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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.07.1999
Aktenzeichen: NotZ 4/99
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 6 b
BNotO § 6 b

Zu den rechtlichen Auswirkungen einer fehlerhaften Stellenausschreibung.

BGH, Beschluß vom 19. Juli 1999 - NotZ 4/99 - OLG Dresden


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 4/99

vom

19. Juli 1999

in dem Verfahren

wegen Bestellung zum Notar

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Dr. Wahl und Streck sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Toussaint

am 19. Juli 1999

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Senats für Notarverwaltungssachen des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Dezember 1998 teilweise aufgehoben.

Der Bescheid des Antragsgegners vom 23. Juli 1998 und der "Ergänzungsbescheid" vom 8. September 1998 werden aufgehoben.

Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat ein Drittel der Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin, früher Richterin auf Probe in Rheinland-Pfalz, ist seit 1991 Angestellte im Notariat ihres Ehemannes. Sie bemüht sich seit längerem um ihre Bestellung zur Notarin.

Der Antragsgegner hat im Sächsischen Amtsblatt (SächsABl.) Nr. 17 vom 23. April 1998 eine Notarstelle in Leipzig mit einer Bewerbungsfrist bis spätestens 14. Mai 1998 ausgeschrieben. Innerhalb dieser Frist gingen bei ihm vier Bewerbungen ein, darunter die des weiteren Beteiligten.

Mit Schreiben vom 6. Juli 1998, eingegangen am 10. Juli 1998, bewarb sich auch die Antragstellerin. Gleichzeitig suchte sie um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Bewerbungsfrist nach. Sie machte geltend, eine ordnungsgemäße Ausschreibung liege nicht vor, weil die Stelle nicht im Sächsischen Justizministerialblatt (SächsJMBl.) ausgeschrieben worden sei. Darüber hinaus legte sie dar, warum sie aus vom Publikationsort der Ausschreibung unabhängigen Gründen die Bewerbungsfrist ohne eigenes Verschulden versäumt habe.

Durch Bescheid vom 23. Juli 1998 lehnte der Antragsgegner die Bewerbung ab. Die Ausschreibung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Fristversäumung habe die Antragstellerin selbst zu vertreten.

2. Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit einer im wesentlichen ihren Ausführungen im vorgerichtlichen Verfahren entsprechenden Begründung rechtzeitig Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und darüber hinaus um vorläufigen Rechtsschutz gegen die vom Antragsgegner in Aussicht genommene (bisher aber noch nicht erfolgte) Übertragung der Stelle auf den weiteren Beteiligten nachgesucht.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Zur Begründung hat er sich sowohl auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides als auch auf den Inhalt seines "Ergänzungsbescheides" vom 8. September 1998 bezogen, in dem er die fachliche Überlegenheit des weiteren Beteiligten gegenüber der Antragstellerin darlegt. Daraufhin hat die Antragstellerin ihren den Bescheid vom 23. Juli 1998 betreffenden Antrag für erledigt erklärt und ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den "Ergänzungsbescheid" gerichtet. Der Antragsgegner ist der Erledigungserklärung entgegengetreten.

3. Das Oberlandesgericht hat den gegen den Bescheid vom 23. Juli 1998 gerichteten Antrag zurückgewiesen und den Antrag, mit dem die Antragstellerin den "Ergänzungsbescheid" vom 8. September 1998 angefochten hat, als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Eine Erledigung des ursprünglichen Antrags sei durch den "Ergänzungsbescheid" nicht eingetreten, weil dieser den ersten Bescheid nicht beseitigt und dessen Regelungscharakter nicht verändert habe. Im übrigen seien allerdings Bestimmungen über das Publikationsorgan für Ausschreibungen verletzt worden; da dies jedoch, wie die Antragstellerin wisse, seit Jahren in immer gleicher Weise geschehe, habe sie auf die Einhaltung dieser Bestimmungen nicht vertrauen dürfen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe der Antragsgegner wegen mangelnder Sorgfalt der Antragstellerin zu Recht versagt. Auf den Inhalt des Ergänzungsbescheides, der keine eigenständige Regelung enthalte, sondern den Bescheid vom 23. Juli 1998 nur in der Begründung ergänze, komme es nach alledem nicht mehr an.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie beantragt unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens, den angefochtenen Beschluß, sowie die Bescheide vom 23. Juli 1998 und 8. September 1998 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, über ihre Bewerbung um die in Rede stehende Stelle unter Beachtung der Auffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Außerdem begehrt sie einstweiligen Rechtsschutz.

Der Antragsgegner beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Der weitere Beteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat hinsichtlich der Aufhebung der angefochtenen Bescheide Erfolg. Im übrigen ist es unbegründet.

1. Die gemäß § 6 b BNotO gebotene Ausschreibung einer Notarstelle muß eine als Ausschlußfrist gestaltete Bewerbungsfrist enthalten; im übrigen liegt die Ausgestaltung der Ausschreibung im Ermessen der Landesjustizverwaltung (Senatsbeschluß vom 8. Mai 1995 - NotZ 27/94 - NJW 1995, 2359, 2360). Vorliegend ist die Ausschreibung, gemessen an den vom Antragsgegner erlassenen Verwaltungsvorschriften, rechtswidrig und unwirksam.

a) Gemäß § 2 Satz 2 der sächsischen AVNot vom 22. Dezember 1992 (SächsABl. 1992, 62) werden Notarstellen im SächsABl. ausgeschrieben. Seit 1994 gibt der Antragsgegner das SächsJMBl. heraus. Gemäß B I 4 der VwV-SächsJMBl. (SächsJMBl. 1994, 2) erfolgen Stellenausschreibungen im SächsJMBl. In derselben Ausgabe des SächsJMBl., in der auch die VwV-SächsJMBl. veröffentlicht ist (aaO S. 12), ist auch eine "Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz" enthalten, wonach "die in diesem Geschäftsbereich zu besetzenden Stellen künftig ausschließlich im Sächsischen Justizministerialblatt ausgeschrieben werden". Der Antragsgegner hat von Dezember 1993 bis April 1995 Notarstellen in beiden Organen ausgeschrieben, seit Mai 1995 nur noch im SächsABl. Neuerdings werden sie wieder im SächsJMBl. ausgeschrieben.

b) Der Antragsgegner hat vorgetragen, die Regelung in B I 4 VwV-SächsJMBl. betreffe nur "Stellen des höheren Justizdienstes" (Richter, Staatsanwälte und Justizbeamte)"; § 2 Satz 2 AVNot sei hinsichtlich der Notare die speziellere Regelung. Dem vermag der Senat nicht zu folgen:

Auch Notarstellen gehören zum Geschäftsbereich des Antragsgegners, die nach B I 4 VwV-SächsJMBl., präzisiert durch die genannte Bekanntmachung, ausschließlich im SächsJMBl. auszuschreiben sind. Daß B I 4 VwV-SächsJMBl. auch Notarstellen betrifft, wird im übrigen dadurch erhärtet, daß gemäß B I 6 VwV-SächsJMBl. auch Notarbestellungen im SächsJMBl. veröffentlicht werden. Zwar sind Notarbestellungen etwas anderes als Ausschreibungen von Notarstellen; in einer Gesamtschau zeigen B I 4 und B I 6 VwV-SächsJMBl. jedoch, daß sämtliche veröffentlichungsbedürftigen Vorgänge, die mit dem Amt eines Notars zusammenhängen, im SächsJMBl. zu veröffentlichen sind. Daß der Antragsgegner § 2 Satz 2 AVNot nicht ausdrücklich aufgehoben hat, was zumindest zweckmäßig gewesen wäre, steht dem nicht entgegen.

Eine gegen die eigenen bekanntgemachten Anordnungen des Antragsgegners über die Veröffentlichung verstoßende Stellenausschreibung ist rechtswidrig, ohne daß es auf die Art der zugrundeliegenden organisatorischen Anordnungen und auf die vom Oberlandesgericht erörterte Frage der Selbstbindung der Verwaltung im einzelnen ankommt.

Eine Ausschreibung ist kein Verwaltungsakt, da sie keinen Regelungscharakter hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluß vom 24. November 1997 - NotZ 10/97 - NJW-RR 1998, 849 m.w.N.). Daher können die bei einem fehlerhaften Verwaltungsakt geltenden Grundsätze zur Differenzierung von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit nicht zur Beurteilung der Frage herangezogen werden, wie sich eine fehlerhafte Ausschreibung auswirkt. Zwar mag nicht jeder Fehler im Zusammenhang mit einer Ausschreibung notwendigerweise zu ihrer Unwirksamkeit führen. Eine Ausschreibung ausschließlich in einem dafür nicht vorgesehenen Publikationsorgan kann jedoch nicht als wirksam behandelt werden. Eine solche Ausschreibung verfehlt ihr Ziel, potentiellen Bewerbern von der vorgesehenen Stellenbesetzung Kenntnis zu geben. Sie kann daher, unabhängig davon, ob ein Bewerber von der Fehlerhaftigkeit der Ausschreibung Kenntnis hat, nicht Grundlage eines den Anforderungen der Bundesnotarordnung an eine effektive Stellenbesetzung Rechnung tragenden Bewerbungsverfahrens sein.

c) Die im Zusammenhang mit der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stehenden Fragen hat der Senat unter den gegebenen Umständen nicht zu prüfen.

2. Da dem Bewerbungsverfahren mangels einer wirksamen Ausschreibung die rechtliche Grundlage fehlt, hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Neubescheidung. Insoweit bleibt ihr Rechtsmittel daher erfolglos.

III.

Mit dieser Entscheidung erledigt sich zugleich der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz.

Ende der Entscheidung

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