Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.07.2000
Aktenzeichen: NotSt B 1/00
Rechtsgebiete: BNotO, BDO, RhPfLDiszG


Vorschriften:

BNotO § 105
BNotO § 96
BDO § 17 Abs. 4 Satz 2
BDO § 79 Abs. 2
RhPfLDiszG § 15 Abs. 2
BNotO § 105; BDO §§ 17 Abs. 4 Satz 2, 79 Abs. 2

Auch der Beschluß, mit dem der Notarsenat des Oberlandesgerichts das gerichtliche Disziplinarverfahren im Hinblick auf ein Strafverfahren aussetzt, ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen; die Folge, daß bei fehlender Belehrung die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt, kommt auch der Einlegungsbehörde zugute.

BNotO § 96; RhPfLDiszG § 15 Abs. 2

Zur Aussetzung des Disziplinarverfahrens beim Zusammentreffen mit einem Strafverfahren.

BGH, Beschluß vom 31. Juli 2000 - NotSt (B) 1/00 - OLG Zweibrücken


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotSt (B) 1/00

vom

31. Juli 2000

in dem Disziplinarverfahren

gegen

wegen Aussetzung des Verfahrens

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Streck und Seiffert sowie die Notare Dr. Schierholt und Dr. Toussaint am 31. Juli 2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Notarsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 6. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die darin dem Notar entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

I.

Das Ministerium der Justiz hat am 24. Juni 1997 gegen den Notar ein förmliches Dienstordnungsverfahren mit dem Vorwurf der Verletzung grundlegender Beurkundungsvorschriften (Ersetzung von Teilen der Niederschrift nach Unterschriftsleistung durch Reinschriften) eingeleitet und den Notar vorläufig seines Amtes enthoben. Es hat das Dienstordnungsverfahren zunächst im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ausgesetzt, dieses jedoch am 22. September 1998 fortgesetzt und unter dem 25. Mai 1999 Disziplinarklage erhoben. Im Strafverfahren hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch Beschwerdeentscheidung vom 21. September 1999 die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankenthal vom 19. Mai 1998 - wegen Urkundenunterdrückung in 101 Fällen im Amt M. - mit der Maßgabe zur Verhandlung zugelassen, daß (u.a.) der Angeschuldigte in allen in der Anklageschrift aufgeführten Fällen eines Vergehens der Falschbeurkundung im Amt, strafbar gemäß § 348 Abs. 1 StGB, hinreichend verdächtig sei, und das Hauptverfahren vor der großen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal eröffnet.

Im Disziplinarverfahren hat das Oberlandesgericht (Notarsenat) am 6. Dezember 1999 beschlossen, das Verfahren im Hinblick auf das Strafverfahren auszusetzen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Beschwerde der Einleitungsbehörde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 105 BNotO i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 2 BDO) und in zulässiger Weise eingelegt worden. Wie im Nichtabhilfebeschluß des Oberlandesgerichts vom 5. April 2000 zutreffend näher ausgeführt wird, ist auch das Fristerfordernis (§ 79 Abs. 2 BDO) im Hinblick darauf erfüllt, daß der angefochtene Aussetzungsbeschluß nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, was hier auch der beschwerdeführenden Einleitungsbehörde zugute kommt (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 BDO; Köhler/Ratz BDO 2. Aufl. § 24 Rn. 3 ff; Claussen/Jantzen BDO 8. Aufl. § 24 Rn. 4, 8 m.w.N.).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, das Disziplinarverfahren bis zum Abschluß des Strafverfahrens auszusetzen, ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 96 BNotO i.V.m. § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Rheinland-Pfälzischen Landesgesetzes zur Neuregelung des Disziplinarrechts vom 2. März 1998 (GVBl. S. 29) - LDG - ist, wenn wegen desselben Sachverhalts öffentliche Klage erhoben und ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist, das Disziplinarverfahren auszusetzen. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht, wie es in seinem Nichtabhilfebeschluß ausgeführt hat, ein Aussetzungshindernis nicht darin gesehen hat, daß das gegen den Notar geführte Strafverfahren sich allein mit der Beurkundungspraxis desselben im Amt M. befaßt, wogegen ihm im Disziplinarverfahren außerdem zum Vorwurf gemacht wird, zuvor auch im Amt G. in gleicher Weise verfahren zu sein. Das Oberlandesgericht durfte den Gedanken, etwa das Disziplinarverfahren wegen der Vorgänge in G. gesondert fortzusetzen, mit dem Hinweis auf die Einheit des Dienstvergehens verwerfen, das grundsätzlich verfahrensrechtlich zur Folge hat, daß alle bekannten Pflichtverstöße in einem einzigen Verfahren zu verfolgen sind (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler BNotO 4. Aufl. § 95 Rn. 33). Es läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen, soweit das Oberlandesgericht die nach der Regel des § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LDG an sich gebotene Aussetzung des Disziplinarverfahrens nicht im Hinblick auf Satz 2 des Absatzes 2 dieser Vorschrift unterlassen hat. Danach braucht die Aussetzung unter anderem dann nicht zu erfolgen, wenn keine begründeten Zweifel "am Sachverhalt" bestehen. Zu letzterem gehört, wie das Oberlandesgericht zutreffend annimmt, auch die subjektive Seite des jeweiligen Vorwurfs.

Insgesamt liegt auch aus der Sicht des Senats die Einschätzung des Oberlandesgerichts nahe, daß das gegen den Notar eingeleitete - auf die Entfernung aus dem Amt abzielende - Disziplinarverfahren ohne die vorherige Durchführung des Strafverfahrens nur schwerlich zu - jedenfalls für eine Amtsenthebung - hinreichenden und abschließenden Erkenntnissen führen kann. Dies gilt unabhängig davon, daß die disziplinarrechtliche Ahndung der dem Notar hinsichtlich seiner Amtsführung in G. und in M. gemachten Vorwürfe auch dann in Betracht kommt, wenn er sich hierbei nicht strafbar gemacht hat.

Die vorliegende Beurteilung steht nicht dazu in Widerspruch, daß der Senat in einem früheren Verfahrensstadium darauf hingewiesen hat, daß die Einleitungsbehörde bei der Entscheidung, ob das Disziplinarverfahren weiterhin ausgesetzt bleiben solle, im Blick auf das Beschleunigungsgebot zu bedenken habe, daß von dem Strafverfahren eine Klärung der Verfehlungen des Notars im Amt G. nicht zu erwarten sei (Beschluß vom 20. Juli 1998 - NotZ 2/98 - ZNotP 1998, 507 f). Die Einleitungsbehörde hat im Anschluß an diesen Beschluß durch die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens dem Beschleunigungsgebot Rechnung getragen. Die jetzige Aussetzung des Disziplinarverfahrens durch das Disziplinargericht entspricht einer anderen Verfahrenslage.

Ende der Entscheidung

Zurück