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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: V ZB 36/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 145 Abs. 1
Erstellt der Notar einen Serienentwurf, ist der Geschäftswert mit der Summe der Einzelwerte der in Aussicht genommenen Verträge zu bemessen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 36/08

vom 25. September 2008

in der Notarkostensache

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 17. September 2007 wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Der Kostenschuldner trägt die außergerichtlichen Kosten des Kostengläubigers.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 6.189,75 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kostenschuldnerin ist Eigentümerin eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilten Grundstücks, das sie als Bauträgerin bebauen und veräußern wollte. Vor diesem Hintergrund wurde der Kostengläubiger (im Folgenden Notar) eingeschaltet, der der Kostenschuldnerin am 24. November 2006 einen noch der Konkretisierung bedürftigen Kaufvertragsentwurf und am 18. Januar 2007 eine Kostenberechnung in Höhe von insgesamt 6.189,75 € übersandte, in der die Gebühren nach einem Geschäftswert bestimmt sind, der auf der Summe der Einzelwerte der geplanten Verträge beruht. Die gegen die Kostenberechnung von der Kostenschuldnerin erhobenen Einwendungen hat das Landgericht nicht für durchgreifend erachtet. Die weitere Beschwerde hat es nur zur Klärung der Frage zugelassen, welcher Geschäftswert der Kostenberechnung zugrunde zu legen ist. Die von der Kostenschuldnerin uneingeschränkt eingelegte weitere Beschwerde hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, soweit die Kostenschuldnerin den angefochtenen Beschluss über den zugrunde gelegten Geschäftswert hinaus angegriffen hat. Im Übrigen möchte es dem Rechtsmittel teilweise stattgeben, sieht sich hieran aber durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamburg (richtig: des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts) vom 17. Juni 1993 (JurBüro 1994, 287 f.) und des Oberlandesgerichts München (richtig: des Bayerischen Obersten Landesgerichts) vom 5. September 1991 (DNotZ 1992, 326 ff.) gehindert. Es hat die Sache deshalb insoweit dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).

1. Das vorlegende Gericht einerseits und das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht sowie das Bayerische Oberste Landesgericht andererseits sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob als Geschäftswert die volle oder nur die halbe Summe der Einzelwerte der geplanten Verträge zugrunde zu legen ist. Das rechtfertigt die Vorlage.

2. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Vorlageverfahren bei der Notarkostenbeschwerde erst durch Art. 33 Nr. 3 des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden ist und die Auffassung des vorlegenden Gerichts von Entscheidungen abweicht, die vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2005, V ZB 144/05, NJW 2006, 1208, 1209 m.w.N., insoweit in BGHZ 165, 243 ff. nicht abgedruckt).

III.

Die weitere Beschwerde ist in dem noch anhängigen Umfang zulässig (§§ 156 Abs. 2 u. 4 KostO). In der Sache bleibt ihr jedoch der Erfolg versagt.

1. Der Notar hat in der Kostenberechnung zwei Gebühren nach §§ 36 Abs. 2, 145 Abs. 1 KostO in Ansatz gebracht. Da das Oberlandesgericht die weitere Beschwerde rechtskräftig als unzulässig verworfen hat, soweit die Kostenschuldnerin den angefochtenen Beschluss über den zugrunde gelegten Geschäftswert hinaus angegriffen hat, steht die Kostenberechnung nur noch insoweit zur Überprüfung, als es um die Bemessung des Geschäftswerts als Grundlage der Gebührenbemessung geht.

2. Welcher Wert zugrunde zu legen ist, wenn der Notar einen noch der Konkretisierung bedürftigen Text eines Grundstückkaufvertrages für eine Mehrzahl von Verkaufsfällen fertigt, der später den jeweiligen Beurkundungen zugrunde gelegt werden soll (im Folgenden: Serienentwurf), ist umstritten. Während die wohl herrschende Meinung den addierten Wert der Einzelgeschäfte für maßgeblich erachtet (BayObLG DNotZ 1992, 326 ff.; OLG Schleswig JurBüro 1994, 287 f.; Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 17. Aufl., § 145 Rdn. 17 m.w.N.; Rohs in: Rohs/Wedewer/Rohs/Rohs/Waldner, KostO, 3. Aufl., § 145 Rdn. 9a), geht das vorlegende Gericht mit der Gegenauffassung davon aus, dass der Wert regelmäßig mit der Hälfte dieser Summe zu bestimmen ist (vgl. OLG Frankfurt JurBüro 1980, 116; OLG Düsseldorf JurBüro 1983, 1242; MDR 1993, 1022 f.; OLG Hamm DNotZ 1992, 110 ff.; Assenmacher/Mathias, KostO, 16. Aufl., "Mustervertragsentwurf" Nr. 2 m.w.N.).

3. Der Senat entscheidet die Rechtsfrage im Sinne der zuerst genannten Rechtsauffassung.

a) Nach § 30 Abs. 1 KostO ist der Geschäftswert nach freiem, d.h. pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, soweit er sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit aus den Vorschriften der Kostenordnung nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht. So verhält es sich hier. Die Kostenordnung enthält keine Bestimmung darüber, wie der Geschäftswert für die Fertigung eines Serienentwurfs zu bestimmen ist. Auch ist der Gegenauffassung zuzugeben, dass § 44 Abs. 2a KostO nicht einschlägig ist, weil diese Vorschrift nur eingreift, wenn mehrere in einer Verhandlung beurkundete Erklärungen verschiedene Gegenstände haben. Das ist in Konstellationen der vorliegenden Art nicht der Fall.

b) Allerdings beruht die Regelung des § 44 Abs. 2a KostO auf einer gesetzgeberischen Erwägung, die bei der Ermessensausübung nach § 30 Abs. 1 KostO nicht außer acht gelassen werden darf. § 44 Abs. 2a KostO trägt nämlich dem Gedanken Rechnung, dass es für die Gebührenberechnung nicht gleichgültig ist, ob mehrere Erklärungen mit verschiedenen Gegenständen in getrennten Urkunden oder in einer einzigen Urkunde niedergelegt werden (zutreffend OLG Schleswig JurBüro 1994, 287, 288). Auch wenn der Serienentwurf die Grundlage für mehrere Einzelverträge bildet, die verschiedene - wenn auch gleichartige - Gegenstände betreffen, ist die geistige Arbeit des Notars - wie in den Fällen des § 44 Abs. 2a KostO - doch in einer einzigen Urkunde zusammengefasst. Seine Leistung bezieht sich auf die Gesamtheit der Einzelgeschäfte, die er sämtlich bei der Gestaltung des Serienentwurfs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durchdenken muss (BayObLG DNotZ 1992, 326, 327). Das lässt es sachgerecht erscheinen, den Geschäftswert auch bei Serienentwürfen mit der vollen Summe der Einzelwerte Summe zu bemessen. Dass der Serienentwurf als solcher selbst nicht beurkundet werden kann und soll, es zur Herstellung beurkundungsreifer Einzelverträge vielmehr der Ergänzung um die konkreten Einzelheiten des jeweiligen Rechtsgeschäfts bedarf, rechtfertigt nach dem Sinn des § 145 Abs. 1 KostO keinen prozentualen Abschlag (BayObLG aaO). Wenn der Notar nach dieser Vorschrift für die Fertigung des Entwurfs die für die Beurkundung bestimmte Gebühr erhält, so beruht dies auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass sich die Leistung des Notars, die sich in einem Entwurf niederschlägt, in Art und Aufwand nicht nennenswert von der Beurkundungstätigkeit unterscheidet (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 145 KostO Rdn. 5). Das ist nach dem oben Gesagten bei Serienentwürfen nicht anders.

IV.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 2, 156 Abs. 5 i.V.m. § 131 Abs. 1 KostO und § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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