, z.B. vorn liegt und um seine Position kämpft oder zurückliegt und aufzuholen versucht. Diese Möglichkeit, live - wie auf der Rennbahn - das Pferderennen miterleben zu können wirkt sich aus der Sicht der Abnehmer der Fernsehbilder förderlich auf die Bereitschaft der im Wettlokal anwesenden Kunden aus, sich an dem ihnen angebotenen deutschen Wettgeschäft zu beteiligen.

Angesichts dieser tatsächlichen, von dem Berufungsgericht mit Recht in eigener Verantwortung getroffenen Feststellungen beruft sich die Beklagte für ihre Auffassung, der relevante Markt umfasse auch die benachbarten europäischen Länder, zu Unrecht auf die Entscheidung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Juni 1997 in der Rechtssache Tiercé Ladbroke SA ./. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (T-504/93, Slg. 1997 II, 927 ff.). Denn in diesem Fall war über einen anderen Sachverhalt und über tatsächliche Verhältnisse zu befinden, die durch die inzwischen eingetretene Entwicklung überholt sind, weil hier - anders als in dem von der belgischen Gesellschaft geführten Rechtsstreit - ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Liveübertragung der Rennen und dem Wettgeschäft besteht, zu dessen Abschluß der Wettkunde sich im Hinblick auf die folgende Direkteinspielung jener Fernsehbilder eher entschließt. Daß Wettkunden auch ohne eine solche Liveübertragung der in Deutschland stattfindenden Rennen Pferdewetten abschließen, ist - anders als die Beklagte meint - kein durchschlagender Gesichtspunkt gegen die Annahme, daß keine Austauschbarkeit der Übertragungen von deutschen Rennen durch Livebilder ausländischer Trabrennen besteht. Es geht nicht um die Frage, ob die Betreiber von Wettannahmestellen in Deutschland ohne solche Liveübertragungen ihr Unternehmen nicht führen können. Entscheidend ist vielmehr, daß die Beklagte auf dem von ihr geschaffenen Nebenmarkt (vgl. Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aaO Tz. 104) mit Rücksicht auf das ihr von den deutschen Trabrennvereinen eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht der einzige Anbieter von Liveübertragungen von in Deutschland durchgeführten Trabrennen ist und die Betreiber von Wettannahmestellen jedenfalls Nachteile erleiden, wenn sie entgegen den unstreitig bestehenden Erwartungen der Wettkunden das Erlebnis einer Liveübertragung des Rennens, auf das sich die Wette bezieht, nicht vermitteln können, sondern auf in Frankreich - und dort nach Vortrag der Beklagten nur saisonal - durchgeführte Wettbewerbe verweisen müssen.

2. Die Beklagte behandelt als marktbeherrschendes Unternehmen die Mitglieder des Klägers ungleich im Sinne von § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB.

a) Unstreitig fordert die Beklagte von den verschiedenen Abnehmern ihrer Direktübertragungen unterschiedlich hohe Entgelte.

b) Der Auffassung der Beklagten, gleichwohl sei der Tatbestand der genannten Verbotsnorm schon deswegen nicht erfüllt, weil es sich bei den Buchmachern auf der einen Seite und den ausschließlich als Vermittler von Totalisatorwetten tätigen Wettannahmestellen nicht um gleichartige Unternehmen handele, ist das Berufungsgericht mit zutreffender, der ständigen Rechtsprechung des Senats (Sen.Urt. v. 17.3.1998 - KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 f. - Bahnhofsbuchhandel, m.w.N.) folgender Begründung nicht gefolgt. Buchmacher wie Wettannahmestellen sind auf demselben Markt, der Annahme von Pferdewetten deutscher Trabrennen, und dem zugehörigen Nebenmarkt, der Nachfrage von Fernsehbildern der entsprechenden Wettbewerbe, tätig. Unternehmerische Tätigkeit und wirtschaftliche Funktion im Verhältnis zur Beklagten als einziger Anbieterin dieser das Wettgeschäft fördernden Liveübertragungen entsprechen sich. Das reicht für die Annahme der Gleichartigkeit der zu vergleichenden Unternehmen aus; ob der unterschiedliche Nutzungsgrad jener Bilder eine preisliche Differenzierung zuläßt und wie weit die Beklagte bei dieser Differenzierung gehen darf, ist allein eine Frage der sachlichen Rechtfertigung der vorhandenen Ungleichbehandlung.

c) Die Beklagte ist, wie das Berufungsgericht mit Recht entschieden hat, als marktbeherrschendes Unternehmen auf dem Nebenmarkt der Liveübertragung von Trabrennen nicht verpflichtet, allen ihren das Wettgeschäft betreibenden Abnehmern dasselbe Entgelt für die Belieferung mit den Fernsehliveaufnahmen in Rechnung zu stellen. Ohne § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB zu verletzen, darf sie unterschiedlich hohe Vergütungen festsetzen, die sich aufgrund einer sachgerechten Interessenabwägung an dem Nutzen orientieren, den der Abnehmer aus der Bildübertragung für sein Hauptgeschäft, den Abschluß oder/und die Vermittlung von Pferdewetten, zieht.

3. Wie die Beklagte im Ergebnis mit Recht geltend macht, begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, die von der Beklagten vorgenommene Preisdifferenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt, durchgreifenden Bedenken. Die dem zugrundeliegende Annahme, das Entgelt, welches die ausschließlich mit der Vermittlung von Totalisatorwetten befaßten Wettannahmestellen zu entrichten haben, besitze den Charakter eines "Eckpreises", beruht auf einer unvollständigen Bewertung des Sachvortrags der Beklagten.

a) Allerdings kann die Beklagte nicht mit dem Einwand durchdringen, das höhere den Buchmachern in Rechnung gestellte Entgelt sei schon wegen deren im Vergleich zu den Wettannahmestellen größerer Umsatzstärke sachlich gerechtfertigt. Denn die Beklagte hat bei ihrer Preisgestaltung weder nach der Größe des Unternehmens, das sie mit Liveaufnahmen beliefert, noch nach dem im Wettgeschäft erzielten Umsatz unterschieden, sondern allein daran angeknüpft, ob ein Kunde ausschließlich mit der Vermittlung von Totalisatorwetten befaßt oder darüber hinaus auch im Eigengeschäft tätig ist.

b) Diesen Nutzen der auch Eigengeschäfte betreibenden Buchmacher, zu denen die Mitglieder des Klägers gehören, hat das Berufungsgericht - anders als die Revision beanstandet - verfahrensfehlerfrei als ebenso hoch veranschlagt wie den aus der Verwertung der Filmaufnahmen für das Vermittlungsgeschäft. Nach dem in erster Instanz unstreitigen, der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalt entfällt der Umsatz der von dem Kläger vertretenen Buchmacher etwa zur Hälfte auf die Vermittlung von Totalisatorwetten und im übrigen auf die Eigenwetten. Dementsprechend ist das Berufungsgericht konsequent verfahren, wenn es von seinem Ausgangspunkt aus angenommen hat, mehr als eine Verdoppelung des Eckpreises zu Lasten der Buchmacher sei im Rahmen des § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB sachlich nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, in die von der Beklagten für geboten erachtete Beweiserhebung von Amts wegen einzutreten. Sie hat nämlich im Berufungsrechtszug schon nicht die notwendigen Anknüpfungstatsachen vorgetragen, auf denen der Sachverständige seine Untersuchung aufbauen und aus denen sich die Unrichtigkeit des Zahlenwerks ergeben sollte, welches das Landgericht seiner Entscheidung mit Recht als unstreitig zugrunde gelegt hat. Die von der Beklagten in zweiter Instanz vorgelegten Zahlen sind unter diesem Gesichtspunkt vor allem deswegen nicht aussagekräftig, weil die Beklagte nicht zwischen Galopp- und Trabrennen unterscheidet, obwohl zumindest mittelbare Gesellschafter beider Anbieterinnen von Direktübertragungen von Pferderennen die die Rennen durchführenden Galopp- bzw. Trabrennvereine sind, die jedenfalls den Umfang der Vermittlungsgeschäfte für die von ihnen veranstalteten Totalisatorwetten kennen und auf dieser Grundlage differenziert vortragen können.

c) Vergeblich macht die Revision unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. November 1998 (C-7/97, Slg. 1998, I-7791 = GRUR Int. 1999, 262 ff., Tz. 39 - 41 - Oscar Bronner) in diesem Zusammenhang ferner geltend, die Beklagte sei aus urheberrechtlichen Gründen überhaupt nicht verpflichtet, Bilderfolgen zur Verfügung zu stellen. Selbst wenn dies der Fall wäre, obwohl bei den jetzt auf dem Wettmarkt herrschenden Verhältnissen die Direktübertragung in die Wettlokale ein wesentlicher Bestandteil des Wettgeschäfts ist, kann die Beklagte sich hierauf nicht berufen, weil sie selbst den genannten Nebenmarkt der Liveübertragung von Trabrennen eröffnet hat und als marktbeherrschendes Unternehmen nunmehr gehalten ist, die ihm durch § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB gesetzten Grenzen zu befolgen.

d) Aus ähnlichen Gründen keinen Erfolg hat schließlich die Rüge der Revision, das Abstellen des Berufungsgerichts auf das Doppelte der den Wettannahmestellen abverlangten Entgelte sei unpraktikabel, weil eine Heraufsetzung des Eckpreises für diese Abnehmer zur Folge haben könne, daß die Buchmacher noch höhere Gebühren entrichten müßten, als der von ihnen abgelehnte Mustervertrag vorsehe. Denn in dem hier zu entscheidenden Fall geht es nicht um die - u.U. an § 20 Abs. 1, 1. Fall GWB zu messende - Festlegung eines abstrakt richtigen Entgelts für die von der Beklagten angebotene Leistung, sondern ausschließlich darum, ob und in welchem Umfang die Lieferantin der Liveaufnahmen als marktbeherrschendes Unternehmen ihre verschiedenen Abnehmer ungleich behandeln darf, wobei Ausgangspunkt ihr tatsächliches und nicht ein ihr mögliches Verhalten ist.

e) Die zur Verurteilung der Beklagten führende Interessenabwägung hält aber deswegen der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, weil das Berufungsgericht einen wesentlichen Umstand der von der Beklagten vorgenommenen Preisgestaltung nicht hinreichend in seine Erwägungen einbezogen hat. Nach dem Vortrag der Beklagten war der den Wettannahmestellen abverlangte Preis deswegen so niedrig angesetzt, weil die hinter der Beklagten stehenden Rennvereine auf diese Weise den neuen über ein Franchisesystem arbeitenden Anbietern den Zutritt zum Wettmarkt eröffnen und damit das ihnen selbst zugute kommende Totalisatorgeschäft auf eine breitere Basis stellen und fördern wollten. Hat danach die Beklagte, was zu ihren Gunsten revisionsrechtlich als zutreffend zu unterstellen ist, mit der von dem Kläger angegriffenen Preisgestaltung im wesentlichen den Wettbewerb ihrer Gesellschafter, der Rennvereine, gefördert, unterscheidet sich die rechtliche Beurteilung nicht grundlegend von derjenigen, die das Berufungsgericht zutreffend (vgl. Sen.Urt. v. 12.11.1991 - KZR 2/90, WuW/E 2755, 2759 - Aktionsbeträge) in den die Galopprennen betreffenden Parallelverfahren für die Galopprennvereine gefunden hat. Aus der Sicht der Beklagten stehen auch die ausschließlich Totalisatorwetten vermittelnden Wettannahmestellen den Rennvereinen deutlich näher als die Buchmacher, so daß der den Betreibern der Annahmestellen eingeräumte Preisvorteil - wie bei den Galopprennvereinen - nicht zwingend Ausdruck einer die Mitglieder des Klägers diskriminierenden Preisgestaltung ist, sondern sich als Förderung der eigenen geschäftlichen Betätigung darstellen kann. Sollte, was der Kläger in den Erörterungen vor dem Senat nicht in Abrede gestellt hat, allein der den Buchmachern in Rechnung gestellte Preis kostendeckend sein, um den Betrieb des Liveübertragungssystems aufrechtzuerhalten, wäre der Annahme des Berufungsgerichts, der den Marktzutritt der Wettannahmestellen erleichternde geringere Preis sei der für die Entscheidung maßgebliche "Eckpreis", der Boden entzogen.

II. Damit das Berufungsgericht die danach erforderlichen ergänzenden Feststellungen - gegebenenfalls nach Ergänzung und Vertiefung des gesamten Sachvortrages der Parteien - treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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