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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: V ZB 48/08
Rechtsgebiete: ZVG


Vorschriften:

ZVG § 75
Das Versteigerungsverfahren ist nach § 75 ZVG, in der Fassung durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I 3416), auch dann von Amts wegen einzustellen, wenn ein Dritter, der berechtigt ist, den Gläubiger zu befriedigen, den Nachweis über die Zahlung des zur Befriedigung und zur Deckung der Kosten erforderlichen Betrages an die Gerichtskasse im Versteigerungstermin vorlegt.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 48/08

vom 16. Oktober 2008

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17. März 2008 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 177.143,63 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 3 betreibt seit März 1999 die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Reihenhausgrundstücks der Schuldner aus den in Abteilung III Nr. 4 und Nr. 5 eingetragenen Grundschulden. Das Amtsgericht ließ den Beitritt weiterer Gläubiger zu, unter anderem am 26. Oktober 2007 den Beitritt der Beteiligten zu 2 wegen der in Abteilung III Nr. 3a und Nr. 15 eingetragenen Rechte.

Mit Wertstellung am 11. Dezember 2007 zahlte die Beteiligte zu 3 35.336,37 € an die Gerichtskasse zur Ablösung der Beteiligten zu 2 als vorrangiger Gläubigerin. Die Gerichtskasse unterrichtete das Vollstreckungsgericht von dieser Zahlung und übersandte ihm eine Ablichtung des Einzahlungsbelegs. Das Vollstreckungsgericht wies die Beteiligte zu 2 im Versteigerungstermin am 18. Dezember 2007 auf die Zahlung hin. Diese widersprach der Ablösung und beantragte, das Verfahren insgesamt einzustellen. Das Vollstreckungsgericht stellte das Verfahren einstweilen ein, soweit es von der Beteiligten zu 2 aus der in Abteilung III Nr. 3a eingetragenen Hypothek betrieben wurde. Anschließend führte es die Versteigerung durch und erteilte am 21. Dezember 2007 den Beteiligten zu 6 als Meistbietenden den Zuschlag.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter, den Zuschlag zu versagen.

II.

Das Beschwerdegericht meint, der Zuschlag sei den Beteiligten zu 6 zu Recht erteilt worden. Aufgrund der Ablösung der Beteiligten zu 2 sei diese nicht mehr bestrangig betreibende Gläubigerin gewesen und habe die Einstellung des Verfahrens insgesamt nach § 30 ZVG nicht mehr bewilligen können. Das Verfahren sei in Bezug auf ihre Person nach § 75 ZVG eingestellt worden. Soweit in § 75 ZVG als Voraussetzung für die Einstellung nur der Zahlungsnachweis durch den Schuldner vorgesehen sei, beruhe dies auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung ergebe sich kein Anhalt dafür, dass es im Belieben des Schuldners stehe, ob er der Zahlung eines ablösungsberechtigten Dritten die Wirkung des § 75 ZVG zukommen lassen wolle. Der Gesetzgeber habe nur den baren Zahlungsverkehr im Versteigerungstermin einschränken, nicht aber die Befugnisse ablösungsberechtigter Dritter beschneiden wollen.

Der Ablösungsbetrag sei zutreffend berechnet worden. Die Beteiligte zu 2 könne nicht den doppelten Ansatz der Rechtsanwaltsgebühren beanspruchen, weil das Verfahren gegen zwei Schuldner geführt worden sei. Die Beteiligte zu 3 habe das Recht zur Ablösung der Beteiligten zu 2 nicht verwirkt. Das Vollstreckungsgericht habe nicht gegen die Gebote des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens verstoßen, indem es die Beteiligte zu 2 nicht davon unterrichtet habe, dass die Beteiligte zu 3 eine Ablösung nach § 75 ZVG plane.

III.

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Erteilung des Zuschlags an die Beteiligten zu 6 ist nicht zu beanstanden, weil diese das Meistgebot abgegeben haben und Versagungsgründe nicht eingreifen (§§ 100 Abs. 1, 81 Abs. 1, 83 Nr. 6 und 7 ZVG).

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist der Zuschlag nicht nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen. Das Vollstreckungsgericht hat vielmehr zu Recht dem Versteigerungsverfahren entsprechend der auf Antrag der Beteiligten zu 3 ergangenen Vollstreckungsanordnung (§ 15 ZVG) Fortgang gegeben.

1. Die von mehreren Gläubigern betriebenen Versteigerungsverfahren stehen selbständig nebeneinander (RGZ 125, 24, 30). Betrifft der Grund für eine Einstellung nur ein Verfahren, so ist auch nur dieses einzustellen, während die anderen fortzusetzen sind. Das gilt sowohl für die von einem Gläubiger bewilligte Einstellung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 ZVG (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 30 Rdn. 14; Hintzen, in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 30 Rdn. 17; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 30 Rdn. 2.14) als auch für die Einstellung auf Grund einer zur Ablösung des Rechts des bestrangig betreibenden Gläubigers geleisteten Zahlung nach § 75 ZVG (vgl. Böttcher, aaO, § 75 Rdn. 10; Hintzen, aaO, § 75 ZVG Rdn. 42; Stöber, aaO, § 75 Rdn. 2.6). Es ist dann nur das davon betroffene Verfahren einzustellen, das geringste Gebot neu zu berechnen und die Versteigerung auf der Grundlage dieser Bedingungen durchzuführen. So ist es hier geschehen.

Ob ein Grund zur Versagung des Zuschlags danach schon deshalb verneint werden muss, weil die Beteiligte zu 2 selbst vor der Versteigerung die Einstellung des Verfahrens bewilligt hat, oder dieser Umstand hier außer Betracht bleiben muss, weil das Vollstreckungsgericht vor einer auf die Bewilligung der Beteiligten zu 2 gestützten Einstellung diese darauf hätte hinweisen müssen, dass entgegen ihrer im Termin erklärten Absicht das Verfahren nicht insgesamt einzustellen war, kann dahinstehen, weil die von dem Vollstreckungsgericht auf § 75 ZVG gestützte Einstellung rechtlich nicht zu beanstanden ist.

2. Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, eine Einstellung nach § 75 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I 3416) setze voraus, dass der Schuldner im Termin einen Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis der Bank vorlege, woran es hier gefehlt habe. Der Senat teilt vielmehr die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass auch nach der Neufassung des § 75 ZVG das Vollstreckungsgericht das Verfahren von Amts wegen einzustellen hat, wenn im Termin die Zahlung an die Gerichtskasse durch einen nach §§ 268, 1150, 1192 BGB zur Ablösung berechtigten Gläubiger nachgewiesen wird.

a) Richtig ist zwar, dass § 75 ZVG n.F. nur den Zahlungsnachweis des Schuldners als Voraussetzung für die Einstellung des Verfahrens von Amts wegen benennt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergeben sich jedoch bereits zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass (wie zuvor) auch ein ablösungsberechtigter Gläubiger die Einstellung des Verfahrens durch Zahlung an die Gerichtskasse herbeiführen kann und die Erwähnung eines Nachweises der Zahlung (allein) durch den Schuldner auf einem redaktionellen Versehen beruht. Die Zahlung durch den ablösungsberechtigten Dritten ist auch in der neuen Fassung des § 75 ZVG Grund für die Einstellung des Verfahrens. Hat der Inhaber einer Grundschuld zur Ablösung des Rechts, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird, an die Gerichtskasse gezahlt, ist das Verfahren nach § 75 ZVG nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen einzustellen (Hintzen in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 75 Rdn. 2, 16; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; vgl. Steiner/Storz, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 75 Rdn. 10, 12; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 280, 294, 621; ders., ZIP 1980, 159, 160, 164). Auch bedarf es nach § 291 ZPO keines Nachweises der Ablösezahlung durch den dazu berechtigten Dritten, wenn dessen Zahlung durch die Mitteilung der Gerichtskasse für das Vollsteckungsgericht aktenkundig ist (Stöber, ZVG-Handbuch, 8. Aufl., Rdn. 332; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598).

Schon diese Umstände sprechen für ein Redaktionsversehen. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum nur der Schuldner (und nicht auch der Gläubiger, der die Zahlung geleistet hat) im Termin den Nachweis für einen von dem Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu berücksichtigenden Einstellungsgrund soll vorlegen dürfen. Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Ansicht führte überdies zu der sachlich nicht begründbaren Differenzierung, dass das Vollstreckungsgericht (auch gegen den Willen des Schuldners) von Amts wegen das Verfahren zwar dann einstellen müsste, wenn die Ablösezahlung des Gläubigers an die Gerichtskasse offenkundig ist, die im Termin vom Gläubiger dazu vorgelegten Zahlungsnachweise jedoch zurückzuweisen hätte.

b) Auch aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich keinerlei Hinweise für einen Willen des Gesetzgebers, die Vorschrift dahin zu ändern, dass nur noch der Schuldner und nicht mehr wie nach § 75 ZVG a.F. auch ein ablösungsberechtigter Dritter ohne Mitwirkung des Schuldners (und damit ggf. auch gegen dessen Willen) das Recht des betreibenden Gläubigers durch Zahlung ablösen und damit die Einstellung des von diesem betriebenen Verfahrens herbeiführen kann. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3038, S. 27, 42) diente die Neuregelung dem Ziel, die früher allein möglichen Barzahlungen im Termin wegen der damit verbundenen Gefährdungen abzuschaffen und durch einen ausschließlich unbaren Zahlungsverkehr zu ersetzen.

c) Auch das Schrifttum (Hintzen in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, § 75 Rdn. 5; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233, 239; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846, 1850) ist wie das Beschwerdegericht der Ansicht, dass der ablösungsberechtigte Dritte auch nach der neuen Regelung die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 75 ZVG durch Zahlung an die Gerichtskasse und deren Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgericht herbeiführen kann.

d) Der Senat tritt dieser Auslegung bei, nach der auch ein ablösungsberechtigter Gläubiger die Einstellung durch Vorlage eines Zahlungsnachweises im Termin herbeiführen kann. Das entspricht sowohl dem materiellen Inhalt der Ablöserechte nach §§ 268, 1150, 1192 BGB als auch dem Zweck der Vorschrift in dem Zwangsversteigerungsverfahren.

Die Ablöserechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch müssen nicht im Interesse des Schuldners ausgeübt werden, um die Zwangsversteigerung des Grundstücks insgesamt abzuwenden (BGH, Beschl. v. 1. März 1994, XI ZR 149/93, NJW 1994, 1475). Das Ablöserecht ist ein eigenes Recht desjenigen, der bei einer Versteigerung Rechte an dem Grundstück verlöre. Das Recht kann von einem Inhaber eines Rechts an dem Grundstück - auch gegen den Willen des Schuldners (Senat, Urt. v. 12. Juli 1996, V ZR 106/95, NJW 1996, 2791, 2792) - gegenüber dem die Zwangsvollstreckung aus einem vorrangigen Recht betreibenden Gläubiger zu dem Zweck ausgeübt werden, die Zwangsversteigerung aus einem nachrangigen Recht weiter zu betreiben (OLG Köln Rpfleger 1989, 298, 299; MünchKommBGB/Krüger, 5. Aufl., § 268 Rdn. 10). Das gilt insbesondere dann, wenn das abzulösende vorrangige Recht - wie hier - wiederholt zur Verhinderung des Zuschlags nach einer Versteigerung eingesetzt worden ist, indem der Inhaber dieses Rechts dem Verfahren beigetreten und nach dem Schluss des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens bewilligt hat (dazu Storz, Rpfleger 1990, 177, 179).

§ 75 ZVG erleichtert die Durchsetzung eines Ablöserechtes in der Zwangsversteigerung, in dem es keines Nachweises einer Zahlung an den Inhaber des abzulösenden Rechtes bedarf, sondern der zur Ablösung erforderliche Betrag an das Gericht (nach der früheren Regelung im Termin, nunmehr zuvor an die Gerichtskasse) gezahlt werden kann. Die Vorschrift ermöglicht dadurch die vereinfachte Durchsetzung des Ablösungsrechts gegenüber einem nicht empfangsbereiten Gläubiger (vgl. Hock/Mayer/Hilbert/Deimann, Immobiliarvollstreckung, 4. Aufl. Rdn. 479 und 480a). Das von diesem betriebene Verfahren ist schon dann einzustellen, wenn die Zahlung des Ablösebetrages an die Gerichtskasse offenkundig oder durch Vorlage der in § 75 ZVG benannten Einzahlungs- oder Überweisungsnachweise belegt ist.

Die Durchsetzung des Ablöserechts wäre demgegenüber entgegen dem Inhalt des materiellen Rechts und der von § 75 ZVG beabsichtigten Vereinfachung seiner Geltendmachung im Verfahren wesentlich erschwert, wenn die aus technischen Gründen (Ausschluss der Barzahlungen) vorgenommene Gesetzesänderung die Rechtsfolge herbeigeführt hätte, dass die ablösungsberechtigten Dritten unmittelbar an den betreibenden Gläubiger zahlen müssten, selbst wenn dieser sich einer Ablösung zu entziehen versucht, indem er die Höhe seiner Ansprüche nicht mitteilt oder die Empfangnahme der Zahlung verweigert. Sachliche Gründe, die das rechtfertigten, sind nicht erkennbar.

3. Der Wirksamkeit der Ablösung stünde auch nicht entgegen, wenn die Höhe des Ablösebetrages die von der Beschwerdeführerin im Versteigerungstermin neu errechneten Kosten nicht vollständig gedeckt haben sollte. Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - die an die Gerichtskasse geleistete Zahlung nicht - wie vom Vollstreckungsgericht errechnet - den zur Befriedigung der Forderungen der Beschwerdeführerin und der Kosten des Verfahrens erforderlichen Betrag um 390 € überstieg, sondern um rund 420 € hinter diesem zurückblieb. Dies wird damit begründet, dass hier die Verfahrensgebühr nach VV 3311 Nr. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG nicht einmal, sondern - weil zwei Schuldner vorhanden sind - doppelt in Ansatz zu bringen gewesen sei.

Die Wirksamkeit der Ablösung scheitert daran nicht, weil die Zahlung der Beteiligten zu 3 das abzulösende Recht und diejenigen Kosten abgedeckt hat, die sich aus den Angaben der Beteiligten zu 2 zu ihren Ansprüchen in ihrem Beitrittsantrag ergaben und die das Vollstreckungsgericht in seinem Beitrittsbeschluss vom 26. Oktober 2007 ausgewiesen hatte. Der sich aus der Anmeldung des Gläubigers zu errechnende Betrag bestimmt grundsätzlich auch die an die Gerichtskasse zu leistende Ablösezahlung (Hintzen in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, § 75 Rdn. 3; Stöber, ZVG, § 75 Rdn. 2.4).

Der Senat hat für eine Ablösung nach § 268 BGB entschieden, dass der Ablösende auf die Auskünfte des Gläubigers zur Höhe der bei ihm entstandenen Kosten grundsätzlich vertrauen darf (Senat, Beschl. v. 5. Oktober 2006, V ZB 2/06, NJW-RR 2007, 165, 168). Dies gilt erst recht für eine Zahlung an das Gericht nach § 75 ZVG, die nach neuer Rechtslage vor dem Termin an die Gerichtskasse gezahlt werden muss. Andernfalls hätte es der nicht empfangsbereite Gläubiger in der Hand, die gesetzlich zulässige Ablösung schon dadurch zu verhindern, dass er - wie hier - im Termin geringfügig höhere Kosten nachmeldet.

4. Die Beteiligte zu 3 hatte ihre Befugnis zur Ablösung auch nicht verwirkt, wie die Rechtsbeschwerde meint. Zwar können auch in der Zwangsvollstreckung Verfahrensrechte verwirkt werden (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., vor § 1 Rdn. 234; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., vor § 704 Rdn. 32). Das setzte hier indes voraus, dass die Beteiligte zu 2 sich auf Grund des Verhaltens der Beteiligten zu 3 in dem seit 1999 anhängigen Verfahren darauf einrichten durfte, dass diese von dem Recht zur Ablösung der ihren Grundschulden vorrangigen Hypothek keinen Gebrauch machen werde und die Geltendmachung des Rechts im Jahre 2007 deshalb als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint. Davon kann jedoch keine Rede sein. Die Beteiligte zu 2 musste vielmehr mit einer Ablösung der die Verwertung der Grundschulden hindernden vorrangigen Hypothek rechnen, wenn sie vorher die von der Beteiligten zu 3 angebotenen Ablösungen zurückgewiesen und die Erteilung des Zuschlags nach den von dieser betriebenen Verfahren jeweils durch Bewilligung der Einstellung des Verfahrens nach dem Schluss der Versteigerung verhindert hatte.

5. Ein Grund zur Versagung des Zuschlags ergibt sich auch nicht daraus, dass - nach Auffassung der Rechtsbeschwerde - das Vollstreckungsgericht das Gebot verletzt haben soll, das Verfahren fair zu führen und sämtlichen Verfahrensbeteiligten effektiven Rechtsschutz zu gewähren, weil es die anderen Verfahrensbeteiligten erst im Versteigerungstermin von der ihm bereits zuvor bekannten Ablösezahlung der Beteiligten zu 3 unterrichtet hat.

a) Die Verletzung des Gebots zur fairen Verfahrensführung kann zwar ein Grund zur Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG sein, wenn bei Einhaltung dieser Regeln der Verlust des Eigentums des Schuldners durch die Erteilung des Zuschlags vermieden worden wäre oder Rechte Dritter an dem Grundstück fortbestanden hätten. Das wäre denkbar, wenn bei früherer Bekanntgabe an die Beteiligten nach § 9 ZVG eine Ablösung der Grundschulden der Beteiligten zu 3 durch die Schuldner, durch die Beteiligte zu 2 oder einen anderen Beteiligten in Betracht gekommen wäre (zu einem solchen Fall: Senat, Beschl. v. 5. Oktober 2006, V ZB 2/06, NJW-RR 2007, 165, 166). Dafür ist indes nichts vorgebracht worden und auch nichts ersichtlich. Der Vortrag der Beteiligten zu 2, dass sie nach einem solchen Hinweis noch weitere, ihr entstandene Zwangsvollstreckungskosten - wie in der Begründung ihrer Zuschlagsbeschwerde aufgeführt - bis zu dem Termin angemeldet hätte, ist unerheblich. Den Zuschlag hätte die Anmeldung nicht gehindert. Das Beschwerdegericht hat zu Recht auf die sich aus § 110 ZVG ergebenden Rechtsfolgen verspäteter Anmeldung von solchen Ansprüchen hingewiesen. Die Verletzung des sich daraus ergebenden Gebots zur Sorgfalt bei der Anmeldung der Ansprüche durch den dem Verfahren beitretenden Gläubiger kann danach kein Grund für eine Versagung des Zuschlags sein.

b) Im Übrigen hat das Beschwerdegericht eine Verletzung des Gebots zu einer fairen Verfahrensführung zutreffend verneint. Das Vollstreckungsgericht war nicht verpflichtet, die Beteiligte zu 2 schon vor dem Termin über die ihm mitgeteilte Absicht der Beteiligten zu 3 zur Ablösung und über die Mitteilung der Gerichtskasse über den Eingang der Zahlung zu informieren.

Nach § 75 ZVG ist jeder zur Ablösung berechtigte Dritte berechtigt, durch eine zu diesem Zweck bestimmte Zahlung an die Gerichtskasse das vorrangige Recht abzulösen. Diese Befugnis nach § 75 ZVG dient - wie bereits (oben unter 2 d) ausgeführt - auch dazu, eine einfache Durchsetzung des Ablösungsrechts im Zwangsversteigerungsverfahren gegenüber einem nicht empfangsbereiten Gläubiger zu ermöglichen, welcher die sich aus seinem besserrangigen Recht ergebende bevorzugte Verfahrensposition nicht zur Realisierung seiner Ansprüche, sondern - wie hier - zur Verhinderung einer Versteigerung einsetzt (vgl. Hock/Mayer/Hilbert/Deimann, Immobiliarvollstreckung, 4. Aufl. Rdn. 479 und 480a; Storz, Rpfleger 1990, 177, 179). Der Ablösende, der nach § 75 ZVG a.F. die Ablösezahlung erst im Termin zu leisten hatte, muss seine Zahlung an die Gerichtskasse dem Gläubiger, dessen Recht abgelöst werden soll, nicht vorher ankündigen und hat den Zahlungsbeleg erst im Termin vorzulegen. Das Vollstreckungsgericht hat bei einer solchen Auseinandersetzung zwischen den am Verfahren beteiligten Gläubigern, die in Bezug auf die Versteigerung entgegengesetzte Interessen verfolgen, Neutralität in Bezug auf die Wahrnehmung der diesen zustehenden Rechte zu wahren. Es musste daher der Beteiligte zu 2 weder die Ankündigung der Ablösung noch den Eingang der Zahlung bei der Gerichtskasse schon vor dem Versteigerungstermin mitteilen.

Die Rechte der Beteiligten zu 2 in dem Verfahren wurden dadurch nicht verkürzt. Die Zulässigkeit der Ablösung ist Gegenstand der Erörterung im Termin gewesen. Die zulässigen Rechtsmittel gegen die Entscheidung und gegen den Zuschlagsbeschluss wurden der Beteiligten zu 2 dadurch nicht abgeschnitten; sie hat diese auch erhoben.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 m.w.N.)

Der Gegenstandswert ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen, dessen Aufhebung beantragt ist. Der Wert entspricht dem Meistgebot der Beteiligten zu 6 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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