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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: RiZ(R) 2/08
Rechtsgebiete: DRiG


Vorschriften:

DRiG § 6 Abs. 3
DRiG § 62 Nr. 4 e
Ein Rechtspfleger ist nicht befugt, eine Maßnahme der Dienstaufsicht nach § 62 Nr. 4 e DRiG i.V. mit § 26 Abs. 3 DRiG anzufechten.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

RiZ(R) 2/08

vom 16. Oktober 2008

in dem Prüfungsverfahren

wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat ohne mündliche Verhandlung am 16. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kniffka, Dr. Joeres und Prof. Dr. Fischer sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Antragsteller, ein Justizamtmann, ist als Rechtspfleger am Amtsgericht W. tätig. Er wendet sich mit vor dem Dienstgericht für Richter erhobenen Anträgen gegen Maßnahmen der Dienstaufsicht.

Mit Schreiben vom 1. März 2005 teilte die Direktorin des Amtsgerichts dem Antragsteller unter dem Betreff "Prüfung von Betreuungen, Vormundschaften pp., in denen ein Vermögen von mehr als 200.000 Euro verwaltet wird" mit, sie habe in verschiedenen Verfahren zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Antragsteller die Verfahrensbeteiligten um Zustimmung zur Einsicht durch den Präsidenten des Landgerichts D. ersuche. Dieser Zustimmung bedürfe es nicht. Sie forderte den Antragsteller auf, derartige Zustimmungsanfragen an die Verfahrensbeteiligten umgehend zu unterlassen und etwaige zur Prüfung anstehende Betreuungsakten ungeachtet einer nachgefragten, aber nicht erteilten Zustimmung unverzüglich weiterzuleiten.

Mit Disziplinarverfügung vom 24. August 2005 erteilte der Präsident des Landgerichts D. in anderem Zusammenhang einen Verweis.

Mit Schriftsatz vom 18. März 2006 hat sich der Antragsteller an das Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf mit den Anträgen gewandt, gemäß § 26 Abs. 3 DRiG festzustellen, dass

a) die Disziplinarverfügung der Direktorin des Amtsgerichts W. nach Maßgabe des Beamten- und Disziplinarrechts des Landes NRW unvereinbar mit der sachlichen Unabhängigkeit - Art. 97 Abs. 1 GG/§ 9 RPflG - des als nicht hauptamtlich und planmäßig angestellten Einzelrichters im richterlichen Verwendungsamt tätigen Klägers ist, und zwar als eine mit der sachlichen Unabhängigkeit unvereinbare Maßnahme an sich und als unzulässige Disziplinarmaßnahme nach § 26 Abs. 2 DRiG insbesondere,

b) die unter dem 1. März 2005 auf Aufforderung des Vizepräsidenten des Landgerichts D. unter Androhung der Einleitung von disziplinarischen Maßnahmen erlassene dienstliche Anweisung, ab sofort in Betreuungs- und vormundschaftsgerichtlichen Angelegenheiten es zu unterlassen, den Beteiligten nach Maßgabe des Gesetzes und der Verfassung rechtliches Gehör und ein faires Verfahren zu gewähren, unvereinbar mit der sachlichen Unabhängigkeit des Klägers ist.

Das Dienstgericht für Richter hat den Antrag mit Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2006 als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Antragsteller fehle für einen Antrag nach § 26 Abs. 3 DRiG die Befugnis, denn die Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes gälten nur für Berufsrichter. Zu diesem Personenkreis gehöre der Antragsteller nicht.

Die dagegen gerichtete Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 16. November 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Dienstgerichtshof auf den Bescheid des Dienstgerichts Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, der Antragsteller könne durch die angefochtenen Maßnahmen schon deshalb nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt sein, weil ihm diese in seiner Eigenschaft als Rechtspfleger nicht zustehe. Der Gesetzgeber habe zwar deutlich gemacht, dass dem Rechtspfleger eine besondere, der des Richters in gewissem Umfang vergleichbare Rechtsstellung zukomme. Es fehle ihm aber die für die Rechtsstellung des Richters charakteristische persönliche Unabhängigkeit, da er dienstrechtlich auch bei der Wahrnehmung richterlicher Geschäfte Beamter des gehobenen Dienstes bleibe.

Mit der Revision verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, der Rechtspfleger sei in der Gesetzgebung wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung einem sachlich unabhängigen Richter gleichgestellt. Auf ihn fänden alle zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit vom einfachen Gesetzgeber geschaffenen Schutzvorschriften unmittelbar Anwendung.

Der Antragsteller beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und antragsgemäß zu entscheiden oder die Sache an den Dienstgerichtshof für Richter zurückzuverweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Revisionsschrift vom 10. März 2008 Bezug genommen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Wegen seines Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 22. April 2008 verwiesen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG) ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Prüfungsantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, weil ihm die Antragsbefugnis fehlt. Ein Rechtspfleger ist nicht befugt, eine Maßnahme der Dienstaufsicht nach § 62 Nr. 4 e DRiG, § 37 Nr. 4 e LRiG NW i.V. mit § 26 Abs. 3 DRiG anzufechten.

I.

Das Dienstgericht für Richter ist nach Maßgabe des § 62 Nr. 4 e DRiG, § 37 Nr. 4 e LRiG NW zuständig für Anfechtungen einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG. Der Anfechtung nach § 26 Abs. 3 DRiG liegt die Behauptung eines Richters zugrunde, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige. Die Vorschriften des Gesetzes gelten, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur für Berufsrichter, § 2 DRiG, vgl. auch § 1 LRiG NW. Berufsrichter im Sinne des Deutschen Richtergesetzes kann nur derjenige sein, der in einem öffentlich-rechtlichen Richterverhältnis auf Lebenszeit, auf Zeit, auf Probe oder kraft Auftrags zum Bund oder zu einem Land steht, § 3 und § 8 DRiG. Berufsrichter werden durch Aushändigung einer Urkunde ernannt, § 17 DRiG. Dazu gehören Rechtspfleger nicht. Das Deutsche Richtergesetz trifft keine Bestimmung, dass Rechtspfleger Maßnahmen der Dienstaufsicht nach § 26 Abs. 3 DRiG anfechten können. Dass Rechtspfleger sachlich unabhängig und nur an das Gesetz gebunden sind, § 9 RPflG, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht die Anwendung des § 26 Abs. 3 DRiG.

Auf die Erwägungen des Antragstellers zur sachlichen Unabhängigkeit des Rechtspflegers (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1991 - 2 B 19/91, zitiert nach juris) kommt es, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, für die Zulässigkeit des Antrags vor dem Dienstgericht für Richter nicht an.

Der vom Dienstgericht für Richter angeregten Verweisung an das Verwaltungsgericht hat sich der Antragsteller widersetzt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V. mit § 154 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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