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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: NotZ 7/08
Rechtsgebiete: BNotO, FGG


Vorschriften:

BNotO § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3
BNotO § 67 Abs. 1
BNotO § 111 Abs. 4 Satz 2
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 7/08

vom 17. November 2008

in dem Verfahren

wegen Bestellung zum Notar

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Galke und Dr. Herrmann sowie die Notarin Dr. Doyé und den Notar Eule am 17. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Notarkammer gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln - 2 VA (Not) 24/07 - vom 29. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen.

Die Notarkammer hat dem Antragsteller die Hälfte der ihm im Verfahren der sofortigen Beschwerde entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Im Übrigen sind für beide Instanzen außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Notarassessor. Er bewarb sich um eine Notarstelle in D. . Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller durch Schreiben vom 18. Oktober 2007 mit, sie beabsichtige, die Stelle einem Mitbewerber zu übertragen. Der Antragsteller sei schon deswegen nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, weil er gemäß § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 BNotO aufgefordert worden sei, sich um eine Notarstelle in K. zu bewerben.

Der Antragsteller hat gegen den vorgenannten Bescheid der Antragsgegnerin gerichtliche Entscheidung beantragt. Das Oberlandesgericht hat den Bescheid aufgehoben. Hiergegen haben die Antragsgegnerin und die Notarkammer sofortige Beschwerde erhoben.

Während des Verfahrens der sofortigen Beschwerde hat die Antragsgegnerin über die Bewerbung des Antragstellers neu entschieden in dem Sinne, dass ihm die begehrte Notarstelle zu übertragen ist. Der Antragsteller hat daraufhin, soweit die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin betroffen ist, die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich dieser Erklärung angeschlossen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der - für den Bezirk zuständigen - Notarkammer ist unzulässig. Ihr fehlt die Beschwerdeberechtigung.

a) Gemäß § 20 Abs. 1, § 29 Abs. 4 FGG i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO und § 40 Abs. 4, § 42 Abs. 6 BRAO steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die Entscheidung des Notarsenats des Oberlandesgerichts beeinträchtigt ist (Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 1982 - NotZ 9/82 - DNotZ 1983, 506, 507; vom 18. November 1983 - NotZ 12/83 - DNotZ 1984, 435, 437; vom 28. November 2005 - NotZ 26/05 - NJW-RR 2006, 706; vgl. auch Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl. 2008, § 111 Rn. 167). Dabei genügt weder eine bloß formelle Beteiligung noch eine nur mittelbare Berührung rechtlicher Interessen. Entscheidend ist vielmehr die materielle Beschwer (Senat, Beschluss vom 28. November 2005, aaO; Bassenge in: Bassenge/Roth, FGG/RPflG, 11. Aufl. 2007, § 20 FGG Rn. 2); dies setzt die unmittelbare Beeinträchtigung dem Beschwerdeführer zustehender materieller Rechte durch den Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung voraus (Bassenge aaO, Rn. 5 ff; Briesemeister in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, § 20 Rn. 7, 12; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. 2006, § 20 Rn. 5; Keidel/Kahl, 15. Aufl. 2003, § 20 Rn. 12). Bei einer Behörde liegt eine solche Beeinträchtigung dann vor, wenn sie durch die angefochtene Entscheidung an der Erfüllung der ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgabe gehindert wird (KG Berlin, OLGZ 75, 63, 66; Bumiller/Winkler aaO).

b) Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der weiteren Beteiligten nicht erfüllt.

Nach § 67 Abs. 1 BNotO hat die Notarkammer die Interessen der "Gesamtheit der in ihr zusammengeschlossenen Notare" wahrzunehmen. Die Notarkammer wird daher dann in ihren Rechten beeinträchtigt, wenn die angefochtene Entscheidung die berechtigten Interessen der Gesamtheit der der Kammer angehörenden Notare verletzt (vgl. für die Antragsbefugnis im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO: Senat, BGHZ 63, 274, 275 = DNotZ 1975, 693, 694 f und BGHZ 139, 249, 251; Custodis in: Eylmann/Vaasen/Custodis, BNotO/BeurkG, 2. Aufl. 2004, § 111 BNotO Rn. 103; Sandkühler aaO, Rn. 100). Das Recht zu einer allgemeinen Legalitäts- oder Legitimitätskontrolle steht ihr hingegen nicht zu (Senat, BGHZ 139, 249, 252; weitergehend Dumoulin, DNotZ 1975, 696 ff).

Berechtigte Interessen der Gesamtheit der in der weiteren Beteiligten zusammengeschlossenen Notare sind vorliegend nicht berührt. Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist allein die personelle Besetzung der Düsseldorfer Notarstelle. Welcher der Notarassessoren, die sich auf diese Stelle beworben haben, letztlich zum Notar bestellt wird, wirkt sich auf die rechtlichen Interessen der am Besetzungsverfahren beteiligten Bewerber, nicht aber auf am Besetzungsverfahren unbeteiligte Notare aus. Aus dem Umstand, dass die Notarkammer vor der Bestellung der Notare durch die Justizverwaltung gemäß § 12 Satz 1 BNotO anzuhören ist, und sie darüber hinaus - wie hier geschehen - im gerichtlichen Verfahren Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und ihre Organe an der Verhandlung teilnehmen können (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 4 BNotO), ergibt sich nichts anderes. Dadurch erlangen die Notarkammer oder ihr Präsident nicht die Stellung eines "echten" Beteiligten (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - NotZ 44/06 - Rn. 8).

Auswirkungen, die eine auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses erforderliche neue Auswahlentscheidung auf die Besetzung der Notarstelle in K. haben könnte, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar trifft es zu, dass sich das insoweit eingeleitete Aufforderungsverfahren hinsichtlich des Antragstellers erledigt, wenn er vor einer Entlassung aus dem Dienst gemäß § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 BNotO in D. zum Notar bestellt wird. Auch erscheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass ein solches Leerlaufen des eingeleiteten Aufforderungsverfahrens letztlich nachteilige Folgen für die Sicherstellung der notariellen Betreuung der rechtsuchenden Bevölkerung und eine geordnete vorsorgende Rechtspflege in K. hat. Die Beschwerdeberechtigung der weiteren Beteiligten kann daraus aber schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil die Aufgabe, für die Erreichung dieser Zwecke Sorge zu tragen, nicht der Notarkammer, sondern der Landesjustizverwaltung zufällt (Senat, BGHZ 139, 249, 251).

Im Übrigen trifft auch die Auffassung der Notarkammer nicht zu, die Senatsentscheidung BGHZ 63, 274 = DNotZ 1975, 693 habe eine vergleichbare Fallkonstellation zum Gegenstand gehabt. Die Besonderheit dieses Falles, bei dem die Landesjustizverwaltung entgegen dem Antrag der zuständigen Notarkammer die Bestellung eines Notarverwesers unterlassen hatte, lag darin, dass - anders als hier - eine gerichtliche Kontrolle des Verhaltens der Landesjustizverwaltung überhaupt nur dann möglich war, wenn man der Kammer ein Antragsrecht nach § 111 Abs. 1 BNotO zubilligte (Senat aaO S. 278 bzw. S. 695).

2. Was das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin angeht, so haben die Beteiligten nach der neu getroffenen Auswahlentscheidung die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Insoweit ist über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a ZPO analog); die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten ist § 13a FGG zu entnehmen. Dabei sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Antrags zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 1989 - NotZ 17/89 - BGHR FGG § 13a Abs. 1 Satz 1 Hauptsacheerledigung 3). Allerdings kann sich das Gericht mit einer summarischen Prüfung begnügen (vgl. BVerfG NJW 1993, 1060, 1061; BGHZ 67, 343, 345); die Entscheidung nach §§ 91a ZPO, 13a FGG ist nicht darauf angelegt, schwierige Rechtsfragen zu klären (Senatsbeschlüsse vom 24. Juli 2006 - NotZ 5/06 - und vom 26. November 2007 - NotZ 33/07).

Hier stellt sich gerade eine solche schwierige, in Rechtsprechung und Literatur bisher kaum behandelte Rechtsfrage, nämlich die nach der Tragweite und den Rechtsfolgen - auch für ein anderes Bewerbungsverfahren - einer möglicherweise zur Entlassung eines Notarsassessors nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 BNotO führenden Aufforderung. Der Erfolg des hiergegen gerichteten Antrags nach § 111 BNotO kann nicht als so gewiss angesehen werden, dass es billig erscheint, der Antragsgegnerin gemäß §§ 91a ZPO, 13a FGG außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aufzuerlegen. Gerichtskosten sind nicht zu erheben.

III.

Die unzulässige Beschwerde der Rheinischen Notarkammer kann der Senat ohne mündliche Verhandlung verwerfen (BGHZ 44, 25).

Ende der Entscheidung

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