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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.09.2009
Aktenzeichen: V ZB 19/09
Rechtsgebiete: ZVG


Vorschriften:

ZVG § 147
Eine analoge Anwendung von § 147 ZVG zur Durchsetzung von Rechten, die nicht im Grundbuch eingetragen sind, scheidet aus.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 24. September 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und

die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 29. Januar 2009 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.749,89 EUR.

Gründe:

I.

Die Schuldner sind Käufer der im Rubrum näher bezeichneten und ihnen bereits übergebenen Eigentumswohnung. Zu Ihren Gunsten ist im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. In ihrer Eigenschaft als Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft schulden sie der Gläubigerin aus Hausgeldrückständen durch Vollstreckungsbescheid titulierte 1.749,89 EUR. Wegen dieser Forderungen hat die Gläubigerin bei dem Vollstreckungsgericht die Anordnung der Zwangsverwaltung beantragt. Der Antrag ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die Anordnung der Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer scheitere daran, dass es sich bei den titulierten Hausgeldforderungen nicht um eingetragene Rechte im Sinne von § 147 ZVG handle. Die von der Gläubigerin erstrebte "bewusste Ignorierung des Wortlauts und inhaltliche Erweiterung der Norm" sei von der Vorschrift nicht gedeckt.

III.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung nicht vorliegen.

1.

Das Beschwerdegericht geht der Sache nach zutreffend davon aus, dass eine Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 146 i.V.m. § 17 ZVG ausscheidet. Die Schuldner sind im Grundbuch (noch) nicht als Eigentümer eingetragen. Der durch eine Auflassungsvormerkung geschützte Erwerber steht dem eingetragenen Eigentümer zwangsvollstreckungsrechtlich nicht gleich (vgl. nur Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 17 Rdn. 2.2). Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem Erwerber um das Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft handelt. Mit der rechtlichen Anerkennung dieser Gemeinschaft jedenfalls im Innenverhältnis der (künftigen) Wohnungseigentümer (dazu Senat, BGHZ 177, 53, 57 ff.) geht keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die die Zwangsvollstreckung in formalisierter Weise anknüpft.

2.

Zu Recht legt das Beschwerdegericht auch zugrunde, dass § 147 ZVG seinem eindeutigen Wortlaut nach die Anordnung der Zwangsverwaltung gegen einen Eigenbesitzer nur erlaubt, wenn aus einem eingetragenen Recht vollstreckt wird, und dass es sich bei der titulierten Hausgeldforderung nicht um ein solches Recht handelt. Nicht geprüft hat es allerdings, ob die Vorschrift - und darauf möchte die Gläubigerin ersichtlich hinaus - entsprechend anzuwenden ist. Da jede analoge Anwendung eines Rechtssatzes dazu führt, dass der Normbereich über den Wortlaut hinaus ausgeweitet wird, greift die auf den sprachlichen Sinngehalt bezogene Argumentation des Beschwerdegerichts insoweit zu kurz. Jedoch scheitert eine entsprechende Heranziehung von § 147 ZVG daran, dass die für einen Analogieschluss erforderliche planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt.

§ 147 ZVG privilegiert zwar den Vollstreckungszugriff insofern, als die Anordnung der Zwangsverwaltung auch gegen einen Eigenbesitzer ermöglicht wird, lässt hierfür aber - anders als § 146 i.V.m. § 17 ZVG - nicht die Vollstreckung aus einer persönlichen Forderung genügen, sondern verlangt, dass aus einem "eingetragenen Rechte" vollstreckt wird. Mit der Erweiterung des Vollstreckungszugriffs auf den mit dem Schuldner nicht identischen Eigenbesitzer hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass der Inhaber eines eingetragenen Rechtes dessen Befriedigung gegen jedermann durchsetzen und er sich damit auch einen Titel gegen einen solchen (Eigen-)Besitzer verschaffen kann, der sich der Vollstreckung aus einem gegen den Eigentümer gerichteten Titel entgegen stellt (Denkschrift in: Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 24. März 1897, S. 104 f.; vgl. auch Stöber, aaO, § 147 Rdn. 2.6). Mit der Einschränkung auf eingetragene Rechte wird vor allem das Anliegen verfolgt, das Zwangsvollstreckungsverfahren effizient auszugestalten. Das Zwangsvollstreckungsrecht ist nicht nur bei den Vollstreckungsvoraussetzungen, sondern auch bei der Formulierung der Zugriffstatbestände von einer weitgehenden Formalisierung geprägt. Im Interesse eines zügigen und unkomplizierten Vollstreckungsverfahrens knüpft das Gesetz an leicht überschaubare Merkmale an, die den Vollstreckungsorganen eine Prüfung tunlichst ohne materiellrechtliche Erwägungen ermöglichen sollen (vgl. zum Ganzen nur Gaul, Rpfleger 1971, 81, 90 f.; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., vor § 704 Rdn. 22 u. § 808 Rdn. 3; jeweils m.w.N.; zu § 17 ZVG vgl. auch Denkschrift in: Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 24. März 1897, S. 61). Das Vollstreckungsorgan soll jedenfalls bei der Anordnung der Zwangsverwaltung nicht in die Prüfung eintreten müssen, ob es sich bei dem titulierten Anspruch um ein dingliches Recht mit den oben genannten Wirkungen handelt. Das steht einer Erstreckung der Regelung des § 147 ZVG auf nicht eingetragene dingliche Rechte entgegen. Dem entspricht es, dass auch für die unter § 10 Nr. 3 ZVG fallenden (dinglichen) öffentlichen Lasten keine entsprechende Anwendung von § 147 ZVG befürwortet wird (Böttcher, ZVG, aaO, § 147 Rdn. 4; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 147 Rdn. 2.5 m.w.N.). Für Hausgeldforderungen nach § 10 Nr. 2 ZVG (zur Rechtsnatur vgl. BGH, Beschl. v. 12. Februar 2009, IX ZB 112/06, NZM 2009, 439) kann nichts anderes gelten (Stöber, aaO).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Senat hat bereits entschieden, dass es sich bei der Auseinandersetzung zwischen Gläubiger und Schuldner über die Anordnung der Zwangsversteigerung regelmäßig um ein kontradiktorisches Streitverhältnis handelt und dies zur Anwendung der §§ 91 ff. ZPO führt (vgl. BGHZ 170, 378, 381; Beschl. v. 7. Mai 2009, V ZB 180/08, Rdn. 10). Bei dem Streit über die Anordnung der Zwangsverwaltung verhält es sich ebenso.

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