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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: StB 26/08
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 99 Abs. 1
StPO § 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers

am 18. Dezember 2008

gemäß § 304 Abs. 5 StPO

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. August 2008 - 1 BGs 151/2008 - wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 StGB). Der Beschuldigte soll elektronisch gespeicherte Daten der Zeugin J. an den iranischen Nachrichtendienst VEVAK übermittelt haben.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Durchsuchung der Person, der Wohnung und des Kraftfahrzeugs des Beschwerdeführers gestattet. Die Maßnahme ist am 22. Oktober 2008 durchgeführt worden. Bei der Durchsuchung sind mehrere Gegenstände und Unterlagen in Verwahrung genommen worden; deren Durchsicht dauert teilweise noch an.

Der Beschuldigte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Anordnung der Durchsuchung und macht geltend, gegen ihn sei ohne zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ermittelt worden.

Das Rechtsmittel ist unbegründet; denn die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) waren gegeben.

1.

Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit (s. u. 3.) - nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG NJW 2007, 1443; 2007, 2749, 2751 m. w. N.; BGH NJW 2000, 84, 85; bei Schmidt NStZ-RR 2002, 161, 164 Nr. 4). Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für eine Durchsuchung vor.

Diese ergeben sich insbesondere aus der plausiblen Aussage der Zeugin J. in ihren staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen vom 23. April und 6. Mai 2008. Danach standen dem iranischen Geheimdienst bei ihrem Besuch in Teheran im Dezember 2007 persönliche, in ihrem privaten PC gespeicherte Daten zur Verfügung. Die Zeugin hat weiter in sich schlüssig und nachvollziehbar bekundet, dass der Beschuldigte anlässlich der Installation eines DVD-Laufwerks im Herbst 2007 ihre gesamten Daten auf einen von ihm mitgeführten externen Datenträger kopierte. Der sich hieraus ergebende Verdacht gegen den Beschuldigten ist durch weitere Ermittlungsergebnisse, z. B. die Auswertung des Computers der Zeugin, verstärkt worden. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Rechtsmittels aufgeführten Umstände, etwa zu den von der Zeugin geschilderten Umständen der Reise nach Teheran und ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland, vermögen demgegenüber den gegen ihn bestehenden Tatverdacht nicht maßgebend zu entkräften.

2.

Die Begründung der Durchsuchungsanordnung entspricht allerdings nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen. Zwar sind die dem Beschwerdeführer im Sinne eines Anfangsverdachts zur Last gelegte Straftat sowie die aufzufindenden Beweismittel in dem angefochtenen Beschluss hinreichend dargestellt. Jedoch sind die tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer ergab, nicht aufgeführt; vielmehr verweist der Beschluss lediglich pauschal auf das "bisherige Ermittlungsergebnis". Derartige allgemeine, formelhafte Wendungen genügen zur Begründung rechtsmittelfähiger gerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich nicht (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 34 Rdn. 4 m. w. N.).

Auch die Indiztatsachen, die den Verdacht gegen den Beschwerdeführer begründen, sind in aller Regel im Durchsuchungsbeschluss zu benennen. Zwar ist dies von Verfassungs wegen nur dann notwendig, wenn andernfalls die erforderliche Begrenzung der Durchsuchungsgestattung nicht gewährleistet ist (vgl. BVerfG NStZ-RR 2002, 172, 173 ; NStZ 2004, 160; BVerfGKV1, 51, 52). Jedoch ist die Darlegung jedenfalls der wesentlichen Verdachtsmomente einfachgesetzlich geboten (§ 34 StPO); denn nur hierdurch wird dem Betroffenen eine sachgerechte, umfassende Prüfung ermöglicht, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist, oder ob dies nicht Fall war und es daher angezeigt erscheint, hiergegen im Wege der Beschwerde vorzugehen (vgl. BVerfG NStZ 2004, 160 sowie BVerfGK 1, 51, 52: "sachgerechte Verteidigung gegen den Vorwurf"). Darüber hinaus bezweckt das Gebot der umfassenden Begründung des Durchsuchungsbeschlusses die Erleichterung der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung durch das Beschwerdegericht. Die Angabe der wesentlichen Verdachtsmomente darf daher nur dann unterbleiben, wenn die Bekanntgabe den Untersuchungszweck gefährden würde und daher den Zwecken der Strafverfolgung abträglich wäre (BGH NJW 2000, 84, 85; bei Schmidt NStZ-RR 2002, 161, 164 Nr. 4). Dafür, dass dies hier der Fall gewesen wäre, ist indessen nichts ersichtlich.

Die unzureichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses führt hier für sich nicht zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung. Der Beschluss lässt in seiner Gesamtheit in ausreichendem Maße erkennen, dass der Ermittlungsrichter die Voraussetzungen für seinen Erlass eigenständig geprüft hat (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. August 2007 - 2 BvR 1681/07). Der Senat kann deshalb - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 2004, 160) - die Konkretisierung der den Akten zu entnehmenden, den Anfangsverdacht belegenden Umstände in seiner Beschwerdeentscheidung - soweit notwendig - nachholen.

3.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung war geeignet, zur Klärung des Tatverdachts beizutragen. Die Durchsuchung war erforderlich, da kein gleich wirksames milderes Mittel zur Verfügung stand. Schließlich stand die Anordnung der Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts.

Ende der Entscheidung

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