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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.03.1999
Aktenzeichen: PatAnwZ 10/98
Rechtsgebiete: PatAnwO


Vorschriften:

PatAnwO § 5 Abs. 2
PatAnwO § 5 Abs. 2

Das Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt" ist nur dann erfüllt, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet des freiberuflichen Berufsfeldes eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt.

BGH, Beschluß vom 22. März 1999 - PatAnwZ 10/98 - OLG München Senat für Patentanwaltssachen


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

PatAnwZ 10/98

vom

22. März 1999

in dem Verfahren

wegen Zulassung zur Patentanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Patentanwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Prof. Dr. Thode und Dr. Dressler sowie die Patentanwälte Dr. Klöpsch und Dipl.-Phys. Schaafhausen

am 22. März 1999

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Patentanwaltssachen bei dem Oberlandesgericht München vom 5. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsgegner die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

1. Der Antragsteller bestand am 12. Juli 1995 die Prüfung nach § 8 PAO und war sodann, wie zuvor während seiner Ausbildung, als Angestellter in der Patentabteilung der Firma M. (D. M. ) tätig. Sein dortiger Vorgesetzter und früherer Ausbilder B. wurde am 12. Februar 1996 in die Liste der Patentanwälte eingetragen. Seit Sommer 1997 ist der Antragsteller Leiter der Patentabteilung der Firma K. .

2. Den Antrag auf Zulassung zur Patentanwaltschaft hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 14. Juli 1997 mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller erfülle nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PAO. Der Antragsteller habe seine praktische Tätigkeit nicht in einer freiberuflichen Kanzlei eines Patentanwaltes geleistet, sondern als Vollzeitangestellter der Firma M. .

3. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht München mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen:

Die praktische Tätigkeit des Antragstellers genüge nicht den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PAO. Der Antragsteller habe seine praktische Tätigkeit nicht bei einem freiberuflichen Patentanwalt abgeleistet. Er sei auch nach der Zulassung des Patentassessors B. zur Patentanwaltschaft nicht in dessen Kanzlei, sondern weiter als Angestellter in der Patentabteilung der Firma M. tätig gewesen. § 5 Abs. 2 PAO fordere unter anderem als Berufszulassungsvoraussetzung eine mindestens sechsmonatige praktische Tätigkeit bei einem Patentanwalt. Diese Tätigkeit solle den Patentanwaltsassessor in die eigenverantwortliche freiberufliche Tätigkeit eines Patentanwaltes einführen. Diese Berufszulassungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 PAO verstoße nicht gegen Artikel 12 Abs. 1 GG. Die geforderte praktische Tätigkeit bei einem freiberuflichen Patentanwalt diene dem Schutz der Allgemeinheit. Sie solle den Patentanwaltsassessor darauf vorbereiten, daß er nach seiner Zulassung Rechtsuchende eigenverantwortlich berate und betreue. Die Regelung sei geeignet, diesem Schutz zu dienen, ihre inhaltliche Ausgestaltung sei im Hinblick auf das geschützte Gemeinschaftsgut auch nicht unverhältnismäßig.

4. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Er ist der Ansicht, daß seine Tätigkeit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PAO erfülle, weil er neben seiner Tätigkeit in der Patentabteilung der Firma M. insgesamt vier Mandate des Syndikus-Patentanwaltes B. eigenverantwortlich betreut habe. Seine praktische Tätigkeit für ein Industrieunternehmen und einen Syndikus-Anwalt sei der Tätigkeit bei einem freien Patentanwalt gleichwertig. Abgesehen davon verstoße die Entscheidung des Oberlandesgerichts gegen Artikel 12 Abs. 1 GG.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluß.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 PAO), sie ist jedoch nicht begründet. Der Senat schließt sich den zutreffenden Erwägungen an, mit denen das Oberlandesgericht den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen hat, und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang hierauf Bezug. Lediglich ergänzend sei angemerkt:

1. Zu Recht stellt das Oberlandesgericht insbesondere darauf ab, daß die Zulassung als Patentanwalt nach § 5 Abs. 2 PAO in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2278) eine halbjährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des freiberuflichen Berufsfeldes des Patentanwalts verlangt. Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, soll durch diese Vorschrift, die von den späteren Änderungen der Patentanwaltsordnung - zuletzt durch "Erstes Gesetz zur Änderung der Patentanwaltsordnung" vom 26. August 1998 (BGBl. S. 2582) - unberührt geblieben ist, gewährleistet werden, daß der künftige Patentanwalt in die eigenverantwortliche freiberufliche Tätigkeit eingeführt wird und die für eine ordnungsgemäße Berufsausübung dort unerläßlichen praktischen Erfahrungen sammelt, die er im übrigen auch als späterer Syndikus-Anwalt (§ 41 a PAO) in seinem freiberuflichen Arbeitsbereich benötigt.

Das Oberlandesgericht weist mit Recht darauf hin, daß in der Bestimmung des § 7 Abs. 1 PAO über die Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes gleichfalls nach Berufsfeldern unterschieden wird. Dort heißt es nämlich in Satz 1, der Bewerber müsse wenigstens zwei Jahre - nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 26. August 1998 am 1. Januar 1999 26 Monate für Bewerber, die ihre Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes nach dem 31. Dezember 1998 beginnen (§§ 189, 7 Abs. 1 Satz 1 PAO) - "bei einem Patentanwalt" oder "bei einem Patentassessor (§ 11) in der Patentabteilung eines Unternehmens" sowie vier Monate beim Patentamt und acht Monate beim Patentgericht - bei Anwendung der Neufassung: zwei Monate bzw. sechs Monate - ausgebildet werden. Hieraus ist zu entnehmen, daß die Zuordnung des Bewerbers zu einer bestimmten Ausbildungsstelle entscheidend sein soll, damit dieser - unter Anleitung eines entsprechend qualifizierten Ausbilders - auf den verschiedenen Berufsfeldern praktische Erfahrung gewinnt.

Die von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargestellte Tätigkeit für vier Mandanten des Patentanwalts B. in dessen patentanwaltlichem Wirkungskreis, bei denen dieser teilweise auch mit für den gemeinsamen Dienstherrn auftrat (zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen hierfür vgl. § 41 a Abs. 2 PAO), vermag das Erfordernis einer halbjährigen Beschäftigung "bei einem Patentanwalt" nicht zu erfüllen. Der Antragsteller hat selbst nicht behauptet, daß er während des Zeitraums seiner Inanspruchnahme für diese Mandate in die Patentanwaltskanzlei seines Vorgesetzten B. eingebunden war und nicht in Diensten seiner Firma, der M. , gestanden hat.

2. Durch das Erfordernis einer halbjährigen Tätigkeit in einer patentanwaltlichen Praxis, die auch von einem Syndikus-Anwalt geleitet werden kann, wird der Bewerber entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht unverhältnismäßig belastet. Vielmehr ist diese Zeitspanne einer praktischen Beschäftigung, die dem Bewerber für den erstrebten weiteren hochqualifizierten Beruf als Patentanwalt auferlegt wird, erforderlich, damit er zum Schutz der Rechtsuchenden das notwendige Mindestmaß an zusätzlichen Kenntnissen und Fähigkeiten für seine freiberufliche Arbeit erwirbt. Den Belangen des Bewerbers wird zudem, wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, noch dadurch Rechnung getragen, daß ihm nach § 5 Abs. 2 Satz 2 PAO eine Tätigkeit bei einem Patentanwalt während der Ausbildung angerechnet wird. Damit erhält er die Möglichkeit, sich durch die Gestaltung seiner Ausbildung vor Ablegung der Prüfung eine zusätzliche Tätigkeit nach deren Abschluß zu ersparen und so den von dem Antragsteller behaupteten Nachteil zu vermeiden, in verhältnismäßig fortgeschrittenem Berufsalter eine Einschränkung seines Lebenszuschnitts hinnehmen zu müssen. Schließlich wird ihm durch die Vorschrift des § 175 PAO die Beschäftigung bei einem Patentanwalt nach § 5 Abs. 2 PAO ganz erlassen, wenn er mindestens zehn Jahre als Patentsachbearbeiter im Sinne des § 172 PAO tätig geworden ist.

Ende der Entscheidung

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