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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: V ZB 48/00
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 233
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 2
GKG § 22 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 48/00

vom

16. November 2000

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 16. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgericht Oldenburg vom 18. September 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 4.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die Kläger nahmen den Beklagten aus 15 Einzelpositionen auf Zahlung von insgesamt 40.720,55 DM in Anspruch. Durch Teilurteil vom 4. Februar 2000 entschied das Landgericht über 14 der Positionen und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 7.414,50 DM. Weitere 600,00 DM sprach das Landgericht den Klägern durch Schlußurteil vom 10. März 2000 zu und belastete die Kläger mit 3/4 und den Beklagten mit 1/4 der Kosten des Rechtsstreits und eines selbständigen Beweisverfahrens.

Gegen das Teilurteil legten beide Seiten Berufung ein. Das Oberlandesgericht änderte das Teilurteil dahin ab, daß der Beklagte lediglich zur Zahlung von 1.617,50 DM verpflichtet ist. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden den Klägern zu 7/8 und dem Beklagten zu 1/8 auferlegt.

Nach Zustellung des Urteils des Oberlandesgerichts am 13. Juli 2000 hat der Beklagte gegen die Kostenentscheidung des ihm bereits am 15. März 2000 zugestellten Schlußurteils des Landgerichts am 26. Juli 2000 Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Er hat eine Abänderung der Kostenentscheidung dahin angestrebt, daß er nur 5 % und die Kläger 95 % der Kosten des ersten Rechtszugs sowie sämtliche Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hätten. Zur Rechtfertigung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte vorgetragen, er habe erst aus dem Berufungsurteil ersehen können, ob er durch die Kostenentscheidung des Schlußurteils tatsächlich beschwert sei. Wegen der zu befürchtenden Kostenbelastung sei ihm auch nicht zumutbar gewesen, die Kostenentscheidung zu einem Zeitpunkt anzufechten, zu dem noch vollkommen ungewiß gewesen sei, ob diese zu seinen Ungunsten falsch sei.

Durch Beschluß vom 18. September 2000, dem Beklagten zugestellt am 22. September 2000, hat das Oberlandesgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, die am 6. Oktober 2000 beim Oberlandesgericht eingegangen ist.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Beklagte die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt hat. Hiergegen kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.

Nach § 233 ZPO setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, daß die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Fristversäumung beruht auf einem Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, das dieser sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß (vgl. Senat, Beschl. v. 26. Juni 1986, V ZB 15/86, VersR 1986, 1210).

Wie auch der Beklagte nicht in Abrede stellt, entspricht es seit langem gefestigter Rechtsprechung, daß die erst in einem Schlußurteil ergangene Kostenentscheidung von der Partei, die ein zuvor erlassenes Teilurteil angegriffen hat, selbständig mit einem Rechtsmittel angefochten werden kann (BGHZ 19, 173, 174 f; 29, 126, 127), und auch angefochten werden muß, um zu verhindern, daß die Kostenentscheidung in Rechtskraft erwächst (BGHZ 20, 253, 254; Senat, Beschl. v. 26. Juni 1986, aaO). Diese Auffassung hat in der Literatur - soweit ersichtlich - uneingeschränkt Zustimmung gefunden (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 99 Rdn. 9; MünchKomm-ZPO/Belz, § 99 Rdn. 29; Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl. § 99 Rdn. 10; Musielak/Wolst, ZPO, 2. Aufl., § 99 Rdn. 11; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 99 Rdn. 48; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 99 Rdn. 8).

Entgegen der Ansicht des Beklagten stand der Einlegung der Berufung gegen die Kostenentscheidung des Schlußurteils vor der Entscheidung des Berufungsgerichts kein Hindernis, insbesondere nicht eine fehlende Beschwer, entgegen. Daß der Beklagte durch die ihn belastende Kostenentscheidung beschwert war, bedarf keiner weiteren Ausführungen. An der Beschwer hätte sich selbst bei einem Unterliegen des Beklagten mit seiner Berufung gegen das Teilurteil nichts geändert; sein Rechtsmittel wäre damit nicht unzulässig, sondern unbegründet geworden. Auch die Berufungssumme (§ 511a ZPO) war offensichtlich erreicht; denn hierfür ist allein die Beschwer des Beklagten aus seiner Verurteilung durch das Teilurteil maßgeblich (vgl. BGHZ 29, 126, 127).

Der Hinweis des Beklagten auf ein vor der Entscheidung über die Berufung gegen das Teilurteil unzumutbares Kostenrisiko entbehrt der Grundlage. Durch die Anfechtung der Kostenentscheidung im Schlußurteil entstehen keine zusätzlichen Kosten, die den Beklagten bei einem Unterliegen hätten belasten können. Dies ist im Ergebnis außer Streit, wobei es keiner Entscheidung darüber bedarf, ob der Berufung gegen die Kostenentscheidung gegenüber der gegen das Teilurteil kein eigener Streitwert beigelegt wird (so OLG Frankfurt a.M., JurBüro 1981, 1732; OLG Köln, KoRspr, § 4 ZPO, Nr. 49), oder ein eigener Streitwert zwar anzunehmen ist, aber nach § 22 Abs. 1 GKG keine Berücksichtigung findet (so Schneider, Anm. zu OLG Köln, KoRspr, § 4 ZPO, Nr. 49; Zöller/Herget, aaO, § 4 Rdn. 12; wohl auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO, § 4 Rdn. 18).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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