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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.03.2002
Aktenzeichen: NotZ 23/01
Rechtsgebiete: BNotO, ZPO, BRAO


Vorschriften:

BNotO § 73
BNotO § 111 Abs. 1 Satz 1
BNotO § 111 Abs. 4
BNotO § 73 Abs. 2
ZPO § 732
ZPO § 767 Abs. 2
BRAO § 42 Abs. 4
BRAO § 84 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 23/01

Verkündet am: 18. März 2002

in dem Verfahren

wegen Aufforderung zur Zahlung eines Kammerbeitrags

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Streck und Seiffert sowie die Notare Dr. Bauer und Eule

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 23. August 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.371 DM (= 1.212,27 €) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit 1972 Notar mit Amtssitz in H. Die Antragsgegnerin beschloß in der Kammerversammlung vom 25. November 1998 die Beitragsordnung für das Geschäftsjahr 1999, die die Entrichtung eines Beitrags von 2.360 DM für das Kalenderjahr 1999 durch jeden Notar im Kammerbezirk vorsah. Darin enthalten waren die Jahresbeiträge zur Vertrauensschadenversicherung, zur Gruppenanschlußversicherung, zur Notarkammer, zum Deutschen Notarinstitut sowie zur Arbeitsgemeinschaft der Notarkammern im Anwaltsnotariat. Im Dezember 1998 richtete der Vorstand der Antragsgegnerin an alle Notare, auch an den Antragsteller, entsprechende Beitragsbescheide; der an den Antragsteller gerichtete Bescheid ging diesem spätestens im Januar 1999 zu. Der Antragsteller leistete den von ihm geforderten Beitrag nicht. Weitere Zahlungsaufforderungen der Antragsgegnerin blieben erfolglos. Erstmals mit Schreiben vom 31. August 1999 machte der Antragsteller geltend, die Höhe des Beitrags stehe außer Verhältnis zu seinen Einkünften aus dem Notariat. Die Antragsgegnerin teilte ihm jedoch mit, daß sie keinen Anlaß sehe, den Kammerbeitrag zu reduzieren. Schließlich erließ die Antragsgegnerin unter dem 20. Januar 2000 eine von ihrem Präsidenten unterzeichnete und mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit und dem Amtssiegel versehene "Zahlungsaufforderung ... gem. § 73 BNotO ..." über 2.371 DM (Beitrag und Kosten). Gegen diese am 27. Januar 2000 zugestellte Zahlungsaufforderung hat der Antragsteller mit einem am 7. Februar 2000 eingegangenen Schriftsatz Erinnerung gemäß § 732 ZPO beim Amtsgericht eingelegt. Das Verfahren wurde letztendlich an das Oberlandesgericht (Notarsenat) verwiesen. Das Oberlandesgericht hat den Rechtsbehelf des Antragstellers als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 Abs. 1 Satz 1 BNotO behandelt und als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Recht zurückgewiesen, denn die angegriffene - als Verwaltungsakt nach § 111 Abs. 1 Satz 1 BNotO anfechtbare (vgl. BGHZ 55, 255, 259 f) - Zahlungsaufforderung (Vollstreckungsklausel gemäß § 73 Abs. 2 BNotO) vom 20. Januar 2000 ist rechtmäßig.

1. Zu Unrecht rügt der Antragsteller, das Oberlandesgericht hätte über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht, wie geschehen, ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen (vgl. § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 40 Abs. 2 BRAO). Der Antragsteller hatte mitgeteilt, er stelle seine Anträge "formell ... in erster Linie ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise mit mündlicher Verhandlung ab 12.00 Uhr ..." (Schriftsatz vom 7. Mai 2001). Diese Äußerung konnte als (ausdrücklicher) Verzicht des Antragstellers auf eine mündliche Verhandlung verstanden werden.

2. a) Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, genügt die Zahlungsaufforderung vom 20. Januar 2000 in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 73 Abs. 2 BNotO. Der Antragsteller bringt diesbezüglich in seiner Beschwerde auch keine weiteren Rügen an.

b) Die Zahlungsaufforderung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Daß der Antragsteller den angeforderten Kammerbeitrag von 2.360 DM für das Jahr 1999 (zuzüglich 11 DM Kosten, gegen die als solche der Antragsteller sich nicht wendet) entrichten muß, ergibt sich - auch insoweit folgt der Senat dem Oberlandesgericht - schon aus der Verbindlichkeit des vorausgegangenen Beitragsbescheids vom Dezember 1998/Januar 1999. Bei diesem Bescheid handelte es sich, wie die Beschwerde nicht in Abrede stellt, um einen Verwaltungsakt, der mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung hätte angefochten werden können (Senat BGHZ 52, 283; 85, 173, 176; 112, 163, 165; Senatsbeschlüsse vom 16. Februar 1987 - NotZ 19/86 - DNotZ 1988, 131 und vom 4. Dezember 1989 - NotZ 4-15/89 - BGHR BNotO § 71 Abs. 4 Nr. 1 Beitragsbemessung 3; vgl. auch BGHZ 55, 255 [zu § 84 BRAO]). Mangels Anfechtung durch den Antragsteller innerhalb der Anfechtungsfrist - binnen eines Monats ab Bekanntgabe (§ 111 Abs. 2 Satz 1 BNotO) - ist dieser Verwaltungsakt unanfechtbar geworden und damit für den Antragsteller verbindlich (materielle Bestandskraft; vgl. Kopp/Ramsauer VwVfG 7. Aufl. § 43 Rn. 31 ff, 33). Daraus folgt auch, daß - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat - in einem nachfolgenden Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren, das die Rechtmäßigkeit der zwangsweisen Beitreibung des unanfechtbar festgesetzten Beitrages betrifft, die inhaltliche Richtigkeit des Beitragsbescheids als solchen nicht mehr zur Nachprüfung steht (Schippel/Kanzleiter BNotO 7. Aufl. § 73 Rn. 21). Die Gegenansicht (Lerch, in: Arndt/Lerch/Sandkühler BNotO 4. Aufl. § 73 Rn. 8), der zuvor erteilte Beitragsbescheid erwachse "weder in Bestandskraft, noch gar Rechtskraft", widerspricht allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen; sie ergibt sich auch nicht, wie Lerch (aaO) meint, aus einem Vergleich zu § 84 Abs. 3 BRAO mit dem dortigen Hinweis (§ 84 Abs. 3 Satz 1 BRAO), daß auf Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, die beschränkende Vorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO nicht anzuwenden ist (wegen der Bedeutung und des Regelungszusammenhangs dieser Vorschrift vgl. BGHZ 55, 255; Feuerich/Braun 5. Aufl. § 84 Rn. 7 ff; Henssler/Prütting-Hartung BRAO § 84 Rn. 4 ff; Jeßnitzer/Blumenberg BRAO 9. Aufl. § 84 Rn. 2).

Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerde meint, in einem gerichtlichen Verfahren, das sich gegen eine Vollstreckungsklausel nach § 73 Abs. 2 BNotO richtet, müsse genauso eine Inzidentkontrolle vorausgegangener, unangefochtener Verwaltungsakte erfolgen wie sie im Rahmen eines baulandgerichtlichen Prozesses über eine Enteignung hinsichtlich der Wirksamkeit eines Bebauungsplans erfolgen kann, übersieht er, daß der Bebauungsplan als Satzung beschlossen wird (§ 10 BauGB), gegen ihn also der gegen Rechtsnormen eröffnete Rechtsschutz gegeben ist. Der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Angriff gegen die Beitragsordnung selbst ist ihm verwehrt, nachdem er versäumt hat, den Beitragsbescheid vom Dezember 1998/Januar 1999 anzufechten.

Da sich die Beitragspflicht des Antragstellers für 1999 schon aus der Bestandskraft des ursprünglichen Beitragsbescheids der Antragsgegnerin ergibt, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die weitere Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach auch bei einer sachlichen Überprüfung die Festsetzung der Beitragshöhe durch die Antragsgegnerin nicht zu beanstanden ist. Diese Ausführungen entsprechen im übrigen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 85, 173; 112, 163; Beschlüsse vom 16. Februar 1987 aaO und vom 4. Dezember 1989 aaO). Gegenüber den Beanstandungen des Antragstellers schlägt insbesondere der Gesichtspunkt durch, daß sich die Frage einer etwaigen "Erdrosselungswirkung" eines Kammerbeitrags (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Februar 1987 aaO S. 133) nur aus einer Gesamtbetrachtung aller Einkünfte des betroffenen Notars beurteilen läßt. Hierzu fehlt es weiterhin an Vortrag seitens des Antragstellers.



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