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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.09.2009
Aktenzeichen: V ZR 33/09
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 1
WEG § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und

die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 3. Februar 2009 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Konstanz vom 15. November 2007 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft R. straße 87 - 121 in K. vom 5. Juli 2007 gefasste Beschluss:

"Die Kostenregelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 der Teilungserklärung wird wie folgt behandelt: Neben den dort aufgeführten Schäden sind sämtliche Instandhaltungsmaßnahmen an den Terrassenfenstern und Terrassentüren von den jeweiligen Eigentümern auf seinen Namen und seine Rechnung zu tragen."

nichtig ist.

Der Antrag auf Ungültigerklärung ist gegenstandslos.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft R. straße 87 - 121 in K. . In § 7 Abs. 3 der Teilungserklärung heißt es:

"Die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile, Anlagen und Einrichtungen der Wohnanlage sind auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten. Schäden an den nach außen weisenden Fenstern und Türen der Wohnung sind jedoch von den Wohnungseigentümern auf ihre Kosten zu beseitigen."

In der Eigentümerversammlung vom 5. Juli 2007 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich diese Regelung

"wie folgt ... (zu behandeln): Neben den (in § 7 Abs. 3 der Teilungserklärung) ... aufgeführten Schäden sind sämtliche Instandhaltungsmaßnahmen an den Terrassenfenstern und Terrassentüren von den jeweiligen Eigentümern auf seinen Namen und seine Rechnung zu tragen."

Der Kläger hat beantragt,

den Beschluss für ungültig zu erklären und festzustellen, dass der Beschluss nichtig sei.

Das Amtsgericht hat den Anfechtungsantrag als unzulässig und das Feststellungsverlangen als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig erklärt. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts. Mit der Anschlussrevision erstrebt der Kläger, die Nichtigkeit des Beschlusses vom 5. Juli 2007 festzustellen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Teilungserklärung ändere in zulässiger Weise die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG, indem sie die einzelnen Wohnungseigentümer dazu verpflichte, die Kosten der Beseitigung von Schäden auf der Außenseite der Türen und Fenster ihrer Wohnungen zu tragen. Hiervon weiche der Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht ab, sondern gebe die Auslegung der Teilungserklärung durch die Wohnungseigentümer klarstellend wieder, nach der die Kosten der Beseitigung von Schäden an den Außenseiten der Fenster und Türen die Kosten von deren laufender Instandhaltung umfassten. Das führe zwar nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, wohl aber zu dessen Anfechtbarkeit, weil Beschlüsse, die Regelungen der Teilungserklärung wiederholten, überflüssig und allenfalls geeignet seien, zu Unsicherheiten zu führen.

II.

1.

Die Revision ist nicht begründet. Der Beschluss vom 5.Juli 2007 ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.

Nach § 3 Abs. 2, Abs. 3 der Teilungserklärung sind die Terrassenfenster und -türen Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums. Als solche sind sie gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung "auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten." An die Stelle dieser Regelung soll nach dem Beschluss vom 5. Juli 2007 eine Regelung treten, nach der jeder Wohnungseigentümer nicht nur die Kosten der Beseitigung von Schäden, sondern auch die Kosten der laufenden Instandhaltung tragen soll.

Den Wohnungseigentümern fehlt die Kompetenz, eine solche Regelung im Wege eines Beschlusses zu treffen. Die Wohnungseigentümer sind zu einer Änderung der Teilungserklärung durch eine Mehrheitsentscheidung grundsätzlich nicht in der Lage. Anders verhält es sich nur, wenn die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel aufweist, wenn Gegenstand der Beschlussfassung die Verteilung von Betriebskosten nach Verursachung ist, § 16 Abs. 3 WEG, oder wenn über die Kostenverteilung in einem Einzelfall entschieden werden soll, § 16 Abs. 4 WEG. So liegt es hier nicht. Die Teilungserklärung vom 18. November 1971 ermächtigt die Wohnungseigentümer weder, die Gemeinschaftsordnung durch Beschluss zu ändern, noch können die Kosten der Instandhaltung der Außenfenster- und Türen des Gebäudes nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden. Ebenso wenig handelt es sich bei dem Beschluss vom 5. Juli 2007 um eine Regelung der Kostenverteilung im Einzelfall.

Zur Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung kommt es nicht auf deren Verständnis durch den teilenden Eigentümer des Grundstücks oder die Miteigentümer, sondern auf den Wortlaut und den Sinn der Erklärung an, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt (Senat, BGHZ 139, 288, 291 f. ; 156, 192, 197) . Das schließt eine Auslegung von § 7 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung aus, nach der die die Kosten der laufenden Instandhaltung der zu den einzelnen Wohnungen der Anlage gehörenden Terrassentüren und Fenster von deren jeweiligen Eigentümern zu tragen seien.

Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Kostentragung gilt nach § 7 Abs. 3 Satz 2 vielmehr nur für die Behebung von Schäden. Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 22. April 1999, BGHZ 141, 224, zugrunde liegt, unterscheidet die Gemeinschaftsordnung zwischen den Kosten der Instandhaltung einerseits und den Kosten der Instandsetzung andererseits (vgl. KG ZMR 2009, 625). Hiervon weicht der Beschluss vom 5. Juli 2007 insoweit ab, als nach diesem "neben den ... (in § 7 Abs. 3 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung) aufgeführten Schäden ... sämtliche Instandhaltungsmaßnahmen an den Terrassenfenstern und den Terrassentüren von den jeweiligen Eigentümern auf seinen Namen und seine Rechnung zu tragen" sein sollen. Damit werden die Kosten der Instandhaltung auf die einzelnen Wohnungseigentümer verlagert. Eine derartige Regelung kann nicht im Wege des Beschlusses von den Eigentümern der Anlage getroffen werden.

2.

Die Nichtigkeit des Beschlusses ist auf die Anschlussrevision des Klägers festzustellen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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