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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: RiZ(R) 3/05
Rechtsgebiete: DRiG


Vorschriften:

DRiG § 26 Abs. 2
Die in Frageform gefasste Äußerung eines Richters in einer Verhandlung gegenüber einem Prozessbeteiligten, "ob dieser ihn nicht verstehen wolle oder zu dumm sei, ihm zu folgen", kann der Dienstaufsicht unterfallen, wenn sie nicht den sachlichen Inhalt einer Entscheidung mitbestimmt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

RiZ(R) 3/05

Verkündet am: 22. Februar 2006

in dem Prüfungsverfahren

wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Nobbe, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kniffka und Dr. Joeres sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs bei dem Oberlandesgericht Koblenz vom 4. März 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht R. . Er wendet sich gegen Maßnahmen der Dienstaufsicht, durch die er seine richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt sieht.

Der Antragsteller leitete am 7. November 2002 eine Verhandlung in einem Rechtsstreit, in dem die Parteien um die Auslegung eines Vermächtnisses stritten. In dem als Güteverhandlung mit anschließender mündlicher Verhandlung anberaumten Termin vertrat Herr Z. den Kläger, einen Tierschutzverein. Z. ist Direktor des Amtsgerichts G.. Im Verlaufe der Verhandlung kam es zu einem Streitgespräch zwischen Z. und dem Antragsteller, in dem Z. dem Antragsteller nach dessen Darstellung Voreingenommenheit vorwarf. Der lautstarke Wortwechsel führte dazu, dass Z. das Verlassen des Gerichtssaals ankündigte. Der Antragsteller wies ihn darauf hin, dass er dann Versäumnisurteil erlassen könne. Z. vertrat die Auffassung, es sei schon mündlich verhandelt worden, so dass ein Versäumnisurteil nicht ergehen könne. Der Streit darüber, ob die Güteverhandlung fortdauere, mündete in einer Äußerung des Antragstellers, die von den Beteiligten der Verhandlung unterschiedlich dargestellt wird. Nach der Darstellung des Antragstellers hat er Z. gefragt, ob dieser ihn nicht verstehen wolle oder zu dumm sei, ihm zu folgen. Z. verließ daraufhin den Sitzungssaal. Der Antragsteller ordnete das Ruhen des Verfahrens an. Z. erhob anschließend Dienstaufsichtsbeschwerde beim Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern, mit der er sich gegen das Auftreten des Antragstellers im Termin vom 7. November 2002 wandte.

Mit Bescheid vom 22. Januar 2003 hielt der Präsident des Landgerichts Kaiserslautern dem Antragsteller dessen Äußerung gegenüber Z. vor. Zur Begründung führte er aus: Es komme durchaus vor, dass in Gerichtsverhandlungen eine deutliche Sprache verwendet werde und auch lautere Töne angeschlagen würden. Dem gingen nicht selten Provokationen von Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Gericht voraus und könnten dann zu Reaktionen des Richters führen, die sich in Ausdrucksweise und Lautstärke außerhalb des üblichen Rahmens bewegten. Ungeachtet der jeweiligen Grenzziehung im Einzelfall stelle auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller gegebenen Darstellung des Verlaufs der Sitzung die von ihm gegenüber dem damaligen Klägervertreter gebrauchte Formulierung, "ob er mich nicht verstehen wolle oder ob er zu dumm sei, mir zu folgen", eine Beleidigung dar, die dem Antragsteller als ordnungswidrige Art der Ausführung seines Amtsgeschäftes vorzuhalten sei. Dass der Antragsteller die Formulierung in eine Frageform gekleidet habe, ändere daran nichts. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der angespannten Situation und der Verärgerung des Antragstellers. Solche Formulierungen hätten im Gerichtssaal aus dem Mund eines Richters nichts zu suchen. Ein Richter habe sich bei der Wahl seiner Worte stets seiner Pflicht zur Unvoreingenommenheit und Neutralität bewusst zu sein. Der Antragsteller sei daher zu ermahnen und es sei an sein Verantwortungsbewusstsein zu appellieren, künftig solche Formulierungen zu unterlassen und sich auch im Falle von Provokationen hierzu nicht hinreißen zu lassen. Der Vorgang sei in die Personalakte des Antragstellers aufzunehmen.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der Präsident des Oberlandesgerichts Zweibrücken wies den Widerspruch am 20. März 2003 zurück. Zur Begründung führte er u.a. aus: Die in Rede stehende Äußerung sei vom Präsidenten des Landgerichts zu Recht als verbaler Exzess charakterisiert worden, sie stelle eine Beleidigung dar. Mit seiner rhetorischen Frage habe der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass Z. entweder unwillig oder wegen Dummheit nicht qualifiziert sei, den Zivilprozess zu führen und dessen einfachste Grundregeln zu verstehen. Letztlich sei diesem damit sogar die Eignung für sein Amt in Zweifel gezogen worden. Deshalb erschöpfe sich diese Bemerkung in einer reinen Abwertung der Person des Angegriffenen.

Der Antragsteller hat beim Verwaltungsgericht erfolglos Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Bescheide begehrt hat. Seinen Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt.

Der Antragsteller hat außerdem am 17. April 2003 das Dienstgericht für Richter mit dem Antrag angerufen festzustellen, dass die Maßnahmen der Dienstaufsicht unzulässig seien, weil sie die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigten. Das Dienstgericht für Richter hat die Klage mit Urteil vom 15. Oktober 2004 abgewiesen.

Mit seiner Berufung hat der Antragsteller geltend gemacht, seine Äußerung habe sich im Rahmen einer adäquaten Wertung der prozessualen Vorgänge gehalten. Für jedermann im Gerichtssaal sei klar gewesen, dass er mit seiner Frage auf den gegen ihn von Z. erhobenen Vorwurf der Voreingenommenheit und Parteilichkeit erwidert habe und dass er diesen weder als Person noch als Richterkollegen habe herabwürdigen, sondern sein Erstaunen über dessen unmögliches Prozessgebaren habe zum Ausdruck bringen und ihn zu konstruktivem Verhalten habe veranlassen wollen. Damit sei seine Äußerung sowohl äußerlich als auch innerlich Teil der damaligen Verhandlungsleitung und zeitlich und inhaltlich eine direkte Erwiderung auf den ihm von Z. in der Sitzung gemachten Vorwurf der Befangenheit gewesen. Sie habe somit zum Kernbereich seiner richterlichen Tätigkeit gezählt, die schon grundsätzlich gegen Dienstaufsichtsmaßnahmen gefeit sei. Zu Unrecht hätten die Dienstvorgesetzten seine Äußerung als Beleidigung und reines Unwerturteil gewertet. Dieser Vorwurf finde im wahren Sachverhalt, so wie er ihn unter Beweis stelle, keine Stütze. Insbesondere wegen der Ungeheuerlichkeit des grundlosen Befangenheitsvorwurfs aus dem Munde eines Richterkollegen habe es sich bei seiner Reaktion nicht um einen verbalen Exzess gehandelt. Die Dienstvorgesetzten hätten ihm seine jahrzehntelange beanstandungsfreie Berufsausübung zugute halten müssen, statt ihm persönliche, gar strafrechtliche Vorwürfe zu machen und sein Verhalten zu missbilligen.

Der Dienstgerichtshof bei dem Oberlandesgericht Koblenz hat die Berufung durch Urteil vom 4. März 2005 zurückgewiesen. Er hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der vom Antragsteller an Herrn Z. gerichtete Vorhalt und die Ermahnung gehörten zu dem der äußeren Ordnung zugehörigen und damit der Dienstaufsicht zugänglichen Verhalten eines Richters. Verbale Exzesse eines Richters während der Verhandlungsführung könnten der Dienstaufsicht unterfallen, wenn die Äußerung nicht den sachlichen Inhalt einer verfahrensleitenden Maßnahme mit bestimme. Ob eine Äußerung zum Zweck der Verhandlungsführung einen solchen Sachbezug habe, beurteile sich danach, ob sie noch als tatsachenadäquate Wertung der prozessualen Situation angesehen werden könne oder ob sie einen Beteiligten über die an und für sich angestrebte Einwirkung auf die Verhandlung hinaus in unangebrachter Weise zusätzlich herabwürdige.

Auch wenn als wahr unterstellt werde, dass die vom Antragsteller während der Güteverhandlung gestellte Frage eine unmittelbare verfahrensbezogene Reaktion auf die zwischenzeitlich entstandene angespannte Prozesssituation gewesen sei, stelle die Äußerung nicht lediglich eine personenbezogene Komponente einer prozessleitenden Maßnahme dar, die etwa noch als bloßer Reflex der Würdigung des prozessualen Verhaltens eines Beteiligten angesehen werden könne. Sie gehe vielmehr darüber hinaus, indem sie ungeachtet des mit ihr verfolgten sachlichen Zweckes dazu angetan sei, den Angesprochenen in unangebrachter Weise zusätzlich herabzusetzen.

An dieser Betrachtungsweise vermöge auch das weitere, unter Beweis gestellte Vorbringen des Antragstellers nichts zu ändern, wonach ungeachtet der von ihm gewählten Formulierung für jedermann im Gerichtssaal klar gewesen sei, dass er mit seiner Fragestellung Z. weder als Person noch als Richterkollegen habe herabwürdigen wollen, sondern lediglich sein Erstaunen über dessen unmögliches Prozessgebaren habe zum Ausdruck bringen und diesen zu konstruktiven Verhandlungen und zur Sachlichkeit habe veranlassen wollen. Denn selbst dann bleibe es dabei, dass sich der Antragsteller nachhaltig in der Ausdrucksweise vergriffen und den Bereich von einer gegebenenfalls noch hinnehmbaren sprachlichen Entgleisung zum verbalen Exzess eindeutig überschritten habe.

Den dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen des Vorhalts und der Ermahnung begegneten aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG keine rechtlichen Bedenken. Der Bescheid des Präsidenten des Landgerichts enthalte keine Missbilligung, Beanstandung oder Rüge. Er beschränke sich auf die Anführung von Tatsachen und deren sachbezogene Wertung, ohne dass damit eine personenbezogene Wertung oder gar ein personenbezogener Schuldvorwurf verbunden sei. Der Widerspruchsbescheid erschöpfe sich in einer Rechtmäßigkeitsprüfung des Ausgangsbescheides.

Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller die zugelassene Revision eingelegt. Wegen seines Vorbringens wird auf die Revisionsbegründungsschrift vom 12. April 2005 und den Schriftsatz vom 20. Januar 2006 Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass Vorhalt, Ermahnung - und die damit unterschwellig zum Ausdruck gekommene Missbilligung, Beanstandung und Rüge -, ausgesprochen gegen ihn per Bescheide des Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern vom 22. Januar 2003 und des Präsidenten des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 20. März 2003, samt der diesbezüglich verfügten Aufnahme in die Personalakten, unzulässig sind bzw. letztere unzulässig war.

Der Antragsgegner beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG) ist unbegründet.

I.

1. Zutreffend hat der Dienstgerichtshof entschieden, dass Vorhalt und Ermahnung im Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern vom 22. Januar 2003 die Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigen.

a) Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Unter diesem Vorbehalt umfasst die Dienstaufsicht auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen (§ 26 Abs. 2 DRiG). Danach unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der eigentlichen Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2000 - RiZ(R) 6/99, NJW-RR 2001, 498 m.w.N.).

Zur äußeren Form der Erledigung der Amtsgeschäfte kann auch die Art und Weise gehören, wie der Richter auf die Parteien oder deren Prozessvertreter in einer Verhandlung einwirkt. Allerdings gebietet es der Schutz der sachlichen Unabhängigkeit des Richters, nicht nur die eigentliche Rechtsfindung und den Rechtsspruch der Dienstaufsicht zu entziehen, sondern auch alle der Rechtsfindung nur mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der Rechtssuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (vgl. Joeres, DRiZ 2005, 321, 322 m.w.N.). Dementsprechend ist auch die Verhandlungsführung einer Dienstaufsicht weitgehend entzogen. Im Einzelfall kann sich jedoch die Ausdrucksweise, derer sich ein Richter in einer Verhandlung bedient, als vom Inhalt seiner richterlichen Tätigkeit abhebbares und dem äußeren Ordnungsbereich zurechenbares Formelement darstellen und deshalb dem äußeren Ordnungsbereich zuzuweisen sein. Wenn sie den sachlichen Inhalt einer Entscheidung nicht mitbestimmen, können "verbale Exzesse" deshalb der Dienstaufsicht unterfallen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1977 - RiZ(R) 2/77, BGHZ 70, 1, 5; Urteil vom 18. April 1980 - RiZ(R) 1/80, BGHZ 77, 70, 72).

b) Die Äußerung des Antragstellers gegenüber Z., ob dieser ihn nicht verstehen wolle oder zu dumm sei, ihm zu folgen, hat der Dienstgerichtshof in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als der Dienstaufsicht unterfallenden "verbalen Exzess" in diesem Sinne eingeordnet.

aa) Inwieweit eine Äußerung eines Richters in einer Verhandlung als "verbaler Exzess" einzuordnen ist, unterliegt der Würdigung des Tatrichters. Dieser hat alle Umstände der Äußerung zu berücksichtigen, insbesondere deren Inhalt, Anlass und Zweck. Der Dienstgerichtshof hat bei seiner Würdigung ersichtlich alle Umstände des Einzelfalles in seine Erwägungen einbezogen. Er war nicht verpflichtet, diese im Einzelnen aufzuführen, nachdem bereits in den angefochtenen Bescheiden und den in der mündlichen Verhandlung beigezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts umfangreich dazu Stellung genommen worden war. Die Angriffe des Antragstellers, der Dienstgerichtshof habe einzelne Umstände außer Acht gelassen und die objektive Mehrdeutigkeit der Äußerung nicht erkannt, geht deshalb ins Leere.

bb) Rechtsfehler lässt die Auffassung des Dienstgerichtshofs nicht erkennen. Die Äußerung des Antragstellers greift die Persönlichkeit des Z. an und ist geeignet, sie herabzuwürdigen. Es kommt, entgegen der Ansicht des Antragstellers, nicht darauf an, ob sie als Beleidigung im Sinne des Strafrechts einzuordnen ist und ob dem Antragsteller strafrechtlich betrachtet Rechtfertigungsgründe zur Seite stehen, nachdem er selbst mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit konfrontiert worden ist. Maßgebend ist allein, dass die Äußerung objektiv herabwürdigend war. Ein Richter, der eine Partei sinngemäß als dumm bezeichnet, kann, wenn diese Äußerung nicht den sachlichen Inhalt einer Entscheidung mitbestimmt, die Unabhängigkeitsgarantie des Art. 97 Abs. 1 GG vernünftigerweise nicht mehr in Anspruch nehmen. Vergeblich macht der Antragsteller insoweit ein richterliches Recht auf Meinungsfreiheit in Anlehnung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 16. März 1999 - 1 BvR 734/98, NJW 2000, 199 f.; Beschluss vom 14. Februar 2000 - 1 BvR 390/95, NJW 2000, 3413 ff.; Beschluss vom 23. August 2005 - 1 BvR 1917/04, NJW 2005, 3274 f.) geltend. Es kann dahinstehen, inwieweit ein Richter sich im Hinblick auf den Vorwurf einer herabwürdigenden Äußerung gegenüber einem Prozessbeteiligten darauf berufen kann, seine Wortwahl sei nur die Reaktion auf vorheriges Prozessverhalten des Prozessbeteiligten. Denn darauf kommt es für die Frage, ob das Verhalten der Dienstaufsicht unterliegt, nicht an. Dieser Gesichtspunkt ist für den Fall, dass die Dienstaufsicht eröffnet ist, im Dienstaufsichtsverfahren zu berücksichtigen.

cc) Der Dienstgerichtshof hat die vom Antragsteller vorgebrachten Tatsachen zu seinen Gunsten als wahr unterstellt. Ein Rechtsfehler ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darin zu sehen, dass der Dienstgerichtshof die "subjektiven Tatsachen" für unerheblich gehalten hat. Damit hat der Dienstgerichtshof nicht, wie der Antragsteller meint, solche Tatsachen für unerheblich gehalten, die das Verschulden an dem der Dienstaufsichtsmaßnahme zugrunde liegenden Verhalten begründen. Diese Frage hatte er nicht zu prüfen (vgl. sogleich unten c). Vielmehr hat der Dienstgerichtshof Bezug auf den Vortrag des Antragstellers genommen, er habe nicht beabsichtigt, Z. herabzuwürdigen. Dieses Vorbringen konnte der Dienstgerichtshof ohne Rechtsfehler für unerheblich halten, weil die Bemerkung objektiv geeignet war, Z. herabzuwürdigen.

dd) Vergeblich macht der Antragsteller geltend, seine Äußerung sei deshalb der Dienstaufsicht unzugänglich, weil sie den sachlichen Inhalt einer Entscheidung mitbestimmt habe. Ein derartiger Fall liegt nicht vor.

Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller auf verschiedene Entscheidungen des Senats (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1977 - RiZ(R) 2/77, BGHZ 70, 1 ff.; Urteil vom 24. Juni 1991 - RiZ(R) 3/91, DRiZ 1991, 410 f.). In den zugrunde liegenden Sachverhalten fielen die herabwürdigenden Äußerungen des Richters im Zusammenhang mit der Beweis- oder Sachverhaltswürdigung. Sie bestimmten daher den Inhalt der richterlichen Entscheidung mit. Nicht vergleichbar sind auch die vom Antragsteller herangezogenen Fälle, in denen der Richter in Stellungnahmen zu Befangenheitsanträgen zur Person des Antragstellers in negativer Weise Stellung nahm. Der Senat hat ein Einschreiten der Dienstaufsicht wegen der Äußerung in einer Stellungnahme zu Befangenheitsanträgen als Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit angesehen, weil die Äußerung des Richters zu einem Befangenheitsantrag Einfluss auf die Entscheidung über die Befangenheit hat und es nicht möglich ist, sie einer gesonderten, von der übrigen, der Dienstaufsicht nicht zugänglichen Ausübung richterlicher Tätigkeit losgelösten Beurteilung zu unterziehen (BGH, Urteil vom 18. April 1980 - RiZ(R) 1/80, BGHZ 77, 70, 72; Urteil vom 8. August 1986 - RiZ(R) 2/86, DRiZ 1986, 423, 424).

Ein vergleichbarer Zusammenhang liegt nach dem vom Dienstgerichtshof zugunsten des Klägers als wahr unterstellten Sachverhalt nicht vor. Danach muss davon ausgegangen werden, dass die Äußerung des Antragstellers im Gerichtssaal unter dem Eindruck des Prozessgeschehens als Reaktion des Antragstellers auf den Vorwurf der Voreingenommenheit zu verstehen war und sie Z. dazu bewegen sollte, sachlich zu werden. Das ändert nichts daran, dass sie nicht der Vorbereitung einer Entscheidung diente, sondern lediglich die weitere Verhandlungsführung betraf. Die vom Senat dargestellte Grenze der Dienstaufsicht ist nicht erreicht. Die Dienstaufsicht ist möglich, wenn ein Richter durch Erklärungen auf einen Prozessbeteiligten einwirkt, die objektiv geeignet sind, ihn herabzuwürdigen. Dass der Antragsteller durch die Äußerung keine sachliche, der Aufklärung dienende Stellungnahme zum Vorwurf der Voreingenommenheit abgab und deshalb kein der Entscheidung vom 24. Juni 1982 (RiZ(R) 7/81, DRiZ 1982, 389, 390) vergleichbarer Sachverhalt vorlag, bedarf keiner weiteren Begründung.

c) Ob Vorhalt und Ermahnung unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalles die angemessene und rechtmäßige Reaktion auf die Äußerung des Antragstellers sind, unterliegt nicht der Beurteilung durch das Dienstgericht für Richter. Denn im Prüfungsverfahren wird die Rechtmäßigkeit der Dienstaufsichtsmaßnahme nur insoweit überprüft als es um die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit geht. Im Übrigen unterliegt die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Kontrolle der Verwaltungsgerichte (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 - RiZ(R) 5/04, Urteilsumdr. S. 12 Rz. 26 m.w.N.). Nach dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid rechtmäßig.

Der Antragsteller kann deshalb nicht damit gehört werden, das für einen Vorhalt notwendige Verschulden (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 470) sei nicht festgestellt. Im Übrigen kann daran kein Zweifel bestehen, denn es kommt nicht darauf an, ob der Antragsteller die Absicht hatte, Z. zu beleidigen, sondern darauf, ob ihm seine Wortwahl während der Verhandlungsführung vorzuwerfen ist. Der Antragsteller kann auch nicht geltend machen, für eine Ermahnung sei eine Wiederholungsgefahr notwendig, diese sei nicht festgestellt. Ebenso kann er nicht damit gehört werden, zu Unrecht würden die Bescheide ihm eine Formalbeleidigung vorwerfen, sein Verhalten sei jedenfalls gerechtfertigt gewesen. Schließlich ist für die Entscheidung in diesem Verfahren unerheblich, ob das sonstige dienstliche Verhalten des Antragstellers ausreichend berücksichtigt worden ist.

d) Weitere Maßnahmen der Dienstaufsicht enthält der Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Die mit dem Bescheid zum Ausdruck gebrachte Beanstandung des Verhaltens des Antragstellers in der Verhandlung vom 7. November 2002 geht nicht über die sachliche Bewertung hinaus. Eine im Sinne der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 470 m.w.N.) personenbezogene Wertung, die als unzulässige Missbilligung, Beanstandung oder Rüge zu werten wäre, ist in dem Bescheid nicht enthalten.

2. Der Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 20. März 2003 beeinträchtigt die Unabhängigkeit des Antragstellers nicht. Eine derartige Beeinträchtigung folgt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht daraus, dass der Präsident des Oberlandesgerichts die Herabwürdigung des Z. auch darin gesehen hat, dass durch die Äußerung sogar dessen Eignung zum Richteramt angezweifelt werde. Denn durch diese Bewertung ändert sich nichts daran, dass ein der Dienstaufsicht unterliegender verbaler Exzess vorliegt. Auch der Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts enthält keine Missbilligung, Beanstandung oder Rüge im Sinne der Rechtsprechung des Senats.

3. Der Antragsteller stützt die Revision hinsichtlich des Antrags, die Aufnahme in die Personalakten als unzulässig festzustellen, allein darauf, dass Vorbehalt und Ermahnung die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigten. Das ist - wie dargelegt - nicht der Fall.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V. mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Revisionsinstanz auf 5.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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