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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: V ZB 125/07
Rechtsgebiete: ZVG, ZPO


Vorschriften:

ZVG § 30 Abs. 1 Satz 1
ZVG § 33
ZVG § 77 Abs. 1
ZVG § 85a
ZVG § 85a Abs. 1
ZVG § 85a Abs. 2
ZVG § 85a Abs. 2 Satz 2
ZVG § 96
ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 125/07

vom 5. Juni 2008

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 8. Oktober 2007 und der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Olpe vom 27. Juni 2007 aufgehoben.

Der Beteiligten zu 4 wird der Zuschlag auf das in dem Versteigerungstermin des Amtsgerichts Olpe vom 14. Juni 2007 abgegebene Gebot von 85.000 € versagt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 85.000 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 2 und 3 betreiben die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks der Beteiligten zu 1. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 179.000 € festgesetzt.

In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 3 im eigenen Namen ein Gebot von 50.000 € ab. Das Vollstreckungsgericht versagte den Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG. In dem zweiten Termin betrug das Meistgebot 29.000 €. Diesem Gebot versagte das Amtsgericht den Zuschlag gemäß § 33 ZVG, nachdem die Beteiligten zu 2 und 3 die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt hatten. Das einzige in dem dritten Termin abgegebene Gebot wurde zurückgewiesen, da der Bieter die verlangte Sicherheit nicht leistete. Nach Feststellung, dass keine wirksamen Gebote abgegeben worden waren, stellte das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 77 Abs. 1 ZVG ein.

Im vierten Termin am 14. Juni 2007 blieb die Beteiligte zu 4 mit einem Gebot von 85.000 € Meistbietende. Mit Beschluss vom 27. Juni 2007 erteilte das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf dieses Gebot.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde möchten sie die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.

Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe den Zuschlag zu Recht erteilt, obwohl das Gebot der Beteiligten zu 4 mit 85.000 € die 5/10-Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nicht erreicht habe. Zwar hätte das Meistgebot des ersten Termins als unwirksam zurückgewiesen werden müssen, weil der Terminsvertreter der Beteiligten zu 3 nur mitgesteigert habe, um die Wertgrenze der § 85a Abs. 1 ZVG zu Fall zu bringen. Dieser Verfahrensfehler habe sich aber nicht ausgewirkt. Der Zweck der Vorschrift sei dadurch erreicht worden, dass der Zuschlag nicht auf das im zweiten Termin abgegebene Meistgebot von 29.000 € erteilt worden sei. Dass dies nicht wegen Nichterreichens der 5/10-Wertgrenze, sondern im Hinblick auf die Einstellungsbewilligung der betreibenden Gläubiger erfolgt sei, schade nicht. Maßgeblich sei, dass der Versagungsgrund des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgelegen habe.

III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 96 ZVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Beschwerdegerichts, dass das in dem ersten Versteigerungstermin im eigenen Namen abgegebene Gebot des Gläubigervertreters unwirksam und damit nicht geeignet war, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 172, 218; Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 118/06, NJW 2007, 3360; Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 75/07, WM 2008, 304).

Richtig ist auch, dass die dem Schutz des Schuldners dienende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG im zweiten Termin fortgalt. Ohne die Einstellungsbewilligung der betreibenden Gläubigerinnen (§ 30 ZVG) wäre der Zuschlag auf das Gebot von 29.000 € deshalb nach § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen gewesen mit der Folge, dass die 5/10-Wertgrenze in dem folgenden Termin nicht mehr gegolten hätte.

Rechtsfehlerhaft ist indessen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass diese Rechtsfolge eingetreten ist, obwohl es zu einer Zuschlagsversagung nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht gekommen ist. Wird das Verfahren nach § 30 Abs. 1 Satz 1 ZVG einstweilen eingestellt, führt dies dazu, dass das Gebot erlischt (§ 72 Abs. 3 ZVG). Zwar macht § 33 ZVG hiervon eine Ausnahme, wenn nach dem Schluss der Versteigerung ein Grund zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens besteht. Die Entscheidung kann dann aber, wie hier auch geschehen, nur durch Versagung des Zuschlags erfolgen. Das hindert lediglich vorübergehend das Erlöschen des Gebots, nämlich bis zu der - hier gegebenen - Rechtskraft des Versagungsbeschlusses (§ 86 ZVG). Spätestens dann erweist sich auch in diesem Fall die Versteigerung als ergebnislos. Eine ergebnislose Versteigerung wird von den Regeln über die Zuschlagsversagung nach § 85a ZVG nicht erfasst und führt deshalb nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (Senat, Beschluss vom 19. Juli 2007, V ZB 15/07, Umdruck S. 6, veröffentlicht bei juris; Beschluss vom 18. Oktober 2007, V ZB 141/06, NJW-RR 2008, 360; vgl. dazu Keller, ZfIR 2008, 134).

Nachdem der dritte Versteigerungstermin mangels Abgabe von Geboten ebenfalls ergebnislos war, galt die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem vierten Termin vom 14. Juni 2007 fort, so dass dem darunter liegenden Gebot der Beteiligten zu 4 der Zuschlag zu versagen ist.

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Beteiligte zu 4 über das Gebot von 85.000 € hinaus "zur Meidung einer allseitigen rechtlichen Auseinandersetzung" weitere 4.500 € und damit die Hälfte des festgesetzten Verkehrswerts an die Beteiligte zu 2 gezahlt hat. Diese freiwillige Zahlung ändert nichts daran, dass die Beteiligten zu 1 den zu Unrecht erteilten Zuschlag anfechten können, um die ihnen nach dem Gesetz zustehende neue Verwertungschance in Form eines weiteren Versteigerungstermins zu erreichen.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde und einem sich anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahren in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, BGHZ 170, 378, 381 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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