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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: V ZB 168/05
Rechtsgebiete: ZVG


Vorschriften:

ZVG § 100 Abs. 2
Eine Zuschlagsbeschwerde ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn feststeht, dass sich der gerügte Verfahrensverstoß auf das Recht des Beschwerdeführers nicht ausgewirkt hat.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 168/05

vom 20. Juli 2006

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

zur Aufhebung der Gemeinschaft

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 6. Oktober 2005 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 29. August 2005 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1, trägt der Beteiligte zu 2.

Wert des Beschwerdegegenstands: 202.193,78 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Brüder und betreiben das Teilungsversteigerungsverfahren in einen gemeinsamen Grundbesitz in W. . In dem Versteigerungstermin am 29. August 2005 blieb der Beteiligte zu 1 mit einem Bargebot von 251.000 € höchster Bieter. Auf das Sicherheitsverlangen des Beteiligten zu 2 übergab der Beteiligte zu 1 dem Vollstreckungsgericht einen bundesbankbestätigten Scheck, dessen Vorlegungsfrist am 1. September 2005 ablief. Am Ende des Versteigerungstermins erhielt der Beteiligte zu 1 den Zuschlag. Der Scheck wurde nachfolgend eingelöst und gutgeschrieben.

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht den Zuschlagsbeschluss aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, einen neuen Versteigerungstermin anzusetzen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 1 die Wiederherstellung des Zuschlagsbeschlusses.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Das Beschwerdegericht meint, die von dem Beteiligten zu 1 geleistete Sicherheit sei unzureichend gewesen, da die Vorlegungsfrist des Schecks nicht den Anforderungen des § 69 Abs. 1 Satz 1 ZVG entsprochen habe. Dieser Mangel könne von dem Beteiligten zu 2 im Wege der Zuschlagsbeschwerde geltend gemacht werden. Das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis werde durch die zwischenzeitliche Einlösung des Schecks nicht ausgeschlossen. Sie entspreche in ihrer Wirkung einer erst nach dem Versteigerungstermin erbrachten Sicherheitsleistung und sei daher für die Entscheidung über die Zuschlagsbeschwerde unbeachtlich.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Zuschlagsbeschwerde ist unzulässig.

Wie sich aus § 100 Abs. 2 ZVG ergibt, muss der Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der Zuschlagsentscheidung haben. Dieses fehlt, wenn der Beschwerdegrund nur das Recht eines anderen betrifft oder wenn feststeht, dass sich der gerügte Verfahrensverstoß auf das Recht des Beschwerdeführers nicht ausgewirkt hat (vgl. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., D 5.4.2., S. 645). So liegt es hier.

Der Beteiligte zu 2 beanstandet, dass das Vollstreckungsgericht dem Beteiligten zu 1 den Zuschlag erteilt habe, obwohl es im Hinblick auf § 70 Abs. 2 Satz 3 ZVG gehalten gewesen sei, dessen Gebot wegen unzureichender Sicherheitsleistung zurückzuweisen. Die Rechte des Beteiligten zu 2 als Mitbieter können hierdurch jedoch nicht verletzt worden sein. Hätte das Vollstreckungsgericht das Gebot des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen, wäre der Zuschlag nicht dem Beteiligten zu 2, der ein Gebot von 241.100 € abgegeben hatte, sondern den Eheleuten A. C. auf ihr Gebot von 250.050 € zu erteilen gewesen.

Soweit das Sicherungsinteresse des Beteiligten zu 2 als Erlösberechtigter betroffen ist, steht fest, dass sich der Fehler des Vollstreckungsgerichts nicht ausgewirkt hat. Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung soll die Beteiligten, deren Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, vor unseriösen Geboten schützen und ihnen zugleich eine Sicherung für den Fall geben, dass der Bieter seinen Zahlungspflichten im Verteilungstermin nicht nachkommt (vgl. Steiner/Storz, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 67 Rdn. 1 f.; Stöber, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 7. Aufl. Rdn. 325; Dassler/Muth/Gerhardt/Schiffhauer, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 12. Aufl., § 67 Anm. 1). Diese Interessen des Beteiligten zu 2 sind durch das Verfahren des Vollstreckungsgerichts im Ergebnis gewahrt worden. Zwar entsprach der von dem Beteiligten zu 1 vorgelegte Scheck nicht den Anforderungen von § 69 Abs. 1 Satz 1 ZVG, weil seine Vorlegungsfrist einen Tag zu kurz bemessen war. Nachdem der Scheck gutgeschrieben worden ist, kann sich der Mangel der Sicherheitsleistung aber nicht mehr auswirken. Durch den von der Bank ausgezahlten Geldbetrag wird der Beteiligte zu 2 in gleicher Weise gesichert, wie dies bei einem Scheck mit einer ordnungsgemäßen Vorlegungsfrist der Fall gewesen wäre. Eine Beeinträchtigung schützwürdiger Belange des Beteiligten zu 2 ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar.

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht daraus, dass eine Sicherheit gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 ZVG sofort zu stellen ist, also nach Abschluss des Versteigerungstermins nicht mehr erbracht werden kann. Eine im Versteigerungstermin sofort geleistete und von dem Vollstreckungsgericht als ordnungsgemäß zugelassene Sicherheit lässt sich mit einer nicht erbrachten Sicherheit nicht gleichsetzen und daher in ihren Wirkungen nicht vergleichen. Das hat das Beschwerdegericht in der Sache, nämlich bei der Frage, ob der Beteiligte zu 2 gemäß § 70 Abs. 3 ZVG gehalten war, der - erbrachten, aber unzureichenden - Sicherheitsleistung zu widersprechen, im übrigen nicht anders gesehen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt für das Beschwerdeverfahren aus § 97 Abs. 1 ZPO und für das Verfahren der Rechtsbeschwerde aus § 91 Abs. 1 ZPO. Bei Beschwerden in Zwangsversteigerungsverfahren kommt eine Erstattung außergerichtlicher Kosten zwar grundsätzlich nicht in Betracht, da sich die Beteiligten nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegen- überstehen. Streiten aber - wie hier - Miteigentümer im Rahmen einer Teilungsversteigerung mit entgegengesetzten Interessen und Anträgen, rechtfertigt der kontradiktorische Charakter der Auseinandersetzung die Anwendung der §§ 91 ff. ZPO.

Ende der Entscheidung

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