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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: V ZB 36/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

V ZB 36/07

vom 12. Juli 2007

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. Januar 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.000 €.

Gründe:

I.

Die Ehefrau des Beklagten, H. B. , war Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in M. . Der Beklagte und seine Frau bewohnten das Haus. Einen Raum im Dachgeschoss hatte H. B. an die Firma B. GmbH vermietet, für die der Beklagte und sie tätig waren.

Mit Testament vom 16. Oktober 1986 bestimmte H. B. den gemeinschaftlichen Sohn, Ho. B. , zu ihrem Erben und wandte dem Beklagten als Vermächtnis den lebenslangen Nießbrauch an den Gegenständen ihres Vermögens zu. Mit gemeinschaftlichem Testament vom 7. Oktober 1992 setzten sich die Eheleute B. gegenseitig zu Erben ein.

Nach dem Tod von H. B. verblieb der Beklagte in dem Haus. Ho. B. erwirkte aufgrund des Testaments von H. B. vom 16. Oktober 1986 einen - zwischenzeitlich eingezogenen - Erbschein, der ihn als Erben nach H. B. auswies, und übertrug das Grundstück auf seine Lebensgefährtin, die Klägerin. Diese hat den Beklagten mit einer Vielzahl von Anträgen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen, ihr jedoch stattgegeben, soweit die Klägerin beantragt hat,

- mit ihr zusammen nach entsprechender Vorankündigung Besichtigungen des Hauses vorzunehmen,

- ihr einen Schlüssel für Notfälle (Gefahrabwendung) auszuhändigen und

- der Firma B. GmbH den Zugang zu den von der Klägerin gemieteten Räumen zu gewähren.

Hiergegen hat sich der Beklagte mit der Berufung gewandt. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Beschwer des Beklagten durch das Urteil des Amtsgerichts 600 € nicht übersteige. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Zulässigkeitsvoraussetzung von § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative ZPO erfüllt. Die angefochtene Entscheidung beschränkt den Anspruch des Beklagten auf effektiven Rechtsschutz in einer nicht zu rechtfertigenden Weise (vgl. Senat, Beschl. v. 13. Mai 2004, V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218 m.w.N.).

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

a) Der zugunsten der Klägerin titulierte Anspruch auf Vornahme von Besichtigungen des Hauses enthält keine Beschränkungen. Insoweit weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass die Klägerin derartige Besichtigungen täglich verlangen und damit den Besitz des Beklagten an dem von ihm als Wohnhaus genutzten Haus nachhaltig beeinträchtigen kann. In welchem Maße die Klägerin von diesem Anspruch tatsächlich Gebrauch macht, ist ohne Bedeutung.

Schon deswegen kommt die Bemessung der Beschwer des Beklagten auf einen 600 € nicht übersteigenden Betrag nicht in Betracht. Der von dem Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 4. November 1999, XII ZB 111/98, FamRZ 199, 647, 648, ist nichts anderes zu entnehmen. Durch diesen Beschluss ist über die Höhe der Beschwer durch die Verpflichtung entschieden worden, die Besichtigung eines Hauses durch einen Sachverständigen zu dulden, der das Gebäude bewerten sollte. Die ausgeurteilte Verpflichtung erledigte sich mit der Besichtigung und war aus diesem Grund gering zu bewerten. Das hat mit der vorliegend angefochtenen dauerhaft bestehenden Verpflichtung nichts zu tun.

b) Dass die B. GmbH entgegen dem Tenor des angefochtenen Urteils nur einen Raum in dem von dem Beklagten genutzten Haus gemietet hat, hat keinen Einfluss auf die Beschwer des Beklagten durch seine Verurteilung, den Firmenangehörigen Zutritt zu gewähren. Auch wenn der Beklagte nicht dazu verurteilt worden ist, den für mehr als 200 € pro Monat vermieteten Raum herauszugeben, kann seine Beschwer durch den zuerkannten Anspruch auf Zugang nicht als vernachlässigenswert gering angesehen werden.

c) Das Interesse der Klägerin an der Durchsetzung der Ansprüche, zu deren Erfüllung der Beklagte verurteilt worden ist, und deren Bewertung durch das Amtsgericht, sind für die Bemessung der Beschwer des Beklagten ohne Bedeutung.



Ende der Entscheidung

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