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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.09.2000
Aktenzeichen: V ZR 229/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 229/99

Verkündet am: 22. September 2000

Riegel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. Mai 1999 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 29. Oktober 1998 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist seit 1995 Verwalter in dem Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen des F. H., von dem die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 3. Dezember 1993 ein bebautes Grundstück in G. zum Preis von 700.000 DM kaufte. Der Kaufpreis, von dem zunächst die bestehenden Grundpfandrechte in Höhe von damals 672.650 DM nebst Zinsen abgelöst werden sollten, war auf das Anderkonto des beurkundenden Notars zu überweisen. Versehentlich wurde er im Januar 1994 zunächst auf das Konto des Rechtsanwalts des Verkäufers überwiesen, der ihn nach Abzug eines Betrages von 67.755,80 DM für eine eigene Forderung gegen den Verkäufer auf das Anderkonto weiterleitete. Die Klägerin erhielt diesen Abzugsbetrag im März 1996 zurück. In demselben Monat kam es zu einer schriftlich bestätigten telefonischen Vereinbarung zwischen den Parteien, nach der die Klägerin die Grundpfandgläubiger zu einem teilweisen Verzicht bewegen sollte, damit der Vertrag endgültig abgewickelt werden könne. Der Beklagte sollte 20.000 DM als Verwalterkosten erhalten und der möglicherweise zusätzliche Verhandlungserfolg der Klägerin verbleiben.

Mit der Vollstreckungsabwehrklage wendet sich die Klägerin gegen die Inanspruchnahme hinsichtlich des Restkaufpreises durch den Beklagten, weil die Rückzahlung dem Beklagten bei Abschluß der Vereinbarung vom März 1996 bekannt gewesen und von dieser umfaßt worden sei. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht nach weiterer Beweiserhebung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß dem Beklagten wegen der mit der Klägerin im März 1996 getroffenen vergleichsweisen Regelung kein Restkaufpreisanspruch mehr zustehe. Ziel dieser Vereinbarung sei es gewesen, den Grundstückskaufvertrag endgültig abzuwickeln. Dies habe auch die Vernehmung des Beklagten als Partei ergeben. Der Beklagte habe seine Zustimmung zum Vergleichsangebot nicht wirksam angefochten, denn die Voraussetzungen eines Irrtums oder einer arglistigen Täuschung lägen nicht vor. Den nötigen Beweis hierfür habe der Beklagte nicht zur Überzeugung des Senats erbracht. Es seien zwar Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der beiden Zeugen geblieben, die bestätigten, daß der Beklagte über den Rückfluß des Kaufpreisanteils in Kenntnis gesetzt worden sei. Für den Beklagten sei dies aber beim Vergleichsabschluß unerheblich gewesen. Die Klägerin hätte nämlich gegen die Restkaufpreisforderung mit ihren behaupteten Gegenansprüchen aufrechnen können.

II.

Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß zwischen den Parteien entsprechend den wechselseitigen Schreiben vom 25. März 1996 und 22. April 1996 ein Vergleich zustande gekommen ist. Es legt diesen Vergleich dahin aus, daß von ihm auch die restliche Kaufpreisforderung in Höhe des ursprünglich von dem anwaltlichen Vertreter des Schuldners einbehaltenen und später unmittelbar an die Klägerin ausgezahlten Betrags von 67.755,80 DM erfaßt werde. Dies wird von dem festgestellten Sachverhalt nicht getragen. Es ergibt sich weder aus den beiden Schreiben noch aus der von dem Berufungsgericht herangezogenen Aussage des Beklagten oder sonst festgestellten Umständen. Das Schreiben der Klägerin vom 25. März 1996 beziffert den Forderungsstand aus den eingetragenen Grundpfandrechten sowie sonstigen Verbindlichkeiten zum 30. März 1996 auf ca. 830.000 DM und die auf dem Notaranderkonto zur Verfügung stehende Tilgungsmasse auf ca. 660.000 DM. Vor diesem Hintergrund sollte der Beklagte seine Zustimmung dazu erklären, daß der Gesamtvollstreckungsvermerk gegen Zahlung von 20.000 DM auf die Sequester- und Verwaltergebühren im Grundbuch gelöscht werde und daß eine möglicherweise aufgrund von Verhandlungen mit den Grundpfandgläubigern verbleibende Restsumme der Klägerin zustehe. Der noch offene Kaufpreisrest von 67.755,80 DM ist hierbei nicht einbezogen. Die entsprechende Forderung kann daher nur dann als durch den Vergleich mit abgegolten angesehen werden, wenn die Parteien dies mündlich so vereinbart haben oder die Klägerin davon ausgehen konnte, daß der Beklagte das Vergleichsangebot so verstehen mußte und billigen wollte. Dies setzt aber voraus, daß er die an die Klägerin erfolgte Rückzahlung dieses Betrages kannte. Dies hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Den Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen M. und S., wonach die Rückzahlung im Rahmen des durch das Schreiben der Klägerin vom 25. März 1996 bestätigten Telefonats "zumindest angesprochen wurde", hat es keinen Glauben geschenkt. Vielmehr hat es für die Auslegung des Vergleichs auf die Aussage des Beklagten zurückgegriffen. Nach dieser ist aber davon auszugehen, daß die Rückzahlung dieses Betrages nicht zur Sprache gekommen ist. Anders läßt sich nicht erklären, wie der Beklagte - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - zu der Auffassung gelangt sein soll, daß die Honoraransprüche des Rechtsanwalts des Schuldners berechtigt gewesen seien und er somit von einer vollständigen Kaufpreiszahlung durch die Klägerin ausgegangen sei. Wenn aber die Rückzahlung des Geldes nicht zur Sprache gekommen ist, der Beklagte vielmehr davon ausgegangen ist, daß der Kaufpreis vollständig gezahlt wurde, und weitere Umstände nicht festgestellt sind, entbehrt die Annahme des Berufungsgerichts, der Vergleich hätte die Kaufpreiszahlung einbezogen, der tatsächlichen Grundlage. Aus der Sicht des Beklagten bestand insoweit schon kein Regelungsbedarf. Aus der Sicht der Klägerin hätte dies nur dann anders ausgesehen, wenn der Kaufpreis zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgezahlt war. Das hat das Berufungsgericht aber ebensowenig festgestellt wie die Tatsache, daß dies für den Beklagten zumindest erkennbar war.

2. Die Klägerin ist dafür beweispflichtig, daß sie den Kaufpreis bezahlt hat. Dieser Beweis wäre geführt, wenn der Vergleich den Kaufpreisrest mit einbezogen hätte. Das ist nicht der Fall. Der Senat kann das Schreiben vom 25. März 1996 insoweit selbst auslegen, weil weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind. Nach seinem Wortlaut bezieht es sich lediglich auf die auf dem Notaranderkonto zur Verfügung stehenden 660.000 DM und nicht auf den Kaufpreisrest. Eine diesen einbeziehende Abgeltungsklausel ist nicht enthalten. Der Vergleich hätte diese Forderung daher nur dann mit erfassen können, wenn die Parteien davon ausgegangen wären, daß sie noch besteht und durch die Zahlung an den Anwalt des Schuldners nicht erfüllt wurde. Das hat die Klägerin nicht bewiesen. Den Aussagen der beiden Zeugen M. und S., daß die Rückzahlung der 67.755,80 DM an die Klägerin im Rahmen des Telefonats im März 1996 zumindest angesprochen wurde, hat das Berufungsgericht keinen Glauben geschenkt. Weiterer Beweis hierzu ist nicht angetreten worden. Das von der Revision angeführte Schreiben des Rechtsanwalts des Schuldners vom 28. Mai 1997 ergibt vielmehr, daß sich der Beklagte noch mit Anwaltsschreiben vom 22. Mai 1997 bei dem Rechtsanwalt des Schuldners nach dem Verbleib des einbehaltenen Geldbetrages erkundigt hat. Die Klage ist daher unbegründet.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 91 Abs. 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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