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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.03.2004
Aktenzeichen: NotZ 16/03
Rechtsgebiete: BNotO, BGB


Vorschriften:

BNotO § 111
BGB § 387
BGB § 388

Entscheidung wurde am 10.05.2004 korrigiert: im Leitsatz unter b) wurde das Wort erlassenen durch erlassenden ersetzt
a) Die Erklärung einer Aufrechnung durch die Notarkasse ist nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO anfechtbar, es sei denn sie ist in der Form eines Verwaltungsakts erklärt.

b) Verwaltungsakte, die nach der Bundesnotarordnung oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder Satzung ergehen, sind nicht schon deshalb nichtig, weil sie von der sie erlassenden Behörde nicht unterschrieben sind.


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 16/03

Verkündet am: 22. März 2004

in dem Verfahren

wegen Abgaben an die Notarkasse u.a.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Streck, Wendt sowie die Notare Dr. Doyé und Justizrat Dr. Bauer auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 90.000 € festgesetzt.

Gründe:

Durch Beschluß des Amtsgerichts München vom 18. Mai 2001 wurde über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf seinen Antrag wurde er mit Ablauf des 31. Oktober 2002 aus dem Amt als Notar entlassen. Die dagegen gerichteten Rechtsmittel, weil nicht zugleich über den ihm zustehenden "Ausgleich sonst unverhältnismäßiger Belastungen und gleichheitswidriger Sonderopfer durch die Entlassung" mitentschieden worden war, hatten nach dem Senatsbeschluß vom 14. Juli 2003 - NotZ 6/03 - insgesamt keinen Erfolg. Die Parteien streiten jetzt um Abrechnungen nach der Abgaben- und Versorgungssatzung der Antragsgegnerin und damit vor allem um Ansprüche des Antragstellers auf Ruhegehalt und Ersatzruhegehalt, Einkommensergänzung und Unterhaltsbeiträge.

Die Antragsgegnerin setzte am 30. Oktober 2001 die Staffelabgabe "laut Gebührenjahresstaffel" für das Rechnungsjahr Oktober 2000 bis Mai 2001 gemäß § 13 Abs. 2 der Abgabensatzung der Notarkasse auf 321.038 DM fest mit einem im Verhältnis zu den kumulierten Monatsabrechnungen festgestellten Guthaben des Antragstellers von 11.697 DM. Gegen diesen spätestens am 29. November 2001 zugegangenen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. Januar 2002 Widerspruch ein.

Gegenüber dem Anspruch des Antragstellers auf Jahres- und Überschußausgleich nach § 13 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 der Abgabensatzung für das Abrechnungsjahr 2000/2001 rechnete die Antragsgegnerin vorsorglich mit ihrem Anspruch auf rückständige Abgabenzahlungen in Höhe von 232.419 DM nach dem Stand vom 15. November 2001 mit Schreiben vom selben Tage auf. Dieses Schreiben ging dem Antragsteller ebenfalls spätestens am 29. November 2001 zu.

Mit Bescheid vom 6. März 2002 setzte die Antragsgegnerin die Staffelabgabe "laut Haushaltsausgleich" für das Rechnungsjahr Oktober 2000 bis Mai 2001 auf 156.415 DM fest, wodurch sich ein Guthaben des Antragstellers im Verhältnis zur festgesetzten Gebührenjahresstaffel von 164.623 DM ergab. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller unter dem 13. Mai 2002 Widerspruch ein.

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 erhob er Klage, die beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 1. August 2002 und von dort weitergeleitet beim Verwaltungsgericht München am 2. August 2002 einging. Das Verwaltungsgericht erklärte den Verwaltungsrechtszug - soweit hier von Interesse - für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht München.

Der Antragsteller hält das gesamte Staffelabgaben-, Haushalt- und Rückvergütungssystem für rechtswidrig.

Mit Schriftsatz vom 19. November 2002 hat er beantragt,

1. die gegen den Antragsteller ergangenen Bescheide der Notarkasse vom 16. Januar 2002, soweit die Höhe des Unterhaltsbeitrages betroffen ist, und vom 30. Oktober 2001, 15. November 2001 und 6. März 2002 werden aufgehoben;

2. die Notarkasse wird verpflichtet, die für das Rechnungsjahr vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 fälligen Staffelabgaben des Antragstellers neu zu berechnen mit einer näher bezeichneten Maßgabe, hilfsweise einer anderen vom Gericht zu bestimmenden angemessenen und verfassungskonformen Maßgabe;

3. es wird festgestellt, daß die Bescheide der Notarkasse über die für die Rechnungsjahre 1. Februar 1969 bis 31. Dezember 2000 fälligen Staffelabgaben des Antragstellers rechtswidrig waren und dem Antragsteller als Folgenbeseitigung Erstattungsansprüche zustehen, die in gleicher Weise wie im Antrag zu 2. vorgesehen zu berechnen sind,

und mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2002 hilfsweise für den Fall, daß die angefochtenen Bescheide keine Verwaltungsakte seien,

4. die Notarkasse wird verurteilt, denjenigen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag an Staffelabgaben des Rechnungsjahres 2001 und der Rechnungsjahre 1969 bis 2000 an den Antragsteller zurückzuzahlen, der infolge der Verfassungswidrigkeit und sonstigen Rechtswidrigkeit der Abgabensatzungen der Notarkasse der Rechnungsjahre 1969 bis 2001 nicht erhoben werden durfte,

sowie ferner mit Schriftsatz vom 9. Mai 2003

5. der Insolvenzverwalter des über das Vermögen des Antragstellers eröffneten Insolvenzverfahrens wird durch Zwischenentscheidung aus dem Verfahren gewiesen; seine Intervention wird als unzulässig zurückgewiesen;

6. hilfsweise, es wird festgestellt, daß der Streitgegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört;

weiter hilfsweise, daß

7. die streitgegenständlichen Ansprüche der Zessionarin C. nicht dem Insolvenzverwalter zustehen und vom Antragsteller in gewillkürter Prozeßstandschaft geltend gemacht werden können;

8. die Antragsgegnerin fortan nicht mehr berechtigt ist, wegen Gläubigerungewißheit zu hinterlegen und

9. die von der Notarkasse wegen Gläubigerungewißheit beim Amtsgericht München unter Hinterlegungs-Nummer HL hinterlegten Beträge der Zessionarin C. zustehen und

10. weiter hilfsweise, daß der Insolvenzverwalter am gegenwärtigen Verfahren nur beteiligt werden kann, wenn rechtskräftig entschieden ist, daß die Zessionarin C. die an sie abgetretenen streitgegenständlichen Versorgungsansprüche gemäß § 143 InsO an die Insolvenzmasse zurückzugewähren hat, oder sonst rechtskräftig festgestellt ist, daß diese zur Insolvenzmasse gehören. Seine Intervention ist derzeit unzulässig und wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat die genannten Anträge zurückgewiesen. Bezüglich eines weiteren Haupt- und Hilfsantrags ist das Verfahren weiterhin beim Oberlandesgericht anhängig.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat der Antragsteller zu Antrag Nr. 1 teilweise und den Antrag zu Nr. 5 insgesamt zurückgenommen.

II. Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit Recht und zutreffender Begründung, auf die - auch zur Vermeidung von Wiederholungen - verwiesen wird, hat das Oberlandesgericht die vom Antragsteller mit der Beschwerde noch weiter verfolgten Anträge zurückgewiesen. Sein Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.

1. Der auf Aufhebung der Bescheide hinsichtlich der Staffelabgaben gerichtete Antrag zu 1 ist unzulässig. Dahinstehen kann, ob der Antragsteller mit Blick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch antragsberechtigt ist. Jedenfalls ist der Bescheid vom 6. März 2002 (ebenso wie der Bescheid vom 31. Oktober 2001), der die Staffelabgabe für den Abrechnungszeitraum Oktober 2000 bis Mai 2001 verbindlich festlegte, bestandskräftig geworden. Gegen diesen Verwaltungsakt hätte der Antragsteller gemäß § 111 Abs. 2 Satz 1 BNotO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen müssen. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde demgegenüber auf fehlende Bekanntgabe (a) und Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (b).

a) Der Bescheid ist dem Antragsteller spätestens am 13. Mai 2002 - dem Tag seines Widerspruchschreibens - bekannt gemacht worden. In welcher Weise eine Bekanntgabe erfolgt, ist unerheblich. Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich, da § 16 Abs. 2 FGG nur für gerichtliche, nicht für behördliche Verfügungen gilt (Senatsbeschluß vom 25. Oktober 1982 - NotZ 15/82 - DNotZ 1984, 186, 187; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 5. Aufl. § 111 Rdn. 114; Schippel/Lemke, BNotO 7. Aufl. § 111 Rdn. 39). Gleichfalls ohne Bedeutung für den Lauf der Frist ist, daß dem Bescheid der Antragsgegnerin keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Denn im Bereich der Bundesnotarordnung können Verwaltungsakte ausschließlich gegen Notare oder Notarassessoren ergehen, so daß die Aufnahme einer Rechtsmittelbelehrung in alle Verwaltungsakte wegen der Rechtskunde der beteiligten Personen entbehrlich erscheint. (BGHZ 42, 390, 392; Senatsbeschlüsse vom 10. August 1987 - NotZ 7/87 - BGHR BNotO § 111 Abs. 2 Satz 1 Fristablauf 1 und vom 30. Juli 1990 - NotZ 25/89 - BGH-DAT Nr. 1263; Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO).

Die Monatsfrist ab Bekanntgabe des Bescheides war bei Eingang der Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bzw. Verwaltungsgericht München schon verstrichen. Offenbleiben kann deshalb, ob die Antragsfrist überhaupt durch Einreichung der Klage beim Verwaltungsgericht hätte gewahrt werden können (vgl. Senatsbeschluß vom 25. Oktober 1982 aaO S. 188). Unerheblich ist ferner, daß der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt hat. Ein Widerspruchsverfahren ist für die Anfechtung von Verwaltungsakten nach § 111 BNotO in der Bundesnotarordnung nicht vorgesehen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 111 Abs. 4 BNotO, § 40 Abs. 4 BRAO, § 22 Abs. 2 FGG kommt hier nicht in Betracht. Nach diesen Vorschriften ist einem Antragsteller, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist des § 111 Abs. 2 Satz 1 BNotO einzuhalten, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft gemacht hat. Ein Rechtsirrtum entschuldigt die Fristversäumung nur, wenn er unvermeidbar war. Das ist hier nicht der Fall. Es gereicht selbst einer jeder rechtsunkundigen Partei zum Verschulden, wenn sie sich nicht über Form und Frist eines Rechtsbehelfs unterrichtet. Erst recht gilt dies für den rechtskundigen Notar, der für die Beurkundung von Rechtsvorgängen und anderen Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege bestellt ist (§ 1 BNotO) und den insoweit selbst Prüfungs- und Belehrungspflichten treffen (§ 17 BeurkG). Der Notar kann sich auf Unkenntnis der für ihn maßgebenden Gesetze und Dienstvorschriften nicht berufen; mindestens ist ihm insoweit eine fahrlässige Unterlassung vorzuwerfen (Senatsbeschluß vom 29. März 1993 - NotZ 14/92 - BGHR BNotO § 111 Abs. 4 Satz 2 Wiedereinsetzung 2). Zwar war der Antragsteller nicht mehr als Notar im Amt. Gleichwohl war ihm das Verfahren zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO schon aus früheren Verfahren bekannt und damit auch die Fristgebundenheit und die Zuständigkeit für solche Entscheidungen. Unerheblich ist schließlich, ob er sich vorgestellt hat, daß das Verwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig sei. Zum einen sind die Ausnahmefälle der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit nach § 113 Abs. 3 Nr. 2, 3 und 7 i.V.m. Abs. 7 BNotO unmißverständlich dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Zum anderen war zum Zeitpunkt der Antragseinreichung beim Verwaltungsgericht die Frist des § 111 Abs. 2 Satz 1 BNotO bereits abgelaufen.

b) Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen den durch das Gesetz zur Stärkung elektronischer Verwaltungstätigkeiten vom 24. Dezember 2002 (GVBl. S. 962) in das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz eingefügten Art. 37 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 BayVwVfG, weil kein - der elektronischen Signatur gleichzusetzendes - Dienstsiegel beigefügt gewesen sei, geht fehl. Davon abgesehen übersieht der Antragsteller, daß das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz gemäß Art. 2 Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG nicht anwendbar ist, denn die Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen erfolgt nicht im Verwaltungsrechtsweg (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Dezember 1978 - NotZ 3/78 - DNotZ 1979, 373, 375 und vom 22. Oktober 1979 - NotZ 3/79 - DNotZ 1980, 177, 178; Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO § 111 Rdn. 5). Im übrigen sind die vom Antragsteller geltend gemachten Regelungen erst nach dem Erlaß der hier in Rede stehenden Bescheide in Kraft getreten.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist auch allen Bescheiden die erlassende Stelle unschwer zu entnehmen. Auch würde - bei unterstellter Anwendung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes -, soweit für die hier streitigen Bescheide überhaupt die Schriftform vorgesehen ist, die fehlende Unterschrift nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes, sondern lediglich zu dessen Anfechtbarkeit führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG 8. Aufl. §37 Rdn. 36; VGH München NVwZ 1987, 729; FG Niedersachsen NVwZ-RR 1993, 229; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 6. Aufl. § 37 Rdn. 53). Es handelte sich dann nicht um einen so schwerwiegenden Mangel, der nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Nichtigkeit des Bescheides zur Folge hätte. Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluß aus Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG, der für diesen Fall nicht die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes vorsieht im Gegensatz zu dem anderen in Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG geregelten Fall der nicht erkennbaren Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

Soweit der Antragsteller die mangelnde Berechtigung der Antragsgegnerin zur Beitragserhebung anführt, folgt daraus ebenfalls keine Nichtigkeit. Der Senat hat bereits mehrfach die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung durch die Notarkassen bestätigt. Er hält daran fest (BGHZ 126, 16 ff.; Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 1995 - NotZ 26/94 - DNotZ 1996, 213 ff.; vom 10. März 1997 - NotZ 5/96 - DNotZ 1997, 822 ff.; vom 10. März 1997 - NotZ 6/96 - bei Juris dokumentiert und vom 24. November 1997 - NotZ 30/96 - DNotZ 1999, 166 und vom 14. Juli 2003 - NotZ 3/03 m.w.N.).

2. Zu Recht hat das Oberlandesgericht in der mit Schreiben vom 15. November 2001 erklärten Aufrechnung der Antragsgegnerin keinen Verwaltungsakt gesehen. Der darauf gerichtete Aufhebungsantrag konnte deswegen keinen Erfolg haben.

Die Aufrechnung ist ein schuldrechtliches Gestaltungsrecht. Sie erfolgt in der Regel gemäß §§ 387, 388 BGB durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung oder anderenfalls durch einen entsprechenden Aufrechnungsvertrag. Die Erklärung wird regelmäßig nicht aus einer hoheitlichen Position abgegeben; sie ergeht ähnlich wie eine Willenserklärung, mit der ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf einer gleichgeordneten rechtlichen Ebene (BVerwGE 66, 218, 220; BFHE 149, 482). Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn sie in der Form eines Verwaltungsaktes erklärt wird und damit die Rechtsnatur eines Verwaltungsaktes erhält (BFH NVwZ 1987, 1118). Besondere die Erklärung als Verwaltungsakt kennzeichnende Umstände gibt es hier jedoch nicht. Begehrt der Antragsteller aber nicht Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder einer konkreten ihm gegenüber hoheitlich erfolgten Amtshandlung, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO nicht eröffnet (vgl. BGHZ 115, 275, 279 ff.; Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 1962 - NotZ 7/62 - DNotZ 1963, 357, 359 und vom 13. Juli 1992 - NotZ 9/91 - BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Feststellungsantrag 3). Damit wird für den Antragsteller auch nicht die durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährte Rechtsweggarantie verletzt. Über die Berechtigung zur Aufrechnung ist im Verfahren auf Auszahlung zu befinden, das der Antragsteller bereiben kann (vgl. BVerwGE 66, 218, 223). Ein solches Auszahlungsbegehren ist nicht geltend gemacht worden. Für eine Umdeutung des Aufhebungsantrages in einen Feststellungsantrag ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kein Raum. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sieht § 111 BNotO keinen Feststellungsantrag vor. Ein solcher Antrag ist deshalb grundsätzlich unzulässig, es sei denn, daß sonst die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leerlaufen würde (Senatsbeschlüsse vom 26. März 2001 - NotZ 30/00 - bei Juris dokumentiert und vom 20. Juli 1998 - NotZ 36/97 - BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Feststellungsantrag 7), was hier - wie ausgeführt - nicht der Fall ist.

3. Dem Antrag zu 2 auf Neuberechnung der Staffelabgaben nach näher ausgeführten Maßstäben steht bereits die Bestandskraft der in diesem Zeitraum dazu ergangenen Bescheide der Antragsgegnerin entgegen; er ist aus denselben Gründen wie der Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfristet (siehe dazu vorstehend unter 1. a)).

4. Der Antrag zu 3 ist - auch in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrags - unzulässig, weil die jeweiligen Abgabenbescheide der Antragsgegnerin als Verwaltungsakte, mit denen sie gegenüber dem Antragsteller Abgaben für die Jahre vom 1. Februar 1969 bis 31. Dezember 2001 festgesetzt hat, mangels fristgerechter Anfechtung gemäß § 111 BNotO bestandskräftig geworden sind.

Das gilt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch unter dem Gesichtspunkt der Klärung von Rechtsfragen für künftige Verfahren. Zwar hat der Senat im Rahmen von Bewerbungsverfahren Feststellungsanträge für zulässig gehalten, wenn sie dazu dienen, eine Rechtsfrage zu klären, die sich der Justizverwaltung bei künftigen Bewerbungen des Antragstellers ebenso stellen wird (vgl. Senatsbeschluß vom 30. November 1998 - NotZ 26/98 - NotBZ 1999, 130 m.w.N.). Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt nicht vor. Die Aussicht, daß der in Italien lebende Antragsteller wieder als Notar in Deutschland tätig werden kann, ist ausgesprochen vage. Es kann daher keine Rede davon sein, daß unter dem Aspekt der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ein Feststellungsantrag zwecks Klärung "der Frage der Staffelabgabe" ausnahmsweise für zulässig erachtet werden müßte. Im übrigen kann der Antragsteller unabhängig von der begehrten Feststellung seine Rückforderungsansprüche geltend machen.

5. Den Antrag zu 4 hat das Oberlandesgericht zu Recht nicht mehr geprüft, da er nur hilfsweise für den Fall gestellt worden ist, daß es sich bei den Abgabenbescheiden der Antragsgegnerin nicht um einen Verwaltungsakte handele. Die dagegen gerichteten Angriffe der Beschwerde gehen ins Leere.

6. Der Antrag zu 6 auf Feststellung, daß der von der Antragsgegnerin zu zahlende über die Pfändungsfreigrenzen hinausgehende Betrag nicht zur Insolvenzmasse gehört, kann nicht im Verfahren nach § 111 BNotO geltend gemacht werden. Diese Frage ist zivilrechtlicher Natur und zwischen denjenigen zu klären, die Anspruch auf die konkreten Beträge erheben. An dem Verfahren kann sich der Antragsgegner im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten - z.B. gemäß § 66 ZPO - beteiligen und dabei seine Rechte und Interessen wahrnehmen. Eine Notwendigkeit, den gestellten Antrag mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ausnahmsweise als zulässig anzusehen, besteht daher nicht.

7. Gleiches gilt für die Zurückweisung der Anträge zu 7 und 9. Wie bereits dargelegt, ist für Feststellungsanträge im Verfahren nach § 111 BNotO grundsätzlich kein Raum. Eine unzumutbare Einschränkung der Rechtsverfolgung besteht nicht, weil die Frage, ob dem Insolvenzverwalter oder der Zessionarin die hinterlegten Beträge zustehen, zwischen diesen in dem dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden kann, woran sich der Antragsteller gegebenenfalls im Rahmen der bestehenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten beteiligen kann.

8. Aus demselben Grunde ist auch der auf Feststellung gerichtete Antrag zu 8 unzulässig, daß die Antragsgegnerin nicht mehr berechtigt ist, die ihm zustehenden Zahlungen, die er an die Zessionarin abgetreten hat, zu hinterlegen.

9. Dem Antrag Nr. 10, mit dem die Feststellung begehrt wird, daß der Insolvenzverwalter am gegenwärtigen Verfahren nur beteiligt werden kann, wenn rechtskräftig entschieden ist, daß die Zessionarin die streitgegenständlichen Ansprüche an die Insolvenzmasse zurückzugewähren hat, fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Weder haben der Insolvenzverwalter oder die Antragsgegnerin eine entsprechende Beteiligung beantragt, noch haben das Oberlandesgericht oder der erkennende Senat eine solche Beteiligung in Aussicht genommen.

Ende der Entscheidung

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