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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.03.2006
Aktenzeichen: NotZ 48/05
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8 Fall 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 48/05

Verkündet am: 20. März 2006

in dem Verfahren

wegen Feststellung der Voraussetzungen für die Amtsenthebung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Galke und Becker sowie die Notare Dr. Lintz und Eule

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle vom 14. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 50.000 €

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde 1980 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in ......... zugelassen. 1984 wurde er zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts O. mit Amtssitz in ......... bestellt.

Nach entsprechender Ankündigung vom 27. Januar 2005 eröffnete der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 14. Juni 2005, dass er die Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 Fall 2 BNotO in Aussicht genommen habe, weil die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers die Interessen der Rechtsuchenden gefährde. Dem hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht nicht entsprochen, sondern festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine endgültige Amtsenthebung des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen.

Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren festzustellen, dass die Amtsenthebungsvoraussetzungen nicht vorliegen, weiter.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Oberlandesgericht hat zu Recht festgestellt, dass bei dem Antragsteller die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO erfüllt sind.

1. Der Notar ist seines Amtes zu entheben, wenn die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet (§ 50 Abs. 1 Nr. 8 Fall 2 BNotO). Die Wirtschaftsführung eines Notars, die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, ist schon als solche nicht hinnehmbar. Hierbei ist es ohne Belang, ob diese Zwangsmaßnahmen auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse, Vermögenslosigkeit oder Überschuldung des Notars zurückzuführen sind. Auch auf ein Verschulden des Notars kommt es nicht an (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2000 - NotZ 17/00 - NJW-RR 2001, 1212 und vom 28. November 2005 - NotZ 38/05 - Umdruck S. 4 f).

2. Umstände, die belegen, dass die Geschäftsführung des Antragstellers bis in die laufenden Angelegenheiten hinein ungeordnet ist, liegen nach den - im Beschwerdeverfahren nicht angegriffenen - Feststellungen des Oberlandesgerichts vor. Der monatliche Einnahmeüberschuss, den der Antragsteller nach seinem Vorbringen aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar erzielt hat (durchschnittlich 684 € monatlich im Jahr 2004, 2.000 € monatlich im Jahr 2005), genügt ersichtlich nicht, die anfallenden Verbindlichkeiten zu bestreiten. Sein Vermögen, im Wesentlichen drei Lebensversicherungen und ein Sparvertrag, ist den Banken zur Sicherung eines Darlehens und eines Kontokorrentkredits übertragen und steht damit zum Ausgleich laufend entstehender Zahlungsverpflichtungen nicht zur Verfügung. Zwar konnte der Antragsteller die geforderten Beträge im Verfahren der Zwangsvollstreckung - endlich - bezahlen und dadurch Pfändungen sowie die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder den Erlass eines Haftbefehls vermeiden. Er war aber immer wieder außerstande, gesetzliche und vertraglich eingegangene Zahlungsverpflichtungen - wie es zu einer ordnungsgemäßen, von einem Notar zu erwartenden Wirtschaftsführung gehört - bei Fälligkeit zu erfüllen. Das führte sogar zum zeitweiligen Erlöschen der vorgeschriebenen Berufshaftpflichtversicherung. Die Gläubiger des Antragstellers mussten andauernd - und bis in die jüngste Zeit - Titel gegen ihn erwirken und die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreiben, um zu ihrem Geld zu kommen (von Januar 1999 bis Dezember 2004 wurden 51 Vollstreckungsaufträge erteilt, nach Erlass der angefochtenen Verfügung vom 14. Juni 2005 bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts weitere 10). Das galt selbst für die Sozialversicherungsbeiträge. Unter dem Druck dieses Verfahrens zeigte sich der Antragsteller noch nicht einmal in der Lage, Forderungen in Höhe von lediglich 165,87 €, 101,89 € und 143,47 € pünktlich zu begleichen; wegen des zuletzt genannten Betrages ging der Vollstreckungsauftrag am 10. November 2005 - wenige Tage vor der auf den 14. November 2005 terminierten Verhandlung vor dem Oberlandesgericht - bei dem Gerichtsvollzieher ein. Konnte der Antragsteller aber selbst unter solchen Verhältnissen die Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen geringfügiger Beträge nicht abwenden, dann liegt offen auf der Hand, dass seine Wirtschaftsführung - ohne Aussicht auf Besserung - in einer Weise ungeordnet ist, dass sie die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. Seine Integrität und seine Unabhängigkeit stehen in Frage (was unter anderem dadurch belegt wird, dass er den Antragsgegner über eingeleitete oder bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen getäuscht hat). Es ist zu besorgen, dass der Antragsteller fremde Vermögensinteressen nicht mit der gebotenen Sorgfalt wahrnimmt und Versuchen Dritter, seine Amtsführung sachwidrig zu beeinflussen, nicht mit dem erforderlichen Nachdruck entgegentritt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. März 2000 - NotZ 19/99 - NJW 2000, 2359). Darüber hinaus begründen die Zahlungsschwierigkeiten des Notars und insbesondere die gegen ihn geführten Maßnahmen der Zwangsvollstreckung die Gefahr, dass er etwa Kostenvorschüsse nicht auftragsgemäß verwendet oder zur Tilgung eigener Schulden auf ihm treuhänderisch anvertraute Gelder zurückgreift (vgl. Senatsbeschluss vom 20. November 2000 - NotZ 19/00 - NJW-RR 2001, 1213, 1214). Hinzu kommt, dass die Interessen der Rechtsuchenden auch ohne Zutun des Notars durch Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger beeinträchtigt werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04 n.v. Umdruck S. 10 m.w.N.).

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