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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 01.07.2005
Aktenzeichen: V ZR 277/04
Rechtsgebiete: InVorG, VermG, ZPO, BGB


Vorschriften:

InVorG § 21b
VermG § 3
VermG § 7 Abs. 7
VermG § 7 Abs. 7 Satz 2
VermG § 7 Abs. 7 Satz 3
VermG § 7 Abs. 8
VermG § 7 Abs. 8 Satz 2
ZPO § 297 Abs. 2
ZPO § 314
ZPO § 540
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 2
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 277/04

Verkündet am: 1. Juli 2005

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat ohne mündliche Verhandlung auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien bis zum 10. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Oktober 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Nutzungen eines Grundstücks im früheren Ostteil von Berlin.

Die O. Straße 1 - 3 G. gesellschaft mbH (Gesellschaft) war seit 1922 Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Die Gesellschafter der GmbH waren zum überwiegenden Teil jüdischer Herkunft. Aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen wurden sie aus der Gesellschaft verdrängt. 1949 bzw. 1952 wurde das Grundstück in Volkseigentum überführt und 1953 die Gesellschaft als vermögenslos im Handelsregister gelöscht. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands erhielt die Beklagte das Grundstück zugeordnet. Sie nutzte das aufstehende Gebäude durch Vermietung bzw. Verpachtung.

Am 3. September 1991 beantragte die Klägerin als Berechtigte nach den Verfolgten die Rückübertragung des Grundstücks. Auf Antrag der Beklagten vom 13. März 1998 erließ die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr in Berlin am 14. Dezember 1998 einen Bescheid, durch den das Grundstück gem. § 21b InVorG der Klägerin übertragen wurde. Die Beklagte übergab das Grundstück am 12. Februar 1999 der Klägerin.

Mit Bescheid vom 19. September 2002 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Berechtigung der Klägerin nach dem Vermögensgesetz in Höhe von 83,67 % fest. Der Bescheid wurde am 15. Januar 2003 bestandskräftig. Mit Schreiben vom 5. März 2003 verlangte die Klägerin Abrechnung der Erträge und Aufwendungen der Beklagten gem. § 7 Abs. 7 VermG. Mit der Klage hat sie im Wege der Stufenklage Auskunft über die von der Beklagten zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 12. Februar 1999 aufgrund der Vermietung bzw. Verpachtung des Hauses gezogenen und ausstehenden Entgelte und deren Auskehrung bzw. die Abtretung offener Entgeltforderungen beantragt. Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Kammergericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung des Auskunftsanspruchs.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Beklagte sei der Klägerin in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG zahlungs- bzw. abtretungspflichtig. Da die Klägerin die zur genauen Darlegung ihrer Ansprüche notwendige Kenntnis nicht habe und die Beklagte hierüber ohne weiteres Auskunft erteilen könne, sei sie zu der verlangten Auskunft verpflichtet. Zwar sei das Eigentum an dem Grundstück der Klägerin nicht durch einen Rückübertragungsbescheid nach § 3 VermG, sondern durch einen Bescheid nach § 21b InVorG übertragen worden. Eine Übertragung nach dieser Bestimmung sei jedoch einer Rückübertragung nach § 3 VermG gleichzusetzen. Der Anspruch auf Herausgabe der Entgelte sei von der Klägerin rechtzeitig im Sinne von § 7 Abs. 8 Satz 2 VermG geltend gemacht worden. Für den Fristbeginn komme es nicht auf die Bestandskraft des Bescheids nach dem Investitionsvorranggesetz, sondern auf die Bestandskraft des Bescheids vom 19. September 2002 an.

Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

II.

Das Verfahren des Berufungsgerichts läßt entgegen der Meinung der Revision keinen Fehler erkennen.

1. Das Berufungsgericht hat durch Protokollurteil gem. § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO entschieden. Zum Tatbestand und den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen ist in dem Berufungsurteil auf das Urteil des Landgerichts mit dem Zusatz verwiesen, "Änderungen und Ergänzungen sind nicht erfolgt". Das ist nicht zu beanstanden. Daß die Rechtsausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung vor den rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts nicht wiedergegeben sind, bedeutet keinen Verfahrensfehler. Rechtsausführungen nehmen an der Wirkung von § 314 ZPO nicht teil und müssen bei der Darstellung der Grundlage des Streits der Parteien daher nicht wiedergegeben werden.

2. Zu den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen verweist das Urteil auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung. Auch das ist nicht zu beanstanden. § 540 ZPO befreit das Berufungsgericht zwar nicht von dem Erfordernis, die zur Entscheidung gestellten Anträge im Urteil wiederzugeben (BGH, Urt. v. 30. September 2003, VI ZR 438/02, NJW 2004, 293, 294 und Urt. v. 10. Februar 2004, VI ZR 94/03, NJW 2004, 1389). Daß die Anträge wörtlich wiederzugeben seien und die Wiedergabe nicht durch Verweis auf das Protokoll erfolgen kann, ist der Vorschrift jedoch nicht zu entnehmen. Das ist auch dann nicht anders, wenn die Antragstellung durch Bezugnahme auf die angekündigten Anträge in Schriftsätzen der Parteien gem. § 297 Abs. 2 ZPO erfolgt (Senat, BGHZ 158, 37, 41). Etwas anderes ist der Entscheidung BGHZ 154, 99 ff. entgegen der Meinung der Revision nicht zu entnehmen.

III.

Auch in der Sache hat die Revision keinen Erfolg. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Herausgabe der von der Beklagten zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 12. Februar 1999 durch die Vermietung bzw. Verpachtung des Hauses begründeten Entgelte. Da die Entgelte der Klägerin im Gegensatz zu der Beklagten nicht bekannt sind, kann sie von der Beklagten gem. § 242 BGB Auskunft verlangen.

Der Herausgabeanspruch der Klägerin folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG. Der Anspruch ist gem. § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG mit der Bestandskraft des Bescheids vom 19. September 2002 entstanden. Daß der Klägerin an dem Grundstück schon zuvor das Eigentum übertragen worden ist, läßt die Verpflichtung der Beklagten nicht entfallen. Durch das Schreiben der Klägerin vom 5. März 2003 ist die in § 7 Abs. 8 VermG bestimmte Frist gewahrt.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird im übrigen auf das zwischen den Parteien in einem Parallelfall ergangene Senatsurteil vom 25. Februar 2005, V ZR 105/04, ZOV 2005, 88 ff, verwiesen. In diesem Urteil ist zu sämtlichen von der Revision aufgeworfenen Fragen Stellung genommen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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