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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: V ZR 156/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 741 ff.
BGB § 742
BGB § 748
BGB § 1020 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 156/05

Verkündet am: 7. Juli 2006

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 8. Juni 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist Eigentümerin des Flurstücks 129/26 der Flur 10 der Gemarkung H. (B. ), das sie als Acker und Wald nutzt. An der nördlichen Grenze des Flurstücks zu den im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücken 129/24 und 129/25 verläuft ein etwa 3 m breiter Weg, der den Zugang von einer öffentlichen Straße, dem Radelandweg, zu dem Flurstück der Beklagten bildet. Das Flurstück 129/25 grenzt an den Radelandweg. Seine Bebauung versperrt dem dahinter gelegenen Flurstück 129/24 den Zugang zu diesem.

Der Kläger nutzt das Flurstück 129/24 für seinen Gewerbebetrieb als Tischler und Zimmermann. Der Zugang erfolgt über den Weg auf dem Flurstück der Beklagten. 1990 einigten sich die Parteien, den Zugang durch eine Grunddienstbarkeit zu sichern. Die Dienstbarkeit wurde gemäß Bewilligung der Beklagten vom 8. Oktober 1990 in das Grundbuch des belasteten Grundstücks eingetragen. Die Bewilligung enthält keine Regelungen zur Unterhaltung des Weges.

Der Kläger meint, die Beklagte sei als Eigentümerin der Wegefläche verpflichtet, die Verkehrssicherheit des Weges zu gewährleisten. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Weg von November bis März eines jeden Jahres von Schnee zu räumen und den Weg zu streuen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint den geltend gemachten Anspruch. Es hat festgestellt, dass eine Vereinbarung zur Unterhaltung des Weges zwischen den Parteien nicht getroffen sei. Es meint, auch aus § 1020 Satz 2 BGB ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Selbst wenn man unterstelle, dass es sich bei dem Weg um eine Anlage im Sinne der Vorschrift handele und die Verkehrssicherungspflicht als Pflicht zur Unterhaltung im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB angesehen werde, sei die Vorschrift nicht einschlägig, weil der Weg von beiden Parteien genutzt werde. Da §§ 741 ff. BGB auf die Nutzung des Weges durch die Parteien keine Anwendung fänden, könne keine der Parteien von der jeweils anderen verlangen, den Weg zu räumen und zu streuen. Einem Dritten gegenüber, der aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf dem Weg zu Schaden komme, sei jede der Parteien verantwortlich und müsse daher im eigenen Interesse Gefahren vorbeugen, die mit der Nutzung des Weges verbunden seien.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.

An der Erfüllung des Winterdienstes auf dem Weg haben im Verhältnis zueinander grundsätzlich beide Parteien mitzuwirken.

Der Weg auf dem Grundstück der Beklagten bildet eine Anlage im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB. Ob und in welcher Weise der Weg befestigt ist, ist ohne Bedeutung. Schon Fahrspuren bedeuten eine Anlage im Sinne der Vorschrift (Senat, Urt. v. 17. Februar 2006, V ZR 49/05, NJW 2006, 1428, 1429). Dass zumindest derartige Spuren auf dem Grundstück der Beklagten als Zufahrt zu den Flurstücken der Parteien dienen, ist nach dem beiderseitigen Vortrag unstreitig.

Die eingetragene Berechtigung zur Benutzung des Weges lässt den Kläger Halter des Weges im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB sein. Die Frage, ob er den Weg angelegt hat, ist insoweit ohne Bedeutung (MünchKomm-BGB/Falkenberg, 4. Aufl., § 1020 Rdn. 9; RGRK-BGB/Rothe, 12. Aufl., § 1020 Rdn. 5; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1020 Rdn. 5; Staudinger/Mayer, BGB [2002], § 1020 Rdn. 13). Die Mitbenutzung des Weges durch die Beklagte führt nicht dazu, dass der Kläger nicht Halter des Weges ist, sondern hat zur Folge, dass sich die Beklagte, sofern sich aus den Umständen bei der Bestellung der Dienstbarkeit nichts Anderes ergibt, gegenüber dem Kläger an der Unterhaltung des Weges, zu der die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht gehört (Senat, BGHZ 161, 115, 122), zu beteiligen hat (Senat, aaO, 119 ff.). Das Maß der Verpflichtung der Parteien im Verhältnis zueinander wird von dem Umfang und der Intensität der beiderseitigen Nutzung des Weges bestimmt. Ist nichts anderes feststellbar, haben gemäß §§ 748, 742 BGB beide Parteien im selben Umfang zur Unterhaltung des Weges und damit zum Winterdienst auf diesem Weg beizutragen (Senat, aaO, 123).

Das haben die Parteien bisher nicht gesehen; Feststellungen zu Umfang und Intensität der beiderseitigen Nutzung des Weges sind nicht getroffen. Die Aufhebung und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt den Parteien Gelegenheit, näheres hierzu vorzutragen. Bei der Entscheidung wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Beklagte behauptet hat, der Weg sei mit einem Tor verschließbar gewesen, bis der Kläger dieses entfernt habe. Trifft dieses Vorbringen zu und sind weder die Beklagte noch ein Pächter der Beklagten bei Eis und Schnee auf die Benutzung des Weges angewiesen, konnte die Beklagte ihre Pflicht zur Verkehrssicherung auf dem Weg im Winter dadurch vermeiden, dass sie die Benutzung des Weges durch Dritte verhinderte, indem sie das Tor verschloss. Verhält es sich so, ist für eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger, sich an dem Winterdienst auf dem Weg zu beteiligen, kein Raum. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Beteiligung an dem Winterdienst scheidet schließlich auch dann aus, wenn die Benutzung des Weges durch die Beklagte, ihre Pächter und Besucher im Verhältnis zur Nutzung des Weges durch den Kläger und die Angehörigen sowie Besucher seines Betriebs von absolut untergeordnetem Ausmaß ist.

Ende der Entscheidung

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