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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.03.2001
Aktenzeichen: NotZ 23/00
Rechtsgebiete: BNotO, StPO


Vorschriften:

BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 6
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8
BNotO § 50 Abs. 3 Nr. 3
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alternative
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. Alternative
StPO § 153 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 23/00

Verkündet am: 26. März 2001

Fitterer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Verfahren

wegen Amtsenthebung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Dr. Wahl und Streck sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Toussaint auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle vom 16. August 2000 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert wird für beide Rechtszüge auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1935 geborene Antragsteller ist seit 1970 als Rechtsanwalt und seit 1975 auch als Notar in H. M. tätig.

Mit Verfügung vom 27. Oktober 1999 wurde er vom Antragsgegner gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO seines Amtes als Notar vorläufig enthoben. Seinen hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht am 31. Januar 2000 als unzulässig verworfen. Mit Verfügung vom 28. März 2000, die seinem (damaligen) Rechtsanwalt am 31. März 2000 zugegangen ist und dem Antragsteller am 3. April 2000 zugestellt wurde, hat der Antragsgegner dem Antragsteller eröffnet, daß er seine endgültige Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO in Aussicht genommen habe. Dagegen hat sich der Antragsteller mit dem Antrag nach § 50 Abs. 3 Nr. 3 BNotO gewandt.

Das Oberlandesgericht hat durch Beschluß vom 16. August 2000 festgestellt, daß die Voraussetzungen von § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen von § 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alternative BNotO liegen vor. Die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden.

Die Wirtschaftsführung eines Notars, die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, ist schon als solche nicht hinnehmbar (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 1990 - NotZ 21/89 - BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 7 Interessengefährdung 1 und vom 20. November 2000 - NotZ 17/00 - ZNotP 2001, 117). Sie kann schon für sich genommen die Amtsenthebung rechtfertigen, im übrigen aber jedenfalls dann, wenn Umstände hinzutreten, die die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Notars in bezug auf seine Wirtschaftsführung verstärken.

Dies ist hier der Fall:

Gegen den Antragsteller erging am 13. Mai 1998 ein rechtskräftig gewordenes Teilversäumnisurteil, das ihn wegen notarieller Amtspflichtverletzung zu einer Zahlung von 60.000 DM nebst 4 % Zinsen ab 1. August 1997 an die Brüder K. verurteilte (Landgericht G. 4 O 503/97). Am 27. Juli 1999 erließt das Amtsgericht H. M. einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß (1 M 426/99) in Höhe der titulierten Forderung nebst Zinsen und Kosten über 72.486,38 DM. In diesem Zusammenhang erging auch ein vorläufiges Zahlungsverbot an die Stadtsparkasse H. M. als Drittschuldnerin, das auch die Geschäftskonten des Antragstellers betraf. In diesem Zeitraum floß dem Antragsteller eine Zahlung aus einer Erbangelegenheit zu, die dem dem vorläufigen Zahlungsverbot unterliegenden Geschäftskonto gutgeschrieben werden sollte. Daraufhin leistete der Antragsteller die Zahlung kurzfristig auf das Konto seiner Schwiegermutter um.

Teilweise mußten auch schon wegen kleiner und kleinster Beträge Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. So hat die Regierungsbezirkskasse H. am 29. April 1998 und am 3. März 1999 Vollstreckungsaufträge nach der Justizbeitreibungsordnung über jeweils 80 DM aus den Verfahren 10 B 1437/95 und 10 B 1372/97 des Amtsgerichts H. M. erteilen müssen. Auch wegen nicht abgeführter Notarkammerbeiträge für 1998 von 1.300 DM mußte erst ein Vollstreckungsauftrag erteilt werden (§ 73 BNotO).

Auch soweit es nicht zu Zwangsmaßnahmen kam, hat der Antragsteller Zahlungsverpflichtungen nur schleppend erfüllt. Er hatte der Rechtsanwältin Sch. am 20. Januar 1998 zugesagt, ihre Ansprüche von 1.554,20 DM gegen ihren Mandanten R., den Vertragspartner der Brüder K. in dem dem Verfahren 4 O 503/97 des Landgerichts G. zugrundeliegenden Geschäft, zu begleichen, 500 DM angezahlt und monatliche Ratenzahlungen von 250 DM versprochen. Am 6. August 1998 teilte Rechtsanwältin Sch. der Rechtsanwalts- und Notarkammer mit, daß noch 683,13 DM offen und daß Zahlungsaufforderungen erfolglos geblieben seien.

Ein gegen den Antragsteller vor dem anwaltlichen Ehrengericht in C. anhängig gewesenes Verfahren (Generalstaatsanwaltschaft in B. - 2 EV 10/99 -) sollte gegen Zahlung einer Geldbuße von 2.500 DM gemäß § 153 a StPO eingestellt werden. Mit Schreiben vom 19. Juli 1999 bat der Antragsteller um Zahlungsfrist bis 15. August 1999 und kündigte für den Fall, daß ihm "vollständige Zahlung nicht fristgerecht möglich sein" sollte, vollständige Zahlung bis 15. September 1999 an. Tatsächlich zahlte er erst im Juli 2000.

Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe die genannten Beträge von jeweils 80 DM nur deshalb zunächst nicht bezahlt, weil er die Vorgänge nicht habe "unterbringen" können. Auch wenn man davon ausgeht, daß er jederzeit in der Lage war, Beträge dieser Größenordnung zu bezahlen, entlastet ihn das nicht. Sein Vorbringen belegt vielmehr die Ungeordnetheit seiner Geschäftsführung (vgl. Senatsbeschluß vom 20. November 2000 aaO). Ob auch die Verzögerungen bei der Erfüllung der Ansprüche der Notarkammer und der Rechtsanwältin Sch. (bzw. ihres Mandanten R.) und die verzögerte Zahlung in dem ehrengerichtlichen Verfahren nicht mit den Vermögensverhältnissen des Antragstellers zusammenhängen, mag letztlich dahinstehen. Jedenfalls wirft das Schreiben vom 19. Juli 1999 kein gutes Licht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Zumindest belegen aber auch diese Vorgänge, daß die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. All dies gilt in noch viel höherem Maße für die Forderungen der Brüder K., die auch erst nach umfangreichen Vollstreckungsmaßnahmen mit erheblicher Verspätung erfüllt wurden. Unter diesen Umständen kann auf sich beruhen, ob das Vorbringen des Antragstellers zu seinen gegenwärtigen und künftig zu erwartenden wirtschaftlichen Verhältnissen geeignet sein könnte, die Annahme des Oberlandesgerichts, auch die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. Alternative BNotO lägen vor, in Frage zu stellen. Eine Wirtschaftsführung wie die festgestellte gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden nämlich auch dann, wenn sie nicht auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse zurückzuführen sein sollte (Senat aaO). So spricht die Umleitung der Zahlung auf das Konto der Schweigermutter gegen eine geordnete Wirtschaftsführung. Anhaltspunkte dafür, daß sich die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers inzwischen geändert hätte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere folgt dies nicht daraus, daß nach dem Vorbringen des Antragstellers seine auf den genannten Vorgängen beruhenden Schulden inzwischen beglichen sind.



Ende der Entscheidung

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