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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: V ZR 15/07
Rechtsgebiete: ZPO, LuftVG, BImSchG


Vorschriften:

ZPO § 323
LuftVG § 11
BImSchG § 14
BImSchG § 14 Satz 1 Hs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 15/07

Verkündet am: 27. Juni 2008

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 6. Juni 2008 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. November 2006 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. September 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt einen Flugplatz; der Beklagte ist Anwohner. Sein Grundstück liegt ca. 600 m östlich der Start- und Landebahn und wird bei Starts in Richtung Osten regelmäßig überflogen. Mit einem von dem Beklagten erstrittenen zweitinstanzlichen Urteil vom 8. November 1990 wurde der Klägerin untersagt, pro Tag mehr als 30 Startvorgänge von Motorflugzeugen und Motorseglern in östlicher Richtung zuzulassen; außerdem wurde sie verurteilt, näher bestimmte Ruhezeiten von derartigen Startvorgängen freizuhalten. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Senat nicht angenommen (Beschl. v. 14. Mai 1992, V ZR 1/91).

Am 28. November 1994 erteilte die zuständige Bezirksregierung auf Antrag der Klägerin eine frühere Genehmigungen ersetzende "Genehmigung zur Erweiterung der Anlage und zum weiteren unbefristeten Betrieb des Verkehrslandeplatzes". Anders als in vorherigen Genehmigungsverfahren waren der Antrag und die Pläne zuvor ausgelegt und der Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben worden, Einwendungen vorzubringen. Ein förmliches Planfeststellungsverfahren wurde jedoch nicht durchgeführt. Die inzwischen bestandskräftige Genehmigung schränkt die Zahl der Startvorgänge in östlicher Richtung nicht ein; Ruhezeiten sieht sie für bestimmte nach Ziel, Zweck und Dauer bezeichnete Flüge vor. Luftfahrzeuge, die erhöhten Schallschutzanforderungen genügen, sind von den Beschränkungen ausgenommen.

Gestützt auf die neue Genehmigung, ihre öffentlich-rechtliche Betriebspflicht und einen behaupteten Rückgang der Lärmemissionen beantragt die Klägerin die Abänderung des Urteils vom 8. November 1990, und zwar in erster Linie dahingehend, dass sie seit Rechtshängigkeit der Klage berechtigt ist, den Verkehrslandeplatz ohne weitere Einschränkungen im Rahmen der Genehmigung zu betreiben. Mehrere Hilfsanträge zielen darauf, die weiter gehenden Unterlassungspflichten aus dem Ersturteil auf zweimotorige und nicht den erhöhten Schallschutzanforderungen genügende Flugzeuge zu beschränken. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil vom 8. November 1990 aufgehoben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Abänderungsklage in entsprechender Anwendung von § 323 ZPO für zulässig. Es meint, der Hauptantrag sei auf die vollständige Aufhebung des Ersturteils gerichtet und in diesem Umfang auch begründet, weil die Verurteilung der Klägerin nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage an die zwischenzeitlich eingetretene Änderung der für sie maßgeblichen Verhältnisse anzupassen sei. Das folge allerdings nicht aus der öffentlich-rechtlichen Betriebspflicht der Klägerin, die in dem Ersturteil bereits berücksichtigt sei und deshalb nicht zu einer die Rechtskraft durchbrechenden Abänderung führen könne. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, dass die Beeinträchtigung des Beklagten aufgrund geänderter Verhältnisse an der Start- und Landebahn und geräuschärmerer Flugzeugmotoren auf ein Maß zurückgegangen sei, das sich nach der dem Ersturteil zugrunde liegenden Gesamtabwägung als unwesentlich darstelle. Die Genehmigung vom 28. November 1994 habe jedoch eine veränderte Tatsachengrundlage geschaffen, die in dem Ersturteil noch nicht habe berücksichtigt werden können. Da die Öffentlichkeit an dem Verfahren beteiligt worden sei, komme der Genehmigung die Ausschlusswirkung der §§ 11 LuftVG, 14 BImSchG zu. Davon seien nicht nur privatrechtliche Ansprüche auf Einstellung des genehmigten Betriebs, sondern auch die in dem Ersturteil zuerkannten Ansprüche zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen erfasst. Die in § 14 Satz 1 Hs. 2 BImSchG vorgesehene Umwandlung in einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen ändere daran nichts. Denn die insofern abschließende Regelung in der Genehmigung schließe die zeitliche und zahlenmäßige Beschränkung der Startvorgänge auch als Schutzvorkehrung aus.

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

1. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, weil die auf Abänderung des rechtskräftigen Urteils vom 8. November 1990 gerichtete Klage unzulässig ist und nicht in eine - zulässige - Vollstreckungsabwehrklage umgedeutet werden kann. Zur Begründung nimmt der Senat auf sein Urteil vom 14. März 2008 (V ZR 16/07, teilweise abgedruckt in NJW 2008, 1446 ff.) Bezug.

2. Für die von der Klägerin - trotz Kenntnis dieser Entscheidung - angeregte Anpassung des Tenors des rechtskräftigen Urteils vom 8. November 1990 ist somit kein Raum.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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