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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.10.1999
Aktenzeichen: V ZR 418/97
Rechtsgebiete: BBauG


Vorschriften:

BBauG § 93 Abs. 3 Satz 1
BBauG § 93 Abs. 3 Satz 1

a) Zum Vorteilsausgleich in einem Fall vertraglicher Straßengrundabtretung, in dem die Parteien die Höhe der Gegenleistung von der nach den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes zu ermittelnden Entschädigung abhängig gemacht haben.

b) Bei der Bewertung von Straßenflächen und der dabei vorzunehmenden Vorteilsausgleichung in einem größeren Areal mit mehreren Straßenzügen muß regelmäßig nach den einzelnen Straßenzügen und den jeweils zugeordneten Teilen des Restgrundstücks differenziert werden, auf die sich der Erschließungsvorteil auswirkt. Eine pauschale Abrechnung kommt nicht in Betracht.

BGH, Urt. v. 15. Oktober 1999 - V ZR 418/97 - OLG München LG München I


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 418/97

Verkündet am: 15. Oktober 1999

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt, Schneider, Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über den Hilfsantrag auf Leistungsbestimmung (Verkehrswert) entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten nunmehr noch um die Bestimmung des Verkehrswerts für Teilflächen (Straßenflächen) aus einem größeren Grundstücksareal, die die Klägerin an die Beklagte übereignet hat.

Die Klägerin wurde 1979 Miteigentümerin des 45.593 qm großen Grundstücks Flur Nr. 1611 (alt) der Gemarkung A. in M. , auf dem sich früher eine chemische Fabrik befand. 1923 waren für das Grundstück teilweise Baulinien genehmigt worden, 1961 wurde es nach der Münchener Staffelbauordnung als Industrieviertel ausgewiesen. 1964 wurde die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 211 b beschlossen, ein Bebauungsplanentwurf sah 1977 ein verdichtetes Wohngebiet vor. Nach einer Änderung des Flächennutzungsplans im Jahre 1978 wurde das Grundstück als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.

Nachdem aus dem Grundstück Flur Nr. 1611 (alt) dessen nördlicher Teil mit einer Fläche von 9.857 qm veräußert worden war, schlossen die Parteien am 24. Januar 1980 einen notariellen Vertrag, in dem sich die Klägerin verpflichtete, auf einem Teil des verbliebenen Grundstücks mindestens 34 Wohneinheiten im Rahmen eines Wohnraumbeschaffungsprogramms der Beklagten zu errichten. In einem Vertrag vom 23./25. August 1982 verpflichtete sich die Klägerin, auf dem Grundstück die öffentlichen Verkehrsflächen entsprechend den Festsetzungen des am 31. März 1982 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplans Nr. 211 b für die Beklagte herzustellen, wobei die Bauoberaufsicht dem Baureferat oblag.

Mit notariellem Vertrag vom 10. September 1982 verpflichtete sich die Klägerin, aus dem verbliebenen Grundstück Flur Nr. 1611 (neu) zu 35.736 qm die von ihr herzustellenden Verkehrsflächen der Beklagten zu übereignen und zwar eine Teilfläche von 1.032 qm (Ziff. 2.1) unentgeltlich und Teilflächen von zusammen ca. 11.110 qm (Ziff. 2.2) gegen Entschädigung. Der Vertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"8.

8.2 Als Wert der unter Ziff. 2.2 dieses Vertrages dargestellten Teilflächen wird die vom städt. Bewertungsamt für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes vom 23.6.1960 in der Fassung vom 1.1.1977 zu ermittelnde und von den Vertragsteilen heute schon unwiderruflich als verbindlich anerkannte Entschädigung vereinbart.

Die Stadt wird den sich ergebenden Wert der E. M. schriftlich bekanntgeben, sobald das entsprechende Gutachten des städt. Bewertungsamtes vorliegt.

Die Vertragsteile sind sich darüber einig, daß dieser Wert auf den künftigen Erschließungsbeitrag für das Grundstück Flst. 1611 (neu), Gemarkung A. angerechnet wird. Die Anrechnung erstreckt sich auf den Erschließungsbeitrag, der für die Erschließungsanlagen anfällt, zu denen die Grundübereignung geleistet wurde. ... Übersteigt der Anrechnungsbetrag den endgültigen anteiligen Erschließungsbeitrag für den Straßengrunderwerb, so wird der nicht verrechenbare Restbetrag der E. M. erstattet. ...

8.3 Die Stadt -Kommunalreferat- verpflichtet sich, dem Baureferat den Gesamtaufwand des Grunderwerbs sofort mitzuteilen."

Am 16. September 1982 wurde die Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 15. Februar 1983 teilte die Beklagte unter Hinweis auf ein Gutachten des Städtischen Bewertungsamts mit, daß eine Teilfläche von ca. 30 qm mit 25 DM/qm, eine Teilfläche von 1.020 qm mit 380 DM/qm und eine Teilfläche von 5.001 qm mit 290 DM/qm zu bewerten sei. Für eine Teilfläche von 5.059 qm sei wegen des durch die Erhöhung des Baurechts nach Bebauungsplan Nr. 211 b eingetretenen Planungsvorteils eine Entschädigung nicht mehr zu gewähren.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 18. November 1983 teilweise ihr Einverständnis, lehnte jedoch insbesondere eine Wertabschöpfung für eine Teilfläche von 5.059 qm ab. Den Wert der Straßenfläche Nr. 1611/6 (4.596 qm = K. straße) brachte sie mit 1.332.840 DM in Ansatz.

Die Beklagte wurde am 17. Juli 1984 als Eigentümerin der übereigneten Teilflächen in das Grundbuch eingetragen, die Straßen wurden am 20. Juli 1984 übergeben.

Der für die K. straße an die Klägerin auszuzahlende Erstattungsbetrag wurde in der Folgezeit mit 1.263.794,68 DM festgelegt und am 16. April 1985 an die Klägerin bezahlt. Die Klägerin hat insoweit Ersatz von Verzugsschaden (112.951,52 DM) verlangt. Sie hat ferner geltend gemacht, die vorgenommene Grundstücksbewertung sei unbillig, es müsse mindestens ein Wert von 590 DM/qm angesetzt werden. Sie hat beantragt, zur Abrechnung der Parteien nach dem Vertrag vom 10. September 1982 den Verkehrswert für näher bezeichnete Grundstücke der Gemarkung A. mit mindestens 590 DM/qm festzusetzen und festzustellen, daß ein Vorteil der Klägerin nicht anzurechnen ist. Ferner hat sie Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Zinsschadens von 112.951,52 DM beantragt.

Das Landgericht hat den Verkehrswert für eine Teilfläche von 881 qm aus FlNr. 1611/4 mit 470,49 DM/qm, sonst jeweils mit 217,49 DM/qm bestimmt, die Beklagte zur Zahlung von 77.284,55 DM verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Beide Parteien haben dagegen Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre Anträge geändert und zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 2.433.162,75 DM nebst Zinsen und zur Zahlung weiterer 100.662,76 DM nebst Zinsen jeweils an die R. Vermögensverwaltung GmbH in N. zu verurteilen und hilfsweise den maßgebenden Verkehrswert der im Antrag erster Instanz genannten Grundstücke mit mindestens 590 DM/qm zu bestimmen.

Das Oberlandesgericht hat dem Antrag auf Zahlung eines Verzugsschadens in Höhe von 48.560,87 DM entsprochen und auf den Hilfsantrag den Verkehrswert der genannten Grundstücke auf 197 DM/qm bestimmt, im übrigen aber die Klage abgewiesen.

Der Senat hat die Revisionen der Parteien nur insoweit angenommen, als über den Hilfsantrag auf Leistungsbestimmung entschieden worden ist. Die Klägerin verfolgt diesen Hilfsantrag dahin weiter, daß sie eine Festsetzung des Grundstückswerts mit 406 DM/qm begehrt. Die Beklagte erstrebt auch insoweit Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im angenommenen Umfang Erfolg.

A.

Das Berufungsgericht geht von der Möglichkeit einer Verkehrswertbestimmung durch Urteil (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) schon deshalb aus, weil die Beklagte eine Gesamtfläche von 5.059 qm wegen der Vorteilsausgleichung mit 0 DM/qm bewertet habe. In Anlehnung an das Gutachten des Sachverständigen sei für die Bewertung von unerschlossenem Bauland - allgemeines Wohngebiet - mit einer GFZ von 0.425 auszugehen. Insoweit komme es auf die Bodenqualität bei Offenlegung des Bebauungsplanentwurfs am 21. Juli 1980 an. Damit sei das Grundstück von der konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen worden. Nach den Preisverhältnissen zum Bewertungsstichtag am 10. September 1982 (Vertragsabschluß) sei ein Bodenwert für vergleichbares Nettobauland von 507,49 DM/qm anzunehmen und daraus durch einen Abschlag von 20 % ein Bruttobaulandwert von 405,99 DM/qm rd. 405 DM/qm zu ermitteln. Unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung verändere sich dieser Wert auf 197 DM/qm. Dies ergebe eine Gesamtbetrachtung ohne eine gesonderte Prüfung bei jeder einzelnen Straße, welche Baufläche begünstigt sei. Das andere Verfahren sei zu kompliziert und berge eine Vielzahl möglicher Fehlerquellen. Der auszugleichende Vorteil werde mit 60.56 % veranschlagt. Der gesamte Straßengrund in Höhe von 12.127 qm sei um einen angemessenen Fremdanteil, nämlich um die Wegflächen zu kürzen, die auch der Erschließung von Fremdgrundstücken dienten. Danach verbleibe ein zu berücksichtigender Straßenanteil von 7.344 qm, was bei einer Gesamtfläche von 35.736 qm 20,55 % ausmache. Der Vorteil errechne sich aus einer Gegenüberstellung des Bodenwerts alt in Höhe von 14.473.080 DM (35.736 qm x 405 DM) und des Bodenwerts neu mit 16.553.918 DM und betrage mithin 2.080.838 DM. Davon seien 60,56 %, mithin 1.260.155 DM, anrechenbar, und zwar auf den Verkehrswert der streitbezogenen Grundstücke (6.055 qm x 405 DM/qm) von 2.452.275 DM. Daraus folge deren Verkehrswert mit 1.192.120 DM, was einem Quadratmeter-Preis von 197 DM entspreche. Der Bodenwert neu errechne sich aus dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert des Nettobaulands (mit angenommener GFZ von 0.67) von 655 DM/qm für 23.609 qm (35.736 qm - 12. 127 qm) mit 15.463.895 DM. Davon abzuziehen seien die Kosten der technischen Erschließung von 495.720 DM (für den anrechenbaren Straßenanteil von 7.344 qm) und die Kosten der inneren Erschließung in Höhe von 236.090 DM (für die Nettobaufläche von 23.609 qm zum Schätzbetrag von 10 DM/qm). Hinzuzurechnen sei der Wert des Straßengrundes mit 1.821.833 DM.

B.

Dies hält Angriffen der Revisionen nur teilweise stand. Erfolglos bleiben sie allerdings in folgenden Punkten:

I. Revision der Beklagten

Ohne den Bewertungsstichtag (21. Juli 1980 = Offenlegung des Bebauungsplanentwurfs) anzuzweifeln, wendet sich die Revision gegen die Feststellung zur Bodenqualität. Sie meint, das Berufungsgericht habe unter den verschiedenen Faktoren des Verkehrswerts (vgl. § 142 Abs. 2 BBauG) die rechtlichen Gegebenheiten, d.h. die Planungssituation, verkannt, weil unter Rohbauland nur Flächen zu verstehen seien, die nach §§ 30, 33 und 34 BBauG für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, ohne daß ihre Erschließung gesichert ist (§ 4 Abs. 3 WertVO 1988). Tatsächlich sei am 21. Juli 1980 aber nur von Bauerwartungsland (§ 4 Abs. 2 WertVO 1988) auszugehen. Wenn dies zuträfe, wäre das ein revisibler Rechtsfehler (BGHZ 85, 61, 66; BGH, Urt. v. 6. Mai 1995, III ZR 27/94, NJW-RR 95, 911, 912). Der Revision ist zuzugeben, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts teilweise nicht immer klar erkennen lassen, von welcher Planungssituation es ausgeht. So verweist es selbst darauf, daß die angestrebte Nutzung des Gesamtareals ohne Bebauungsplan nicht möglich war, trifft keine tatsächlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen von § 34 BBauG und bezieht sich auf die Gutachten des Sachverständigen D. , der selbst einerseits von Bauerwartungsland spricht, aber auch von Bruttorohbauland für allgemeine Wohnbebauung ausgeht und die Baulandqualität als "Grenzsituation" bezeichnet. Insgesamt und im Ergebnis sind seine Ausführungen aber rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat versteht sie dahin, daß das Berufungsgericht die rechtliche Planungssituation des Grundstücks am 21. Juli 1980 nicht verkannt, sondern dieses nur zur Bewertung wegen ganz besonderer Umstände unerschlossenem Bauland gleichgestellt hat. Das Berufungsgericht beurteilt die Bodenqualität des Areals mithin als Bauerwartungsland allerhöchster Erwartungsstufe (so der Sachverständige G. ), das Bauland stark angenähert sei. Dies rechtfertigt im Ergebnis die Bewertung wie Rohbauland.

Schon seit 7. Oktober 1964 gab es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einen Aufstellungsbeschluß für den Bebauungsplan 211 b; ein Entwurf aus dem Jahre 1977 sah das streitgegenständliche Areal als verdichtetes Wohngebiet mit Reihen/Doppel- und Winkelhausbebauung vor. Der Flächennutzungsplan vom 21. Juli 1978 wies das Gebiet als allgemeines Wohngebiet aus. Vor allem hatte die Beklagte es durch Beschluß vom 16. Januar 1980 in ihr Wohnraumbeschaffungsprogramm einbezogen und mit der Klägerin am 24. Januar 1980 einen entsprechenden Vertrag geschlossen. Dem folgte unmittelbar die Offenlegung des neuen Bebauungsplanentwurfs. Nach dieser Entwicklung war es zu diesem Zeitpunkt praktisch ausgeschlossen, daß die Stadt wieder von ihren Plänen abrückte. Dementsprechend ging das Kommunalreferat der Beklagten in einem Schreiben vom 28. August 1984 selbst von der Baulandqualität des Grundstücks aus und berief sich dazu auf eine Baurechtsermittlung des Planungsreferats vom 6. März 1980. Diesen Standpunkt hat die Beklagte zunächst auch im Rechtsstreit eingenommen und ist erst später wieder davon abgerückt. Das Berufungsgericht hat insgesamt nicht - wie die Revision meint - unzulässigerweise die rechtliche Bewertung dem Sachverständigen überlassen oder die Beklagte an einem von ihr vertretenen Rechtsstandpunkt festgehalten, sondern auf entsprechender Tatsachengrundlage zur Planungssituation das streitgegenständliche Areal zur Bewertung nur Rohbauland gleichgestellt. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Behandelt man das Areal "wie Rohbauland" kommt auch ein höherer Abschlag als 20 % vom Baulandpreis nicht in Betracht.

II. Revision der Klägerin

1. Die von der Revision erhobene Besetzungsrüge nach § 551 Nr. 1 ZPO greift nicht durch. Mit Einverständnis der Parteien wurde im schriftlichen Verfahren entschieden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Daß die Richterbank im Zeitpunkt der entsprechenden Beschlußfassung (vgl. auch BGH, Urt. v. 26. März 1986, III ZR 114/85, NJW 1986, 2115; BSG, MDR 1992, 592, 593) nicht vorschriftsmäßig besetzt war, legt die Revision nicht dar. Sie begründet dies nur mit ihrer Behauptung, das Berufungsgericht habe zu Unrecht im schriftlichen Verfahren entschieden, und dabei sei die Richterbank teilweise anders besetzt gewesen als in der vorangegangenen mündlichen Verhandlung. Das wäre jedoch ein von § 551 Nr. 1 ZPO zu trennender Verfahrensmangel, der jedenfalls keinen absoluten Revisionsgrund darstellt (vgl. auch BGH, Urt. v. 28. April 1992, XI ZR 165/91, NJW 1992, 2146, 2147 und v. 19. März 1992, I ZR 122/90, BGHR ZPO § 128 Abs. 2, Richterwechsel 2). Die entsprechende Rüge der Revision bleibt ohne Erfolg. Insoweit wird von einer weiteren Begründung abgesehen (§ 565 a Satz 1 ZPO).

2. Hinsichtlich der Leistungsbestimmung wendet sich die Revision nicht gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Flächenumfang, zur Bodenqualität und zu den Preisverhältnissen beim Vertragsabschluß, sondern nur gegen die vorgenommene Vorteilsausgleichung.

Nicht gefolgt werden kann der Revision, soweit sie meint, eine Vorteilsausgleichung scheide hier schon deshalb aus, weil es nicht um eine Enteignung, sondern um eine freihändige Veräußerung gehe und nur der Wert der Straßenfläche zu bestimmen sei, der Planungsvorteil für das Restgrundstück aber diesen Wert nicht beeinflusse. Die Parteien haben ausdrücklich den Wert der betroffenen Teilflächen mit der "nach den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes" zu ermittelnden und von ihnen als verbindlich anerkannten "Entschädigung" vereinbart. Demgemäß legt das Berufungsgericht die entsprechende Vertragsbestimmung ersichtlich dahin aus, daß im Ansatz auch der Grundsatz der Vorteilsausgleichung (§ 93 Abs. 3 Satz 1 BBauG) Anwendung findet, weil die Parteien das gesamte Entschädigungsrecht zum Maßstab der Wertermittlung erhoben haben. Der Erschließungsvertrag und die Übereignung der Straßenfläche diente denn auch dazu, das der Klägerin gehörende Areal zu erschließen. Entgegen der Auffassung der Revision geht es mithin nicht um eine vom Berufungsgericht unterlassene, sondern um eine rechtsfehlerfrei vorgenommene Auslegung zur Frage der Vorteilsausgleichung.

Aus der Entscheidung BGHZ 68, 100, 105 kann die Revision nichts für sich herleiten. Dieses Urteil befaßt sich mit der Sperrwirkung von § 95 Abs. 2 Nr. 2 (später Nr. 3) BBauG, d.h. der Eignung eines angemessenen Angebots, den Stichtag für die Preisverhältnisse festzulegen. Wenn ein Angebot von 0 DM diese Sperrwirkung nicht entfaltet, so bedeutet das nicht, daß die Parteien den Anrechnungswert nicht unter Berücksichtigung eines Vorteilsausgleichs vertraglich festlegen konnten oder daß nunmehr der Entschädigungswert ohne Vorteilsausgleich zu bestimmen ist. Verfehlt ist auch die "Kontrollüberlegung" der Revision, die aus der vom Berufungsgericht für richtig gehaltenen pauschalen Vorteilsausgleichung (dazu später unter III) etwas ableiten will. Sie meint, bei konkreter Zurechnung des Vorteils auf einzelne Straßen ohne Fremdanlieger sinke der Wert der Straßengrundstücke unter Umständen auf 0 DM. Diese Bewertung werde nicht dadurch richtiger, daß man ein anderes Grundstück höher bewerte und dann den Mittelwert festsetze. Diese Überlegung besagt jedenfalls nichts gegen den Ansatz des Berufungsgerichts, daß nämlich eine Vorteilsausgleichung überhaupt stattzufinden hat.

Unzutreffend ist auch die Auffassung der Revision, eine Vorteilsausgleichung sei durch das Erschließungsbeitragsrecht als Sonderregelung ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht kein Zweifel daran, daß auch im Falle von Teilenteignungen zu Erschließungszwecken im Ansatz planungsbedingte Wertsteigerungen des Restgrundstücks anzurechnen sind (BGHZ 62, 305, 310 ff; BGH, Urt. v. 26. Mai 1977, III ZR 149/74, WM 1977, 1004, 1006; v. 9. Oktober 1997, III ZR 148/96, NJW 1998, 2215 ff). Es geht nur darum, den Grundsatz der Lastengleichheit angemessen in Rechnung zu stellen (BGHZ 62, 305, 311; Urt. v. 9. Oktober 1997 aaO S. 2218). Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt.

Verfehlt sind schließlich auch die Überlegungen der Revision, mit einer Vorteilsausgleichung werde der Eigenanteil der Gemeinde (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG/BauGB) umgangen. § 129 Abs. 1 BBauG betrifft nur den anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwand (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Daß sich dieser durch Anrechnung von besonderen Planungsgewinnen von vorneherein mindert, ist damit nicht ausgeschlossen. Genauso wirken sich die Vorteile eines besonders günstigen Grundstückerwerbs aus. § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG trägt dem Gedanken Rechnung, daß Erschließungsanlagen auch dem Vorteil der Allgemeinheit dienen. Der Vorteilsausgleich setzt gerade nicht bei den allgemeinnützigen Planungsvorteilen, sondern bei den Vorteilen an, die sich für das zu Bauland gewordene Restgrundstück unmittelbar im Sinne einer besonderen Zuordnung ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 1997, aaO S. 2218). Neuerdings hat der Gesetzgeber für den Erschließungsvertrag im übrigen auch klargestellt, daß die Regelung über den Eigenanteil der Gemeinde insoweit nicht anzuwenden ist (vgl. § 124 Abs. 2 Satz 3 BauGB).

Die Revision wendet sich schließlich ohne Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht von einer Gesamtstraßenfläche von 12.127 qm ausgeht. Es hat das Ergebnis der amtlichen Vermessung (12.242 qm) um einen von der Beklagten nicht übernommenen Eigentümerfußweg in der Größe von 115 qm reduziert. Auch wenn diese Fläche nicht zur Bebauung verfügbar ist, handelt es sich jedenfalls nicht um eine von der Beklagten übernommene Straßenfläche. Auch sonst ist im Sinne des Bebauungsplans nicht jeder Quadratmeter bebaubar.

III.

Mit Recht beanstanden beide Parteien die vom Berufungsgericht angewandte Methode einer pauschalen Vorteilsberechnung und Ausgleichung.

1. Nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes, von der beide Parteien ausgehen und die auch der erkennende Senat für zutreffend hält, muß sich der von einer Teilenteignung (hier: Teilveräußerung) betroffene Grundstückseigentümer in bestimmtem Umfang auf die zu gewährende Entschädigung Vorteile anrechnen lassen, die ihm durch eine planungsbedingte Steigerung der Nutzbarkeit des Restgrundstücks zufließen (sog. Planungsgewinn). Es stellt sich dabei immer die Frage, ob ein erschließungsbedingter Vorteil in vollem Umfang von dem Eigentümer auszugleichen ist, der von einer Teilenteignung betroffen ist. Nur im Rahmen des Zumutbaren erfolgt die Anrechnung. Dabei geht es um den Grundsatz der Lastengleichheit. Die Anrechnung von Erschließungsvorteilen darf nicht dazu führen, daß der Eigentümer im Ergebnis ohne angemessene Entschädigung bleibt für einen Landabzug, der über die vorteilhafte Erschließung des eigenen Geländes hinaus auch die Erschließung anderer (fremder) Grundstücke ermöglicht. Dagegen wird eine Anrechnung von Erschließungsvorteilen mit dem Grundsatz der Lastengleichheit umso eher zu vereinbaren sein, als die Vorteile nicht in dem allgemeinen Wertzuwachs des Gesamtgebiets aufgehen, sondern dem von der Teilenteignung berührten Grundstück im besonderen Maße zufallen, insoweit also nach Grund und Umfang die auf ihm ruhende "natürliche" Erschließungsbeitragslast kompensieren (vgl. BGHZ 62, 305, 311 ff; BGH, Urteile v. 26. Mai 1977, III ZR 149/74, WM 1977, 1004, 1006; v. 9. Oktober 1997, III ZR 148/96, NJW 1998, 2215, 2218).

Diesem Anliegen wird nur eine differenzierte Betrachtungsweise gerecht. Es geht um die Ermittlung desjenigen Erschließungsvorteils, der aus den verschiedenen übertragenen Straßenflächen für das jeweilige Restgrundstück der Klägerin folgt. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Schaubild (Anlageordner 3) wird deutlich, daß es insoweit sowohl um Straßenzüge geht, die allein der inneren Erschließung des der Klägerin verbleibenden Restareals dienen (z.B. L. Weg, F. Nord-Süd-Ast, H. Weg, M. -B. -Weg) als auch um die dieses Areal umrandenden Straßenzüge (El. - J. -Straße, K. straße, M. Straße, F. Ost-West-Ast), die ihrerseits zumindest auch der Erschließung anderer Grundstücke dienen. Auch bei den letzteren Straßen ist nicht ausgeschlossen, eine mögliche Teilanrechnung entstehender Erschließungsvorteile vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 1977, aaO S. 2218). Die vom Berufungsgericht gewählte pauschale Methode läuft darauf hinaus, einerseits Erschließungsvorteile, die z.B. von bereits abgerechneten (K. straße) oder kostenlos abgetretenen Straßen (Teilfläche der El. -J. -Straße) ausgehen, über die allein noch streitigen Teilflächen abzurechnen, andererseits den von der sog. inneren Erschließung ausgehenden und dem Restgrundstück der Klägerin zukommenden Sondervorteil nicht voll, sondern nur anteilig anzurechnen. Dieser Nachteil kann auch unter Berücksichtigung eines dem Tatrichter eingeräumten weiten Spielraums (§ 287 ZPO) rechtlich nicht hingenommen werden. Der vorliegende Fall zwingt vielmehr dazu, nach den einzelnen Straßenzügen und den zugeordneten Grundstücksteilen zu differenzieren, wie dies die Beklagte im Ansatz entsprechend dem vorgelegten Schaubild versucht hat, ohne daß damit schon abschließend gesagt werden soll, daß ihre Berechnungsmethode im Ergebnis zutrifft. Diese Methode ist zwar komplizierter, aber aus Rechtsgründen geboten. Inwieweit sie - wie das Berufungsgericht ausführt - eine Vielzahl möglicher Fehlerquellen in sich birgt, wird nicht näher dargelegt. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit eine differenzierte Betrachtung mit mehr Fehlerquellen behaftet sein soll, als die vom Berufungsgericht gewählte pauschale Methode.

Auch aus einem weiteren Grund ist die Vorteilsberechnung im angefochtenen Urteil rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht berücksichtigt zur Vorteilsberechnung einerseits die Gesamtfläche (35.736 qm) zur Berechnung des Bodenwerts alt, stellt dem aber für den Bodenwert neu nur die Nettobaufläche (23.609 qm) und deren Wert am 10. September 1982, gemindert um Erschließungskosten, gegenüber, wobei es den Wert des Straßengrundes entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen teilweise nur mit 1/10 des Werts bezogen auf den Qualitätsstichtag (21. Juli 1980) hinzurechnet. Den Einwand der Beklagten, die Straßengrundstücke seien nur durchlaufende Posten und ohne Einfluß auf die Vorteilsberechnung, läßt es nicht gelten, weil am Qualitätsstichtag der abzutretende Straßengrund noch nicht endgültig festgestanden habe und außerdem bei einer angenommenen GFZ von 0.425 weniger Straßen erforderlich gewesen seien. Das ist unzutreffend. Der nach dem Bebauungsplan benötigte Straßengrund ist weder vor noch nach seiner Abtretung ein Vorteil für die Klägerin, er muß als bloßer Durchlaufposten unberücksichtigt bleiben. Nach Offenlegung des Bebauungsplans war er von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen. Die Klägerin war nach dem Erschließungsvertrag vom 23./25. August 1982 zur Herstellung entsprechend dem am 31. März 1982 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplan verpflichtet, die Straßen herzustellen und nach dem Vertrag vom 10. September 1982 an die Beklagte abzutreten. Es geht um die Berechnung des der Klägerin zugeflossenen Vorteils in einem Zeitpunkt, in dem der benötigte Straßengrund eindeutig festliegt. Ob im Zeitpunkt der Qualitätsbemessung sein Umfang endgültig feststand oder bei einer GFZ von 0.425 auch geringer hätte ausfallen können, ist unerheblich, denn im Zeitpunkt der Vorteilsberechnung spielen diese Umstände keine Rolle mehr. Richtigerweise kann deshalb jeweils nur der Wert des Nettobaulands verglichen werden.

Das Berufungsgericht geht ohne weitere Begründung bei der Vorteilsberechnung für den Bodenwert vom Qualitätsstichtag aus. Der Klägerin ist aber nicht nur der Vorteil (Planungsgewinn, Erschließungsvorteil) zugefallen, der ab 21. Juli 1980 entstanden ist, sondern sie muß sich im Ansatz alle Vermögensvorteile anrechnen lassen, die ihr im Zusammenhang mit der "Enteignung" entstanden sind. Es kommt deshalb auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch die Klägerin und die in diesem Zeitpunkt bestehende Bodenqualität an. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Auch dieser Fehler kann sich zum Nachteil der Beklagten auswirken, wenn das von der Klägerin erworbene Areal in diesem Zeitpunkt noch nicht wie Bruttorohbauland zu bewerten war, weil ein überhöhter Ausgangswert zur Berechnung eines niedrigeren Planungsgewinns führt.

Eine endgültige Entscheidung kann der Senat nicht treffen, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind, die das Berufungsgericht im Sinne der obigen Ausführungen nachholen muß.

Ende der Entscheidung

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