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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 27.10.2006
Aktenzeichen: V ZR 234/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 286 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

V ZR 234/05

Verkündet am: 27. Oktober 2006

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. September 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Zahlungsklage über einen Betrag von mehr als 6.023,53 € (= 11.781,01 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 28. April 1998 stattgegeben hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 29. Juli 1998 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 83 % der Kosten des ersten Rechtszugs, 78 % der Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt. Die Beklagte trägt 17 % der Kosten des ersten Rechtszugs und 22 % der Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1996 verkaufte die Klägerin der Beklagten verschiedene Grundstücke sowie eine unvermessene Grundstücksteilfläche zu einem Gesamtkaufpreis von 4.199.999,60 DM. Eines dieser Grundstücke stand noch nicht im Eigentum der Klägerin. Sie hatte dieses zuvor von der Fa. V. GmbH (V. ) gekauft, welche es ihrerseits von der Fa. A. -GmbH (A. ) gekauft hatte, und diese von der Stadt S. .

Der von der Beklagten bar zu entrichtende Kaufpreis sollte 14 Tage nach Zugang einer Fälligkeitsbescheinigung des Notars gezahlt werden, die u. a. zur Voraussetzung hatte, dass der Eigentumsverschaffungsanspruch der Beklagten - ausgenommen die unvermessene Teilfläche - durch Eintragung von Vormerkungen gesichert war.

Hinsichtlich des der Klägerin bereits gehörenden Grundbesitzes wurde die Vormerkung am 26. Februar 1997 eingetragen. In das Grundbuch des Grundstücks, das die Klägerin gekauft hatte, das aber noch nicht in deren Eigentum stand, wurde am selben Tage die Abtretung einer Vormerkung seitens der A. eingetragen, deren Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Stadt S. entsprechend gesichert worden war.

Der Notar stellte eine Fälligkeitsbescheinigung aus. Die Beklagte zahlte den Kaufpreis nicht innerhalb von 14 Tagen, sondern erst nach weiteren 15 Tagen.

Die Klägerin verlangt - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - vertraglich bestimmte Verzugszinsen in Höhe von zuletzt 18.200 DM auf den bar zu entrichtenden Kaufpreis sowie die Erstattung von Anwaltsgebühren wegen eines Mahnschreibens vom 4. April 1997 in Höhe von 24.614,42 DM.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwaltlich nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch wegen verspäteter Zahlung des Nettokaufpreises zustehe.

Die Fälligkeitsmitteilung des Notars sei inhaltlich richtig gewesen. Der Beklagten sei von einem nicht eingetragenen Käufer eine Auflassungsvormerkung abgetreten worden, die auch in das Grundbuch eingetragen worden sei. Damit habe sich die Beklagte in einer Situation befunden, die der eines Grundstückskäufers, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen sei, vergleichbar gewesen sei. Die Beklagte sei durch diese Abtretung sogar insoweit besser gestellt gewesen, weil sie diese wie die Erstkäuferin, d.h. mit einer früheren "Sperrwirkung", erworben habe.

Die Klägerin könne auch die durch die Anforderung des Kaufpreises durch ihren Rechtsanwalt entstandenen Kosten als Verzugsschaden nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. beanspruchen, da sich die Beklagte bei der Einschaltung des Anwalts am 4. April 1997 in Verzug befunden habe.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Klägerin ist zwar auf Grund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters berechtigt, den Rechtsstreit fortzuführen und die Ansprüche weiter zu verfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 21. April 2005, IX ZR 281/03, NJW 2005, 2015, 2016). Ihr stehen indes die von dem Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche wegen verspäteter Zahlung des Kaufpreises nicht zu.

1. Der Kaufpreis ist nach den Bestimmungen in § 4 Abs. 1 des Kaufvertrages nicht fällig geworden.

a) Die vertragliche Vereinbarung hat das Berufungsgericht dahin ausgelegt, dass die Fälligkeit des Kaufpreises nicht allein auf Grund der Mitteilung des Notars, sondern nur dann eintreten sollte, wenn auch die im Kaufvertrag dafür benannten Voraussetzungen tatsächlich vorlagen. Diese tatrichterliche Auslegung, die von der Revision - weil für ihre Auffassung günstig - nicht angegriffen wird, ist für den Senat bindend. Die vertragliche Absprache der Parteien dahin, dass die Fälligkeit des Kaufpreises nach notarieller Mitteilung über den Eintritt der dafür vereinbarten Voraussetzungen eingetreten sei, kann eine solche Erklärungsbedeutung haben (dazu BGH, Urt. v. 14. Mai 1985, IX ZR 64/84, WM 1985, 1109, 1111). Für Verstöße gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze, auf die die Überprüfung der tatrichterlichen Auslegung auch einer vertraglichen Regelung über den Eintritt der Fälligkeit nach Mitteilung des Notars beschränkt ist (Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, MittBayNot 2005, 395), ist nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen.

b) Die in § 4 Abs. 1 Buchstabe b des Kaufvertrages vereinbarte Voraussetzung der Kaufpreisfälligkeit ist nicht eingetreten, da eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Beklagten aus dem Kaufvertrag auf Verschaffung des Eigentums nicht eingetragen worden war. Die Eintragung der Vormerkung war an dem Grundstück noch nicht möglich. Es fehlte an der dafür erforderlichen Identität des Schuldners (Verkäufers) mit dem Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts (Senat, BGHZ 12, 115, 120; 134, 182, 188).

2. Die Kaufpreisfälligkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, dass der Beklagten stattdessen der durch eine Vormerkung gesicherte Anspruch der A. aus deren Kaufvertrag mit der Stadt abgetreten wurde.

a) Soweit die Revision Einwendungen gegen die von dem Berufungsgericht bejahte Wirksamkeit der Zession erhebt, sind diese allerdings unbegründet. Die Erklärung der Abtretung der Vormerkung durch die Erstkäuferin ist im Zweifel als Abtretung des vorgemerkten Anspruchs auszulegen, bei der das dingliche Sicherungsrecht nach § 401 BGB kraft Gesetzes auf den Zessionar übergeht (vgl. Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883, Rdn. 319). Damit brachte die Beklagte als Empfängerin der Abtretungserklärung nach außen auch den Willen zum Erwerb des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs zum Ausdruck, der für eine Annahme nach § 151 BGB erforderlich ist (vgl. BGHZ 74, 352, 356; 111, 97, 101). Mit der Eintragung der Übertragung erwarb die Beklagte die dingliche Sicherung aus der Vormerkung (Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947, 2948).

b) Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagte mit der "zedierten" Vormerkung ein gleichwertiges, in Bezug auf die Rangwirkung der Vormerkung (dazu: Senat, BGHZ 143, 175, 180; Weirich/Ivo, Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rdn. 917) sogar besseres Sicherungsrecht als mit der Eintragung einer "originären" Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übereignung aus dem mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag erlangt habe. Davon kann nicht ausgegangen werden.

Zu Recht beanstandet die Revision diese Gleichsetzung der Sicherheit aus abgetretener und originärer Vormerkung. Sie besteht schon deshalb nicht, weil der Bestand des abgetretenen Anspruchs dem Einfluss des nachfolgenden Käufers entzogen und die Vormerkung zu diesem Anspruch akzessorisch ist. Besteht er nicht, ist auch die Vormerkung wirkungslos (vgl. BGHZ 150, 138, 142 sowie zur fehlenden Gleichwertigkeit vgl. Staudinger/Pfeifer, BGB [2004], § 925, Rdn. 147 sowie das Gutachten des Deutschen Notarinstituts, DNotI-Report 1998, 213, 214). Ob eine Gleichwertigkeit der Sicherheit unter der Voraussetzung bejaht werden kann, dass der abgetretene Übereignungsanspruch "rechtsbeständig" geworden ist, weil gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsrechte aus den vorangegangenen Grundstücksgeschäften nicht mehr bestehen, (KG, KG-Report 1997, 271, 274; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883, Rdn. 44), kann dahinstehen, da hierzu weder etwas festgestellt noch vorgetragen worden ist.

3. Da der Kaufpreis bis zur Zahlung nicht fällig geworden ist, stehen der Klägerin auch keine Ansprüche auf die im Kaufvertrag für den Fall verspäteter Zahlung vereinbarten Verzugszinsen und auf Ersatz der durch die Anforderung des Kaufpreises entstandenen Anwaltskosten zu.

4. Nach allem ist das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 97 ZPO.



Ende der Entscheidung

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