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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: V ZB 63/03
Rechtsgebiete: FGG, ZPO (2002)


Vorschriften:

FGG § 14
ZPO (2002) § 574
a) In Prozeßkostenhilfeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann eine Beschwerdeentscheidung nur nach einer Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde durch das Landgericht entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angefochten werden.

b) Zuständig für die Entscheidung über eine solche sofortige weitere Beschwerde ist grundsätzlich das Oberlandesgericht bzw. das Bayerische Oberste Landesgericht. Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes kann nur im Fall einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG gegeben sein.


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 63/03

vom

11. März 2004

in der Wohnungseigentumssache

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Antragsgegner auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nimmt als Verfahrensstandschafterin die Antragsgegner auf Zahlung von 337,45 € auf Grund einer von den Wohnungseigentümern beschlossenen Sonderumlage in Anspruch.

Für dieses Verfahren haben die Antragsgegner die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat die Anträge zunächst zurückgewiesen, dann jedoch den hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden teilweise abgeholfen und den Antragsgegnern Prozeßkostenhilfe mit Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 60 € bzw. 15 € bewilligt. Die weitergehenden Rechtsmittel der Antragsgegner hat das Landgericht als unzulässig verworfen und gegen seine Entscheidung die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde wenden sich die Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts.

II.

Das Beschwerdegericht hält die sofortigen Beschwerden der Antragsgegner für verspätet. Die Beschlüsse mit der Ablehnung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe seien ihnen am 23. Mai 2003 zugestellt worden, die Beschwerdeschriften jedoch erst am 20. Juni 2003 bei Gericht eingegangen. Damit sei die gemäß § 22 FGG zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht gewahrt. Diese Bestimmung sei im vorliegenden Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die Beschwerdefrist maßgeblich, nicht jedoch die in § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO für die Versagung von Prozeßkostenhilfe im Zivilprozeß geregelte Frist von einem Monat.

III.

Die an den Bundesgerichtshof gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragsgegner ist nicht zulässig. Das Beschwerdegericht ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, daß nach einer entsprechenden Zulassung die sofortige weitere Beschwerde nach § 27 FGG eröffnet ist. Für die Entscheidung über dieses Rechtsmittel ist nach § 28 Abs. 1 FGG das Oberlandesgericht zuständig. Da die Antragsgegner dieses Gericht ebenfalls angerufen haben, kommt eine Umdeutung des vorliegenden Rechtsmittels in eine sofortige weitere Beschwerde an das Oberlandesgericht nicht Betracht. Außerdem kann wegen der Unzulässigkeit des bei dem unzuständigen Gericht eingelegten Rechtsmittels offen bleiben, ob die Zulassung durch das Beschwerdegericht auch auf eine Rechtsbeschwerde bezogen werden kann.

1. Nach § 14 FGG, der nach § 43 Abs. 1 WEG auch im vorliegenden Wohnungseigentumsverfahren anwendbar ist, finden hier die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe entsprechende Anwendung. Diese Verweisung richtet sich nach allgemeinem Verständnis nicht nur auf die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, sondern erfaßt auch die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen im Prozeßkostenhilfeverfahren (vgl. BGHZ 53, 369, 371 ff; BGH, Beschl. v. 21. Juli 1997, AnwZ (B) 16/97, BRAK-Mitt 1997, 253; auch BGHZ 33, 205, 207). Danach war vor Inkrafttreten des Zivilprozeßreformgesetzes namentlich § 567 Abs. 3 ZPO a.F. zu beachten und mithin eine Anfechtung von Beschwerdeentscheidungen der Landgerichte auch in Prozeßkostenhilfeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen. Durch die Heranziehung der Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln wurde das sinnwidrige Ergebnis vermieden, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren die freiwillige Gerichtsbarkeit mit weitergehenden Rechts-mitteln als die streitige Gerichtsbarkeit ausgestattet war (vgl. BGHZ 53, 369, 372 f).

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung ist die Neukonzeption des Beschwerderechts durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Zivilprozeßreformgesetz auch für die Verweisung in § 14 FGG zu beachten.

a) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies insbesondere, daß die Anfechtbarkeit einer Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, mithin nach einer Zulassung durch das Landgericht, eröffnet ist (BayObLGZ 2002, 147, 148; BayObLG, FamRZ 2002, 1713, 1714; vgl. auch BGH, Beschl. v. 10. Dezember 2003, XII ZB 251/03, zur Veröffentlichung vorgesehen; BayObLGZ 2002, 89, 92 jeweils für das Verfahren der Richterablehnung; BayObLGZ 2002, 274, 275 für die Verweisung in § 13a Abs. 3 FGG; OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1375; KG, NZM 2003, 816; OLG Frankfurt a.M., FGPrax 2003, 175; Demharter, NZM 2002, 233, 235, 236; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 49 Rdn. 83; Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 14 FGG Rdn. 35). Bei § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO handelt es sich um eine Regelung zur Statthaftigkeit eines Rechtsmittels (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 574 Rdn. 7); denn sie bestimmt, welches Rechtsmittel seiner Art nach gegen welche Art angefochtener Entscheidungen vorgesehen ist (Musielak/Ball, aaO, vor § 511 Rdn. 14). Der in § 14 FGG bestimmten entsprechenden Anwendung des § 574 ZPO steht die Systematik der Rechtsmittel der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht entgegen. Zwar betrifft die Regelung in § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde, während § 27 FGG gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts lediglich die weitere Beschwerde vorsieht. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen beiden Rechtsmitteln indessen nicht. So gibt es auch innerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit Verfahren, für welche die Statthaftigkeit einer weiteren Beschwerde von einer Zulassung durch das Beschwerdegericht abhängig ist (so etwa nach § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Vor allem aber ist die weitere Beschwerde der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 546 ZPO wie die Rechtsbeschwerde gemäß § 576 ZPO darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen.

b) Über die Regelungen zur Statthaftigkeit hinaus erfaßt die Verweisung nach § 14 FGG dagegen nicht die Vorschriften über die Rechtsmittel der Zivilprozeßordnung. Es spricht deshalb vieles dafür, zumindest in Wohnungseigentumssachen die Frist für die - nach neuem Recht (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) allein statthafte - sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen über die Versagung von Prozeßkostenhilfe nicht § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, sondern § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG zu entnehmen (so auch Keidel/Zimmermann, aaO, § 14 Rdn. 34a; Demharter, NZM 2002, 233, 236; a.A. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 49 Rdn. 83; Keidel/Kahl, aaO, vor §§ 19-30 Rdn. 23). Dies stünde auch in Einklang mit dem Zweck des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO (vgl. Zimmermann, in Festschrift für Musielak, 2004, S. 729, 737 f; Decker, NJW 2003, 2291, 2293). Abweichend vom Regelfall (zwei Wochen gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) wird durch diese Vorschrift - wegen der "annähernd vergleichbaren Auswirkungen" - die Beschwerdefrist den einmonatigen Rechtsmittelfristen im Hauptsacheverfahren angeglichen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 76). Da in Wohnungseigentumssachen Entscheidungen in der Hauptsache innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist angefochten werden müssen (§ 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG), gibt es hier mithin keine Rechtfertigung für eine Übernahme der verlängerten Beschwerdefrist. Folgt man dieser Auffassung, so wäre es zudem wegen § 29 Abs. 2 FGG nur folgerichtig, auch für die Einlegung einer - zugelassenen - weiteren sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts die zweiwöchige Frist und nicht die in § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Rechtsbeschwerde vorgesehene Monatsfrist als maßgebend anzusehen (vgl. Zimmermann, in Festschrift für Musielak, aaO, S. 729, 738 f).

3. In dem vorliegenden Verfahren ist dem Senat die Beantwortung der von dem Beschwerdegericht aufgeworfenen Frage nach der Dauer der Beschwerdefrist allerdings verwehrt. Aus der Begrenzung der Verweisung in § 14 FGG auf Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln folgt, daß § 133 GVG, der dem Bundesgerichtshof die Zuständigkeit für Entscheidungen über Rechtsbeschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuweist, keine entsprechende Anwendung finden kann. Es verbleibt vielmehr bei den eigenen Zuständigkeitsregelungen für die freiwillige Gerichtsbarkeit (vgl. BayObLGZ 2002, 147, 148; Keidel/Zimmermann, aaO, § 14 Rdn. 35; ders., in Festschrift für Musielak, aaO, S. 729, 739; Demharter, NZM 2002, 233, 236). Danach entscheidet über eine in Prozeßkostenhilfeverfahren zugelassene weitere sofortige Beschwerde nach § 28 Abs. 1 FGG das Oberlandesgericht bzw. in Bayern nach § 199 Abs. 1 FGG das Bayerische Oberste Landesgericht (Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 BayAGGVG). Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 FGG auf Grund einer zulässigen Vorlage berufen.

IV.

Da die Rechtsverfolgung der Antragsgegner im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist ihr Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für dieses Verfahren zurückzuweisen (§ 14 FGG, § 114 ZPO).

Ende der Entscheidung

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