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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.07.2002
Aktenzeichen: NotZ 9/02
Rechtsgebiete: BNotO, GG


Vorschriften:

BNotO § 113 a
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20
Die Ländernotarkasse Leipzig ist befugt, Vergütungen, die ein Notar für die "Zurverfügungstellung" seiner Arbeitskraft neben seinem Notaramt erzielt, insoweit auf die Einkommensergänzung anzurechnen, als sie den für die Besoldungsgruppe R 1 in der Bundesnebentätigkeitsverordnung i.d.F. vom 12. November 1987 genannten Betrag (derzeit 4.900 Euro, früher 9.600 DM) übersteigen (im Anschluß an Senat BGHZ 126, 16).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 9/02

vom

8. Juli 2002

in dem Verfahren

wegen Einkommensergänzung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Tropf und Dr. Kurzwelly sowie die Notare Dr. Lintz und Dr. Ebner

am 8. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Senats für Notarverwaltungssachen des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. Januar 2002 aufgehoben.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Oktober 2001 und der Hilfsantrag werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert beträgt 20.000 Euro.

Gründe:

I.

1. Nach der vom Verwaltungsrat der Antragsgegnerin am 22. November 1999 beschlossenen, vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz am 30. März 2000 bestätigten Änderung der Einkommensergänzungssatzung (EErg-Satzung) berechnet sich das Berufseinkommen der Notare aus den Berufseinnahmen und, anders als bisher, den sonstigen Einnahmen, abzüglich der Berufsausgaben (§ 1 Abs. 1 EErg-Satzung). Sonstige Einnahmen sind nach § 2 Abs. 2 EErg-Satzung alle Vergütungen, die ein Notar für die Zurverfügungsstellung seiner Arbeitskraft neben seinem Notaramt erzielt. Sie werden insoweit auf die gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin zu gewährende Einkommensergänzung angerechnet, als sie den für die Besoldungsgruppe R 1 in § 6 Abs. 2 Satz 1 der Bundesnebentätigkeitsverordnung (BNV) genannten Betrag (derzeit 9.600 DM jährlich) übersteigen; dem Betrag sind die im Zusammenhang mit den sonstigen Einnahmen entstandenen, notwendigen und angemessenen Aufwendungen zuzuschlagen (§ 2 Abs. 3 EErg-Satzung).

2. Der Antragsteller ist seit 1993 Notar mit dem Amtssitz in T. , B. . Er erhielt in den Jahren 1993 und 1996 bis 1999 Einkommensergänzung. Dem am 8. März 2001 gestellten Antrag auf Einkommensergänzung für das Jahr 2000 fügte er eine Aufstellung der Berufseinnahmen und Berufsausgaben bei, die sonstigen Einnahmen gab er aber nur ihrer Art (bis April 2000 Richter des Verfassungsgerichtshofs Berlin; Prüfer für das Landesjustizprüfungsamt; Leiter einer Referendar-Arbeitsgemeinschaft), nicht aber ihrer Höhe nach an. Eine Ergänzung der Angaben lehnte er ab. Mit Bescheid vom 5. Oktober 2001 wies die Antragsgegnerin den Antrag auf Einkommensergänzung für das Jahr 2000 ab und forderte einen bereits ausgezahlten Vorschuß von 15.000 DM nebst Zinsen zurück. Das Oberlandesgericht hat den Bescheid aufgehoben und die Antragsgegnerin angewiesen, den Antragsteller unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin. Ihr tritt der Antragsteller entgegen. Hilfsweise beantragt er, der Antragsgegnerin aufzugeben, ihm Gelegenheit zu geben, seine Angaben zu ergänzen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig und durch den hierzu wirksam bevollmächtigten Geschäftsführer der Antragsgegnerin eingelegt (§ 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht meint, die Änderung der Einkommensergänzungssatzung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt, den Notaren, die der Einkommensergänzung nicht bedürfen, sonstige Einnahmen ungeschmälert zu belassen, sie den Bedürftigen aber, soweit sie den Freibetrag (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BNV) übersteigen, zu entziehen. Dem liegt ein unzutreffendes Verständnis des Amtsverhältnisses des Notars zugrunde.

a) Der Notar ist als Träger eines öffentlichen Amts auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege (§ 1 BNotO) zwar, was seine Amtsbefugnisse und die Regelung seiner Aufgaben angeht, in die Nähe des öffentlichen Dienstes gerückt (Senat, BGHZ 23, 46, 48; Beschl. v. 14. Dezember 1992, NotZ 3/91, BGHR BNotO § 93 Abs. 1, Aufsicht 3). Die staatliche Einbindung des Berufs beseitigt aber die Grundentscheidung des Gesetzes für das "freie Notariat", nämlich die Übertragung des Amts an eine Privatperson zur selbständigen Ausübung, nicht (Senat, Beschl. v. 9. Januar 1995, NotZ 24/94, BGHR BNotO § 93 Abs. 1, Aufsicht 5 m.w.N.). Bei der Amtsausübung ist der Notar, wie § 1 BNotO verbürgt, nicht nur gegenüber den Beteiligten, sondern auch gegenüber dem Staat unabhängig. Wirtschaftlich ist der Notar selbständig (§ 17 Abs. 1 BNotO), er schafft (grundsätzlich) selbst die sachlichen und persönlichen Organisationsgrundlagen seiner Amtsausübung und haftet für Berufsfehler allein (§ 19 BNotO). Die Vorstellung, die aus der Amtsausübung erzielten Einkommen der Berufsangehörigen müßten, nach dem Muster von Beamten derselben Besoldungsgruppe, an sich auf im wesentlichen vergleichbarer oder gleicher Höhe liegen, ist hiermit nicht zu vereinbaren. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist deshalb ein Notar, dem eine weniger einträgliche Amtsstelle übertragen ist, gegenüber anderen Notaren rechtlich nicht benachteiligt. Er hat das Amt aus freien Stücken übernommen und kann jederzeit aus ihm ausscheiden (§ 48 BNotO). Um eine der Amtsstellen mit höherem Gebührenaufkommen hat er sich entweder nicht beworben oder ist bei der Auswahl der Bewerber nach dem Grundsatz der Bestenauslese (§ 6 Abs. 3 BNotO; Senat BGHZ 124, 327 st. Rspr., zuletzt Beschl. v. 3. Dezember 2001, NotZ 20/01, ZNotP 2002, 119) ausgeschieden. Der Grundsatz der Bestenauslese gilt uneingeschränkt auch für das hauptberufliche Notariat im Bezirk der Antragsgegnerin (für Bayern: Senat BGHZ 102, 6, 14; Beschl. v. 24. November 1997, NotZ 2/97, NJW-RR 1998, 637) und ist in diesem Bereich bereits im Vorfeld, der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst, durch § 7 Abs. 2 BNotO abgesichert (vgl. BVerfGE 73, 280). Die Möglichkeit der Bewerbung um eine einträglichere Amtsstelle ist durch das "Vorrücksystem" gewährleistet (Senat, Beschl. v. 5. Februar 1996, NotZ 25/95, DNotZ 1996, 906; v. 18. September 1995, NotZ 44/94). Die Anrechnung der sonstigen Einkommen auf die Einkommensergänzung fügt mithin nicht, wie das Oberlandesgericht meint, einer durch das übertragene Amt schon begründeten Benachteiligung einen weiteren Nachteil hinzu. Vielmehr erhält der Notar, dessen Berufseinkommen auf dasjenige eines Richters am Amtsgericht (R 1) angehoben wird, gegenüber Berufskollegen, die eine Einkommensergänzung nicht beziehen, einen Vorteil. Er ist um des öffentlichen Zweckes willen, auch in strukturschwachen Gebieten mit geringerem Gebührenaufkommen ein leistungsfähiges Notariat zu erhalten, gerechtfertigt (Senat, BGHZ 126, 16, 28); die Alimentierung des Amtsinhabers dient diesem Zweck und findet in ihm ihre Grenze (Senat, Beschl. v. 20. März 2000, NotZ 15/99, DNotZ 2000, 713). Die Anrechnung der über dem Freibetrag liegenden sonstigen Einnahmen auf die Einkommensergänzung begrenzt den Vorteil auf das Maß, das die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel zur Erreichung des Zweckes der Einkommensergänzung für genügend befunden hat.

b) Die weiteren Überlegungen des Oberlandesgerichts gehen auf dessen rechtlichen Grundansatz zurück und sind wie dieser nicht tragfähig.

Die Anrechnung von sonstigen Einnahmen auf die Einkommensergänzung widerspricht nicht der Entscheidung des Gesetzgebers, abweichend vom Beamtenrecht (vgl. § 69 Satz 2, Nr. 2 BBG, § 6 Abs. 3 BNV), von der Ablieferung der Vergütung für Nebenbeschäftigungen abzusehen. Sie ist Ausdruck der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Notars. Der Staat sieht davon ab, ihn für seine Amtstätigkeit zu alimentieren, auf die Vergütung aus einer die Amtstätigkeit nicht störenden und aus diesem Grunde genehmigungsfähigen (§ 8 Abs. 1 bis Abs. 3 BNotO) oder genehmigungsfreien (§ 8 Abs. 4 BNotO) Tätigkeit greift er nicht zu. Der Notar, der Einkommensergänzung bezieht, läßt sich dagegen aus den Abgaben, die die Berufsgenossen an die Antragsgegnerin zu entrichten haben (§ 113a Abs. 8 BNotO), alimentieren. Auf die Alimentationsleistung werden sonstige Einnahmen angerechnet. Der Zugriff erfolgt nicht zugunsten des Staatshaushalts, sondern zugunsten der Solidarkasse des Berufsstandes, aus der die Einkommensergänzung gespeist wird.

Die Beschränkung der Anrechnung auf Einnahmen aus der Arbeitskraft des Notars stellt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts keinen Systembruch dar. Allerdings wäre die Heranziehung der Einnahmen aus anderen Quellen (Kapitaleinkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung u.a.) geeignet, die von der Antragsgegnerin bewirtschaftete Solidarkasse weiter zu entlasten. Ein sachlicher Zwang, so weit zu gehen, besteht indes nicht. Ein Verzicht des Notars auf Einnahmen aus diesen Quellen würde keinen Beitrag dazu leisten, dem öffentlichen Zweck, Notariate in strukturschwachen Gebieten zu erhalten, Genüge zu tun. Der Einsatz der durch die Aufgabe von Nebentätigkeiten freiwerdenden Arbeitskraft ist dagegen - dem Grundsatz nach - geeignet, das Gebührenaufkommen des Notars zu verbessern und damit eine Entlastung der Kasse des Antragsgegners herbeizuführen. Dies gilt unbeschadet dessen, daß die angerechnete Nebenbeschäftigung mit einer ordnungsgemäßen Führung des Notariats, insbesondere der Aufrechterhaltung der Amtsbereitschaft (vgl. § 15 BNotO), vereinbar sein muß. Der Auffassung des Oberlandesgerichts, der Notar sei, bei beanstandungsfreier Amtstätigkeit, ohne Einfluß auf die Höhe seiner Berufseinkünfte, kann nicht beigetreten werden. Die Beschränkung seiner Tätigkeit auf den Amtsbereich (§ 10a Abs. 2 BNotO) nimmt die Intensität, mit der er die dort vorhandene Nachfrage nach notariellen Dienstleistungen wahrnimmt, nicht vorweg. Die Bereitschaft der im Amtsbereich Eingesessenen, ihre Beurkundungsbedürfnisse bei dem örtlichen Notar zu befriedigen, hängt von einer Reihe von Umständen ab (Qualität der fachlichen Leistung, Anwesenheit an Ort und Stelle während der üblichen Bürozeiten, Umgang mit dem rechtsuchenden Publikum), auf die der Notar, auch durch Verzicht auf Nebentätigkeiten, Einfluß hat. Der werbenden Kraft von Persönlichkeit und Leistung des Notars ist es auch überlassen, auswärtige Beurkundungswillige für das Notariat zu gewinnen.

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts steht die Anrechnungsvorschrift der Einkommensergänzungssatzung nicht in einem Widerspruch zur Ausgestaltung des Nebentätigkeitsrechts der Bundesnotarordnung. § 8 BNotO regelt die Frage, welche Tätigkeiten der Notar neben dem Notaramt ausüben darf. Zweck der Regelung ist es, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Notare zu wahren und jeder nur denkbaren Gefährdung von vornherein entgegenzutreten (st. Senatsrechtspr., vgl. nur Beschl. v. 8. Mai 1995, NotZ 28/94, BGHR BNotO § 8 Abs. 2 Genehmigungsgrundsätze 2). Sie hat mithin allein die Ausübung des öffentlichen Amtes, nicht aber die wirtschaftliche Existenzfähigkeit der einzelnen Notarstellen und schon gar nicht die Anrechnung von Einnahmen aus einer Nebentätigkeit im Blick. In dem Umstand, daß § 8 BNotO sich zu dieser Frage nicht verhält, kann deshalb nicht, wie das Oberlandesgericht meint, eine die Anrechnung ausschließende gesetzgeberische "Wertentscheidung" gesehen werden.

2. a) Im Ergebnis ist auch ein Verstoß gegen den Schutz des Vertrauens in die bis zum Kalenderjahr 1999 geltende Regelung (Art. 20 GG, Rechtsstaatsprinzip) zu verneinen. Das bisherige System war darauf angelegt, ein unzureichendes Einkommen aus dem Amte am Vergleichsmaßstab einer Richterbesoldung anzuheben ("Ausgleich der betriebsbezogenen Unterdeckung"). Nunmehr knüpft die Satzung die Einkommensergänzung an das Ergebnis der Verwertung der Arbeitskraft des Notars an. Es kann nicht von vornherein von der Hand gewiesen werden, daß sich ein Vertrauen eines Bewerbers um das Notaramt oder eines Amtsinhabers darauf bilden konnte, daß die Antragsgegnerin bis zur vorgesehenen Obergrenze Defizite ausgleicht, die auf die wirtschaftlichen Strukturen am Amtssitz zurückzuführen sind, mithin ein Mindesteinkommen aus dem Notaramt verbürgt. Indes hätte ein solches Vertrauen hinter das Anliegen, im Interesse der Gesamtheit der Berufsgenossen und der Lebensfähigkeit des Notariats in den neuen Bundesländern die Abgaben an die Antragsgegnerin zu begrenzen, zurückzutreten. Einwirkungen auf nicht abgeschlossene Sachverhalte mit Wirkung für die Zukunft (unechte Rückwirkung) sind, wenn bei einer Abwägung das Allgemeininteresse das individuelle Vertrauensinteresse überwiegt, zulässig (BVerfGE 25, 154; 79, 46 st. Rspr.). Dies ist hier der Fall. Nach dem unstreitigen, in den Grundzügen auch gerichtsbekannten, Vorbringen der Antragsgegnerin ist die Zahl der Anträge auf Einkommensergänzung seit Schaffung der Kasse im Jahr 1990 sprunghaft gestiegen. Wie die Antragsgegnerin mitteilt, waren in den Jahren 1990 bis 1992 zwei Anträge zu verzeichnen, für das Jahr 2000 waren bis 31. März 2001 insgesamt 44 Anträge gestellt worden. Das Gebührenaufkommen in den neuen Bundesländern hat sich gegenüber 1996, einem allerdings die Spitze des Beurkundungsbooms kennzeichnenden Zeitpunkt, um ca. 30 v.H. verringert. Nach den Berechnungen der Antragsgegnerin ist für den gegenwärtigen Zeitpunkt damit zu rechnen, daß 98 von insgesamt 542 Amtsinhabern nach der Struktur ihrer Notarstellen in Bereichen liegen, in denen eine Einkommensergänzung in Frage kommt. Die Anhebung der Schwelle der Einkommensergänzung tritt in ihren Folgen hinter die bei der Beibehaltung der bisherigen Regelung zu besorgende Unterdeckung des Haushalts zurück. Abgeschöpft werden nur Einnahmen aus Tätigkeiten, die neben der hauptberuflichen Amtsführung (§ 3 Abs. 1 BNotO) zulässig sind. Das Vertrauen in ein bestimmtes Mindesteinkommen aus der Berufstätigkeit bleibt mithin im Grundsatz unerschüttert, die Modifikation betrifft Randbereiche, die das Berufsbild nicht bestimmen.

b) Nach dem Stand der Rechtsprechung ist davon auszugehen, daß die Einkommensergänzung nicht den Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG genießt. Der Zahlungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin beruht auf öffentlichem Recht und weist nicht die Züge auf, die öffentlich-rechtliche Positionen (z.B. Ansprüche auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, BVerfGE 53, 298; 76, 293) eigentumsgleich erscheinen lassen. Die Eigenleistung der Notare, nämlich die Abgaben an die Antragsgegnerin, können zwar beträchtlich sein. Abgesehen davon, daß sie nach § 113a Abs. 8 i.V.m. Abs. 3 BNotO einer Vielzahl von Zwecken dienen, stellen sie, auch soweit sie für die Ergänzung des Berufseinkommens Verwendung finden, keine Leistung dar, die in einem individuellen Zweckverhältnis zu einer Gegenleistung steht. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Abgaben an die Antragsgegnerin - soweit sie der Einkommensergänzung dienen - Sonderabgaben, die Notare als Gruppe zur Finanzierung eines öffentlichen Zwecks leisten, zu dem sie in einer Sonderbeziehung stehen, nämlich der Erhaltung einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege (BGHZ 126, 16, 27 ff). Sonderabgaben sind, in Abgrenzung zu Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge), dadurch gekennzeichnet, daß sie unabhängig von einer Gegenleistung geschuldet sind (BVerfGE, 81, 186; vgl. BVerfGE 67, 274; 78, 267). Dem entspricht es auch, daß die Abgabe nicht als solche einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin begründet, eine Zahlung vielmehr nur mit Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Notariats erfolgt, und daß die Höhe der Einkommensergänzung von der Höhe der entrichteten Abgabe unabhängig ist. Dies stellt sie außerhalb eines individualisierenden Versicherungsprinzips (Bohrer, Das Berufsrecht der Notare, 1991, S. 111). Selbst wenn indessen die Einkommensergänzung nach Art. 14 GG geschützt wäre, bliebe die Änderung der Einkommensergänzungssatzung aus den zu a) dargelegten Gründen innerhalb einer - nicht ausgleichspflichtigen - Inhalts- und Schrankenbestimmung.

3. Fehler bei der Anwendung der Einkommensergänzungssatzung sind der Antragsgegnerin nicht unterlaufen. Die Entschädigung des Antragstellers als Richter des Verfassungsgerichtshofs von Berlin (§ 13 VerfGHG Berlin) zählt zu den sonstigen Einnahmen des Antragstellers. Hierbei ist es unerheblich, ob für diese Tätigkeit, wenn sie ein Beamter verrichtete, eine Ablieferungspflicht nach § 6 Abs. 3 BNV bestünde. Die Einkommensergänzungssatzung nimmt, was im Satzungsermessen der Antragsgegnerin liegt, nur auf den Freibetrag in § 6 Abs. 2 Satz 1 BNV Bezug. Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, daß Vergütungen für Lehr- und Prüfungstätigkeiten (Zweite juristische Staatsprüfung, Leitung einer Arbeitsgemeinschaft) nach § 7 BNV von der Ablieferungspflicht ausgenommen sind.

III.

Der Hilfsantrag ist unstatthaft. Das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist mit dem Ausspruch des Senats abgeschlossen. Der Antragsteller ist nicht gehindert, seinen Antrag auf Einkommensergänzung für das Jahr 2000 unter Nachtrag der fehlenden Angaben zu wiederholen. Die Antragsgegnerin hat ihm auch bereits zugesagt, ihm hierzu die Möglichkeit zu geben.

Ende der Entscheidung

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