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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.06.2006
Aktenzeichen: V ZB 29/06
Rechtsgebiete: ZwVwVO


Vorschriften:

ZwVwVO § 20 Abs. 1
Die Mindestvergütung von 600 € fällt für die gesamte Tätigkeit des Verwalters während des Zwangsverwaltungsverfahrens nur einmal an.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 29/06

vom 1. Juni 2006

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts in Saarbrücken vom 20. Januar 2006 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 329,79 €.

Gründe:

I.

Am 22. Januar 2004 ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 3 die Zwangsverwaltung des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Beteiligten zu 2 an und bestellte den Beteiligten zu 1 zum Zwangsverwalter. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 13. Juli 2005 aufgehoben.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2005 beantragte der Beteiligte zu 1 die Festsetzung der Vergütung für seine Geschäftsführung zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.097,36 €. Darin setzte er für das Jahr 2004, in welchem Mieten in Höhe von 2.277 € eingegangen waren, die Mindestvergütung von 600 € an, weil die nach den Mietzahlungen zu bemessende Regelvergütung niedriger ist. Für das Jahr 2005 beanspruchte er eine Vergütung für einen Zeitaufwand von 4 Stunden zu je 65 €.

Das Amtsgericht hat die Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer für 2005 in dem beantragten Umfang auf 331,76 €, die für 2004 auf der Grundlage von 15 % der Mieteinnahmen nur in Höhe von 435,81 € festgesetzt. Die gegen diese Kürzung gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 1 die Festsetzung der gesamten von ihm für das Jahr 2004 beantragten Vergütung zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer erreichen.

II.

Nach Auffassung des Beschwerdegerichts deckt die Mindestvergütung von 600 € die gesamte Tätigkeit des Zwangsverwalters während der Dauer des Zwangsverwaltungsverfahrens ab. Deshalb könne er sie nicht für ein einzelnes Kalenderjahr neben einer Vergütung für den Zeitaufwand in einem anderen Kalenderjahr erhalten. Da der Beteiligte zu 1 bewusst nur die Festsetzung der Mindestvergütung verlange und das Amtsgericht ihm eine höhere Vergütung zuerkannt habe, stehe ihm eine darüber hinausgehende Vergütung nicht zu.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie bleibt jedoch erfolglos.

1. Zu Recht nimmt das Beschwerdegericht an, dass die dem Zwangsverwalter nach § 20 Abs. 1 ZwVwV für seine Geschäftsführung zustehende Mindestvergütung von 600 € die gesamte Verwaltertätigkeit während des Zwangsverwaltungsverfahrens abdeckt.

a) Ob mit der Mindestvergütung die gesamte oder nur die in einem (jährlichen) Abrechnungszeitraum entfaltete Tätigkeit des Verwalters abgegolten wird, ist umstritten.

aa) Nach überwiegender Auffassung kann der Zwangsverwalter die Mindestvergütung nur einmal und auch nicht neben der Regelvergütung (§ 18 ZwVwV) oder der nach Zeitaufwand berechneten Vergütung (§ 19 ZwVwV) beanspruchen (LG Dortmund ZinsO 2004, 1249, 1250; LG Essen Rpfleger 2005, 211, 212; LG Potsdam Rpfleger 2005, 620; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 152a Rdn. 10; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rdn. 672; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, § 20 ZwVwV Rdn. 1; dieselben, Handbuch zur Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Kap. 3 Rdn. 96).

bb) Nach anderer Ansicht steht dem Zwangsverwalter neben der Mindestvergütung für seine Tätigkeit in dem Abrechnungszeitraum, in welchem die Beschlagnahme des Verwaltungsobjekts erfolgte, für die Tätigkeit in den darauf folgenden Abrechnungszeiträumen die Regelvergütung oder die nach Zeitaufwand berechnete Vergütung zu (LG Stralsund Rpfleger 2004, 580, 581; AG Frankfurt/Oder ZinsO 2004, 966; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152a Rdn. 6; Hintzen/Alff, Rpfleger 2004, 129, 138).

cc) Vereinzelt wird die Meinung vertreten, dass der Zwangsverwalter jeweils die Mindestvergütung für seine Tätigkeit in einem Abrechnungszeitraum erhält, wenn sie höher als die Regelvergütung oder die nach Zeitaufwand berechnete Vergütung ist (Waldherr/Weber, ZfIR 2005, 184, 185; Mork/Neumann, ZinsO 2005, 920, 921 f.).

b) Die zuerst genannte - und auch von dem Beschwerdegericht vertretene - Auffassung trifft zu. Sie entspricht dem Wortlaut und der Systematik der Vergütungsregelungen in §§ 17 ff. ZwVwV.

aa) Nach § 17 Abs. 1 ZwVwV hat der Zwangsverwalter Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung, deren Höhe an seiner Leistung sowie an der Art und dem Umfang der Aufgabe auszurichten ist. Damit ist ohne Zweifel der Vergütungsanspruch für die gesamte Tätigkeit des Verwalters während des Zwangsverwaltungsverfahrens gemeint.

bb) Die Berechnung der Vergütungshöhe kann auf verschiedene Weisen erfolgen.

Bei der Zwangsverwaltung von Grundstücken, die durch Vermietung oder Verpachtung genutzt werden, erhält der Verwalter als Vergütung zwischen 5 % und 15 % des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten oder Pachten eingezogenen Bruttobetrags (§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZwVwV) bzw. für vertraglich geschuldete, nicht eingezogene Mieten oder Pachten 20 % der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn diese Mieten eingezogen worden wären (§ 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV). Diese Regelvergütungen sind danach das Entgelt für die gesamte Tätigkeit des Verwalters während des Zwangsverwaltungsverfahrens, solange das Verwaltungsobjekt vermietet oder verpachtet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 202/03, WM 2005, 86, 87).

Fehlen die Voraussetzungen für den Ansatz der Regelvergütungen oder sind diese offensichtlich unangemessen, bemisst sich die Verwaltervergütung nach der für die Verwaltung erforderlichen Zeit auf der Grundlage eines für den jeweiligen Abrechnungszeitraum einheitlichen Stundensatzes von mindestens 35 € und höchstens 95 € (§ 19 ZwVwV). Aus der Anknüpfung dieser Regelung an die in § 18 ZwVwV ergibt sich, dass auch diese Berechnungsart die gesamte Tätigkeit des Zwangsverwalters betrifft.

Schließlich steht dem Zwangsverwalter eine Mindestvergütung von 200 € zu, wenn das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben worden ist, bevor der Verwalter das Grundstück in Besitz genommen hat, sofern er bereits tätig geworden ist (§ 20 Abs. 2 ZwVwV). Diese Vorschrift bezieht sich ebenfalls auf die gesamte Tätigkeit des Verwalters während des Verfahrens.

cc) Nichts anderes gilt für die Regelung in § 20 Abs. 1 ZwVwV, nach der die Vergütung des Verwalters mindestens 600 € beträgt, wenn er das Zwangsverwaltungsobjekt in Besitz genommen hat. Dem ist nicht zu entnehmen, dass der Verwalter allein für die mit der Inbesitznahme verbundenen Tätigkeiten einschließlich des darüber zu erstellenden Berichts (§ 3 ZwVwV) eine Vergütung von 600 € und daneben die Regel- oder die Zeitaufwandvergütung erhält. Denn die Regelung in § 20 Abs. 1 ZwVwV legt die Untergrenze der beiden Berechnungsvarianten nach §§ 18, 19 ZwVwV fest (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 133/05, Rpfleger 2006, 151, 152). Somit gilt die Mindestvergütung, ebenso wie die Regel- und die Zeitaufwandvergütung, die gesamte Tätigkeit des Verwalters während des Zwangsverwaltungsverfahrens ab. Das ergibt sich überdies aus der systematischen Stellung des § 20 Abs. 1 ZwVwV innerhalb der Regelungen über die Berechnung der Vergütungshöhe, die sämtlich die gesamte Tätigkeit des Verwalters betreffen, und aus der Bezeichnung der Pauschale als Mindestvergütung. Diese Sichtweise entspricht auch der Vorstellung des Verordnungsgebers. Zum einen hat er in der Begründung zu § 17 ZwVwV die Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV als eine Art der Vergütung für die gesamte Geschäftsführung des Verwalters in dem jeweiligen Zwangsverwaltungsverfahren angesehen (vgl. BR-Drucks. 842/03, S. 17). Zum anderen hat er in der Begründung zu § 20 ZwVwV zwischen einer Pauschale für die Inbesitznahme des Zwangsverwaltungsobjekts für den Fall, dass der Verwalter keine weitere Tätigkeit erbringt, und einer - gleich hohen - Mindestvergütung unterschieden (BR-Drucks. 842/03, S. 17); das zeigt, dass auch über die Inbesitznahme hinausgehende Tätigkeiten durch die Mindestvergütung abgegolten werden sollen. Entscheidend kommt hinzu, dass nach der Begründung zu § 20 ZwVwV die Regelung in § 20 Abs. 1 ZwVwV die Bestimmung des § 24 Abs. 3 der früheren Zwangsverwalterverordnung ersetzen soll (BR-Drucks. 842/03, S. 17). Dort war als Vergütung für jedes angefangene Kalenderjahr ein Betrag von 30 € bestimmt, wenn der Verwalter das Grundstück in Besitz genommen hatte und die Berechnung nach den Bestimmungen in § 24 Abs. 1 und 2 der Verordnung, nach denen sich bei der Verwaltung von vermieteten oder verpachteten Grundstücken die Höhe der Vergütung nach den eingezogenen Mieten oder Pachten bemaß, keinen höheren Betrag ergab. Danach war es eindeutig, dass die Mindestvergütung nicht nur die mit der Inbesitznahme verbundenen Tätigkeiten, sondern die gesamte Tätigkeit des Zwangsverwalters während des Verfahrens abgalt, wenn die dafür nach den eingezogenen Mieten oder Pachten prozentual zu bemessende Vergütung niedriger war. Dass sich hieran durch die jetzige Regelung in § 20 Abs. 1 ZwVwV nichts geändert hat, zeigt überdies der Umstand, dass der Betrag von 600 € nicht mehr, wie der frühere Betrag von 30 €, für jedes angefangene Kalenderjahr anzusetzen ist.

d) Gegen die hier vertretene Auffassung spricht nicht, dass die Mindestvergütung in allen Fällen unabhängig von der Dauer des Zwangsverwaltungsverfahrens gleich hoch ist. Denn nur wenn die für die gesamte Tätigkeit des Verwalters in dem Verfahren zu bestimmende Regelvergütung (§ 18 ZwVwV) oder Zeitaufwandvergütung (§ 19 ZwVwV) unter 600 € bleibt, kann er an deren Stelle die Mindestvergütung beanspruchen. Damit ist gewährleistet, dass der Verwalter unabhängig von der Dauer des Verfahrens in jedem Fall eine seiner Tätigkeit angemessene Vergütung erhält.

2. Für den vorliegenden Fall gilt demnach Folgendes:

Dem Beteiligten zu 1 steht nach § 18 Abs. 1 und 2 ZwVwV eine Regelvergütung in Höhe von 15 % der im Jahr 2004 eingezogenen Mieten zuzüglich einer Auslagenpauschale von 10 % dieser Vergütung (§ 21 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV) und der darauf von ihm zu zahlenden Umsatzsteuer (§ 17 Abs. 2 ZwVwV) zu; das ergibt einen Betrag von 435,81 €. Zusätzlich hat der Beteiligte zu 1 nach § 19 Abs. 1 ZwVwV einen Anspruch auf eine Zeitaufwandvergütung in Höhe von 331,76 € (4 Stunden á 65 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer), weil das Zwangsverwaltungsobjekt ab dem 1. Januar 2005 nicht vermietet war und auch sonst nicht genutzt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 202/03, WM 2005, 86, 87). Das sind zusammen 767,57 €. In dieser Höhe hat das Amtsgericht die Verwaltervergütung festgesetzt, was das Beschwerdegericht im Ergebnis bestätigt hat. Deshalb ist die Rechtsbeschwerde erfolglos.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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